Die Science Busters haben ein neues Buch veröffentlicht. Es trägt den schönen Titel “Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln“ und erklärt “Was wir von Tieren über Physik lernen können”. Wer die Science Busters kennt, der weiß, was zu erwarten ist. Keine trockenen Erklärungen, sondern jede Menge Humor, viele absurde Geschichten und noch mehr äußerst spannende Wissenschaft.
Der Kabarettist Martin Puntigam, der Physiker Werner Gruber und der Astrophysiker Heinz Oberhummer sind schon seit Jahren ein wunderbares Beispiel dafür, wie man Wissenschaft erfolgreich unter die Leute bringen kann. Ihre Bühnenshows ziehen überall die Leute an und ihr letztes Buch habe ich hier im Blog ja schon früher gelobt. Seit kurzem haben sie auch eine eigene Sendung im österreichischen Fernsehen, die vor allem bei den jüngeren Zusehern sehr populär ist (und das ist bei Wissenschaftsthemen nicht unbedingt selbstverständlich).
Das neue Buch setzt diesen Trend fort. In “Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln” sind es die Tiere, die die Science Busters zu ihren Geschichten über die Physik inspiriert haben. Durch den Titel soll sich niemand abschrecken lassen; auch wer kein Fan von Tierbüchern ist, wird seinen Spaß haben. Denn die Tiere dienen nur aus Ausgangspunkt um die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Themen zu besprechen. Ob das nun die Funktionsweise von Neuronen im menschlichen Gehirn ist oder der Zusammenhang zwischen Strom, Spannung und Widerstand; ob es um Sex geht (wer hätte gedacht, dass sich Bärtierchen durch Oralsex fortpflanzen können …) oder Leben auf dem Mars; ob erklärt wird, warum eine Diät aus Ananas oder Hasenfleisch nicht sonderlich gesund ist oder warum Rupert Sheldrakes “morphogentische Felder” Unsinn sind: die Vielfalt der Geschichten ist enorm. Der einzige kleine Kritikpunkt aus meiner Sicht ist vielleicht gerade diese Vielfalt der Geschichten und die häufigen Themenwechsel. Manche Themen waren so interessant, dass ich gerne mehr darüber erfahren hätte. Positiv anmerken möchte ich aber, dass im Buch nicht nur über Wissenschaft geschrieben wird, sondern auch über die Art und Weise, wie Wissenschaft funktioniert. Da wird zum Beispiel das Phänomen der selektiven Wahrnehmung erklärt oder diverse esoterische Vorstellungen (z.B. Lichtnahrung) als der Unsinn entlarvt, der sie sind.
Noch besser wird das Buch aber in Verbindung mit der neuen Bühnenshow der Science Busters (mit der sie derzeit in Österreich auf Tour sind, im November aber auch nach Deutschland kommen). Es ist eine Sache, vom Bombardierkäfer zu lesen und erklärt zu bekommen, wie er es schafft, seine Feinde mit einem chemischen Feuerwerfer zu attackieren. Aber Werner Gruber dabei zuzusehen, wie er bei einem Live-Versuch die Rolle des Käfers einnimmt und dabei Heinz Oberhummer abfackelt, ist noch einmal eine ganz andere Geschichte.
Schön waren auch die Ausführungen über Mäuse. Zuerst demonstrierte Heinz Oberhummer anhand der “Mäuse-Galaxie” was passiert, wenn zwei Galaxien zusammenstoßen. Und dann erklärte Werner Gruber, warum Kirchenmäuse genaugenommen Menschenfresser sind – allerdings nur Gläubige fressen. Der Titel des Buches und der Show bezieht sich übrigens auf die Forschung des Nobelpreisträgers Eric Kandel. Er hat Seehasen untersucht. Das sind Meeresschnecken, die tatsächlich gestreichelt und dadurch konditioniert wurden. Kandel konnte danach sehen, wie dieses Lernen die Gehirne dieser Tiere physisch veränderte und neue Verbindungen zwischen den Neuronen geschaffen hatte. Aber nicht nur nobelpreiswürdige Forschung ist Thema von Buch und Show – auch die durch einen Ig-Nobelpreis gewürdigte Arbeit des Österreichers Ludwig Huber wird ausführlich erklärt. Er hatte untersucht, ob Gähnen bei Schildkröten ansteckend ist. Klingt absurd, es handelt sich aber um sehr interessante und relevante Forschung über das Spiegelneuronensystem der Menschen. Dank der Spiegelneuronen können wir uns in andere Menschen hineindenken und mit ihnen mitfühlen und deswegen gähnen wir auch, wenn andere gähnen. Das können auch Hunde oder Pferde. Schildkröten aber eben nicht. Und wer wissen will, was dass alles mit Löwen und dem Wiener Straßenbahn zu tun hat, der muss sich die Science Busters wohl selbst ansehen.
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