“[Die Jahreszählung] passt nicht mehr in die heutige Zeit und keinesfalls in die zukünftige. Sie ist zu kleinkariert, auf eine Person hin fixiert, hebt eine Religion hervor, wird mithin einem globalen Anspruch nicht gerecht.”
Weinberger meint, dass es einen besseren Nullpunkt für unsere Jahreszählung geben müsse, als die Geburt eines Wanderpredigers aus dem nahen Osten der noch dazu – wenn er denn tatsächlich gelebt hat – vermutlich irgendwann im Jahr 4 oder 7 vor Christus geboren wurde. Ein Nullpunkt, der sich auf eine einzige Person bezieht, könne nicht funktionieren, denn es gibt niemanden, der wichtig genug für alle war und das auch in Zukunft bleiben wird. Weinberger schlägt dagegen zwei Ereignisse vor, die für die Menschheit von großer Bedeutung sind und die deswegen die Grundlage des Kalenders bilden sollte. Das erste ist die Geburt der Menschheit, vor ungefähr 200000 Jahren. Und das zweite ist der Zeitpunkt, an dem die Menschen ihren Geburtsplaneten das erste Mal verlassen und einen anderen Himmelskörper betreten haben: Der 21. Juli 1969, der Tag der Mondlandung. Dieser besondere Tag soll geehrt werden, in dem er als das Jahr 200001 der neuen Zeitrechnung definiert wird. Der heutige Tag – der 6. November 2012 – wäre nach Weinbergers neuem Kalender dann der 6. November 200044; in Kurzschreibweise der 6. November 2’044. Dieser “Homo-Kosmische Kalender (HKK)” soll abgesehen vom Nullpunkt aber genau so funktionieren wieder gregorianische Kalender. Zusätzlich spricht sich Weinberger noch für die Abschaffung der Feiertage “Fronleichnam” und “Christi Himmelfahrt” aus. Stattdessen sollen ein Mondfeiertag und Sonnenfeiertag eingeführt werden.
Dem letzten Vorschlag kann ich vorbehaltlos zustimmen. Ich lebe in Thüringen und da ist Fronleichnam kein offizielle Feiertage und ich hätte nichts dagegen einen neuen Feiertag zu bekommen. Was die Sache mit dem Kalender angeht: Ja, es stimmt schon, dass es eigentlich nicht zeitgemäß ist, einen Kalender auf den Gründer einer einzigen Religion zu beziehen. Es ist eigentlich auch nicht zeitgemäß, einen Kalender mit irgendeiner Religion in Verbindung zu bringen. Ein Kalender ist für alle Menschen da. Aber historisch gesehen waren es eben immer die Religionen, die ein Interesse an Kalender hatten um ihre Feste am richtigen Tag zu feiern. Und diese Tradition wird sich so schnell nicht ändern.
Es gibt immer wieder Versuche, den Kalender zu reformieren (ich habe im Februar über so einen Vorschlag berichtet). Und immer sind sie gescheitert. Nichtmal die französische Revolution hat es geschafft, ihren Revolutionskalender für mehr als ein paar Jahre aufrecht zu erhalten. Gemeinsam mit dem Christentum hat sich der gregorianische Kalender über die ganze Welt ausgebreitet und er wird heute ganz unabhängig von der Religion benutzt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man heutzutage weltweit einen neuen Kalender einführen könnte, selbst wenn der Wechsel noch so gut begründet ist. Die Religion, die solche Sachen früher leicht anordnen konnte, hat diese Macht zum Glück nicht mehr. Und die Politiker dieser Erde können sich ja nichtmal auf die simpelsten Beschlüsse einigen, wenn es um wichtige Dinge wie zum Beispiel Klimawandel, Menschenrechte oder Weltfrieden geht. Wie soll da ein neuer Kalender umgesetzt werden?
Es ist zwar interessant, sich über einen neuen Kalender Gedanken zu machen. Aber wir werden unseren Kalender noch lange behalten…
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