“Die Göttin der kleinen Siege” ist keine wissenschaftliche Biografie. Wer über Gödels Arbeit informiert werden will, ist mit dem oben erwähnten Buch von Douglas Hofstadter lesen. Die Wissenschaft von Gödel taucht im Roman von Grannec zwar auch auf, spielt aber keine Hauptrolle. Trotzdem macht es Spaß zu lesen, wie Gödel mit Einstein, Wolfgang Pauli oder Oskar Morgenstern über Zeitreisen, Quantenphysik und die Probleme der Öffentlichkeitsarbeit spricht. Dabei hat sich Yannick Grannec nicht einfach irgendwas ausgedacht, sondern sich auf die realen Arbeiten der Wissenschaftler berufen. Genauso auf seriösen Quellen beruhen die Beschreibungen vom Privatleben der Gödels. Ihre Zeit in Wien, die abenteuerliche Flucht mit der transsibirischen Eisenbahn über Japan in die USA oder das Leben in Princeton: All das basiert auf Gödels Nachlass und den vielen Briefen die er geschrieben hat. Natürlich nimmt sich die Autorin für ihren Roman einige künstlerische Freiheiten – dazu gehört die Ausgangssituation, in der Adele Gödel sich weigert den Nachlass herauszugeben – und ab und zu sind einige Kleinigkeiten bei den wissenschaftlichen Beschreibungen nicht ganz korrekt (z.B. ist die Riemannsche Vermutung noch nicht bewiesen worden). Insgesamt handelt es sich aber um einen sehr empfehlenswerten Roman!
Kurt Gödel mag zwar auf den ersten Blick ein ungeeigneter Romanheld sein; sein Leben war aber faszinierend genug um mehr als nur ein Buch zu inspirieren. Außerdem gelingt es Grannec, die bekannten Fakten seiner Biografie in eine spannende Handlung einzubinden (auch wenn man weiß, dass Kurt und Adele sicher nach Princeton fliehen werden, kann man trotzdem nicht anders, als bei ihre langen Flucht mitzufiebern und auch wenn man weiß, dass Gödel am Ende seiner psychischen Erkrankung erliegen wird, hofft man doch immer wieder auf ein Happy End). Ich kann es nur ausdrücklich empfehlen.
Und wer diese Art der romanhaften Biografie mag, der sollte auch unbedingt das Buch “Die Mechanik des Himmels” von Tom Bullough (im Original “Konstantin”) lesen. Der Roman beschreibt das Leben von Konstantin Ziolkowski, dem Mathematiklehrer aus der russischen Provinz, der angeregt durch die Bücher von Jules Verne vor über 100 Jahren die theoretischen Grundlagen der modernen Raumfahrt schuf.
Kommentare (43)