Zwei wissenschaftliche Entdeckungen sind in den letzten Tagen veröffentlicht worden. Beide handeln von außerirdischem Leben. Aber leider ist nur eine davon seriös…
Die erste Geschichte stammt von Nalin Chandra Wickramasinghe. Wickramasinghe war einer der Mitarbeiter des großen Fred Hoyle und obwohl Hoyle unzweifelhaft genial und einer der größten Astronomen des 20. Jahrhunderts war, hatte er mit seiner Forschung nicht immer recht. Manchmal lag er auch genial daneben. Zum Beispiel mit der Behauptung, die großen Wolken interstellarer Materie würden aus gefriergetrockneten Bakterien bestehen. Auch die Behauptung, viele Seuchen und Krankheiten auf der Erde würden durch Viren und Bakterien aus dem All ausgelöst, ist haltlos. Aber Hoyle war nicht nur ein Genie sondern auch stur und hielt bis zu seinem Tod an seinen etwas seltsamen Ideen fest. Nach Hoyles Tod ist es nun sein früherer Mitarbeiter Wickramasinghe, der weiter daran arbeitet, Hoyles Thesen zu belegen. Er hat sich darauf spezialisiert, in Meteoriten nach Fossilien zu suchen. Da das Leben ja laut Hoyle überall im Weltraum zu finden sei, müsste man auch in den Meteoriten Spuren davon finden können.
Der Fund von versteinerten Lebewesen in Objekten aus dem All wäre natürlich eine große Sensation. Und glaubt man Wickramasinghe, dann ist die Sensation schon längst eine Tatsache und die fossilen Aliens schon längst gefunden. Leider halten seine Daten einer genaueren Überprüfung nicht stand. Aktuell geht es um die Arbeit mit dem Titel “The Polonnaruwa meteorite: oxygen isotope, crystalline and biological composition”. Das ist aber nicht das erste Mal, dass Wickramasinghe behauptet, fossile Lebewesen in Meteoriten gefunden zu haben. Die gleiche Behauptung gab es auch schon im Januar. Und auch in den Jahren davor hat Wickramasinghe immer wieder etwas “seltsame” Theorien zur Entstehung des Lebens veröffentlicht, zum Beispiel hier. Leider erfüllen all diese Arbeiten nicht unbedingt immer die Ansprüche, die man an wissenschaftliche Arbeiten stellt.
Das fängt schon mit der Art der Publikation an. Die entsprechenden Artikel wurden im Journal of Cosmology veröffentlicht. Das klingt zwar vielleicht wie ein vernünftiges wissenschaftliches Journal, aber es reicht eigentlich schon ein Blick auf die Homepage um an der Professionalität zu zweifeln. Auch die Art und Weise, wie man dort mit Kritik umgeht, ist alles andere als professionell. Als im Jahr 2011 der Biologe und Wissenschaftsblogger PZ Myers einen dort veröffentlichten Artikel kritisierte (passenderweise ging es auch da um den angeblichen Fund versteinerter Bakterien), reagierte das Journal of Cosmology, in dem es ihn wüst beschimpfte und äußerst unschmeichelhafte gefälschte Fotos von ihm veröffentlichte.
Aber auch wenn man sich die Artikel von Wickramasinghe ganz nüchtern ansieht, wird schnell klar, dass die Belege zu dürftig sind um solche außergewöhnlichen Behauptungen zu stützen. Bad Astronomy Blogger Phil Plait hat sowohl die erste als auch die aktuelle Arbeit ausführlich geprüft und gezeigt, dass die Schlussfolgerungen der Autoren nicht zulässig sind. Wickramasinghe und seine Kollegen behaupten, sie hätten in einem Meteorit, der im Dezember 2012 auf die Erde gefallen ist, versteinerte Mikroorganismen gefunden. Wenn das so wäre, wäre das toll. Aber leider gibt es mit dieser Behauptung ein paar Probleme.
Problem 1: Es ist unklar, ob es diesen Meteorit überhaupt gibt. Menschen in Sri Lanka behaupten, sie hätten einen Meteor am Himmel gesehen und angeblich gab es beim Absturz viele Verbrennungen und man hat Rauch und stinkenden Qualm gesehen. Das ist ziemlich untypisch für Meteoriten. Die sind normalerweise nicht heiß. Sie kommen eiskalt aus dem All und werden in der Atmosphäre nur kurz aufgeheizt. Und sobald sie stark genug abgebremst wurden, kühlen sie gleich wieder aus. Meteorite sind normalerweise kalt. Man hätte genau prüfen müssen, ob da tatsächlich was vom Himmel gefallen ist, was das war, wo das war und ob die verschiedenen Beobachtungen konsistent sind. Das hat man nicht getan.
Problem 2: Es ist unklar, ob die Steine, die Wickramasinghe und seine Kollegen untersucht haben, tatsächlich im Dezember 2012 vom Himmel gefallen sind. Da man nicht weiß, was damals passiert ist, weiß man auch nicht, ob die Steine zu dem Ereignis passen. Es könnten auch irgendwelche anderen Meteorite sein. Aber, und das ist viel gravierender, es ist nicht mal klar, ob es sich tatsächlich um Meteorite handelt! Es gibt verschiedene Analysen, die man ausführen kann um das zu prüfen und leider hat es das Team von Wickramasinghe versäumt, das wirklich eindeutig zu belegen. Sie haben nur eine Methode benutzt und die Ergebnisse, die in diesem Fall sowieso nicht eindeutig gewesen wären, auch noch falsch interpretiert.
Problem 3: Es ist unklar, ob der Meteorit verunreinigt wurde oder nicht. Die angeblich gefundenen Mikroorganismen auf der Erde zu finden ist nicht schwer. Die sind fast überall dort, wo es feucht ist und man findet sie auch so gut wie überall in porösen Steinen, die mit Wasser in Kontakt kommen. Wickramasinghe erklärt nirgends, wie er sichergestellt hat, dass seine Proben nicht verunreinigt worden sind. Die Bilder des Gesteins aus Wickramasinghes Artikel zeigen genau die Art von Gestein, in denen die Organismen auch auf der Erde zu finden sind.
Wir haben also nun zwei Möglichkeiten. Entweder da ist tatsächlich ein Meteorit aus dem All auf die Erde gefallen, in dem sich versteinerte Kieselalgen befinden. Oder aber man hat einen normalen Stein von der Erde mit einem Meteorit verwechselt beziehungsweise einen verunreinigten Meteoriten untersucht. Wickramasinghe hätte die zweite Möglichkeit leicht ausschließen können – aber die entsprechenden Untersuchungen wurden entweder nicht gemacht oder nicht publiziert.
Angesichts all dieser fehlenden Belege, der langen Vorgeschichte von Wickramasinghe was solche Behauptungen angeht (er hat auch schon mal behauptet, lebendige Kieselalgen in einem Meteorit gefunden zu haben) und der Reputation des “Journal of Cosmology” kann man davon ausgehen, dass an dieser Geschichte nicht viel dran ist. Leider, denn es wäre natürlich extrem cool, wenn man Belege für außerirdisches Leben finden könnte! Es es wäre auch prinzipiell nicht falsch, diese Belege in Meteoriten zu suchen. Wir wissen ja, dass es Meteorite gibt, die von anderen Planeten stammen. Vom Mars zum Beispiel und wenn es dort früher mal Leben gab, dann können Spuren davon auch heute noch in Marsmeteoriten zu finden sein!
Und es sieht immer mehr so aus, als hätte es früher am Mars tatsächlich Leben gegeben. Das ist die zweite Geschichte über außerirdisches Leben und sie ist vielleicht nicht so spektakulär wie die von Wickramasinghe – dafür aber auch nicht so unseriös! Es geht um eine Entdeckung des Mars-Rovers Curiosity. Der führt derzeit diverse Untersuchungen am Mars aus, unter anderem um herauszufinden, ob es dort früher Leben gab, oder nicht. Es ist gut möglich, dass der Mars früher zumindest primitives Leben beherbergt hat. Wir wissen mittlerweile, dass es dort früher große Mengen an flüssigem Wasser gegeben hat. Und wo Wasser ist, ist Leben nicht weit. Dank der neuen Daten von Curiosity wissen wir nun auch, dass das Wasser genau die richtige Umgebung geschaffen hat, in der sich Leben entwickeln kann!
Das Bild oben zeigt zwei verschiedene Steine auf dem Mars. Der linke wurde vom Rover Opportunity fotografiert. Er befindet sich im Endurance-Krater und die Untersuchungen haben gezeigt, dass es sich um schwefelhaltigen Sandstein handelt. Die Form und die Struktur des Steins zeigen, dass er sich in der Anwesenheit von Wasser gebildet hat. Wasser, das allerdings nicht unbedingt lebensfreundlich war. Es war viel zu säurehaltig und zu salzig und auch die Verteilung der Chemikalien war nicht so, um die richtigen Bedingungen für Mikroorganismen zu schaffen.
Der rechte Stein befindet sich im Gale-Krater und wurde von Curiosity untersucht. Auch dieser Stein hat sich in der Anwesenheit von Wasser. Die geologischen und chemischen Untersuchungen, die Curiosity durchgeführt hat, ergeben aber ein ganz anderes Bild als beim Endurance-Krater. Curiosity hat den Stein angebohrt und das Material in einem internen Labor analysiert. Dabei wurden Schwefel, Stickstoff, Phosphor, Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff gefunden – alles Elemente, die für die Existenz des Lebens nötig sind. Man fand dort auch Gips, ein Anzeichen dafür, dass das Wasser damals ph-neutral und nicht zu säurehaltig war. Außerdem entdeckte Curiosity verschieden stark oxidierte bzw. nicht oxidierte chemische Stoffe und genau diese chemische Vielfalt können Mikroorganismen ausnutzen, um Energie zu gewinnen.
Es ist also alles da, was man bräuchte, damit Leben existieren kann. Es gab Wasser und das Wasser war nicht zu sauer, nicht zu salzig und enthielt genau die richtige chemische Mischung die auch das Leben braucht. Und wenn wir von der Erde eines wissen, dann: Dort wo Leben existieren kann, dort existiert es auch! Es ist verlockend, das auch auf den Mars zu übertragen. Wenn dort früher die Bedingungen optimal für die Existenz von Leben waren, dann hat das Leben dort auch existiert! Aber leider ist es noch zu früh für solche Aussagen. Die Daten von Curiosity müssen noch geprüft werden. Die Experimente müssen noch wiederholt werden. Und dann muss man immer noch ganz konkrete Spuren des Lebens finden. Das wird noch einige Zeit dauern – aber wenn es auf dem Mars irgendwann mal Leben gab, dann wird es sich nicht mehr lange vor uns verstecken können!
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