Bis jetzt haben wir keine Planeten gefunden. Und dann immer noch keine Planeten, aber jede Menge Staub. Endlich gab es Planete, die waren aber irgendwie komisch. Und dann echte Planeten, die aber noch viel komischer waren. Das lag nicht unbedingt am Universum – sondern mehr an unseren Instrumenten. Die waren nicht gut genug, um normale Planeten zu finden. Mit der im letzten Teil der Serie beschriebenen Radialgeschwindigkeitsmethode und dem damaligen Stand der Technik fand man bevorzugt sehr große Planeten die sich nahe an ihrem Stern befanden. Die große Wende kam erst im Jahr 2006.
Im Dezember 2006 wurde das Weltraumteleskop CoRoT ins All geschossen. Eine seiner Aufgaben war es, neue Planeten zu finden. Die Suche nach Exoplaneten verlagerte sich langsam von der Erde ins Weltall. Im Jahr 2009 startete auch die NASA ihr eigenes Teleskop: Kepler. Im Gegensatz zum europäischen CoRoT-Teleskop das auch noch andere Aufgaben hatte, war Kepler voll und ganz auf die Suche nach Exoplaneten ausgerichtet. Aber sowohl Kepler als auch CoRoT waren erfolgreich. Das lag vor allem an der Art und Weise, wie sie suchten. Sie verwendeten nicht die Radialgeschwindigkeitsmethode, sondern suchten nach Transits.
Von “Transit” spricht man, wenn man von der Erde aus einen Himmelskörper vor einem anderen Himmelskörper vorüber ziehen sieht. Bei einer Sonnenfinsternis schiebt sich zum Beispiel der Mond vor die Sonne und wir beobachten einen ziemlich dramatischen Transit. Etwas weniger spektakulär ist ein Venus- oder Merkurtransit. Hier zieht ein Planet vor der Scheibe der Sonne vorüber. Letztes Jahr im Sommer konnten wir von der Erde aus einen Venustransit beobachten. Man musste allerdings wissen, wann es so weit ist. Denn im Gegensatz zu einer Sonnenfinsternis bemerkt man vom Venustransit nichts, wenn man keine optischen Hilfsmittel einsetzt. Im Vergleich zur Sonne ist die Venus winzig und selbst wenn sie vor der Sonne vorüber zieht, blockiert sie nur eine winzige Menge ihres Lichts. Viel zu wenig, um es mit freiem Auge zu bemerken. Aber genug, um mit sensitiven Instrumenten gemessen zu werden.
Dieses Prinzip funktioniert nicht nur mit der Venus und der Sonne. Wir können damit auch Planeten entdecken. Wenn ein ferner Stern von einem Planeten umkreist wird, können wir diesen Planeten nicht direkt sehen. Wir können aber das Licht des Sterns beobachten und seine Intensität messen. Und wenn wir Glück haben und genau unter dem richtigen Winkel auf den Stern blicken, dann zieht der Planet genau vor dem Stern vorüber. Und das Licht des Sterns wird ein ganz klein wenig schwächer. Jedesmal wenn der Planet auf seiner Runde um den Stern wieder in unser Blickfeld rückt, sehen wir einen Mini-Transit und eine kleine Verdunkelung des Sterns. Aus der Art und Weise wie diese Verdunkelung abläuft, können wir die Eigenschaften des Planeten bestimmen.
Und wenn die Astronomen eines wirklich gut können, dann ist es die Helligkeit von Sternen zu bestimmen. Selbst winzige Veränderungen von einem Tausendstel Prozent kann man hier messen und damit auch kleine Planeten finden. Das gilt ganz besonders, wenn man Teleskope benutzt, die sich im All befinden und die nicht durch die Störungen in der Erdatmosphäre behindert werden.
Die ersten Planeten, die CoRoT und Kepler entdeckt haben, waren natürlich auch groß und nahe an ihrem Stern. Denn auch die Transitmethoden funktioniert mit diesen Planeten am besten. Große Planeten erzeugen eine stärkere Verdunkelung und wenn sie dem Stern nahe sind, dann umkreisen sie ihn schnell und es die Verdunkelungen passieren öfter. Aber das gute an Weltraumteleskopen ist, dass sie den Himmel ständig beobachten können. Es gibt kein schlechtes Wetter und es gibt keine störende Sonne. Und je länger CoRoT und Kepler die Sterne beobachteten, desto mehr Planeten fanden sie. Planeten, die nun auch kleiner waren und weiter weg von ihrem Stern.
Der erste Durchbruch kam im Februar 2009. Da wurde die Entdeckung von CoRoT-7b bekannt gegeben. Dieser Planet war der erste, der definitiv KEIN Gasplanet war. Es war ein Planet mit fester Oberfläche, ein felsiger Planet, etwas, was die Wissenschaftler erdähnlicher Planet nennen. Nicht, weil die Bedingungen für Leben dort ebenso optimal sind wie auf der Erde. Die Erde steht hier stellvertretend für die Gruppe der kleinen, felsigen Planeten und im Gegensatz zu den riesigen Planeten aus Gas, die man bisher gefunden hatte. Aber “normal” war CoRoT-7b immer noch nicht. Der Planet war das, was wir heute “Supererde” nennen.
Unser Sonnensystem besteht aus acht Planeten. Vier davon sind Gasplaneten. Jupiter ist der größten, danach kommt Saturn und schließlich die etwas kleineren Planeten Uranus und Neptun. Die Gasriesen bestehen fast vollständig aus einer dichten Atmosphäre und eine feste “Oberfläche” im vertrauten Sinn haben sie nicht. Die Atmosphäre wird einfach immer dichter, je tiefer man in sie eindringt bis im Zentrum der Druck irgendwann so groß wird, dass man dort seltsame Materialien wie zum Beispiel “metallischen Wasserstoff” trifft. Die anderen vier Planeten sind Merkur, Venus, Erde und Mars. Sie sind deutlich kleiner als die Gasriesen, haben eine im Vergleich dünne Atmosphäre beziehungsweise gar keine und eine feste Oberfläche. Sie bestehen aus einem Nickel-Eisen-Kern der von einer Gesteinsschicht umgeben ist. Die Erde ist der größte dieser erdähnlichen Planeten. Aber nur im Sonnensystem – es spricht nichts dagegen, dass es anderswo erdähnliche Planeten gibt, die noch größer sind.
Und CoRoT-7b war genau einer davon. Sein Radius beträgt das 1,6fache des Erdradius und er ist neun Mal schwerer als unser Planet. Diese XXL-Erden sind die Supererden und auch wenn es in unserem Sonnensystem keine davon gibt, haben wir sie überall sonst gefunden!
CoRoT-7b hat sogar noch einen Nachbarn, CoRoT-7c, der sich ebenfalls als Supererde herausstellte.
Im Laufe der Zeit wurden immer mehr Supererden entdeckt (Ludmila hat ein paar schöne Artikel über die Suche und die dabei auftretenden Probleme geschrieben, in diesem Artikel findet ihr die Links). Auch die Theoretiker machten sich Gedanken darüber, wie diese Planeten aufgebaut sein könnten und aussehen. Es gibt im Wesentlich zwei Gruppen: Einmal die felsigen Supererden. Simpel gesagt sind sie wie unsere Erde, nur größer und schwerer. Ganz anders die zweite Gruppe: Wasserplaneten! Das sind Planeten, die komplett von einem tiefen Ozean bedeckt sind; ein Ozean der unter Umständen nicht mal einen Meeresboden hat. Diese Wasserwelten wären völlig anders, als wir es uns vorstellen können. Nur wenn die Temperaturen auch denen auf der Erde entsprechen, hätte man einen echten Ozeanplanet; einen Planet mit einem gigantischen Meer das den Ozeanen der Erde ähnelt. Aber die Supererden können seltsam sein. Wenn sie ihrem Stern sehr nahe sind, ist es dort sehr warm. Die Atmosphären können viel dichter sein und einen enormen Druck erzeugen. Die hohen Temperaturen und der hohe Druck machen seltsame Sachen mit dem Wasser. Es kann dort etwas geben, dass die Wissenschaftler “heißes Eis” nennen und man hat sogar schon Planeten gefunden, auf denen man genau diese seltsame Art von Wasser vermutet.
Die Supererden sind wirklich fremde Welten. Wir haben hier noch längst nicht alles entdeckt, was möglicherweise vorhanden ist. Ein Planet kann 10 bis 20 Mal schwerer als die Erde werden, bevor er sich zu einem Gasplaneten entwickelt. Wenn ein junger Planet während der Planetenentstehung so schwer wird, dann hat er auch genug Eigengravitation um Wasserstoff und andere leicht flüchtige Gase festhalten zu können. Auf diese Weise können sie sich zu gigantischen Gasriesen entwickeln, wie Jupiter einer ist. Bleiben sie unter der Grenze, dann werden sie zu Supererden.
Wir haben bis jetzt noch keine Supererde gefunden, auf der ähnliche Bedingungen herrschen wie auf der Erde. Aber es ist durchaus möglich, dass sich dort Leben entwickelt. Vermutlich wäre es ganz anders als bei uns. Die Schwerkraft ist dort viel stärker und die Lebewesen würden ganz anders aussehen. Aber es gibt keinen prinzipiellen Grund, warum sich dort kein Leben entwickeln sollte. Manche Wissenschaftler (wie zum Beispiel Dimitar Sasselov in seinem Buch “The Life of Super-Earths”) denken sogar, dass Supererden viel besser für das Leben geeignet sind als unsere normale Erde. Aufgrund ihrer Größe läuft dort die Plattentektonik ein wenig anders als bei uns und das beeinflusst die komplette Biosphäre (die Tektonik bestimmt zum Beispiel, wie viel CO2 im Gestein gebunden oder in der Atmosphäre verfügbar ist und kann so die Temperatur des Planeten regeln).
Noch verstehen wir die Supererden zu wenig, um zu wissen, ob sie wirklich besser für das Leben geeignet wären als unsere Erde. Bis sich das ändert, müssen wir weiter nach der “zweiten Erde” suche, einem Zwilling im All, der die gleichen Bedingungen für das Leben bietet wie unser Planet. Und was das angeht, sind wir auf einen guten Weg. Mittlerweile sind die Instrumente der Astronomen gut genug geworden, um auch diese Himmelskörper finden zu können…
Kommentare (22)