mlodinowDieser Artikel ist Teil einer fortlaufenden Besprechung des Buchs “Wenn Gott würfelt: oder Wie der Zufall unser Leben bestimmt” (im Original: “The Drunkard’s Walk: How Randomness Rules Our Lives”) von Leonard Mlodinow. Jeder Artikel dieser Serie beschäftigt sich mit einem anderen Kapitel des Buchs. Eine Übersicht über alle bisher erschienen Artikel findet man hier.
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Im ersten Kapitel des Buchs hat Mlodinow anschaulich dargelegt, wie sehr der Zufall unser Leben bestimmt und vor allem dort, wo wir nicht damit rechnen. Das zweite Kapitel hat sich mit den grundlegenden Regeln der Wahrscheinlichkeit beschäftigt. Im dritten Kapitel präsentiert Mlodinow das fiese Ziegenproblem, das unser Unverständnis der Wahrscheinlichkeit eindrucksvoll präsentiert. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den Methoden zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten die vor allem Blaise Pascal im 17. Jahrhundert entwickelt hat. Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, was Wahrscheinlichkeiten in der realen Welt eigentlich bedeuten. Kapitel 6 erklärt die verwirrende Bayesschen Wahrscheinlichkeiten die für unser Alltagsleben von großer Bedeutung sind. In Kapitel 7 wechselte Mlodinow von der Wahrscheinlichkeitsrechnung zur Statistik und in Kapitel 8 zeigte er, wie man die Statistik nutzen kann, um die Ordnung im Chaos finden kann. Kapitel 9 stellte die verschiedenen kognitiven Verzerrungen vor, die uns daran hindern, den Zufall auch als solchen zu erkennen. Und im letzten Kapitel des Buchs zeigt Mlodinow, was daraus erwächst: Der Zufall bestimmt unser Leben!

Anfang des 19. Jahrhunderts war der große Wissenschaftler Pierre-Simon Laplace noch davon überzeugt, dass man nur genug Wissen bräuchte um die Zukunft perfekt zu kennen:

“Wir müssen also den gegenwärtigen Zustand des Universums als Folge eines früheren Zustandes ansehen und als Ursache des Zustandes, der danach kommt. Eine Intelligenz, die in einem gegebenen Augenblick alle Kräfte kennt, mit denen die Welt begabt ist, und die gegenwärtige Lage der Gebilde, die sie zusammensetzen, und die überdies umfassend genug wäre, diese Kenntnisse der Analyse zu unterwerfen, würde in der gleichen Formel die Bewegungen der größten Himmelskörper und die des leichtesten Atoms einbegreifen. Nichts wäre für sie ungewiss, Zukunft und Vergangenheit lägen klar vor ihren Augen.”

Heute wissen wir allerdings, dass es so einen “Laplaceschen Dämon” nicht geben kann. Die reale Welt ist einfach zu komplex. Wir wissen, dass die Welt voll mit chaotischen Prozessen ist deren Ergebnis so stark von winzigsten Änderungen der Anfangsbedingungen abhängt, dass es praktisch unmöglich ist, ihr Ergebnis vorherzusagen. Mlodinow beschreibt die Grundlagen der Chaostheorie im letzten Kapitel des Buches kurz und ich spare mir eine Wiedergabe sondern verweise dafür lieber auf meine eigene Serie zum Thema: Einleitung, Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

Noch viel stärker ist das Verhalten und Leben von uns Menschen von kleinsten Änderungen abhängig und das zu demonstrieren ist Mlodinows Ziel im letzten Kapitel des Buchs. Er verweist dabei auf den fundamentalen Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft. Hinterher ist es meistens recht einfach zu erklären, warum bestimmte Dinge so passiert sind, wie sie passiert sind. Und oft wundert man sich, warum niemand es vorhergesehen hat – es scheint doch alles so offensichtlich zu sein. Mlodinow erklärt das am Beispiel des japanischen Angriffs auf Pearl Harbour. In den Monaten und Wochen davor erhielten die USA jede Menge Geheimdienstberichte, die klar und deutlich zu zeigen scheinen, dass ein Angriff bevorsteht. Aber das weiß man eben erst hinterher. Erst mit dem Wissen, dass es einen Angriff gab, war es möglich, aus dem Wust an Informationen genau die herauszusuchen, die relevant sind. Das war vorher unmöglich. Im Rückblick können wir genau erklären, wie Prozesse in der Vergangenheit exakt zu dem Ergebnis in der Gegenwart geführt haben (Astrologen sind in der Hinsicht besonders begabt). Aber es ist uns unmöglich, all die komplexen Parameter zu überblicken und eine entsprechende Vorhersage zu machen. Wir können nicht alle in Frage kommenden Möglichkeiten untersuchen und im realen Leben hängt so viel von kleinsten Änderungen ab, dass die Zahl der Möglichkeiten schnell ins Unfassbare wächst.

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Trotzdem ignorieren wir den Einfluss des Zufalls und tun so, als könnten wir die Zukunft aus der Vergangenheit vorhersagen. Mlodinow bringt dazu ein schönes Beispiel aus der Wirtschaft. Er hat die Performance von 800 Fundmanagern in den Jahren 1991 bis 1995 in einem Diagramm aufgetragen. Ungefähr die Hälfte hat überdurchschnittlich viel Gewinn gemacht; die andere Hälfte lag unter dem Durchschnitt. Und ordnet man die Manager nach ihrem Gewinn bzw. Verlust bekommt man eine schöne ordentliche Kurve (ich kann die Bilder hier leider nicht reproduzieren), aber man kann es sich ungefähr vorstellen. Wir Menschen neigen nun dazu, vergangenen Erfolg als Maßstab für die Fähigkeiten eines Menschen anzusehen. Die Fondsmanager, die viel Geld gewonnen haben, wissen offensichtlich, wie man so etwas anstellen muss; sie sind Experten, sie sind begabt und diejenigen, die verloren haben sind offensichtlich Loser ohne Ahnung. Aber wenn das tatsächlich so ist, dann müsste man das in der Zukunft bemerken. Deswegen hat Mlodinow die gleichen Daten noch einmal aufgetragen, nur diesmal für die Jahre zwischen 1996 und 2000. Wenn die erfolgreichen Manager deswegen erfolgreich waren, weil sie entsprechende bessere Fähigkeiten hatten, dann müsste sie eigentlich auch in den nächsten 5 Jahren erfolgreich sein und gewinnen. Die zweite Kurve sollte also ungefähr so aussehen wie die erste Kurve. Das tut sie aber nicht; sie verläuft komplett zufällig und es gibt Zusammenhang zwischen der Performance von 1991-1995 und der von 1996-2000.

Die Vergangenheit ist offensichtlich kein guter Maßstab um daraus die Zukunft abzuleiten und trotzdem tun wir das ständig. Mlodinow berichtet von einem weiteren interessanten Experiment. Forscher schufen mit Hilfe von knapp 14.000 Testpersonen 9 künstliche Hitparaden. Sie legten den Leuten 48 Lieder unbekannter Bands vor; die Menschen konnten sich die Lieder anhören, bewerten und “kaufen”. Die Testpersonen wurden in 9 Gruppen eingeteilt, die isoliert voneinander arbeiteten. Bei 8 Gruppen konnten die Testpersonen sehen, wie die anderen in ihrer Gruppe die Lieder bewerteten, in der 9. Gruppe nicht (und natürlich wusste niemand, was außerhalb seiner eigenen Gruppe passiert). Die 9. Gruppe war der Maßstab für die “intrinsische Qualität” der Lieder. Wenn es tatsächlich diese Qualität ist, die über den Erfolg der Bands bestimmt, dann sollten die 8 anderen Gruppen unabhängig voneinander zu gleichen bzw. zumindest ähnlichen Ergebnissen kommen. Das war aber nicht der Fall. In allen Gruppen landeten unterschiedliche Bands an der Spitze der Hitparade und es gab keine Übereinstimmung untereinander oder mit der Kontrollgruppe. Anscheinend reichten schon kleine Fluktuationen am Anfang, um am Ende zu ganz unterschiedlichen Ergebnisse zu kommen – wie das in chaotischen und vom Zufall dominierten Systemen zu erwarten ist. Eine Band hatte aus zufälligen Gründen am Anfang des Experiments einen kleinen Vorsprung und wurde von ein paar Leuten mehr gut gefunden als die anderen Bands. Und weil wir eben davon ausgehen, dass Erfolg nicht auf Zufall zurückzuführen ist sondern auf Fähigkeiten, denken wir uns: “Hey, die Band wird von vielen Leuten gut gefunden? Die müssen was können; die finde ich auch gut!” Und in einer anderen Gruppe ist es dann eben eine andere Band die auf diese Art zufällig an der Spitze landet…

Superstar aufgrund seiner Fähigkeiten oder war es doch nur Zufall? (Bild: CC-BY 2.0)

Superstar aufgrund seiner Fähigkeiten oder war es doch nur Zufall? (Bild: CC-BY 2.0)

Wir können das wahre Potential von Menschen als Außenstehender selten bzw. gar nicht beurteilen. Wir sehen nur, was diese Person in der Vergangenheit geleistet hat und nehmen das als Maßstab um die Fähigkeiten der Person zu beurteilen. Dass Bruce Willis ein Hollywood-Superstar ist; Bill Gates ein Computer-Milliardär und J.K. Rowling die erfolgreichste Schriftstellerin aller Zeiten mag mit ihren jeweiligen Fähigkeiten zu tun haben. Aber wäre Willis nicht zufällig nach Los Angeles geflogen und dort zufällig bei einem Casting gelandet wäre er heute vielleicht immer noch ein Barkeeper in New York der kleine Rollen in Werbespots spielt. Wenn Rowling nach den ersten Absagen der Verlage nicht weiter gemacht hätte, wäre sie heute immer noch unbekannt. Und auch Gates’ Karriere basiert auf vielen Zufällen. Wenn wir diese Superstars aber heute betrachten, dann kommen wir nicht umhin zu denken, dass sie dafür “bestimmt” waren, so groß zu werden und vergessen, dass es auch ganz anders kommen hätte können.

Und andersrum funktioniert das ganze leider auch: Wir haben weniger Mitleid mit denen, die es im Leben nicht so gut haben, als wir vielleicht haben sollten, weil wir insgeheim überzeugt sind, dass sie es eben nicht anders verdient haben. Unsere Erwartungen bestimmen, was wir denken. Wer kein Geld hat und obdachlos auf der Straße lebt, der muss selbst dran Schuld sein. Wer in der psychiatrischen Anstalt landet ist offensichtlich verrückt – denn sonst wäre er ja nicht dort, oder? Mlodinow stellt einige äußerst interessante Experimente vor, die genau das belegen. Wenn Versuchspersonen dabei zusehen, wie zwei Menschen Aufgaben erledigen und das Experiment so aufgebaut ist, das beide objektiv gesehen gleich gut darin sind, dann sollten die Versuchspersonen sie eigentlich auch als gleich gut bewerten. Sagt man den Leuten aber, dass nur eine der beiden Personen für die Lösung der Aufgabe bezahlt, dann führt das dazu, dass die Leistung der bezahlten Person besser bewertet wird. Denn wer Geld kriegt, muss ja auch etwas können, oder? (und das funktioniert selbst dann, wenn man dazu sagt, dass die bezahlte Person per Zufall ausgewählt wurde). Und auch die Sache mit der psychiatrischen Anstalt wurde getestet: Völlig normale Menschen die sich völlig normal verhielten wurden vom Personal der Anstalt trotzdem für psychisch krank gehalten und ihr normales Verhalten als gestört interpretiert (nur die anderen, echten Patienten erkannten den Schwindel meistens gleich…).

Was heißt das für unser Leben? Es klingt ein wenig pessimistisch, wenn der Zufall tatsächlich so eine große Rolle spielen sollten. Aber Mlodinow sagt am Ende des Buches, dass wir damit eben leben müssen. Wir müssen probieren, uns des Zufalls bewusst zu werden, ihn nicht zu ignorieren und den einzigen Parameter zu kontrollieren, denn wir kontrollieren können: Wenn das Leben nur ein Glücksspiel ist, dann sollten wir so oft spielen wie möglich um die Chancen auf Gewinn zu erhöhen. Wenn wir nicht aufgeben und es immer wieder probieren, erhöhen wir unsere Chancen auf Erfolg im Leben. Wenn wir erfolgreich sein sollen, müssen wir unsere Fehlerrate erhöhen…

Ich persönlich bin mir noch nicht ganz sicher, ob der Zufall wirklich diese extrem bestimmende Rolle im Leben spielt, die Mlodinow ihm zuweist. Natürlich stimmt es: Bei genauer Betrachtung hängt enorm viel von winzigen Details ab. Ich zum Beispiel lebe heute in Jena. Da bin ich nur gelandet, weil ich nach meiner Doktorarbeit dort einen Job bekommen habe. Den habe ich aber nur bekommen, weil mein damaliger Chef in Wien den Professor in Jena kannte, der einen neuen Mitarbeiter suchte und mir davon erzählt hat. Die beiden kannten sich aber nur, weil sie sich zwei Jahre davor bei einer Konferenz kennengelernt haben. Dort haben sie sich aber nur kennengelernt, weil mein Chef dorthin von einem seiner ehemaligen Studenten eingeladen wurde. Und so weiter. Dass ich heute in Jena lebe, ist tatsächlich reiner Zufall und ich hätte genau so gut irgendwo anders auf der Welt landen können. Und auch das ich heute mein Geld als Wissenschaftsautor verdiene, ist reiner Zufall (ich spar mir jetzt die Auflistung der Ereignisse die dazu geführt haben). Ich könnte also auch irgendwo anders leben und irgendetwas anderes tun. Insofern bestimmt der Zufall tatsächlich, was uns das Leben bringt. Aber wie wir mit dem umgehen, was uns der Zufall vorsetzt, hängt immer noch von dem ab, was wir sind. Wir sind dem Zufall also nicht ganz hilflos ausgeliefert…

Kommentare (30)

  1. #1 wrdlbrmpft
    5. Januar 2014

    Der letzte Satz erinnert mich an das Zitat von Sartre: “Wichtig ist nicht, was man aus uns macht, sondern was wir selbst aus dem machen, was man aus uns gemacht hat.” (oder so ähnlich)

    Schöne Serie, Florian, vielen Dank! 🙂

  2. #2 Florian
    5. Januar 2014

    “Aber wie wir mit dem umgehen, was uns der Zufall vorsetzt, hängt immer noch von dem ab, was wir sind. Wir sind dem Zufall also nicht ganz hilflos ausgeliefert…”

    Dein letzter Satz führt die Grundausage des Artikels nicht stringent zu Ende. Denn was wir sind, ist letztendlich auch kompletter Zufall. Ich habe mir meine Gene nicht ausgesucht, ich habe mir meine Eltern und deren Erziehungsstil nicht ausgesucht, nicht die prägenden Erlebnisse der ersten Jahre u.s.w..
    Es ist interessant, dass die meisten Atheisten ihre Position nicht bereit sind,konsequent einzunehmen. Zur Hintertür schleicht sich immer wieder so etwas wie eine “Seele”, das “wahre Selbst” ins Denken ein.

  3. #3 Florian Freistetter
    5. Januar 2014

    @florian: “Es ist interessant, dass die meisten Atheisten ihre Position nicht bereit sind,konsequent einzunehmen. Zur Hintertür schleicht sich immer wieder so etwas wie eine “Seele”, das “wahre Selbst” ins Denken ein.”

    Keine Ahnung wie du da jetzt auf einmal auf Atheismus kommt? Betrifft Zufall nur Atheisten? Abgesehen davon hat das was ich gesagt habe auch nichts mit “Genen” zu tu. Ja, du hast dir nicht ausgesucht, was du bist. Aber du bist, was du bist. Und wenn du das akzeptierst, dann kannst du mit dem was dir der Zufall im Leben entgegen wirft, besser umgehen. Was das jetzt alles mit “inkonsequenten Atheismus” zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht. Es geht um Wahrscheinlichkeitsrechnung; nicht um Atheismus.

  4. #4 Spritkopf
    5. Januar 2014

    Davon abgesehen, dass aus “jeder Mensch hat ein Bewusstsein und seinen eigenen Charakter” nicht die Existenz eines Gottes folgt.

  5. #5 Roboterprotzkopf
    5. Januar 2014

    “Und wenn du das akzeptierst, dann kannst du mit dem was dir der Zufall im Leben entgegen wirft..”
    Ist das denn kein Zufall ob ich das akzeptiere oder nicht? Wenn ich pessimistisch bin, akzeptiere ich das vielleicht nicht. Und wieso pessimistisch? Weil ich halt vielleicht viel Scheiße erlebt habe, wofür ich wieder nicht viel für konnte..
    Der Florian hat schon recht im Grunde!

  6. #6 Christian der 1.
    5. Januar 2014

    florian, du als autor, weißt das ja sicher ganz genau.
    wenn du hier in einem öffentlichen medium ein buch quasi so genau nacherzählst, dass ich zumindest sicher kein interesse hab mir das buch zu kaufen, mir sind wahrscheinlich die x teile schon zu mühsam sie zu lesen, gibts da nicht irgendwelche rechtlichen probleme ?
    reicht es da wenn du nur titel und autor zitierst.

    oder geht man da eher davon aus du machst mit deiner x-seitigen zusammenfassung den leuten eher gusto, als dass du sie vom kauf abhälst.

    auf der anderen seite, kann ein kurzer buchverriß eines literatur/sachbuchkritiker einem autor sicher auch 1000e exemplare kosten.

  7. #7 Florian
    5. Januar 2014

    @Freistetter:
    Kommentarspalten sind leider nicht wirklich geeignet, Gedanken anständig zu entwickeln ;-).

    “Keine Ahnung wie du da jetzt auf einmal auf Atheismus kommt? Betrifft Zufall nur Atheisten?”

    Atheisten habe ich deshalb genannt, weil sie eigentlich bereit sind, den (religiös geprägten) Dualismus zw. Geist und Materie über Bord zu werfen. Meinem Empfinden nach schleicht sich diese überkommen geglaubte Dichotomie aber meist wieder über die Hintertür ein.
    Oder um es nochmal anders auszudrücken:
    Bei einem neuronalen Computernetzwerk (und meine Prämisse ist, dass der Mensch genau das ist) macht es auch keinen Sinn zu sagen:” Das Netzwerk ist dem Zufall nicht ganz so hilflos ausgeliefert.” Das Netzwerk ist den internen Regeln und dem Zufall (repräsentiert durch zufälligen Input von außen) komplett ausgeliefert.
    Das Joscha Bach Interview bei Holgis Podcast ist in diesem Zusammenhang sehr zu empfehlen.
    Ansonsten war mein Kommentar auch nicht als Rumgetrolle gemeint. Ich mag dein Blog sehr, Florian Freistetter.

  8. #8 Florian Freistetter
    5. Januar 2014

    @Christian: Diese Frage hab ich schon beantwortet. Bei einem anderem Teil der Serie. Wieso sollte ich Schwierigkeiten kriegen? Ich kopiere ja nix. Ich spreche über ein Buch. Und keiner kann mir verbieten, so lange und so viel über ein Buch zu reden, wie ich möchte.

  9. #9 Flo (Florian)
    5. Januar 2014

    (Es war ziemlich dämlich mich Florian zu nennen, zukünftig also “Flo”)
    @Roboterprotzkopf:
    “Ist das denn kein Zufall ob ich das akzeptiere oder nicht? Wenn ich pessimistisch bin, akzeptiere ich das vielleicht nicht. Und wieso pessimistisch? Weil ich halt vielleicht viel Scheiße erlebt habe, wofür ich wieder nicht viel für konnte..”

    Richtig. Dies heißt allerdings nicht, dass es sinnvollere oder weniger sinnvolle Entscheidungen gibt. Ein Mensch hat sich zunächst mal nicht ausgesucht, ob er extrem pessimistisch auf die Welt schaut. Objektiv gesehen ist es aber durchaus besser, optimistischer zu sein. Denn eine optimistische Grundhaltung sorgt dafür, dass dieser Mensch besser funktioniert. Pessimismus sorgt für negativen Stress im Organismus und verhindert somit eine optimale Anpassungsreaktion an die Umwelt.

  10. […] Serie über Zufall und Wahrscheinlichkeit ging heute mit Teil 10 zu Ende. Leonard Mlodinow, der Autor des Buches das ich in dieser Serie besprochen habe, kommt am Ende zu […]

  11. #11 Realistischer
    5. Januar 2014

    “Wenn Rowling nach den ersten Absagen der Verlage nicht weiter gemacht hätte, wäre sie heute immer noch unbekannt.”

    Es war also Zufall, dass sie nach einigen Absagen nicht aufgegeben hat? Warum denn das? Etwa weil weil aus dem Durchschnittsverhalten aller Autoren nicht vorhersehbar ist wann genau sie aufgeben?

  12. #12 Florian Freistetter
    5. Januar 2014

    @Realistischer: “Es war also Zufall, dass sie nach einigen Absagen nicht aufgegeben hat? Warum denn das?”

    Rowlings Manuskript wurde ja nicht nur einmal abgelehnt sondern öfter. Weiß nicht mehr wie oft; mehr als 5 auf jeden Fall. Und wenn mein Manuskript 7 oder 8 Mal abgelehnt wird, dann ist es nicht sicher, dass man es auch ein 9 und 10. Mal einschickt. Vielleicht bequatschen mich meine Eltern, dass ich das Schreiben endlich sein lassen soll und mir nen ordentlich Job suchen muss. Vielleicht kann ich mir das Schreiben auch nicht mehr leisten und muss meine Zeit mit arbeiten vollquetschen. Vielleicht bestärkt mich aber auch ein guter Freund nicht aufzugeben. Vielleicht war das Frühstück mies, als Absage Nr. 8 vom Verlag ankam und in meiner schlechten Laune beschließe ich, den Mist mit der Zauberererschule sein zu lassen und stattdessen Kochbücher zu schreiben. Vielleicht kam aber gerade auch mein Lieblingslied im Radio und voller Optimismus schreibe ich Verlag Nr. 9 an. Da spielen so viele Faktoren rein, dass es durchaus Zufall ist. Wer weiß, wie viele tolle Bücher nicht veröffentlicht worden sind, weil die Autoren nach der 8 Absage aufgegeben haben und nicht – wie Rowling – weiter machten…

  13. #13 noch'n Flo
    Schoggiland
    5. Januar 2014

    @ Flo:

    Es war ziemlich dämlich mich Florian zu nennen, zukünftig also “Flo”

    Puh, wir werden hier allmählich echt zuviele…

  14. #14 Kassenwart
    5. Januar 2014

    @Realistischer

    John Kennedy Toole bekam posthum den Pulitzerpreis. Er hatte die ständigen Ablehungen nicht mehr ausgehalten und sich das Leben genommen. Seine Mutter hat das Buch dann publiziert bekommen (auch nach vielen Anläufen).
    Es ist reiner Zufall, wann jemand aufgibt und so mancher sagt sich bei Rowling “hätte sie doch einen Verlag früher aufgegeben” 😀

  15. #15 Pat
    5. Januar 2014

    Danke für das Erstellen dieser informativen und unterhaltsamen Serie. So was sollte es mehr geben.

  16. #16 Flo
    5. Januar 2014

    @Freistetter:
    Könntest du bitte meinen #9 Post korrigieren. Dort muss es natürlich heißen:
    “Das heißt allerdings nicht, dass es NICHT sinnvollere oder …”
    Ansonsten ist der Satz quatsch.

  17. #17 T.H.
    5. Januar 2014

    Da passt doch “schön” Galen Strawsons Sicht auf den/uns Menschen…

    Vgl. Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Galen_Strawson#Freier_Wille

    “Strawson zieht das Fazit: Unsere Entscheidungen werden durch unseren Charakter bestimmt – und möglicherweise auch durch (indeterministische) Zufallsereignisse, für die wir aber ebenso wenig verantwortlich sind, wie für unser genetisches Erbe und die Erfahrungen, die wir gemacht haben. Das gilt auch für unsere vergangenen Entscheidungen, die unseren heutigen Charakter mitgeformt haben. Wie wir sind, ist „letztendlich – bis ins kleinste Detail – Glücksache“. Handlungen zu belohnen, resp. sie zu bestrafen, sei daher „exakt so gerecht“, wie Menschen für ihre Haarfarbe oder Gesichtsform Lohn oder Strafe zuzumessen.”

  18. #18 stone1
    5. Januar 2014

    @Florian (Freistetter – langsam wird’s unübersichtlich, da muss man jetzt schon genau sein):

    Im Absatz unter dem Katzenbild, letzte Zeile, sollte es wohl heißen “gibt keinen Zusammenhang zwischen…”

    Bruce Willis war also früher Barkeeper? Passt irgendwie…

    Tolle Serie!

  19. #19 Flo
    6. Januar 2014

    @T.H.:
    “Handlungen zu belohnen, resp. sie zu bestrafen, sei daher „exakt so gerecht“, wie Menschen für ihre Haarfarbe oder Gesichtsform Lohn oder Strafe zuzumessen.””

    Ich stimme mit Strawson in der Analyse des freien Willen überein. Allerdings kann man daraus nicht unbedingt den Schluss ziehen, dass das Konzept von Strafe oder Belohnung keinen Sinn ergibt. Unabhängig vom freien Willen gibt es erwünschtes und unerwünschtes Verhalten. Belohnung als Verstärkung eines erwünschten Verhaltens bzw. Strafe oder deren Androhung um ein bestimmtes Verhalten zu unterbinden funktioniert natürlich erwiesenermaßen. Vielmehr wird durch Strawson (und viele andere) unser (christlich geprägtes) Konzept einer moralischen Verantwortung im Sinne einer persönlichen Schuld herausgefordert und in Frage gestellt.

  20. #20 Realistischer
    6. Januar 2014

    @Florian Freistetter
    Ob all dieser Variablen und nicht-Vergleichbarkeiten verschiedener Fälle stellt sich die Frage ob das überhaupt mit statistischen Methoden erfassbar ist.
    Das subjektive “wahrscheinlich” kann man eh immer und überall anwenden, aber die Methoden haben Anwendbarkeitseinschränkungen (das sind die um die sich typischerweise keiner kümmert).
    Ich zweifle jedenfalls daran und solange keiner das nachgeprüft und nachvollziehbar vorgezeigt hat, halte ich es für eine dieser pseudostatistischen Aussagen, die nur rein subjektive Meinungen im statistischen Gewand sind.

  21. #21 Florian Freistetter
    6. Januar 2014

    @Realistischer: “Ob all dieser Variablen und nicht-Vergleichbarkeiten verschiedener Fälle stellt sich die Frage ob das überhaupt mit statistischen Methoden erfassbar ist”

    Yep. Das nennt sich “Wahrscheinlichkeitsrechnung” und war Thema der letzten 10 Artikel…

    “Ich zweifle jedenfalls daran und solange keiner das nachgeprüft und nachvollziehbar vorgezeigt hat, halte ich es für eine dieser pseudostatistischen Aussagen, die nur rein subjektive Meinungen im statistischen Gewand sind.”

    Mir ist zwar nicht klar, an was genau du nun zweifeln willst, aber: Mach ruhig! Ich fürchte, ich kann dich sowieso nicht von irgendwas überzeugen. Vor allem nicht, wenn es um Wahrscheinlichkeitsrechnung geht.

  22. #22 Kassenwart
    6. Januar 2014

    @Realistischer
    Weshalb sollte das nicht statistisch bewertbar sein? Hast du dafür einen Grund außer deinem subjektiven Zweifel?

  23. […] Kapitel 10: Im letzten Kapitel zieht Mlodinow sein Fazit. Nicht wir haben die Kontrolle über unser Leben, sondern der Zufall! […]

  24. #24 Florian Freistetter
    6. Januar 2014

    Statistik ist ja gerade deswegen entwickelt worden, um Einflüsse zu behandeln, die man nicht kennt. Wenn man alles genau kennt, könnte man es ja exakt berechnen und bräuchte keine Wahrscheinlichkeiten und Statistiken mehr…

  25. #25 Murkel
    6. Januar 2014

    Für mich ist es sicher, dass Zufälle meinen bisherigen Lebensweg bestimmt haben. Für jede andere Person würden die gleichen Zufälle aber sicher zu anderen Lebenswegen führen.
    Was ich aus dem mache, was jetzt ist, hängt weitgehend von meiner Konditionierung (Gene+Umwelt/Erfahrung+ Erziehung = alles vom Zufall bestimmt) ab. Soweit ich meine Konditionierung nicht erkenne, werde ich von ihr gesteuert. Aber kann man das “als vom Zufall gesteuert” nennen?
    Ich stimme allerdings der Hirnforschung mit ihren Ergebnissen zu, die den freien Willen sehr in Frage stellt.
    Danke, Herr Freistetter, für die Serie.

  26. #26 PDP10
    6. Januar 2014

    Schöne Serie!

    Und anders als manch Kommentator hier unkt habe ich das Buch auf meine demnächst-zu-kaufen-Liste gesetzt …

  27. #27 Christian der 1.
    6. Januar 2014

    #13 noch n’ Flo
    ihr solltet euch nummerieren so wie ich 😉
    war definitiv einer der ersteren.

    für den freistetter flo, würde ich aber dann die nr. 1 reservieren, falls du die idee aufgreifst 😉
    also flo der 2. (fka noch n’ Flo) oder so.

    #26 PDP10 aber theoretisch ein nettes umgehungskonstrukt fürs copyright, ist die idee mit sehr umfangreichen zusammenfassungen schon.
    denkt dir du bringst denn neuesten stephen king, gekürzt auf 20 seiten raus.
    ob du da nicht bald schreiben von seinen anwälten bekommst. glaub auch nicht, dass du mit der argumentation “Und keiner kann mir verbieten, so lange und so viel über ein Buch zu reden, wie ich möchte. (siehe florian #8)” durchkommen würdest.
    wobei beim lesen wohl auch der weg das ziel ist, was ich als wenig-buch-leser so nicht so nachvollziehen kann.

  28. #28 PDP10
    7. Januar 2014

    @christian:

    “glaub auch nicht, dass du mit der argumentation “Und keiner kann mir verbieten, so lange und so viel über ein Buch zu reden, wie ich möchte. (siehe florian #8)” durchkommen würdest.”

    Das ist seit 50 Jahren das Geschäftsmodell der New York Review of Books, die damit zu einer der respektiertesten und erfolgreichsten Zeitschriften überhaupt geworden ist …

    Es macht einen Unterschied, ob du das 20 Seiten Kondensat des neuesten Bestsellers von Stephen King als dein Eigenes ausgibst oder ob du explizit sagst, dass ist der Inhalt des neusten King und so finde ich den …

    Mit letzterem wirst du dir mit Sicherheit einen ganz üblen Shitstorm der King Fans einhandeln … aber nur wegen der Spoiler.
    Stephen und seinen Anwälten wird das egal sein.

  29. #29 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com
    7. Januar 2014

    Trotz des ein oder anderen Disputes: Eine schöne Serie. Und ich denke die Gesellschaft braucht eher mehr als weniger Statistikwissen in Zukunft, denn immer mehr Entscheidungen werden aufgrund statistischer Erkenntnisse getroffen.

  30. #30 Realistischer
    7. Januar 2014

    @Florian Freistetter
    Wenn ein Buchautor für sich die Methode hätte, nach 3 Versuchen aufzugeben, dann gäbe es für den diesbezüglich keinen Zufall.
    Der Statistiker, welcher nur die Informationen über die Anzahl der Versuche aller Autoren sammelt, weis davon nichts. Für den wäre weiterhin alles zufällig.
    Klar ist aber, und das ist unzweifelhaft: man kann nicht vom Allgemeinen auf das Konkrete schliessen. Was in der Menge zufällig ist, muss nicht unbedingt auch im Einzelfall zufällig sein.
    Ob die Rowling zufällig oder nicht zufällig nicht aufgegeben hat kann der Statistiker garnicht wissen. Vielmehr können auch Statistiker einer kognitiven Verzerrung erliegen.
    Besonders jene die uns den maximalen Einfluss des Zufalls suggerieren wollen. Mir scheint, es genügt schon zu sagen dass man etwas nicht betrachtet hat, und schon ist es “Zufall”.
    Na dann, Augen zu, und schon ist alles Zufall.