Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Menge an Licht, die für die Photosynthese zur Verfügung steht. Das zeigt dieses Diagramm aus der Arbeit von Brown und ihren Kollegen:
Links wieder der “Normalfall” mit einem Planeten auf kreisförmiger Bahn. Man sieht eine Karte der Planetenoberfläche und die Farbe gibt an, wie hoch die Intensität des einfallenden Sonnenlichts ist. Am Äquator ist es rot, also warm und je näher man zu den Polen kommt, desto kälter (blauer) wird es. Also im Prinzip so wie auf der Erde. Nur ist bei diesem Problem der “Normalfall” eigentlich nicht der Normalfall. Damit ein Planet überhaupt in die 3:2 Spin-Orbit-Resonanz kommt braucht es (auch komplexen himmelsmechanischen Gründen die ich jetzt nicht im Detail ausbreiten will) eine gewisse Exzentrizität der Bahn, denn ansonsten landet er in der lebensunfreundlichen 1:1 Spin-Orbit-Resonanz. Das linke Bild ist also eigentlich nur ein Vergleichsbild, aber kein “Normalfall”. Den sehen wir eher im rechten Diagramm, das eine Bahnexzentrizität von 0,2 zeigt, also eine leicht exzentrische Bahn, vergleichbar mit der von Merkur. Hier ist es immer noch um den Äquator herum am wärmsten – aber es gibt jetzt auch Gegenden auf dem Planeten, wo es immer dunkel ist. Und das macht die Sache relativ kompliziert.
In den hellen, warmen Gegenden solcher Planeten hätten die Pflanzen zwar genug Licht – aber die Nächte dauern trotzdem immer noch enorm lange (ein Jahr hat ja nur 1,5 Tage!) und ob die Pflanzen solche langen Phasen der Dunkelheit überstehen, ist zweifelhaft. Die Diagramme oben zeigen ja nur die über den kompletten Zyklus gemittelten Werte. Die Pflanzen aber müssen die realen dunklen und kalten Phasen überstehen, die zwischen den hellen und warmen Tagen folgen. Wieder hängt alles davon ab, wie gut die Atmosphäre der Planeten die Wärme verteilen kann. Von der Erde her kennen wir photosynthetische Organismen, die durchaus in Lage sind, längere Zeiten ohne Licht auszukommen. Das nennt man Mixotrophie und bedeutet, dass die Lebewesen einerseits Photosynthese betreiben, andererseits sich aber auch chemisch ernähren können, wenn es nötig ist. Es spricht also prinzipiell nichts dagegen, dass sich auf solchen Planeten ebenfalls mixotrophe Pflanzen entwickeln.
Besonders interessant sind die abschließenden Diskussionen in der Arbeit von Sarah Brown. Planeten in einer 3:2 Spin-Orbit-Resonanz rotieren vergleichsweise langsam und deswegen ist auch ihr Magnetfeld schwach. Außerdem sind sie ihren Sternen ja sehr nahe. Sie bekommen also sehr viel kosmische Strahlung ab, was Einfluss auf die Entwicklung des Lebens haben kann. M-Sterne sind auch oft sehr aktiv wenn es um Röntgen- und UV-Strahlung geht. Gibt es keine dicke Atmosphäre, dann dringt die auf die Planetenoberfläche vor und kann dort ebenfalls schädlich sein. Aber auch hier wissen wir wieder von der Erde, das bestimmte Pflanzen und Mikroorganismen sich gegen diese Arten von Strahlung schützen können. Es ist also möglich, dass sie auch auf fremden Welten vorhanden sind.
Vor allem, weil die Evolution auf solchen Planeten regelrecht vorangetrieben wird. Wie oben erklärt hängen die hellen und dunklen Bereiche auf der Planetenoberfläche ja mit der Exzentrizität der Bahn zusammen. Die sorgt dafür, dass der Stern zur Zeit der größten Annäherung mehrmals auf- oder untergeht. Dieser Zeitpunkt ist aber nicht immer gleich. Dafür sorgt die berühmte “Periheldrehung”, also der Effekt, den wir auch bei der Bahn von Merkur sehen können und der erst durch Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie erklärt werden könnte. Die ganze Bahn des Merkurs dreht sich während knapp einer Viertelmillion Jahre einmal um die Sonne herum und genau das wird auch mit den hypothetischen Planeten der roten-Zwerge passieren. Damit verschieben sich aber auch die Positionen der hellen und dunklen Bereiche, die nun im Laufe der Jahrhunderttausende über den Planeten wandern. Pflanzen, die in einer der helleren Regionen des Planeten leben könnten sich nach ein paar Jahrtausenden auf einmal in einem der immer dunklen Streifen wiederfinden. Das könnte die Entwicklung des Lebens stören – oder erst recht anheizen! Die Periheldrehung ist langsam genug, damit die Evolution Schritt halten könnte.
Kommentare (23)