Über Gravitationswellen habe ich hier und hier schon ausführlich geschrieben. Laut Albert Einstein krümmt Masse die Raumzeit und diese Krümmung nehmen wir als Gravitationskraft wahr. Jede Masse, die sich durch die Raumzeit bewegt, verändert also deren Krümmung und es entstehen “Wellen” die sich durch den Raum ausbreiten. Beziehungsweise Wellen im Raum selbst; die ganze Raumzeit wackelt also quasi ein wenig hin und her und theoretisch könnte man das auch messen, wenn der Effekt nicht so winzig und Instrumente zu schwach wären. Indirekt hat man die Auswirkungen der Gravitationswellen schon gemessen, ein direkter Nachweis wird schon seit einiger Zeit versucht, blieb bis jetzt aber noch erfolglos.
Es gibt also zwei Komponenten die für die Unregelmäßigkeiten in der Hintergrundstrahlung wichtig sind: Die Dichtevariationen in der Materie und die Gravitationswellen (es gibt auch noch eine dritte Komponente, die aber nur einen kleinen Teil ausmacht und die ich hier jetzt ignorieren möchte). In der Fachsprache wird die erste Komponente “Skalar” genannt und die zweite “Tensor”. Verschiedene Varianten der inflationären Urknalltheorie machen nun verschiedene Aussagen darüber, wie groß das Verhältnis zwischen den beiden Beiträgen ist. Um zu unterscheiden, welche Varianten der Inflationshypothese korrekt sein können und welche nicht, müsste man genau wissen, wie groß der skalare und wie groß der tensorielle Beitrag der Unregelmäßigkeiten ist. Aber das weiß man eben nicht. Man könnte es herausfinden, wenn man die Polarisation der Hintergrundstrahlung misst und das ist bis jetzt noch nicht ausreichend genau gelungen.
E-Moden und B-Moden
Polarisiertes Licht ist selten komplett homogen polarisiert (wenn man es nicht vorher durch einen entsprechenden Polarisationsfilter geschickt hat) sondern eine Mischung verschiedener Polarisationszustände. Bei der Hintergrundstrahlung kann man zwei wesentliche Zustände unterscheiden: Die sogenannten E-Moden und die B-Moden. Die genauen Unterschiede sind ein wenig technisch (Da muss man sich mit Vektoranalysis und Differentialoperatoren auskennen; hier gibt es einen Fachartikel mit einer Grafik dazu) aber es läuft darauf hinaus, dass die E-Moden spiegelsymmetrisch sind und die B-Moden nicht. Und, und darauf kommt es für unsere Überlegungen an, dass die B-Moden nicht von der skalaren Komponente herrühren können sondern nur von den Tensoren, also den Gravitationswellen. Eine Messung von E-Moden und B-Moden in der Hintergrundstrahlung kann uns also etwas über das Verhältnis von Skalaren zu Tensoren sagen.
Die E-Moden in der Hintergrundstrahlung hat man schon 2002 beobachtet. Über die Inflation sagen sie uns aber recht wenig, da sie durch die Streuung von Licht an Atomen im Plasma entstehen. Das ist zwar noch passiert, bevor das Universum durchsichtig wurde, aber trotzdem lange nach der Inflation (die passierte ungefährt 10-35 Sekunden nach dem Urknall). Viel interessanter sind die B-Moden die durch die Gravitationswellen entstehen, die aber viel schwächer und schwerer zu messen sind. Aber letztes Jahr im Sommer gelang es trotzdem (“Detection of B-mode Polarization in the Cosmic Microwave Background with Data from the South Pole Telescope”). Dabei handelte es sich aber um B-Moden, die durch den Gravitationslinseneffekt zustande gekommen sind. Auch das hat mit der Raumkrümmung zu tun: Da Materie den Raum krümmt und Licht der Krümmung des Raums folgt, können große Massen die Ausbreitung des Lichts beeinflussen und damit wie optische Linsen wirken. Der Effekt ist schon lange bekannt und wird in der Astronomie standardmäßig zur Beobachtung ferner Galaxien oder extrasolarer Planeten eingesetzt. Und auch die sich ausbreitende Hintergrundstrahlung kann durch große Massen (Galaxien oder Galaxienhaufen) beeinflusst werden, was sich in einer Veränderung der Polarisation äußerst. Diesen Effekt hat man im Sommer 2013 gemessen und wenn das auch zweifellos interessant war, hatte es doch keine Erkenntnisse über die Inflation gebracht.
Dazu muss man die primordialen B-Moden messen. Als die Inflation das junge Universum aufgeblasen hat, entstanden ebenfalls Gravitationswellen und haben die Polarisation verändert. Könnte man diese B-Moden messen, dann hätte man nicht nur einen deutlichen (wenn auch keinen absolut eindeutigen) Beleg für die Existenz der Inflation gefunden, sondern könnte auch herausfinden, wie das Skalar/Tensor-Verhältnis aussieht.
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