Die Ergebnisse dieser umfassenden kosmologischen Simulation sind nun kürzlich veröffentlicht worden (“Properties of galaxies reproduced by a hydrodynamic simulation”). Und wenn man das gesamte Universum simulieren will, dann ist das nicht mehr ganz so einfach. Da reicht es nicht, einfach einen Haufen Sterne in den Computer zu schmeißen und ihre wechselseitige Gravitation und die daraus resultierende Bewegung zu berücksichtigen. Im All gibt es ja noch viel mehr als nur Sterne. Da ist zum Beispiel jede Menge Gas, aus dem neue Sterne entstehen können und Sterne leben auch nicht ewig. Man muss also schon mal ein paar grundlegende Prozesse der Sternentwicklung inkludieren und die Interaktion mit dem Gas berücksichtigen. Wenn ein Stern am Ende seines Lebens explodiert schleudert er ja auch wieder neues Gas ins All hinaus und mit simpler Gravitation ist es dann nicht mehr getan. Man muss dann auch die Hydrodynamik bei der Bewegung des Gases berücksichtigen. Und Galaxien sind ja auch nicht einfach nur Haufen aus Sternen sondern komplexe Objekte in denen noch viel mehr abgeht – zum Beispiel die Interaktion zwischen den zentralen schwarzen Löchern und der galaktischen Umgebung. Und selbst wenn man das alles in einem Computerprogramm unter einen Hut bekommt, fehlt noch die dunkle Materie die ja überhaupt erst dafür verantwortlich ist, dass sich die ursprüngliche Materie zu Strukturen wie Sternen und Galaxien zusammenklumpen kann und die dunkle Energie, die die Expansion des Alls beeinflusst.
Es ist also ein ziemlicher Aufwand, so eine kosmologische Simulation zu erstellen. Trotzdem hat man es immer wieder probiert. Schon lange bevor die Leute vom Illustris-Projekt ihre Ergebnisse veröffentlicht haben, gab es zum Beispiel die Millenium-Simulation unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching. Damals hat man im wesentlichen simuliert wie sich die dunkle Materie im Laufe der 14 Milliarden Jahre seit dem Urknall entwickelt hat und konnte zeigen, dass die kleinen Variationen in der Dichteverteilung der Materie die von Anfang an vorhanden waren sich im Laufe der Zeit tatsächlich zu der großräumigen Struktur entwickeln können, die wir beobachten. Aber rein technisch war man damals nicht in der Lage, auch die normale Materie zu berücksichtigen oder die Auflösung der Simulation so sehr zu erhöhen, dass man auch einzelne Galaxien (oder gar Sterne) erkennen kann.
Im Illustris-Projekt hat aber genau das funktioniert. Man hat neben der dunklen Materie auch normales Gas, Sterne, supermassereiche schwarze Löcher und die jeweiligen Interaktionen simuliert. Nicht für das gesamte Universum, aber immerhin für einen Würfel mit einer Kantenlänge von 350 Millionen Lichtjahren. Die Auflösung der Simulation beträgt knapp 160 Lichtjahre und das ist gut genug, um auch individuelle Galaxien sehen zu können. Man hat die Entwicklung des Universums für 13 Milliarden Jahre verfolgt, also fast während seiner gesamten Lebensdauer. Die Ergebnisse sind beeindruckend: Die über 41000 Galaxien der Simulation zeigen tatsächlich die gleiche Vielfalt wie die Galaxien die wir im echten Universum beobachten. Es gibt Spiralgalaxien wie unsere Milchstraße und große elliptische Galaxien – früheren Simulationen gelang es nicht, diese unterschiedlichen Formen zu reproduzieren. So sehen ein paar der Galaxien von Illustris aus:
Man kann auch direkt vergleichen, wie das “Illustris-Universum” neben dem echten Universum aussieht. Dazu haben die Wissenschaftler ein Bild aus der Simulation erstellt, dass dem Blick auf das Hubble Ultra Deep Field entspricht. Links ist die Simulation, rechts die reale Beobachtung:
Damit man so eine gute Übereinstimmung bekommen kann, muss natürlich auch die Ausgangslage stimmen. Man muss vor allem die ursprüngliche Menge und Verteilung der dunklen Materie im Universum gut kennen. Es wird ja oft behauptet, die dunkle Materie sei nur reine Fiktion; von den Astronomen nur “ausgedacht” oder “erfunden”. Dass das nicht so ist, habe ich ja schon in meiner Serie über dunkle Materie erklärt. Aber Simulationen wie Illustris zeigen das noch einmal sehr deutlich. Würde man die dunkle Materie nicht inkludieren und würde man nicht eine ganz bestimmte Menge an dunkler Materie inkludieren, dann würde man am Ende nicht ein Universum bekommen, dass dem realen Universum ähnlich ist. Und die richtige Menge an dunkler Materie ist in diesem Fall die Menge, die man auch aus anderen kosmologischen Beobachtungen ableiten kann.
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