Am Montag habe ich von der Arbeit beim Verfassen eines Buches erzählt und davon, dass dabei manchmal längere Abschnitte oder ganze Kapitel des Manuskripts am Ende nicht im fertigen Buch landen. Nicht immer, weil sie schlecht sind, sondern oft aus anderen Gründen. Eines dieser “verlorenen Kapitel” aus meinem letzten Buch “Die Neuentdeckung des Himmels” möchte ich nun hier im Blog veröffentlichen. Teil 1 und Teil 2 gab es schon zu lesen. Der dritte und letzte Teil folgt heute:
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Doppelsonne und Wechselplaneten (Teil 3)
Fremde Monde bei fremden Planeten zu finden wäre zwar sehr aufregend und die Wissenschaftler könnten viel daraus lernen. Aber wirklich überraschend wäre so eine Entdeckung nicht. Die Monde müssen da sein – es wäre höchst sonderbar, wenn es sowas nur in unserem Sonnensystem geben würde. Aber die Chancen stehen gut, dass wir in den Weiten des Alls irgendwann auch einmal etwas finden werden, dass wirklich überraschend ist; etwas, dass es in unserem Sonnensystem nicht gibt. Zum Beispiel zwei Planeten, die sich eine Bahn teilen.
Das klingt zuerst einmal so, als sei es komplett unmöglich. Dort, wo schon ein großer Himmelskörper wie ein Planet seine Bahn um einen Stern zieht, kann doch eigentlich kein Platz mehr für einen zweiten sein. Die gravitativen Störungen des ersten Objekts müssten das zweite doch sofort aus der Bahn schmeißen. Und normalerweise ist das auch so. Es gibt aber Ausnahmen. Ende des 18. Jahrhunderts hat der französische Mathematiker Joseph Louis Lagrange intensive Berechnungen zur Bewegung von Himmelskörpern angestellt. Er hat insbesondere untersucht, wie die Gravitationskräfte von zwei großen Objekten ein drittes beeinflussen und dabei etwas interessantes festgestellt. Umkreist zum Beispiel ein Planet einen Stern, dann gibt es in diesem System genau fünf Punkte, an denen sich sämtliche wirkenden Kräfte gegenseitig aufheben. An diesen Punkten kann sich ein dritter Himmelskörper aufhalten, ohne von den beiden anderen gestört zu werden. Diese Punkte werden heute Lagrange-Punkte genannt. Drei von ihnen befinden sich immer entlang der Verbindungslinie zwischen Stern und Planet und zwei genau auf der Bahn des Planeten und zwar immer 60 Grad vor beziehungsweise hinter ihm. Die ersten drei Punkte sind instabil. Das bedeutet, dass sich ein Objekt wirklich exakt im Lagrangepunkt befinden muss, um nicht gestört zu werden. Weicht es nur ein bisschen ab, dann sorgen die Störungen dafür, dass es sich schnell immer weiter entfernt. Die letzten beiden Punkte auf der Bahn des Planeten sind aber stabil. Ein Himmelskörper, der sich ein wenig vom Lagrangepunkt entfernt, bleibt trotzdem noch in der Nähe.
In den beiden stabilen Punkten können sich Objekte also für lange Zeit aufhalten und tun das auch. In unserem Sonnensystem kennen wir zum Beispiel die sogenannten „Trojaner“ (Sie wurden alle nach Figuren aus dem Trojanischen Krieg benannt so dass heute die gesamte Asteroidengruppe den Namen „Trojaner“ bekommen hat). Das sind Asteroiden, die sich auf der Bahn des Jupiters befinden. Zwei große Gruppen von Asteroiden halten sich in seinen stabilen Lagrangepunkten auf und umkreisen gemeinsam mit ihm die Sonne. Auch Mars, Neptun und Uranus haben eigene Trojanerasteroiden. Und sogar bei der Erde wurde im Jahr 2010 ein Trojaner entdeckt. Bei uns gibt es nur Trojaner-Asteroiden. Aber rein prinzipiell könnte es durchaus auch Trojaner-Planeten geben.
Computersimulationen zur Planetenentstehung haben gezeigt, dass sich in den Lagrangepunkten eines großen Planeten ausreichend Material ansammeln könnte, damit daraus ein weiterer Planet entstehen kann. Und Simulationen zur Bewegung dieser Planeten demonstrieren, dass die Bahn so eines Trojaner-Planeten stabil ist, wenn seine Masse eine gewisse Obergrenze nicht überschreitet. Ein jupitergroßer Gasriese könnte zumindest theoretisch einen kleineren, etwa erdgroßen Planeten in seinen Lagrangepunkten beherbergen. Gefunden hat man so ein Objekt bis jetzt aber nicht. Aber wenn sie existieren sollten, dann verraten sie sich genauso wie die extrasolaren Monde durch Unregelmäßigkeiten in den Transit-Lichtkurven.
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