Es fällt mir allerdings schwer, die Bücher zu schreiben. Die Handlung scheint im Amerika der Gegenwart zu spielen. Vor 30 Jahren hat sich aus ungeklärten Gründen ein ganzer Landstrich auf mysteriöse Weise verändert. Eine “Grenze” entstand, die nur an einer Stelle überquert werden kann und dahinter ist alles irgendwie anders. Und irgendwie fremd. Aber was genau diese “Area X” so seltsam macht und wie sie überhaupt entstanden ist, kann niemand sagen. Das “Southern Reach”, eine Art Geheimorganisation die die Region nach außen hin abschirmt und erforscht, schickt immer wieder Expeditionen hinter die Grenze. Viele davon kommen nicht zurück. Manche schon und sind danach auf ebenso seltsame wie unfassbare Weise verändert. Der erste Band der Trilogie beschreibt die Erlebnisse einer dieser Expeditionen. Die Welt von Area X sieht auf den ersten Blick ganz harmlos aus. Bäume, Pflanzen, Tiere, Wildnis, verlassene Dörfer. Und ein Turm, der eigentlich ein Tunnel ist. Mysteriöse Schreie in der Nacht. Ein Leuchtturm der Dinge enthält die eigentlich gar nicht sein dürften und Menschen die verschwinden, sterben und wieder auftauchen.
Die Geschichte balanciert immer an der Grenze zwischen Science-Fiction und Fantasy, ohne dabei das eine oder das andere zu sein. Wenn in Area X plötzlich irgendwelche mystischen Fabelwesen auftauchen würden, erschiene einem das genau so plausibel wie eine unerwartete Invasion von Aliens. Aber weder das eine noch das andere passiert und es gibt eigentlich keine klassischen Science-Fiction (oder Fantasy) Elemente, wenn man von der Existenz der Area X einmal absieht. Was das Buch aber so großartig macht, ist die Stimmung die es vermittelt. Es passiert (zumindest mir) ganz selten, dass sich die Grundstimmung eines Buch so sehr aufdrängt, wie hier. Bei anderen Büchern fiebert man mit den Protagonisten durchaus mit, aber da geht es vor allem um die Spannung zu erfahren, wie die Geschichte weitergeht. Man hat nicht selbst Todesangst, wenn die Hauptfigur auf Leben und Tod kämpft. Man erlebt das Leben der Protagonisten, aber man lebt es nicht selbst. Aber “Annihilation” konfrontiert einen ganz direkt mit der unangenehm-unwirklichen Stimmung von Area X und selbst wenn im Buch gerade keine dramatische Handlung stattfindet, fühlt man sich ständig selbst ein wenig unwohl und es laufen einem Schauer über den Rücken. Man will unbedingt wissen, was verdammt noch mal in dieser Welt vorgeht und warum das alles so vage unangenehm und unwirklich ist. Aber man weiß auch, dass man es nicht erfahren wird, zumindest jetzt noch nicht. Ich kann es wirklich nicht besser erklären – aber es ist ein sehr beeindruckendes Buch.
Das zeigt auch die Fortsetzung. “Annihilation” endet auf eine Weise, die durchaus als globales Ende geeignet wäre. Man könnte durchaus nach Band 1 aufhören zu lesen. Aber das macht man natürlich nicht, weil das Ende auch ein wunderbarer Cliffhanger ist und man zu wissen meint, was einen in Band 2 erwartet. Tja – meint man. Tatsächlich ist “Authority” ein völlig anderes Buch. Diesmal ist die Hauptfigur der Direktor von Southern Reach, der – neu auf seinem Posten – probiert, irgendeinen Sinn in dem ganzen Vorhaben zu finden und zu verstehen, was mit den Expeditionen passiert, die auf die Reise geschickt werden. Auch wenn die Handlung diesmal in der “normalen” Welt spielt, ist das Buch doch um nichts seltsamer oder unwirklicher als “Annihilation”. Das Fremde von Area X scheint irgendwie in die Außenwelt vorgedrungen zu sein. Oder zumindest fühlt es sich beim Lesen so an, auch wenn die Handlung (vorerst) nichts dergleichen nahe legt.
Ich bin schon enorm gespannt auf den dritten Teil und darauf, ob diese Geschichte noch eine klassische Auflösung erfährt. Es ist ein hervorragendes Buch und ein herausragendes Buch. Und es muss auch niemand Angst davor haben, sein Urlaubsgepäck mit einer dicken Trilogie zu belasten. Teil 3 fehlt ja sowieso noch und die beiden ersten Bände sind recht dünn und zumindest in der englischen Version nur knapp über 300 Seiten lang. Lest die Bücher!
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