Sehr viel meiner Forschung benötigt wenig oder gar keine Ausrüstung. Ein Notizbuch, vielleicht manchmal ein Schmetterlingsnetz oder ein wenig Tipex, um Bienen zu markieren und Netze, um sie von Blumen abzuhalten. Das ist einer der schönen Aspekte, wenn man die Natur erforscht: jeder kann neue Entdeckungen machen. Natürlich ist es manchmal hilfreich, moderne Technik benutzen zu können und auch wir führen manchmal molekulare Forschung durch um genetische Diversität zu messen oder benutzen besondere Analysemaschinen um Pheromone oder Pestizidrückstände zu identifizieren. Aber viele meiner derzeitigen Doktoranden brauchen wenig mehr als einen Stift und ein Blatt Papier um ihre Daten zu sammeln.

Wenn man nach der Lektüre ihres Buchs irgendwo zum Schutz der Hummeln und anderen Insekten beitragen oder dabei helfen möchte, das Bewusstsein für Artenschutz zu erhöhen: Was wäre die beste, einfachste und schnellste Möglichkeit das zu tun? Gibt es Citizien-Science-Projekte die sie empfehlen können und gibt es Projekte außerhalb Großbritanniens bei denen die deutschsprachigen Leser ihres Buches mehr Informationen finden können?

Etwas, das die meisten Menschen ganz einfach tun können, ist es, ein paar bienenfreunliche Pflanzen in ihren Gärten zu pflanzen: Auf meiner Homepage gibt es eine Liste. Und benutzt keine Pestizide (in einem Garten sind sie auch nicht nötig – was ist das schlimmste, das ohne sie passieren kann – ein paar Blattläuse auf den Rosen?). Wenn möglich, lasst das Gras in einer Ecke eures Gartens lang wachsen. Wenn ihr keinen Garten habt, schlagt der Verwaltung eurer Kommune vor, das Gras in den öffentlichen Grünanlagen nicht so oft zu mähen und manche Ecken nur einmal pro Jahr. Das spart Zeit und Geld und ist für die Tiere und Pflanzen großartig.
Citizien Science wird immer populärer und es gibt wahrscheinlich auch in Deutschland entsprechende Projekte, aber dazu habe ich keine Details.

Ein sehr interessantes Kapitel ihres zweiten Buchs beschäftigt sich mit ihrer Forschung zum Bienensterben und Neonikotinoiden. Ihre Experimente haben die Gefahr dieser Insektizide aufgezeigt und sie haben ihre Überraschung beschrieben, als sie festgestellt haben, dass die Politik nur so zögerlich darauf reagiert hat. Wie sehen sie die Rolle der Wissenschaftler bei solchen politischen Entscheidungen? Sollen sie einfach nur wissenschaftliche Daten liefern und die Entscheidungen den Politikern überlassen oder sollen sie sich auch selbst als Lobbyisten engagieren?

Ich bin mir nicht sicher, wie ich das beantworten soll. Natürlich sollen Wissenschaftler ihre Ergebnisse klar und deutlich kommunizieren, aber sollen sie sich auch öffentlich dazu äußeren, welche politischen Entscheidungen getroffen werden sollen? Alles in allem denke ich, sie sollten das tun. Immerhin wissen sie oft weit mehr über die Details Bescheid als die politischen Entscheidungsträger und sicherlich mehr als die meisten Menschen in der Bevölkerung die vielleicht nur einen oder zwei Artikel dazu in den Medien gelesen haben. Wir leben in einer Demokratie und deswegen haben alle das Recht, ihre Meinung zu sagen. Außerdem bin ich ein wenig zynisch, wenn es um die Frage geht, ob man Politikern vertrauen kann, die richtige Entscheidung zu treffen, wenn man sie sich selbst überlasst. Die Industrie hat das Geld, um sich großen Einfluss auf die politischen Entscheidungen zu kaufen und ich denke, die Wissenschaftler müssen bereit sein, ihre Meinung öffentlich zu machen wenn sie das Gefühl haben, dass Forschungsergebnisse ignoriert oder für dubiose Entscheidungen missbraucht werden. Meiner Meinung ist das besonders wichtig, wenn die Politiker weiterhin die langfristige Gesundheit der Umwelt für kurzfristige politische oder finanzielle Gewinne opfern.

Das letzte Kapitel von “A Buzz in the Meadow” ist ein wenig pessimistisch und deprimierend. Denken sie wirklich, dass uns das gleiche Schicksal bevor steht wie den Einwohnern der Osterinsel? Verglichen mit den anderen drängenden Problemen unserer Zeit wie dem Klimawandel oder dem Schwinden der fossilen Energieträger erscheint es so, als hätten die Bedeutung der Biodiversität längst nicht die gleiche Menge an öffentlicher Aufmerksamkeit. Warum ist das so und was kann dagegen getan werden?

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Kommentare (13)

  1. #1 McPomm
    10. Oktober 2014

    Sir David Attenborough hatte 2005 für die BBC eine kleine Dokumentationsserie aus 5 Folgen gemacht, mit dem deutschen Titel “Verborgene Welten – Das geheime Leben der Insekten”. Die haben damals neueste Kameratechnik für Makroaufnahmen eingesetzt. Sehr empfehlenswert.

  2. #2 Florian Freistetter
    10. Oktober 2014

    Attenborough ist sowieso ne Klasse für sich. Es ist ne Schande, dass wir so jemanden in Deutschland nicht haben…

  3. #3 funke
    10. Oktober 2014
  4. #5 PDP10
    10. Oktober 2014

    @Florian:

    Schönes Interview. Scheint ein sympathischer Mensch zu sein der Herr Goulson.

    Wie hast du das Interview eigentlich geführt wenn ich fragen darf?

    Konntest du ihn treffen oder habt ihr gemailt oder telefoniert oder so?

  5. #6 Mafl
    10. Oktober 2014

    Die Bücher sind schon auf der Weihnachtsge- oder verschenkeliste!
    Danke für den Tipp und die weiterführenden Links!

  6. #7 Florian Freistetter
    11. Oktober 2014

    @PDP10: Wir haben per Email kommuniziert.

  7. #8 Eos
    11. Oktober 2014

    Stunde der Wintervögel gibts auch in Österreich:https://www.stunde-der-wintervoegel.at
    Außerdem fällt mir noch das ein: http://www.biodiversitaetsmonitoring.at

  8. #9 Zerebrumm
    83209
    11. Oktober 2014

    Warum lässt die Wiedergeburt von Horst Stern so lange auf sich warten? Bloß weil er noch lebt (seit 1922), ist das noch lange kein Grund…
    Im Fernsehdumpfbacksammeldreck gibt´s heute nur noch Sensation um jeden Preis: “Die gefährlichsten…”, “Die tödlichsten…”, “die überhaupt absolut gigantischsten…”.
    Sterns “Bienen” waren schon in den 70ern der Maßstab.
    Wieso richtet sich seit der Zeit Niemand daran?
    Wenn Galileo wüsste, dass sein Name für Sendungen missbraucht wird, die allenfalls zu leisem Bierrülpsen passen, rotierte er in seiner Gruft.
    Da wundern sich die Zwangsernährten, dass sich die Jugend abwendet und sich ihre Information bei Florian und seinen anderen engagierten Kollegen holt.

  9. #10 rolak
    11. Oktober 2014

    die allenfalls zu leisem Bierrülpsen passen

    na-na-na, das kannste jetzt aber auch nicht sagen, Zerebrumm, dieser Vergleich ist nicht angemessen.

    Zu lautem bis feuchtem Bierrülpsen – ok, aber nicht zu leisem. Keinesfalls.

    Horst Stern

    Auf eine (von mir aus trotz Wechsels von 4:3 auf 16:9) unbeschnittene Ausgabe der Tierstunden warte ich auch noch…

  10. #11 Alexander
    12. Oktober 2014

    Vielleicht mag ja auch jemand einen Blick in ein “Wissenschaftsbuch des Jahres” zum Thema werfen?

    https://www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/1531224
    https://www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/1625026

  11. #12 by
    12. Oktober 2014

    Da oben bereits Horst Stern erwaehnt wurde, wollte ich noch anfuegen, dass sein ‘Leben am seidenen Faden: Bemerkungen uber die Spinne’ mich als Teenager so nachhaltig beeindruckt hat, dass ich meine Spinnenangst ueberwand. Bei schneller Recherche habe ich entdeckt, dass es das anscheinen inzwischen auf YouTube gibt, und ich weiss, was ich mir demnaechst anschauen werde! 🙂 Horst Stern ist generell sehr empfehlenswert, und eine DVD-Box mit seinen Filmen wuerde ich mir vermutlich sofort besorgen. Es stimmt also nicht, dass es solche in Deutschland nicht gibt/gab, im Wikipedia-Artikel zu Horst Stern stoesst man auf weitere Namen.

  12. #13 Gerhard
    13. Oktober 2014

    Zum Thema Insekten: Vor 3 Jahren suchte ich in Jena das Optische Museum, das plötzlich bei mir ein Interesse an Makrofotografie und Insekten entfachte. Ich schiesse jetzt selbst gelegentlich Makroaufnahmen, was aber nichts zu den Bemühungen von Stefan Diller/Würzburg ist: Der hat einen kleinen und aufwendigen Film mit Aufnahmen aus dem Rasterelektronenmikroskop gedreht, der auf Youtube unter “Nanaoflights” zu sehen ist. Empfehlenswert!
    Ebenso ” Krieg der Ameisen” auf Youtube: Abgesehen vom Thema ein herrlicher Film mit atemberaubenden Nahaufnahmen, die ich mir technisch garnicht erklären kann.