Die Mathematik die hinter solchen Berechnungen steht ist nicht unbedingt simpel. Man muss sich dabei mit jeder Menge komplizierter Gleichungen herumschlagen – zum Beispiel diesen hier:
Das sind die Bewegungsgleichungen die beschreiben, wie sich die Bahn eines Himmelskörpers im Lauf der Zeit verändert und ich will sie gar nicht weiter erklären. Ich wollte sie nur mal wieder zeigen, weil ich sie selbst schon so lange nicht mehr gesehen haben und mich ein wenig wehmütig an die Zeit zurück erinnere, als ich diesen ganzen himmelsmechanischen Kram noch wirklich gut verstanden habe 😉 (Wer möchte, kann sich aber meine Serie zur Störungsrechnung durchlesen, da habe ich ein bisschen mehr dazu gesagt: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4).
Am Ende haben Maquet und Pierret jedenfalls ein Modell entwickelt, mit dem sich die Abweichungen vorhersagen lassen, die zusätzlich zu den bekannten nichtgravitativen Effekten durch MOND verursacht würden. Diese Gleichungen haben sie dann an drei Kometen ausprobiert: 1P/Halley, 153P/Ikeya-Zhang und 2P/Encke. Idealerweise würde man das Modell ja an Kometen testen, die sich wirklich weit weg von der Sonne bewegen, bis hinaus in die Oortsche Wolke. Aber diese Kometen brauchen ein paar zehn- bis hunderttausend für eine Runde um die Sonne und so lange will man dann für die Prüfung der These doch nicht warten. Von den bekannten Kometen, die halbwegs überschaubare Umlaufzeiten von weniger als 200 Jahren haben, haben Halley und Ikeya-Zhang den größten mittleren Abstand zur Sonne (und Encke hat man als Vergleich dazu genommen, weil er nur einen sehr kleinen mittleren Abstand hat).
Das Modell hat gezeigt, dass die Effekte klein sind. Wirklich klein… verschiedene mögliche MOND-Formulierungen würden eine zusätzliche Drehung der Kometenbahn mit einer Geschwindigkeit in der Größenordnung von maximal einigen Dutzend Millibogensekunden pro Jahrhundert verursachen. Aber das ist immer noch schnell genug, um gegenüber den anderen nichtgravitativen Effekten (die Änderungen von einigen 100 Millibogensekunden pro Jahrhundert verursachen) nicht vernachlässigt werden zu können. Ob man diesen Effekt – sofern er wirklich vorhanden ist – aber auch messen kann, ist fraglich. Die Änderungen bewegen sich gerade an der Grenze der Messgenauigkeit. Aber – und wer wüsste das besser als die Europäische Raumfahrtagentur! – wir sind ja gerade dabei, sehr viel über Kometen zu lernen. Die Rosetta-Mission wird unser Wissen über die Dynamik von Kometen enorm verbessern. Immerhin folgt die Raumsonde ihrem Kometen noch mindestens bis Dezember 2015 und beobachtet dabei genau, wie das ausströmende Gas seine Bahn verändern wird. Mit solchen Informationen kann man die mathematischen Modelle präziser machen und die Vorhersagen genauer.
MOND ist eine Hypothese, die heute nur noch von einer Minderheit der Astronomen favorisiert wird. Die Mehrheit (und da zähle ich mich dazu) ist von den Belegen für die Existenz dunkler Materie überzeugt. Aber man weiß nie, wo man im Universum etwas neues finden kann! Die Kometen im Blick zu behalten, lohnt sich auf jeden Fall! Im besten Fall entdecken wir ein völlig neues Naturgesetz und verstehen die Gravitation (und den gesamten Kosmos) besser als zuvor. Und selbst wenn nicht, dann haben wir danach doch zumindest sehr viel mehr über die Kometen gelernt. So oder so – wir können nichts verlieren.
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