Ich werde oft um Rat gefragt, wenn es darum geht, ein passendes Teleskop zu kaufen. Leider kann ich da wenig weiterhelfen. Ich bin zwar Astronom, aber war selbst nie ein Hobby-Astronom und habe auch nie selbst ein Teleskop besessen. Meine berufliche Erfahrung mit der beobachtenden Astronomie beschränkt sich auf die Arbeit mit professionellen Großteleskopen an Sternwarten und da laufen die Dinge ganz anders, als bei der privaten Hobby-Astronomie. Außerdem ist es enorm schwierig, allgemeine Hinweise zum Teleskop-Kauf zu geben. Es kommt dabei sehr stark darauf an, wie viel Geld man ausgeben will; was man beobachten möchte; wo man beobachten möchte; ob man mobil bleiben oder sich eine eigene kleine Sternwarte einrichten will – und so weiter. Ich verweise daher meistens immer auf eine ausführliche und persönliche Beratung im Fachhandel. Damit man sich aber trotzdem voran schon ein wenig informieren kann, hat Blog-Leser Alderamin netterweise eine sehr ausführlichen Gastbeitrag in fünf Teilen verfasst, der in den nächsten Tagen hier im Blog veröffentlicht wird. Teil 1, Teil 2 und Teil 3 sind schon erschienen, jetzt folgt Teil 4.
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Mein erstes Teleskop – Teil 4

In den bisherigen Teilen der Serie hatten wir uns auf die optischen Elemente des Teleskops beschränkt. Genau so bedeutend ist jedoch die Mechanik, insbesondere wie das Fernrohr montiert wird.

Die Montierung – Goto or No Go

Ein Teleskop wird nicht einfach auf ein simples Dreibein geschraubt, sondern auf eine Montierung. Die Montierung sorgt dafür, dass das Gerät im Gleichgewicht ist und leicht auf jedes Objekt ausgerichtet werden kann. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten von Montierungen, azimutale und parallaktische (auch: äquatoriale) Montierungen.

Refraktor auf azimutaler Montierung (Bild: I, Kosebamse, CC-BY-SA 3.0)

Refraktor auf azimutaler Montierung (Bild: I, Kosebamse, CC-BY-SA 3.0)

Die azimutale Montierung erlaubt ein Schwenken des Teleskops um die senkrechte Achse (Stehachse) und ein Neigen um die horizontale Höhenachse. Azimutale Montierungen sind einfach gebaut und vergleichsweise leicht. Man braucht sie nicht besonders auszurichten. Sie haben allerdings den Nachteil, dass man mit ihnen Sterne aufgrund der Erddrehung in zwei Achsen nachführen muss, da diese einen Bogen am Himmel beschreiben. Für die Astrofotografie sind sie deshalb nicht geeignet: führt man einen Stern in zwei Achsen nach, so verdreht sich das Bildfeld, so dass bei Langzeitbelichtungen Sterne am Bildrand zu Bögen werden (die heutige Digitaltechnik erlaubt es allerdings, dies bei der Addition von zahlreichen, nicht all zu langen Einzelbelichtungen, durch Drehungen der Einzelaufnahmen zu korrigieren). Es ist außerdem bei manchen azimutalen Montierungen schwierig, das Teleskop senkrecht nach oben zu richten, wo der Himmel am dunkelsten ist, insbesondere bei den langen Refraktoren. Der Tubus schlägt dann am Dreibein an. Dies wird vermieden, wenn man das Stativ aus einer Säule besteht und der Tubus seitlich an der Höhenachse angebracht ist mit einem Gegengewicht auf der anderen Seite. Cassegrains sind oft kurz genug, dass sie durch zwei Zinken links und rechts des Tubus gehalten durch den Zenit durchschwingen können, so dass man kein Gegengewicht braucht, was die gesamte Konstruktion leichter macht. Beim Newton ist der Hauptspiegel oft so schwer, dass der Schwerpunkt ziemlich tief liegt und die durch ihn verlaufende Höhenachse dicht über dem Hauptspiegel verläuft, so dass auch hier ein Durchschwenken durch den Zenit möglich und kein Gegengewicht nötig ist (beim Newton kann man dann oben noch bequem hineinschauen, beim Cassegrain nur in Grenzen über Umlenkspiegel).

Parallaktische Montierung (Bild: Public Domain)

Parallaktische Montierung (Bild: Public Domain)

Parallaktische Montierungen werden mit einer Achse (der Stundenachse oder Rektaszensionsachse) parallel zur Erdachse auf den Himmelspol ausgerichtet und deshalb braucht man sie nur in dieser Achse den Sternen nachzuführen, was normalerweise ein Motor erledigt. Die andere Achse, Deklinationsachse genannt, wird nur für kleine Korrekturen der Höhe oder zum Aufsuchen eines neuen Objekts bewegt. Es gibt keine Bildfelddrehung. Dies erkauft man sich allerdings mit einem im Allgemeinen massiveren Aufbau. Für das visuelle Beobachten reicht eine grobe Ausrichtung nach Norden und ein Neigen gemäß der geographischen Breite des Beobachtungsorts. Beim fotografischen Einsatz ist eine präzisere Aufstellung notwendig und man wird gerne ein Polachsen-Sucherfernrohr verwenden, das durch die Stundenachse hindurch Richtung Himmelspol schaut und mittels Markierungen auf den Polarstern ausgerichtet wird, der sich nur 1½ Vollmonddurchmesser neben dem Himmelspol befindet.

Vor zehn Jahren hätte ich an dieser Stelle geschrieben, die Azimutalmontierung sei für Anfänger kaum zu gebrauchen, weil man an ihr keine Himmelskoordinaten einstellen und ablesen kann, aber das stimmt heute so nicht mehr. Selbst bei einfachen, günstigen Teleskopen besteht heute die Möglichkeit, dass ein kleiner Computer die Motoren steuert und dem Benutzer das Aufsuchen von Objekten abnimmt, und zwar bei azimutalen wie parallaktischen Montierungen – eine große Erleichterung. Daher gilt heute, dass eine azimutale Montierung ideal für ein portables Teleskop ist, während die parallaktische Montierung für die Astrofotografie die bessere (um nicht zu sagen, notwendige) Wahl ist.

Diese Goto genannte Technik steuert die Motoren der Montierung und kann automatisch auf jeden Planeten, Mond (deren aktuelle Positionen das Steuergerät der Montierung aus dem eingegebenen Datum, der Uhrzeit und der geographischen Position des Beobachters berechnet), Fixstern oder Deep-Sky-Objekt ausgerichtet werden. Man muss dazu nur anfangs zwei oder drei auf der Handsteuerung vorgeschlagene Fixsterne als Referenzpunkte anfahren. Und selbst das nehmen einem die luxuriösesten Goto-Montierungen dank GPS, Kompass und mit Kamera bestücktem Sucherfernrohr ab. Wie bei der Verwendung von Navigationssystemen im Auto besteht zwar die Gefahr, dass man nie lernt, sich ohne Technik am Himmel zurecht zu finden. Dafür kann man auf eine umfangreiche Datenbank von Objekten zurückgreifen, die man ansonsten vielleicht nie kennengelernt hätte. Deswegen bin ich ein Fan von Goto-Montierungen. Allerdings ist man dann auf eine Stromquelle angewiesen, sei es eine Steckdose mit 12V-Gleichstromadapter, eine wieder aufladbare 12 V Batterie oder der Zigarettenanzünder des Autos.

Hier die wichtigsten Montierungsformen:

8-Zoll Schmidt-Cassegrain Teleskop auf parallaktischer Gabelmontierung. (Bild: Opoterser, CC-BY 3.0)

8-Zoll Schmidt-Cassegrain Teleskop auf parallaktischer Gabelmontierung. (Bild: Opoterser, CC-BY 3.0)

Die Gabelmontierung wurde oben schon angesprochen: ein U-förmiger Rahmen greift von außen um das Teleskop und hält es links und rechts drehbar um die Höhenachse. Das U dreht sich um die vertikale Stehachse. Lässt sich die vertikale Achse nach der geographischen Breite neigen, so kann man aus der Gabelmontierung eine parallaktische Gabelmontierung machen. Diese Montierung eignet sich für Cassegrains, nicht jedoch für Refraktoren, deren Tubus zu lange Haltezinken notwendig machen würde. Bei kleinen Teleskopen wird teilweise nur eine Seite des Teleskops gelagert, das U ist zu einem J reduziert. Das ist weniger stabil, aber umso portabler und bei kleinen Cassegrains bis höchstens 5 Zoll noch erlaubt. Ein Vorteil ist, dass man das Okular mit Umlenkspiegel in Zenitstellung bequemer erreichen kann als bei einer U-förmigen Gabel.

Ein klassischer Dobson (Bild: ECeDee; CC-BY-SA 3.0)

Ein klassischer Dobson (Bild: ECeDee; CC-BY-SA 3.0)

Eine Variante der Gabelmontierung ist die Dobsonmontierung, die bei Newtons mit großem Hauptspiegel eingesetzt wird. Die Ur-Dobsonmontierung besteht aus einer Holzkiste, aus der seitlich an der Oberkante zwei Halbkreise ausgespart sind. In diese als Lager werden zwei passende Holzscheiben eingesetzt, die am Teleskop befestigt sind, so dass sie sich mit dem Teleskop verdrehen lassen, dies ist die Höhenachse. Wie oben erwähnt liegt der Schwerpunkt beim Newton oft tief und die Mitte der Scheiben befindet sich dicht über dem Hauptspiegel, der somit durch die Kiste hindurch schwingen kann. Die Kiste ist über eine Drehachse mit einem Bodenbrett verbunden, diese bildet die Stehachse. Damit beide Achsen sich gut ohne Haftreibung und Spiel bewegen lassen, gleiten Kunststoffstreifen („Resopal”) auf Teflonplättchen: Resopal wird in Streifen um die Außenkanten der Holzscheiben geleimt, so wie flächig auf der Unterseite der drehbaren Holzkiste aufgebracht, die Teflonplättchen in den ausgesparten Halbreisen bzw. auf der Bodenplatte geschraubt, so dass sie über den Kunststoff gleiten. Die Bewegung des Teleskops erfolgt ausschließlich durch Anschieben mit dem Finger. Es muss gut ausbalanciert sein und ohne Kraft geschoben werden können, jedoch seine Position einmal ausgerichtet beibehalten, auch wenn schwerere und leichtere Okulare im Wechsel verwendet werden.

Auf diese Weise lassen sich Newtons mit 40 cm Öffnung und mehr preisgünstig und gewichtssparend montieren, insbesondere, wenn deren Tubus nur aus einem Gittergerüst besteht, das zerlegbar und damit auch in einem kleinen Auto transportierbar ist (Gitterrohr-Dobson). Sie sind die günstigste Lösung für unheilbar an Öffnungsfieber Erkrankte. Die Dobson-Montierung war ursprünglich die Erfindung des Amateurastronoms John Dobson und wurde von vielen Selbstbau-Amateuren in zahlreichen Spielarten kopiert und verbessert. In jüngster Zeit werden jedoch zunehmend kommerzielle Dobson-Teleskope angeboten, mittlerweile sogar mit Computersteuerung. Es gibt die Variante „push to”, bei denen man ein Himmelsobjekt an der Handsteuerung auswählt und diese dem Benutzer dann anzeigt, in welcher Richtung und wie weit er das Teleskop manuell schieben muss, um das Objekt im Okular aufzufinden. Besser ist die Variante „go to”, die das Teleskop mit ihren Motoren selbst auf das Zielobjekt bewegt.

Maksutov-Cassegrain auf Deutscher Montierung (Bild: Marie-Lan Nguyen (Jastrow), CC-BY 2.5)

Maksutov-Cassegrain auf Deutscher Montierung (Bild: Marie-Lan Nguyen (Jastrow), CC-BY 2.5)

Der Klassiker unter den parallaktischen Montierungen ist schließlich die Deutsche Montierung. Bei ihr sind die beiden Achsen (Stundenachse und Deklinationsachse) T-förmig verbunden. An einer Seite des T-Strichs (Deklinationsachse) hängt das Teleskop, an der Gegenseite ein Gegengewicht. Der senkrechte Strich des Ts ist die Stundenachse, die auf den Himmelspol ausgerichtet wird, und zwar mit dem T-Strich-Ende. Dazu lässt sich die Neigung des Ts nach vorne oder hinten (also zum Betrachter hin oder weg) ändern, indem das T auf einem azimutal schwenkbaren Fuß sitzt, der dann festgezurrt bleibt. Das ganze Gestell wird dann auf ein Dreibein oder eine Säule geschraubt.

Diese Montierung ist die gebräuchlichste für Linsenfernrohre, welche außen an der Montierung eine 360°-Drehung vollführen können, solange sie am nach oben weisenden Ende der Stundenachse hängen. Deswegen sollte die Montierung, sobald sie über den Südpunkt geschwenkt wird, „umgeschlagen” werden, d.h. man dreht die Stundenachse um 180°, so dass Gegengewicht und Teleskop die Seiten tauschen (das geht besonders leicht, wenn das Teleskop zuvor parallel zur Stundenachse in Richtung Himmelspol gerichtet wird).

Auch alle anderen Teleskoptypen können auf ihr montiert werden, wobei große Newtons mit ihrem tief hängenden, wuchtigen Tubus gerne einmal an einem Stativbein anecken können, für sie sind Säulen besser als Dreibeine. Wegen des Gegengewichts und dem zusätzlich geneigten Aufbau der Deutschen Montierung ist sie recht schwer und vibrationsanfällig. Sie ist jedoch im Gegensatz zur Gabelmontierung auch für lange Tuben geeignet. In der Stundenachse lässt sich ein Polachsen-Sucherfernrohr unterbringen. Das Fernrohr lässt sich leicht von der Montierung abnehmen und getrennt transportieren. Man kann Deutsche Montierungen einzeln kaufen, während Gabelmontierungen speziell an ein erworbenes Teleskop angepasst sein müssen und daher im Lieferumfang enthalten sind. Wenn man später einmal andere Teleskope verwenden möchte, braucht man also entweder für jedes eine eigene Montierung, oder eine Deutsche Montierung für alle – so fern sie das Gewicht aller tragen kann; man sollte übrigens die angegebenen Tragfähigkeiten nicht voll ausreizen, sonst hat man ein wackeliges Teleskop mit schwankendem Bild, das man kaum scharf stellen kann und das beim kleinsten Windstoß zittert.

Kommentare (3)

  1. #1 Benny
    16. Dezember 2014

    Ob Goto oder nicht ist eine ähnliche Frage wie mit Seilbahn auf den Berg oder zu Fuss. Das Finden von Objekten kann sehr viel mehr Spass machen, als einfach per Knopfdruck dort zu sein. Das muss jeder für sich rausfinden.

  2. #2 Frank
    10. Dezember 2017

    Hallo und danke für den tollen Artikel.
    Für Jäger lohnt sich pulsar trail xp50.
    Ich werde mich hier informieren: https://www.jagdprofi.at/de/shop/w%C3%A4rmebild-zielfernrohre/pulsar-trail-xp50-640×480/
    VG Frank

  3. […] daher wählte ich der Einfachheit halber den unproblematischeren Refraktor, der auf eine parallaktische Montierung mit Motor (gespeist von der Autobatterie) gepackt wurde. Zum exakten Ausrichten fehlte mir der […]