Bei der heutigen Frage aus der Serie “Fragen zur Astronomie” wird es wieder einmal kosmologisch. In der letzten Woche habe ich mich ja mit der Dunkelheit beschäftigt und die Frage: “Wohin verschwindet das Licht, wenn es dunkel wird?” beantwortet. Das Verschwinden des Lichts soll auch das heutige Thema sein – allerdings auf eine ganz andere Weise: Wann hat sich das Universum so weit ausgedehnt, dass wir keine anderen Galaxien mehr sehen können?.
Wir wissen, dass sich das Universum ausdehnt. Der Raum zwischen den Galaxien wird immer mehr und jede Galaxie bewegt sich von jeder anderen Galaxien weg (Das gilt nur für die ganz großen Maßstäbe, bei kleineren Abständen ist die Gravitationskraft die zwischen den Himmelskörpern wirkt stärker. Darum expandiert auch zum Beispiel unser Sonnensystem oder unsere Galaxie nicht). Seit einigen Jahren wissen wir außerdem, dass die Expansion immer schneller wird. Früher dachte man ja, dass die Gravitationskraft zwischen den vielen Galaxien im Universum vielleicht doch noch irgendwann mal die Oberhand gewinnen wird und sich dann alles wieder zusammenzieht. Aber nach dem derzeitigen Wissensstand wird das nicht passieren. Die Expansion wird immer schneller weitergehen und nie ein Ende finden.
Das bedeutet aber auch, dass sich in der fernen Zukunft der Anblick des Himmels ändern muss. Das, was wir sehen können, ist ja nicht das gesamte Universum, sondern nur das beobachtbare Universum (das habe ich bei zwei früheren Fragen schon mal genauer erklärt). Wir können nur den Teil des Kosmos sehen, in dem das Licht Zeit genug hatte, zu uns zu gelangen. Wenn sich nun aber alles immer weiter und immer schneller von uns entfernt, dann wird das Licht ferner Galaxien uns irgendwann einfach nicht mehr erreichen können!
Es ist ein wenig paradox: Das Universum dehnt sich immer weiter aus und wird immer älter. Damit wird natürlich auch das beobachtbare Universum immer größer. Nur gibt es immer weniger zu beobachten… Je weiter weg sich eine Region des Raums befindet, desto schneller entfernt sie sich von uns. Das gesamte Universum expandiert also schneller als der beobachtbare Teil in unserer Nähe. Und der Anteil aller Galaxien, der von uns aus noch sichtbar ist, schrumpft im Laufe der Zeit immer weiter. Irgendwann bleiben nur noch die in unserer unmittelbaren Nähe, die durch die Gravitationskraft an die Milchstraße gebunden sind.
Wann genau das passieren wird, kann man nicht aufs Jahr genau sagen 😉 Dazu müssten wir die Details der Kosmologie und Phänomene wie die dunkle Energie, die ja für die immer schnellere Expansion verantwortlich ist, viel besser verstehen. Aber es kommt auch nicht aufs einzelne Jahr an, denn es wird auf jeden Fall noch ein Weilchen dauern bis es soweit ist. Ungefähr 100 Milliarden Jahre in der Zukunft würde von der Milchstraße aus nur noch die lokale Gruppe der Galaxien sichtbar sein. Würde… wenn nicht all diese Galaxien schon längst miteinander verschmolzen wäre und genau das wird schon lange vorher passieren.
Wenn es in dieser fernen Zukunft irgendwo intelligente Lebewesen gibt, werden sie in einer riesigen Galaxie leben, die sich mitten im Nichts befindet und nichts außerhalb dieser Galaxie wird für sie sichtbar sein. Interessanterweise wird dann genau das Phänomen, das für diese Isolation verantwortlich ist, seine eigene Entdeckung verhindern! Zu Beginn des 20. Jahrhunderts dachten die meisten Astronomen ja auch noch, dass das unsere eigenen Galaxie das gesamte Universum ausmacht. Die am Himmel sichtbaren anderen Galaxien hielt man für “Nebel” innerhalb der Milchstraße und es war mit den damaligen Methoden fast nicht möglich, ihre wahre Natur zu erkennen. Die Entfernung ließ sich nicht bestimmen und die Teleskopen erlaubten keine hoch aufgelösten Bilder.
Erst die Entdeckungen von Edwin Hubble (Ich habe hier mehr dazu geschrieben) und seinen Kollegen haben gezeigt, dass die “Nebel” tatsächlich ferne Galaxien außerhalb der Milchstraße waren und sich von uns weg bewegten. Man erkannte, dass das Universum expandiert und das war der Ausgangspunkt aus dem sich die gesamte moderne Kosmologie entwickelt hat. Die Wissenschaftler der fernen Zukunft werden aber ebenfalls denken, dass ihre Galaxie die einzige im gesamten Universum ist. Sie werden es glauben müssen, denn sie werden keine Möglichkeit haben, etwas anderes zu entdecken! Es wird keine anderen Galaxien in ihrem beobachtbaren Universum geben, an denen sie die Expansion des Kosmos messen können. Sie werden denken, sie würden sich in der Mitte eines statischen und leeren Universum befinden, dass immer schon so ausgesehen hat und bis in alle Ewigkeit so aussehen wird, wie sie es beobachten.
Wir können uns also glücklich schätzen, dass wir in einer Epoche des Universums leben, die es uns ermöglicht, all die faszinierenden kosmologischen Entdeckungen zu machen, die wir gemacht haben! Unsere Nachfahren werden keine Kosmologie mehr betreiben können…
Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.
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