Es braucht mehr, als nur eine Vision, jede Menge sehr motivierte Amateur-Astronauten und eine Homepage mit hübschen Computergrafiken von Marssiedlungen, um tatsächlich Menschen von der Erde zu einem anderen Planeten zu bringen! Wie enorm schwierig und komplex die Raumfahrt immer noch ist, zeigt ja die Realität. Die echten Astronauten, die zur Internationalen Raumstation fliegen, müssen dafür jahrelang oder jahrzehntelang trainieren. Der Aufwand, den die Raumfahrtagenturen treiben, um die entsprechenden Raketen und die Infrastruktur im All bereitzustellen, ist ebenfalls enorm. Man kann nicht einfach irgendwas bauen; jedes Gerät das ins Weltall geschafft wird, muss speziell geplant, gebaut und getestet werden. Und all das ist nötig, obwohl die Raumstation nur knapp 400 Kilometer entfernt ist!
Wir fangen (unter anderem dank der Erkenntnisse die auf der ISS gewonnen wurden) gerade erst an zu verstehen, wie verdammt schwierig ein langer Aufenthalt im Weltraum sein wird. Und wie gefährlich… Die Raumstation ist schnell erreicht und selbst zum Mond waren die Apollo-Astronauten nur ein paar Tage unterwegs. Zum Mars muss man aber mehrere Monate lang durch den Weltraum fliegen und ist dabei im wesentlichen auf sich selbst gestellt. Die Entfernungen sind zu groß, als das man von der Erde eingreifen und irgendwelche Probleme lösen kann. Und dann wollen die Leute ja auch noch für immer auf dem Mars bleiben!
Ich sage nicht, dass es unmöglich ist, eine bemannte Mission zum Mars durchzuführen. Ich sage nicht einmal, dass es unmöglich ist, den Mars dauerhaft zu besiedeln. Aber es ist meiner Meinung nach unmöglich, das auf die Art und Weise und in dem Zeitrahmen zu machen, wie Mars One es machen will. Wir wissen nicht, welche physiologischen Auswirkungen ein so langer und isolierter Flug durchs All wirklich auf die Menschen hat. Wir wissen allerdings mittlerweile sehr gut, wie gefährlich es dort draußen wirklich ist. Der Marsrover Curiosity hat zum Beispiel zwischen August 2012 und Juni 2013 die Strahlenbelastung auf der Oberfläche des Mars gemessen. Im Gegensatz zur Erde ist unser Nachbarplanet ja weder durch ein Magnetfeld, noch durch eine dichte Atmosphäre von der schädlichen kosmischen Strahlung geschätzt. Und die von Curiosity gemessenen Werte waren hoch! Schon nach ein paar Monaten hätte ein Astronaut die Dosis abbekommen, die für europäische Astronauten derzeit als Grenzwert für sein/ihr gesamtes Leben festgelegt ist (1000 Millisievert).
Aber selbst wenn die Mars-One-Astronauten akzeptieren, dass sie einem dramatisch viel höheren Krebsrisiko ausgesetzt sind und auf dem Mars ein viel kürzeres Leben führen werden, als sie es auf der Erde führen hätte können, macht das die Mission nicht besser. Bevor die Leute die Gelegenheit kriegen, auf dem Mars an Krebs zu sterben, müssen sie erst Mal die ganzen anderen Gefahren überleben. Die gewaltigen Staubstürme. Die Temperaturen, die alles andere als lebensfreundlich sind. Die fehlende Atmosphäre. Sie müssen es vor allem schaffen, in einer toten Wüste, ohne Wasser, ohne Pflanzen, ohne irgendwas zu überleben. Dafür braucht es sehr viel sehr komplexe Infrastuktur. Man muss sich ein völlig autarkes Habitat bauen, das sich jahrzehntelang selbst erhalten kann. Genau so etwas hat man Anfang der 1990er Jahre im Rahmen des Projekts “Biosphäre 2” auf der Erde probiert. Und es hat nicht funktioniert!
Wenn man nicht einmal auf der Erde ein Habitat konstruieren kann, in dem Menschen dauerhaft und unabhängig von der Außenwelt überleben können: Wie soll das dann auf dem Mars funktionieren? Vor allem: Wie soll das funktionieren, ohne das man sich entsprechend darauf vorbereitet? Natürlich, Mars One hat jede Menge Pläne. Satelliten sollen von der Erde zum Mars fliegen und dort Vorräte abladen. Marsrover sollen passende Siedlungsplätze aussuchen. Wohnmodule und anderer Kram soll von unbemannten Raketen zum Mars geschafft werden, bevor dort die ersten “Bewohner” eintreffen. Klingt alles gut und beeindruckend – bis man einen Blick auf die Statistik wirft. 15 Landungen von (unbemannten) Raumfahrzeugen wurden bis jetzt auf dem Mars versucht. 8 davon waren erfolgreich, also gerade mal 53 Prozent! Nimmt man alle Marsmissionen zusammen (auch die Sonden, die nur eine Umlaufbahn erreichen sollten), dann waren nur 51 Prozent von ihnen erfolgreich. Bis jetzt hat überhaupt nur die NASA erfolgreich sanfte Landungen auf dem Mars geschafft; die sowjetischen/russischen Landeinheiten haben es alle nicht geschafft (bis auf Mars 3, der aber nur 15 Sekunden lang Informationen sendete und dann ausfiel) und der britische Lander Beagle 2 hat nach neusten Erkenntnissen zwar vielleicht im Jahr 2003 tatsächlich unbeschadet den Marsboden erreicht, war aber nicht in der Lage, einen Kontakt mit der Erde herzustellen.
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