Es ist schwierig den Mars zu erreichen, selbst wenn es nur um vergleichsweise kleine und unbemannte Raumfahrzeuge geht. Und diejenigen, die bei fast der Hälfte der Missionen gescheitert sind, waren die Supermächte im Weltraum! Wenn es selbst den USA und der Sowjetunion so enorm schwer fällt, den Mars zu erreichen: Warum sollte es eine privat finanzierte Stiftung einfacher haben? Vor allem weil man ja nicht nur einmal einen kleinen Rover dort absetzen will, sondern vor hat, eine ganze Siedlung dort einzurichten, die in vielen Flügen aufgebaut werden muss.
Dazu braucht es nicht nur sehr viel Erfahrung und technisches Wissen, sondern auch sehr viel Geld. Das besorgt sich Mars One durch Spenden ihrer potentiellen Astronauten (auf den Informationsseiten über die Kandidaten werden die diversen “Abzeichen” präsentiert, die sie für ihre Spendentätigkeit erhalten haben) und Fans der Mission. Und den großen Rest der veranschlagten sechs Milliarden Dollar will man durch eine Fernsehshow einnehmen. Denn die endgültige Auswahl der Astronauten soll im Rahmen einer weltweiten Reality-TV-Sendung erfolgen und deren Vermarktung soll die nötigen Milliarden für Mars One bringen.
Vermutlich ist das der einzige realistische Teil der Mission: Die Fernsehsendung wird vermutlich stattfinden (ob sie das ganze Geld aufbringen wird, halte ich aber für zweifelhaft). Aber ich bezweifle, dass jemals auch nur irgendeine Mars-One-Rakete von der Erde starten wird; geschweige denn eine mit Menschen an Bord. Dafür ist einfach viel zu viel Grundlagenforschung nötig, die Mars One mit ihrem kurzen Zeitplan nicht schaffen kann. Und als langfristig angelegte Förderaktion für Forschungsprojekte über Jahre oder Jahrzehnte hinweg funktioniert das PR-lastige Mars-One-Konzept nicht.
Der Zeitplan sieht für 2015 vor, dass Trainingshabitate für die Crew auf der Erde errichtet und für Tests benutzt werden. Es sind sogar zwei solcher Test-Siedlungen geplant; eine davon irgendwo in der arktischen/antarktischen Wildnis. Wenn das klappen soll, müsste man langsam mal mit dem Bau beginnen… Vor allem, weil für 2018 schon der Start einer Mission zum Mars geplant ist, bei der Techniken getestet werden sollen; inklusive der Installation eines Kommunikationssatelliten. Eine Marsmission in so kurzer Zeit zu planen, zu bauen und zu starten würde selbst erfahrenen Organisationen wie der NASA schwerfallen. Dass Mars One das hinkriegt, ist illusorisch. WIE illusorisch, das zeigen auch aktuelle Meldungen, nach denen Mars One anscheinend gar nicht mehr versucht, irgendwelche Raumfahrzeuge zu bauen und Aufträge an entsprechende Firmen zurück zieht bzw. nicht mehr verlängert.
Und wenn dann Jahr um Jahr vergeht, ohne das irgendwas tatsächlich von der Erde zum Mars fliegt, werden zuerst die Medien das Interesse an der Aktion verlieren. Die Sponsoren und die Öffentlichkeit werden abspringen und irgendwann werden auch die potentiellen Astronauten feststellen, dass ihr großer Traum geplatzt ist.
Ich habe anfangs gesagt, dass ich es für ein absolut lohnendes Ziel halt, eine bemannte Mission zum Mars durchzuführen. Und genau deswegen ärgern mich Projekte wie Mars One auch so sehr. Hier wird dieser großer Traum der Menschheit und die vielen kleinen Träume der Kandidaten für PR-Zwecke ausgenutzt. Ihnen wird erzählt, sie könnten Teil eines gewaltigen Abenteuers sein; könnten Dinge erreichen, die kein Mensch bis jetzt je erreicht hat und die Pioniere eines völlig neuen Zeitalters sein. Aber um das zu verwirklichen braucht es mehr als nur große Worte.
Es braucht langfristiges Engagement in Wissenschaft und Forschung. Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen, uns zuerst das nötige Wissen für längere Aufenthalte im Weltall aneignen und herausfinden, wie wir die dort vorhandenen Ressourcen tatsächlich effektiv nutzen können. Wir müssen lernen, wie man im Weltraum lebt anstatt ihm – so wie jetzt – nur ab und zu kurze Besuche abzustatten. Das alles ist schwierig, teuer und dauert lange, aber es ist möglich (wie das funktionieren könnte, habe ich in meinem Buch “Asteroid Now” erklärt).
Kommentare (231)