Für ein weiteres tieferliegendes Problem müssen wir jetzt in die Biochemie und Biophysik von Pflanzen einsteigen und zwar in den Prozess der Fotosynthese.[2] Die Fotosynthese besteht grob gesagt aus zwei Teilreaktionen (es sind natürlich noch viel mehr): der Lichtreaktion und der Dunkelreaktion und findet in speziellen Zellorganellen statt: den Chloroplasten.

Die Lichtreaktion ist, wie der Name schon andeutet, lichtabhängig, d.h. mit Hilfe von Photonen werden spezielle Moleküle in einen angeregten Zustand versetzt, was sie befähigt Wasser zu spalten und an einer Membran einen Protonengradienten aufzubauen. Dieser kann dann genutzt werden um biochemische Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP) herzustellen, die dann universell in der Zelle verwendbar ist. Als Nebenprodukt dieser Reaktion entsteht Sauerstoff, aber wenn sie unvollständig abläuft auch sogenannte reaktive Sauerstoffspezies wie Wasserstoffperoxid, welche u.a. die oben erwähnten Proteine des Fotosystems angreifen und zerstören. Das führt dazu, dass die Pflanze diese Proteine ständig erneuern muss, was sie einen nicht geringen Anteil ihrer fotosynthetisch gewonnenen Energie kostet. Des weiteren sind die Fotosysteme schon an mäßig hellen Tagen maximal ausgelastet, d.h. die volle Lichtleistung der Sonne kann gar nicht genutzt werden. Auch wird der grüne Teil des Lichts von den meisten Pflanzen reflektiert, da ihre Fotosysteme nur in der Lage sind rotes und blaues Licht zu absorbieren und für die Lichtreaktion zu verwenden. Dem könnte mittels gentechnisch veränderter Pflanzen entgegengewirkt werden, die in der Lage wären grünes Licht zu absorbieren, nur hätten diese dann schwarze Blätter und würden sich sehr wahrscheinlich nicht das Wohlwollen der Bevölkerung zuziehen.

Die Dunkelreaktion nutzt die biochemische Energie des ATPs aus der Lichtreaktion um Kohlenstoffdioxid (CO2) in einfachen Zuckermolekülen zu fixieren. Dabei spielt das Enzym RuBisCO (Ribulose-1,5-bisphosphat-Carboxylase/-Oxygenase) eine limitierende Rolle, denn es katalysiert diesen entscheidenden Schritt. Die RuBisCO ist das wohl häufigste Enzym auf diesem Planeten aber gleichzeitig auch eins der langsamsten, denn es katalysiert nur 3 bis 4 Reaktionen pro Sekunde. Des weiteren arbeitet die RuBisCO eher ungenau, denn in etwa jeder vierten Reaktion wird Sauerstoff statt CO2 eingebaut und etwa ein Drittel der Fotosyntheseenergie wird darauf verwendet das so entstandene falsche Produkt wieder abzubauen. Ein paar Algen und Hornmoose versuchen dieses Problem zu umgehen, indem sie das CO2 in spezialisierte Substrukturen der Chloroplasten namens Pyrenoide pumpen.[2] Diese Pyrenoide sind mit RuBisCO vollgestopft, was zusammen mit einer Anreicherung des CO2 zu einer effizienteren Dunkelreaktion führt.

An der Möglichkeit Algen für die Herstellung von Biokraftstoffen (Biokraftstoffe der dritten Generation) zu nutzen wird ebenfalls intensiv geforscht und das schon seit mehreren Jahrzehnten. Trotzdem ist auf diesem Gebiet noch kein Durchbruch zu verzeichnen. Dabei sind Algen in einem Photobioreaktor recht einfach zu halten, da sie nur Wasser, ein paar Salze, CO2 und Licht benötigen. Zusätzlich sind sie auf eine gewisse Durchwirbelung angewiesen, zur Verteilung des CO2 und damit die Algen am Rand nicht im Licht verbrennen, während die Algen im Inneren davon abgeschirmt sind. Dennoch spielt die alleinige Produktion von “Algensprit” derzeit keine Rolle, sondern dieser wird eher als Nebenprodukt einer eventuellen Nutzung von gentechnisch veränderten Algen zu Herstellung von Medizinprodukten gesehen.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die moderne Photovoltaik im Vergleich zur Fotosynthese unter optimalen Bedingungen das Sonnenlicht etwa zwanzigmal effektiver nutzt, was eine Umstellung kraftstoffbetriebener Mobilität auf Elektromobilität empfiehlt. Auch ist die CO2-Fixierung, die Biokraftstoffe mit sich bringen, nur temporär und wird zudem noch durch Bewirtschaftung von Agrarfläche geschmälert. Dessen ungeachtet ist in näherer Zukunft keine Abwendung von Kraftstoffen absehbar und die Förderung von Biokraftstoffen wirkt sich zumindest positiv auf die Entwicklung strukturschwacher Gegenden aus. Deswegen lohnt es sich diese wenigstens als Übergangstechnologie beizubehalten und weitere diesbezügliche Forschung zu fördern.

Quellen:

[1] Reinhard Renneberg, Viola Berkling “Biotechnologie für Einsteiger” 4. Auflage, Springer Verlag Berlin Heidelberg (2013)

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Kommentare (13)

  1. #1 bruno
    21. September 2015

    Sehr interessant! Und gut erklärt.
    Allerdings finde ich:

    …Förderung von Biokraftstoffen wirkt sich zumindest positiv auf die Entwicklung strukturschwacher Gegenden aus.

    leicht problematisch, betrachtet man das global (gilt evtl. nur für europäische strukturschwache Regionen)

    Interessanter Artikel: https://www.upi-institut.de/biosprit.htm
    Kleiner Auszug:

    Würden die Sumpfregenwälder Central Kalimantans (12 Millionen Hektar) in Palmölplantagen zur Gewinnung von Biosprit umgewandelt, würden dadurch rund 100 Milliarden Tonnen CO2 aus Holz und Torfböden freigesetzt, das entspräche dem Hundertfachen der jährlichen CO2-Emissionen Deutschlands (knapp 900 Millionen Tonnen), dem 15-Fachen der jährlichen Emissionen Europas und dem mehr als Dreifachen des CO2-Weltausstoßes von 2004 (28,2 Milliarden Tonnen). Weitere Anbauländer für Palmöl sind Malaysia, Brasilien, Kolumbien, Thailand, Papua Neuguinea, Nigeria und die Elfenbeinküste.

    Die sind auch “strukturschwach” und sich sicher nicht zu schade, für eine bestehende Nachfrage nach Biosprit die Umwelt hintenan zu stellen.
    Auch interessant: (Deutsche) Banken und Biosprit. (https://www.urgewald.org/kampagne/wald/biokraftstoffe)

  2. #2 Ferrer
    21. September 2015

    Sehr interessant und flüssig geschrieben, wieder ein guter Beitrag, die Auswahl wird langsam schwer. Eine Frage: Wenn, wie Du schreibst, “die moderne Photovoltaik im Vergleich zur Fotosynthese unter optimalen Bedingungen das Sonnenlicht etwa zwanzigmal effektiver nutzt”, woran kann das liegen? Geht es in der Natur nicht wirksamer? Das wäre für mich insofern plausibel, als die Pflanzen einige hundert Mio. Jahre Zeit gehabt hätten, es effizienter zu machen, wenn es für sie einen evolutionären Vorteil gebracht hätte. Ist es in einer lebensfreundlichen Umgebung nicht effizienter möglich? (Mit einer lebenfreundlichen Umgebung meine ich: wässrige Lösung, pH etwa 7, Temp. etwa Zimmertemperatur +/- 30°C usw.). Oder würde eine höhere Ausbeute den Pflanzen nicht viel bringen, weil sie die hinzugewonnene Energie nicht einsetzen könnten, so dass sie davon keinen evolutionären Vorteil hätten? Ich denke da sehr laienhaft an mögliche Grenzen der Zellteilung, ATP-Lagerung, Übersäurung, Überhitzung… Kannst Du als Biochemikerin eine Antwort geben? Danke!
    Eine kleine formale Kritik am Rande: wenn man Photovoltaik und Fotosynthese direkt nebeneinander schreibt, hätte ich es ästhetischer gefunden, beide Schreibweisen anzugleichen, also Photosynthese statt Fotosynthese. Aber das ist nur eine Kleinigkeit bzw. meine Marotte und schmälert das Verständnis nicht

  3. #3 Ferrer
    21. September 2015

    Übrigens ist es, wie Du selber schreibst, in der Tat nicht leicht, einen Holzscheit in den Tank zu bekommen. In Spanien nach dem Bürgerkrieg und anderswo während des 2. Weltkrieges hat man versucht, das Problem so zu lösen: https://en.wikipedia.org/wiki/Wood_gas_generator Die Technologie hat Vor- und Nachteile, ist aber noch nicht tot

  4. #4 Pterry
    21. September 2015

    Du hast dir intuitiv schon die richtige Antwort gegeben, nämlich, dass die moderne Photovoltaik die Grenzen der lebensfreundlichen Umgebung überschreiten kann, weil sie z.B. nicht auf gemäßigte Temperaturen angewiesen ist. Die Pflanzen brauchen diese, damit ihre Enzyme auch funktionieren, denn diese haben ein Temperaturoptimum. Und über Evolution gelangt man zu Effizienz durch “Versuch und Irrtum”, wobei “Irrtum” sehr schnell den Tod bedeuten kann, während die Technik auf der anderen Seite schon sehr gut berechenbar ist.
    Und ja, mit der hinzugewonnenen Energie könnte eine Pflanze nicht viel anfangen. ATP selbst kann man nicht lagern, Energie wird in der Pflanze z.B. in Form von Stärke gespeichert und dafür müsste “Lagerungsplatz” bereitstehen. Zusätzlich ist bei vielen Pflanzen z.B. auch weitere CO2-Aufnahme dadurch limitiert, dass sie in sehr heißen Gebieten stehen, die Spaltöffnungen ihrer Blätter öffnen müssten und dadurch Wasser verlieren. Und das mit der Zellteilung ist auch nicht ganz so einfach, denn außer Kontrolle geraten kann das leicht zu Krebs führen (ja, auch bei Pflanzen). Außerdem würde dadurch wieder die Oberfläche irgendwo (Wurzel, Blatt, Sprossachse, …) vergrößert und wir sind wieder beim Wasserverlustproblem o.ä.. Insgesamt hat sich die Pflanze da auf ein Optimum eingestellt, wobei Biomasseproduktion für sie eben nur sekundär ist.

    (Beim Photo/Foto-Wechsel hatte ich tatsächlich noch überlegt. Ist für die Zukunft notiert. :))

  5. #5 Pterry
    21. September 2015

    @#1:
    Palmöl wird primär nicht als Biosprit verwendet, sondern eher in der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie.
    Aber der Bodenaspekt ist natürlich richtig und wichtig. Tendenziell sehe ich allerdings wenig Möglichkeiten in die Umweltgesetzgebung und Einhaltung dieser Gesetze in anderen Ländern einzugreifen. Und wie ich im Artikel schon versucht habe darzustellen, wird das CO2-Problem durch Biosprit nicht wirklich gelöst.

  6. #6 Dampier
    21. September 2015

    Guter Artikel, Gefällt mir.

  7. #7 bruno
    21. September 2015

    @Pterry#5: danke für die Antwort.
    Allerdings wird Palmöl als Treibstoff für Kraftwerke verwendet. Insofern vielleicht nicht konkret auf Automobile zutreffend – aber definitiv zur Überschrift passend… auch Kraftwerke haben Tanks.
    Und dann zu sagen, Biotreibstoff-Anbau sei sinnvoll für “strukturschwache” Regionen… halte ich für etwas kurzsichtig.
    https://www.welt.de/wirtschaft/article717650/Warum-asiatische-Urwaelder-fuer-deutschen-Strom-sterben-muessen.html
    https://www.sueddeutsche.de/wissen/regenwald-killer-palmoel-der-baum-des-anstosses-1.834281

  8. #8 bruno
    21. September 2015

    …und die Orang-Utans Indonesiens (als Idee zum googlen) hat auch keiner gefragt…
    https://www.faszination-regenwald.de/info-center/zerstoerung/palmoel.htm

  9. #9 BreitSide
    Beim Deich
    21. September 2015

    Danke, Pterry!

    Nicht nur kann man mit einer “Siliziumplantage” 20-mal mehr Energie pro Fläche rausholen, diese Energie kann in BEVs (Battery-Electric Vehicels) mit 90% Wirkungsgrad genutzt werden.

    Über BEVs können also 80-mal so viele km pro m2 geholt werden als über Verbrenner mit “Bio”Sprit.

    Und außerdem bildet sich unter den “Siliziumblättern” ein schönes Biotop. Heißt das Magerrasen?

  10. #10 Pterry
    21. September 2015

    @bruno: oh, zu Palmöl hat der Guardian das schönste Feature: https://www.theguardian.com/sustainable-business/ng-interactive/2014/nov/10/palm-oil-rainforest-cupboard-interactive
    Und mit “Biokraftstoffe aus strukturschwachen Regionen” war jetzt auch nicht nur Palmöl gemeint. Es ist ja auch nicht so, als würde man keine Alternativen in Betracht ziehen (s. 2te und 3te Generation). Die bringen allerdings auch ihre eigenen Probleme mit sich (s. Artikel) und sind im Moment leider noch nicht rentabel.

  11. #11 Pterry
    https://dahierdadort.tumblr.com/
    21. September 2015

    @#8
    Kommt sicher drauf an, wo man seine “Siliziumblätter” “anpflanzt”. 🙂

    @alle: Danke für eure Links, v.a. den Wood Gas Generator, von dem ich schon gehört hatte, aber nicht noch mal extra dazu recherchiert…

  12. #12 Crazee
    22. September 2015

    Bei Methodisch Inkorrekt in Folge 58 wurde über eine neue Abdeckung berichtet, die nicht nur lichtdurchlässiger ist, als die bisherigen, sondern auch noch bei Wind und Regen Strom produziert.

  13. #13 Crazee
    22. September 2015

    …für Photovoltaik