Die Zeit vergeht! Jetzt ist es auch schon wieder mehr als zwei Jahre her das die Raumsonde New Horizons am Pluto vorbei geflogen ist. Und es dauert keine zwei Jahre mehr, bis der nächste Höhepunkt der Mission erreicht wird! Am 1. Januar 2019 wird die Sonde das erste Mal einen Asteroiden des fernen Kuipergürtels aus der nähe beobachten (Obwohl es ja eigentlich der zweite ist, denn auch Pluto ist ja ein großer Kuipergürtel-Asteroid – aber das ist eine andere Geschichte). Dabei sah es erst so aus als würde dieser Teil der Mission scheitern. Denn noch im Sommer 2014 hatte man kein passendes Ziel identifiziert gehabt. Das aber hat sich geändert und nun sieht es so aus als wäre dieses Ziel spannender als man dachte.

Größenvergleich zwischen 2014 MU69 (im Bild als "PT1" bezeichnet), dem nächsten Ziel von New Horizons, dem Kometen der Rosetta-Mission und einem Teil der USA dessen Größe für Nichtamerikaner schwer einzuschätzen ist weswegen der pädagogische Wert dieser Grafik außerhalb der USA angezweifelt werden darf (Bild: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute)

Größenvergleich zwischen 2014 MU69 (im Bild als “PT1” bezeichnet), dem nächsten Ziel von New Horizons, dem Kometen der Rosetta-Mission und einem Teil der USA dessen Größe für Nichtamerikaner schwer einzuschätzen ist weswegen der pädagogische Wert dieser Grafik außerhalb der USA angezweifelt werden darf (Bild: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute)

Es war schon irgendwie eine absurde Situation: 2006 schickte man New Horizons ins All und auf den Weg zum Pluto. Wo der sich rumtrieb wusste man und plante die Flugbahn der Sonde entsprechend. Aber wenn man sich schon die Mühe machte in die äußersten Regionen des Sonnensystems zu fliegen dann wollte man auch sehen was es dort sonst noch zu erforschen gibt. Immerhin war New Horizons die erste Mission die direkt in den Kuipergürtel führte, den Asteroidengürtel hinter der Bahn des Neptuns von dessen Existenz man zwar seit den 1990er Jahren wusste von dessen Objekten man aber noch nie eines aus der Nähe beobachtet hatte. Und da New Horizons bei Pluto sowieso nicht anhalten konnte sondern weiterfliegen musste, konnte man sich ja danach noch auf den Weg zu einem dieser Asteroiden machen.

Dass man 2006 noch keinen passenden Himmelskörper kannte der sich mit den vorhandenen Treibstoffvorräten ansteuern ließ war kein Grund zur Sorge. Immerhin waren noch fast 10 Jahre Zeit, da würden die Astronomen schon noch was finden. Immerhin ist der Kuipergürtel deutlich größer als der Asteroidengürtel im inneren Sonnensystem; irgendein Asteroid würde schon entdeckt werden der sich eignet. Dachte man – aber die Suche blieb erfolglos. Im letzten Moment nutzte man die überlegenen Fähigkeiten des Hubble-Weltraumteleskops und fand doch noch einen Himmelskörper der auf dem Weg der Sonde lag. Zuerst sah es sogar so aus, als wäre New Horizons tatsächlich auf Kollisionskurs mit dem Asteroid. Und das wäre dann wirklich schräg geworden. Man stelle sich vor, man hätte diesen Asteroiden nicht entdeckt und hätte 2019 plötzlich gemerkt dass die Sonde gegen irgendwas geprallt wäre 😉

Gerade noch rechtzeitig entdeckt: Das nächste Ziel von New Horizons; der ferne Asteroid 2014 MU69 ("NASA, ESA, SwRI, JHU/APL, and the New Horizons KBO Search Team")

Gerade noch rechtzeitig entdeckt: Das nächste Ziel von New Horizons; der ferne Asteroid 2014 MU69 (“NASA, ESA, SwRI, JHU/APL, and the New Horizons KBO Search Team”)

Aber seit dem Oktober 2014 weiß man von der Existenz von 2014 MU69 wie der Asteroid offiziell heißt (einen echten Namen hat er noch nicht bekommen). Und seit kurzem weiß man noch mehr über ihn. Denn am 17. Juli 2017 ist der Asteroid von der Erde aus gesehen genau an einem Stern vorüber gezogen. So eine Sternbedeckung ist ein wichtiges Ereignis für die Asteroidenforscher. Während der Asteroid den Stern bedeckt erreicht uns kein Licht mehr von ihm. Aus dem bekannten Abstand des Asteroids von der Sonne kann man die Geschwindigkeit berechnen mit der sich bewegt. Und aus der beobachteten Dauer der Sternverdunkelung lässt sich daher direkt die Größe des Asteroids berechnen – etwas was sich aus anderen Messungen nur sehr schwer bzw. nur mit großen Fehlergrenzen bestimmen lässt. Man kann mit den Daten der Bedeckung sogar ein wenig über die Form des Asteroiden spekulieren.

Die Sternbedeckung am 17. Juli 2017 war nicht die einzige, im Juni davor gab es zwei weitere Bedeckungen. Die erste verpassten die Beobachter allerdings weil der Bereich auf den der Schatten des Asteroiden auf die Erde fallen würde nicht ganz exakt vorhergesagt werden konnte. Erst bessere Beobachtungen von Hubble und dem Weltraumteleskop GAIA konnten die Vorhersage für die zweite und dritte Bedeckung verbessern und ihre Beobachtung möglich machen. Das kurze (wirklich kurze, es dauerte am 17. Juli nur ein paar hundert Millisekunden) Verlöschen des Sterns wurde von vielen verschiedenen Positionen (vom Erdboden, von der Flugzeugsternwarte SOFIA und vom Weltraum aus) beobachtet und aus all diesen Daten kann man durch Computersimulationen mögliche Formen des Asteroiden bestimmen.

Bedeckung eines Sterns durch 2014 MU69. Der Zeitunterschied zwischen den Bildern beträgt 0,2 Sekunden (Bild: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute/ Adriana Ocampo)

Bedeckung eines Sterns durch 2014 MU69. Der Zeitunterschied zwischen den Bildern beträgt 0,2 Sekunden (Bild: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute/ Adriana Ocampo)

Das Ergebnis: Es handelt sich mit ziemlicher Sicherheit nicht um einen kreisrunden Himmelskörper. Am wahrscheinlichsten ist ein 30 Kilometer langer, ellipsoider schmaler Asteroid. Oder aber – und das wäre noch viel cooler – ein Doppelasteroid bei dem jede Komponente zwischen 15 und 20 Kilometer lang ist. Diese beiden Asteroidenteile könnte sich enorm dicht umkreisen bzw. in direktem Kontakt miteinander stehen, wie wir das auch von der seltsamen Form des Asteroiden Itokawa oder dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko kennen.

Künstlerische Darstellung der möglichen Form von 2014 MU69 (Bild: NASA/JHUAPL/SwRI/Alex Parker)

Künstlerische Darstellung der möglichen Form von 2014 MU69 (Bild: NASA/JHUAPL/SwRI/Alex Parker)

Künstlerische Darstellung der möglichen Form von 2014 MU69 (Bild: NASA/JHUAPL/SwRI/Alex Parker)

Künstlerische Darstellung der möglichen Form von 2014 MU69 (Bild: NASA/JHUAPL/SwRI/Alex Parker)

Genau werden wir es wissen, wenn New Horizons näher kommt. Aber auf jeden Fall wird es spannend werden. Ok, spannend wäre es sowieso geworden. Ich kann mir kaum vorstellen dass irgendjemand im Kontrollzentrum der NASA vor den Bildschirmen sitzt, das erste Bild von 2014 MU69 betrachtet und dann verkündet: “Laaaaangweilig. Nur ein rundes Trumm aus Felsen!” 😉 Wir werden auf jeden Fall das erste detaillierte Bild eines Kuipergürtel-Asteroiden zu sehen bekommen! Aber das es sich vielleicht um einen Doppelasteroiden handelt macht die Sache noch faszinierender. Aus solchen Objekten lässt sich viel über die Vergangenheit der Asteroiden lernen; über die Bedingungen die zu ihrer Entstehung geführt haben, und so weiter.

Und wenn man genau darüber nachdenkt ist die ganze Angelegenheit schon jetzt höchst beeindruckend. Am 17. Juni haben Astronomen hier auf der Erde den Schatten eines 6,6 Milliarden Kilometer entfernten kleinen Felsbrocken beobachtet! Ein Schatten, der vom Licht eines unvorstellbar weit entfernten Sterns geworfen wurde! Und die kaum bemerkbare kurze Abwesenheit dieses kleinen bisschen an Sternenlicht am nächtlichen Himmel der Erde hat uns etwas darüber verraten wie ein Asteroid im äußeren Sonnensystem aussieht. Wer das nicht beeindruckend findet, dem ist nicht mehr zu helfen!

Kommentare (9)

  1. #1 Heino Wedig
    Eckernförde
    8. August 2017

    @Florian “Und die kaum bemerkbare kurze Abwesenheit dieses kleinen bisschen an Sternenlicht am nächtlichen Himmel der Erde hat uns etwas darüber verraten wie ein Asteroid im äußeren Sonnensystem aussieht. Wer das nicht beeindruckend findet, dem ist nicht mehr zu helfen!”
    Stimmt!
    Und ich nutze die Gelegenheit als erster (?) meinen Kommentar abgeben zu können, um mich für diesen tollen Blog zu bedanken. Da werden nicht nur für einen Laien kaum noch nachvollziehbare Entdeckungen wie Gravitationswellen und Higgs-Bosonen sondern auch so fast schon banale Dinge wie dieser Schattenwurf zum Anlass genommen, grundlegende Tatsachen über unsere Welt zu erklären. Und zwar so, dass man auch als, wenn auch interessierter, so doch Laie, sie versteht.
    Auch die gelegentlichen Ausflüge in andere Bereiche wie Astrologie, Homöopathie, Wissenschaftsphilosophie oder -politik sind für mich durchaus interessant. Wer´s nicht mag, muss es ja nicht lesen.
    Also noch mal, vielen Dank Florian.
    Bitte weiter so, ich freue mich auf noch viele Jahre Informationen darüber, wie auch noch das kleinste Ereignis im Endeffekt dann doch wieder mit dem Urknall zusammenhängt. (Und dass die Welt zum Zeitpunkt X dann doch nicht untergeht.)

  2. #2 Rowlf
    8. August 2017

    Ja! Sehr beeindruckend kann ich nur sagen! :o)

    An der Sternwarte Aachen hat mal jemand gezeigt, wie man auch als Amateur-Astronom mit ganz einfachen Mitteln (Teleskop und Uhr) die Form, bzw. zumindest die Form des Schattens eines Asteroiden durch Sternbedeckung ermitteln kann, bzw. dazu beitragen kann. Dazu wird von möglichst vielen verschiedene Standorten der Zeitpunkt und die Dauer der Sternbedeckung beobachtet und festgehalten. Trägt man alle Daten von den verschieden Standorten zusammen, lässt sich recht genau der Umriss des Asterodien bestimmen. Da war ich schon ziemlich baff – und fasziniert!

    Ich erinner mich leider nicht mehr an die Bezeichnung des Asteroiden….das Ganze müsste so vor 1 bis 2 Jahren gewesen sein…und ich denke, der Kollege war etwas näher an der Erde als 2014 MU69, aber trotzdem : woow !

  3. #3 Rubberduck
    8. August 2017

    Sorry, laut Wiki wurde 2014 MU69 schon im Juli 2014 von Hubble entdeckt. Im Oktober wurde der Asteorid dann als möglicher Kandidat für einen Vorbeiflug genannt.

  4. #4 Skeptikskeptiker
    Randpolen
    8. August 2017

    Das klingt ja spannend und ist gar nicht mehr so lange hin… Kann man schon abschätzen, wie weit entfernt man vorbeifliegt, bzw. vorbeifliegen will?

  5. #5 Koberre
    Salzburg
    8. August 2017

    Unglaublich beeindruckend!
    Ich komme mir mit meiner begrenzten Vorstellungskraft, wie man das überhaupt berechnen, beobachten und interpretieren kann, ziemlich deppat vor.
    Allergrößte Hochachtung vor den Wissenschaftern, die das alles können.
    Und herzlichen Dank an Herrn Dr. FF für die Erläuterungen dazu. Immer wieder lehrreich. Chapeau!

  6. #6 Rubberduck
    8. August 2017

    @ Skeptikskeptiker

    Der Vorbeiflug ist bei 3000km Abstand geplant.

  7. #7 rolak
    8. August 2017

    2019 plötzlich gemerkt

    Die Gesichter im Kontrollzentrum hätte ich ja schon gerne gesehen…

  8. #8 a. b. aus c.
    8. August 2017

    da er sowieso schon ständig PT1 genannt wird wäre ein netter name doch
    “Pete Ivan”

  9. #9 Alderamin
    9. August 2017

    Hier gibt’s einen englischen Artikel zu dem Thema mit einem Bild des Schattenwurfs. Die weißen Linien zeigen die Beobachtungsstandorte (wenn man den Schatten als ruhend betrachtet und die Standorte als unter dem Schatten hindurchziehend, daher Linien).