Bald kommt Weihnachten und natürlich werde ich definitiv nicht darauf verzichten, das zum Anlass für alles mögliche zu nehmen. Zum Beispiel über eine interessante Arbeit zu Asteroideneinschlägen zu reden. Denn immerhin hat schon Martin Luther vor fast 500 Jahren geschrieben: “Vom Himmel hoch, da komm ich her”. Bei Luther war es zwar ein Engel, der vom Himmel kam um ein wenig mit Hirten zu plaudern. Aber in der echten Welt kommen viel interessantere Dinge vom Himmel als Engel. Asteroiden nämlich!
Und bevor jemand Angst bekommt: Keine Sorge, die Weihnachtsfeiertage werden euch nicht durch einen Weltuntergang verdorben – es ist kein Asteroid auf einer Kollisionsbahn mit der Erde bekannt. Die Asteroideneinschläge um die es hier geht sind nicht die apokalyptische Handlung von Hollywood-Filmen. Sondern die Art von Asteroideneinschlag die für die Wissenschaft besonders interessant ist.
Wir haben auf der Erde schon jede Menge Meteoriten gefunden, also die Überbleibsel von Asteroiden die irgendwann mal auf der Erde eingeschlagen sind. Wir können auch immer wieder Meteore beobachten, also helle Leuchterscheinungen am Himmel die bei der Kollision eines Asteroiden mit der Erde entstehen (ab und zu ist es auch mal Weltraumschrott). Die meisten dieser Meteore werden von sehr kleinen Objekten verursacht: Das nennen wir dann “Sternschnuppe” und von dem Zeug das da kollidiert bleibt nix übrig. Manchmal sind es aber ein wenig größere Trümmer, die leuchten heller und am Ende können kleine Bruchstücke auf der Erde landen.
Und neben Meteoriten und Meteoren kennen wir natürlich auch jede Menge Asteroiden die einfach so durchs All fliegen.
Was wir in der Astronomie gerne hätten ist eine Kombination aus allen drei Phänomenen. Wir wollen zuerst einen Asteroid entdecken der durchs All fliegt. Danach wollen wir vorhersagen, das er mit der Erde kollidiert (idealerweise bei einem ausreichend kleinen Asteroiden). Dann wollen wir beobachten wie er das tut und am Ende die Meteoriten aufsammeln, die übrig bleiben. Denn dann haben wir nicht nur Material aus dem Weltraum sondern wissen auch ganz genau wann es auf die Erde gekommen ist und vor allem woher es ursprünglich stammt.
Warum wollen wir das? Weil es erstens ziemlich cool ist, einen Meteorit aufzusammeln den man zuvor beim Einschlag beobachtet hat! Aber auch, weil wir daraus viel lernen können. Wenn wir Meteoritengestein einem Objekt am Himmel zuordnen können, können wir astronomische Beobachtungen mit geologischen Analysen verknüpfen. Wir können lernen wie das am Himmel durch ein Teleskop ausschaut, was wir im Labor unterm Mikroskop liegen haben. Und in Zukunft astronomische Beobachtungen besser verstehen und einordnen. Wir können aber auch lernen, was genau den Asteroid dazu gebracht hat, mit der Erde zu kollidieren.
Bis jetzt gab es allerdings nur drei Fälle, bei denen wir vor einer Kollision der Erde mit einem Asteroid über das Ereignis Bescheid gewusst haben. Und nur in zwei Fällen konnten wir danach auch Meteoriten aufsammeln (einmal ist das Ding unfreundlicherweise im Meer gelandet). Das erste Mal ist das am 7. Oktober 2008 passiert und ich habe damals darüber berichtet und erst kürzlich von den Erkenntnissen die man daraus gewonnen hat. Das zweite (und bisher letzte) Mal ist das am 2. Juni 2018 geschehen als der 2-3 Meter große Asteroid 2018 LA zwischen Botswana und Südafrika auf die Erde fiel.
Zwei ist besser als nix, aber wir könnten durchaus mehr Daten haben. Wie die Chancen dafür stehen haben nun Carlos und Raúl de la Fuente Marcos (haben beide den gleichen Nachnamen) von der Uni Madrid untersucht (“Waiting to make an impact: a probable excess of near-Earth asteroids in 2018 LA-like orbits”). Sie haben die Bahn von 2018 LA untersucht und aus den bekannten Daten zurück gerechnet um zu sehen, wo das Ding her kam. Das haben sie dann mit den bekannten Daten über erdnahe Asteroiden verglichen. Und festgestellt, dass es eine ganze Gruppe erdnaher Asteroiden gibt, die alle ähnliche Bahnen wie 2018 LA haben. Der größte darunter ist (454100) 2013 BO73; mit ein paar hundert Metern Durchmesser. Die Berechnungen zeigen auch, dass 2018 LA und 2013 BO73 sich vor ein paar tausend Jahren auch mal ziemlich nahe waren. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass 2018 LA und die anderen kleinen Asteroiden auf ähnlichen Bahnen aus einer Kollision stammen bei der 2013 BO73 das größte verbliebene Bruchstück bzw. der Ursprungskörper war. Kann sein, dass damals tatsächlich zwei Objekte kollidiert sein; kann aber auch sein, dass das Ding einfach auseinander gebrochen ist. Manche Asteroiden sind nur lose Zusammenballungen von Staub und Gestein und wenn die sich schnell drehen bzw. ihre Rotationsgeschwindigkeit immer schneller wird (was zum Beispiel durch die Wärme der Sonnenstrahlung verursacht werden kann, wie ich hier erklärt habe), dann fallen irgendwann Stücke ab.
Diese Stücke bewegen sich dann auf anderen Bahnen als der Ausgangskörper und können dann zum Beispiel mit der Erde kollidieren. Man sollte sich also 2013 BO73 in Zukunft ein wenig genauer ansehen um zu prüfen, ob 2018 LA wirklich von dort kommt. Und man könnte prüfen, ob man andere Objekte findet, die von der Zusammensetzung zu 2013 BO73 und 2018 LA passen. Und vor allem: Die Augen offen halten ob da nicht vielleicht doch ein paar andere Trümmer auf die Erde fallen. Das würde die Astronomen sehr freuen. Und wenn die Himmelsmechanikerinnen und Himmelsmechaniker freudig singen “Morgen, Kinder, wirds was geben! Morgen werden wir uns freun!”, dann reden sie vielleicht nicht von Weihnachten sondern haben die Kollision eines Asteroiden mit der Erde vorhergesagt 😉
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