Wenn wir an die erste Landung von Menschen auf dem Mond denken, dann denken wir vor allem an Technik, Raumfahrt und Wissenschaft. Und natürlich war die Landung eine technische und wissenschaftliche Meisterleistung. Aber der Mond hat selbstverständlich auch eine kulturelle und geisteswissenschaftliche Seite. Und in der heutigen Folge meines 50tägigen Countdowns zum 50. Jubiläum der Mondlandung geht es daher um einen, der Geistes- und Naturwissenschaft immer schon als Teil eines großen Ganzen gesehen hat: Johann Wolfgang von Goethe.
Goethe kennt man heute natürlich für seine literarischen Werke. Aber er hat sich immer auch schon sehr für die Naturwissenschaft interessiert. Als Geheimrat in Weimar war er unter anderem für den Bergbau zuständig, was, wie er selbst gesagt hat, sein Interesse an der Natur geweckt hat. Goethe hat übrigens auch die Sternwarte in Jena gegründet und zwar im ehemaligen Garten von Schiller (und welche andere Sternwarte kann schon auf so eine Geschichte verweisen!). Goethe wollte auch die Newtonsche Optik umstürzen und entwickelte eine eigene Lehre von Licht und Farben. Die war aber eher Quatsch – was nichts daran ändert, dass er sich sein Leben lang mit der Naturwissenschaft beschäftigt hat.
In seinen literarischen Werken kann man sie daher auch immer wieder finden. Inklusive Mond. Aus dem Jahr 1778 stammt zum Beispiel das Gedicht mit dem Titel “An den Mond”:
“Füllest wieder Busch und Thal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
Über mein Geschick.Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh und trüber Zeit,
Wandle zwischen Freud’ und Schmerz
In der Einsamkeit.Fließe, fließe, lieber Fluß!
Nimmer werd’ ich froh;
So verrauschte Scherz und Kuß
Und die Treue so.Ich besaß es doch einmal,
Was so köstlich ist!
Daß man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergißt!Rausche, Fluß, das Tal entlang,
Ohne Rast und Ruh,
Rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu!Wenn du in der Winternacht
Wüthend überschwillst
Oder um die Frühlingspracht
Junger Knospen quillst.Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,Was, von Menschen nicht gewußt
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.”
Gleich hier bei mir zuhause ums Ecke liegen die schönen Dornburger Schlösser und als Goethe dort 1828 den Mond beobachtet hat, hat ihn das zum Gedicht “Dem aufgehenden Vollmond” inspiriert:
“Willst du mich sogleich verlassen?
Warst im Augenblick so nah!
Dich umfinstern Wolkenmassen,
Und nun bist du gar nicht da.Doch du fühlst, wie ich betrübt bin,
Blickt dein Rand herauf als Stern!
Zeugest mir, dass ich geliebt bin,
Sei das Liebchen noch so fern.So hinan denn! hell und heller,
Reiner Bahn, in voller Pracht!
Schlägt mein Herz auch schmerzlich schneller,
Überselig ist die Nacht!”
Goethe hat den Mond aber nicht nur mit Papier und Feder in der Hand beobachtet, sondern auch mit dem Teleskop. In seinen Briefen findet man immer wieder Berichte über seine Beobachtungen. Am 11. Februar 1800 schrieb er etwa an Friedrich Schiller:
“Um 7 Uhr, da der Mond aufgeht, sind Sie zu einer astronomischen Partie eingeladen, den Mond und den Saturn zu betrachten, denn es finden sich heute Abend drei Teleskope in meinem Haus.”
Goethe und Schiller, gemeinsam bei astronomischen Beobachtungen: Da wäre man wohl gerne dabei gewesen. Ich zumindest!
Und wie jeder Hobby-Astronom ist auch Goethe nicht immer erfolgreich bei seinen Versuchen, wie er am 2. April 1800 an Karl Ludwig von Knebel über sein neu gekauftes Teleskop schrieb:
“Den Mond zeigt es köstlich, mit den Planeten will es aber noch nicht ganz gelingen, ob man gleich den Ring des Saturns sehr deutlich unterscheidet; vielleicht gelingt es uns auch noch, das zweideutige und doppelbildartige in diesen Fällen bei Seite zu bringen.”
Und Goethe wäre nicht Goethe, wenn er nicht immer auch an die Frauen denken würde. Anscheinend hat er sein Teleskop zum Laufen gebracht und einiges damit vor, wie er am 10. April 1800 an Schiller berichtet:
“Es war eine Zeit, wo man den Mond nur empfinden wollte, jetzt will man ihn sehen, ich wünsche daß es recht viel Neugierige geben möge damit wir die schönen Damen nach und nach in unser Observatorium locken.”
Wer noch mehr über Goethe und den Mond wissen will, dem kann ich das kleine Büchlein “Goethes Monde: Gedichte und Zeichnungen”* empfehlen, das alle Stellen in Goethes Werken auflistet, in denen er über den Mond spricht (und aus der ich auch die obigen Zitate habe).
Ich bin mir sicher, dass Goethe auch anlässlich der ersten Landung auf dem Mond das eine oder andere Gedicht produziert hätte. Schade, das wir die nicht zu lesen bekommen.
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