Der erste Job den Neil Armstrong nach seinem historischen ersten Schritt auf den Mond am 21. Juli 1969 zu erledigen hatte, war das Aufsammeln von Mondstaub. Sobald er die Mondoberfläche betreten hatte, hat er ein wenig Staub in eine Plastiktüte verpackt und in die Tasche seines Raumanzugs gesteckt. Man wollte absolut sicher gehen, dass man auf jeden Fall irgendetwas vom Mond zur Erde bringen würde, auch wenn die Mission sofort wieder abgebrochen werden hätte müssen. Das ist zum Glück nicht passiert und deswegen konnten Armstrong und Aldrin noch jede Menge mehr Mondgestein sammeln. Und weil das so ein wichtiger Teil der Mission und der folgenden Apollo-Missionen war, möchte ich heute in meinem 50tägigen Artikel-Countdown zum Mondlandungsjubiläum ein wenig vom Mondgestein erzählen.

Was macht das Gestein so besonders? An sich nichts; immerhin ist der ganze Mond voll damit. Es ist nicht selten – aber es ist enorm wertvoll. Eben weil es vom Mond kommt und damit nicht nur aus einer völlig anderen Umgebung sondern aus einer völlig anderen Welt! Von keinem anderem Himmelskörper (mit Ausnahme des Mars und ein paar Asteroiden und Kometen die wir seit der Mondlandung besucht haben) haben wir konkrete Proben die wir anfassen und im Labor untersuchen können. Wenn wir das Universum verstehen wollen, dann können wir das nicht nur mit dem was hier auf der Erde zu erforschen ist. Und wenn die Astronomie auch gezwungenermaßen sehr gut darin geworden ist, Dinge nur allein durchs Anschauen zu verstehen, geht nichts über direkte Forschung vor Ort oder mit entsprechenden Proben.

Der Mond ist eine ganz andere Umgebung als die Erde. Er hat keine Atmosphäre, ist also allen kosmischen Phänomenen wie Asteroideneinschlägen, dem Sonnenwind, der kosmischen Strahlung, etc viel direkter ausgesetzt. Außerdem gibt es kein Wetter, keinen Wind oder etwas anderes das seine Oberfläche oder sein Gestein so schnell verändert wie die Witterungsprozesse auf der Erde. Kurz gesagt: Auf dem Mond ist die Vergangenheit besser konserviert als auf der Erde und es ist ein viel besserer Blick in die Vergangenheit! Wenn wir verstehen wollen, wie die Erde entstanden ist, wie der Mond entstanden ist, wie die Vergangenheit unseres Sonnensystems ausgesehen hat: Dann brauchen wir das Mondgestein.

Harrison Schmitt von Apollo 17 sammelt Mondgestein (Bild: NASA, gemeinfrei)

Und deswegen sind wir zum Mond geflogen um es von dort zu holen. Die Apollo-11-Mission von Armstrong, Aldrin und Collins brachte 21,55 Kilogramm zurück zur Erde. Apollo 12 schaffte schon 34,3 kg. Bei Apollo 14 waren es 42,8 kg; bei Apollo 15 76,7 Kilogramm und Apollo 16 hat 95,2 kg auf die Erde gebracht. Die letzte Mission zum Mond – Apollo 17 – hat dann die 100er-Marke geknackt und nochmal 110,4 kg zur Erde gebracht. Insgesamt waren das 380,95 Kilogramm Mondgestein. Dazu kommen noch die 301 Gramm Mondstaub die von den sowjetischen Mondsonden Luna 16, Luna 20 und Luna 24 in den 1970er Jahren am Mond aufgesammelt und zurück zur Erde geflogen wurden.

Es gibt noch ein paar Mondmeteorite die im Laufe der Zeit auf die Erde gefallen sind. Aber die inkludieren ich da jetzt nicht; die sind zwar interessant und wichtig, aber weil sie lange Zeit durchs All geflogen und dann lange Zeit auf der Erde rumgelegen sind, kann man sie nicht mit dem originalen “frischen” Mondgestein vergleichen. Und das Mondgestein ist wirklich so speziell, dass man es nicht anderswo herkriegen kann (siehe dazu diese sehr ausführliche und technische Seite). Es kann vor allem auch nicht gefälscht werden, wie manche Leute immer behaupten. Diese Art von Gestein sieht genau so aus wie Gestein, dass sich in einer extrem trockenen Umgebung ohne Sauerstoff und geringer Schwerkraft gebildet hat. Man kann darauf winzige Einschlagskrater erkennen; etwas was auf der Erde nicht möglich wäre, weil hier nur große Objekte durch die Atmosphäre durch kommen um Krater erzeugen zu können. Diese ganzen Mikroeinschläge die nur auf dem Mond möglich sind verändern das Gestein auch noch einmal auf eine sehr spezielle Art. Man findet im Gestein eingeschlossen Gase, die vom ständigen Bombardement des Sonnenwinds und der kosmischen Strahlung stammen und deren ganz spezielle chemische Zusammensetzung auch nur dort existiert. Und so weiter: Man müsste nicht nur eine völlig neue Geologie und Chemie erfinden um auf der Erde selbst irgendwie “Mond”gestein herstellen zu können; es wäre vermutlich auch sehr, sehr viel komplizierter und teurer als einfach zum Mond zu fliegen und es dort zu holen.

Lunar Sample Display im Technischen Museum Wien

Teuer ist das Mondgestein auch, wenn man es heute irgendwo kaufen will. Ich selbst habe nichts davon in meiner außerirdischen Gesteinssammlung und es ist auch kaum möglich daran zu kommen. Mondmeteorite kann man manchmal für sehr viel Geld kaufen. Das originale Mondgestein das von der NASA auf die Erde gebracht wurde aber eher nicht (und wenn, dann stehen die Chancen gut das es nicht echt ist). Die NASA gibt davon auch nichts her; das hat sie nur zweimal getan. Einmal nach der ersten Mondmission von Apollo 11 und einmal nach der letzten von Apollo 17. Damals gab es die sogenannten “Goodwill Rocks” beziehungsweise die Lunar Sample Displays, wie es offiziell heißt. Mit Apollo 11/17 wurden die Flaggen von 135 Ländern (und aller US-Staaten) zum Mond geflogen und danach mit ein paar Mondstaubkrümeln an die jeweiligen Länder verteilt. Dort kann man es sich heute noch anschauen; in Deutschland zum Beispiel im Technik Museum in Berlin oder dem Technik Museum Speyer. In Österreich liegt der Mondstaub im Naturhistorischen Museum beziehungsweise dem Technischen Museum in Wien. In der Schweiz kann man es sich im “Swiss Space Museum” in Watt ansehen. Und anderswo auf der Welt normalerweise auch in diversen Museen. Sofern es noch da ist. Denn nachdem die USA den Mondstaub an die jeweiligen Länder übergeben hat, hat sie auch keine Verantwortung mehr dafür übernommen. Und im Laufe der Zeit sind einige (überraschend viele!) dieser Lunar Sample Displays abhanden gekommen. Wikipedia hat sogar eine eigene Liste für Stolen and missing Moon rocks.

Wenn also irgendwo in eurer Nähe ein wenig Mondgestein rumliegt: Nutzt die Gelegenheit und schaut es euch mal an. Wenn es weg ist, ist es weg – und so schnell werden wir kein neues kriegen!

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Der komplette Countdown: 50 | 49 | 48 | 47 | 46 | 45 | 44 | 43 | 42 | 41 | 40 | 39 | 38 | 37 | 36 | 35 | 34 | 33 | 32 | 31 | 30 | 29 | 28 | 27 | 26 | 25 | 24 | 23 | 22 | 21 | 20 |19 | 18 | 17 | 16 | 15 | 14 | 13 | 12 | 11 | 10 | 09 | 08 | 07 | 06 | 05 | 04 | 03 | 02 | 01 | 0

Kommentare (10)

  1. #1 Spritkopf
    11. Juli 2019

    @FF

    Teuer ist das Mondgestein auch, wenn man es heute irgendwo kaufen will. Ich selbst habe nichts davon in meiner außerirdischen Gesteinssammlung und es ist auch kaum möglich daran zu kommen.

    Das möchte ich ein bißchen präzisieren. Von der NASA kann man natürlich kein Mondgestein kaufen, aber wenn man z. B. als Geologe mit lunarer Forschung befasst ist (und das durch vorherige Veröffentlichungen nachweisen kann), dann hat man gute Chancen, leihweise von der NASA Mondgesteinproben für seine eigenen Untersuchungen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Hierzu stellt man beim Astromaterials Acquisition and Curation Office einen Antrag und schreibt hinein, welche Proben man gerne hätte. Diese hat man sich vorher aus der öffentlich zugänglichen Probendatenbank herausgesucht.

    Nebenbei ist das für mich eines der schlagendsten Argumente gegen den Quatsch der Mondlandungsleugner. Wäre die Mondlandung wirklich nur ein Hoax gewesen, könnte die NASA sich gar nicht erlauben, gefälschtes Mondgestein an Geologen weltweit zur näheren Untersuchung zu geben. Immerhin könnten diese einen Schwindel leicht entlarven. Nicht umsonst reagieren die Moonhoaxer auf dieses Argument stets mit beredtem Schweigen.

  2. #2 orinoco
    11. Juli 2019

    @Spritkopf
    Ach was! Einen “echten” Moonhoaxer haut das nicht um. Natürlich gibt die NASA nur Proben an solche Wissenschaftler raus, die Teil der Verschwörung sind.
    Dass sich 97% aller Klimawissenschaftler einig sind über den durch Treibhausgasemissionen menschengemachten Klimawandel wird von den Leugnern desselben ja auch als kollektive Verschwörung und Irreführung der Öffentlichkeit für möglich gehalten bzw. offen als kollektive “Gehirnwäsche” (O-Ton Horst Lüning) verunglimpft.
    Peer Review ist für die nur ein Mittel die Kritiker mundtot zu machen und wissenschaftlich zu diskreditieren.
    Und die ausgestellten Samples sind natürlich alles Fälschungen aus den geheimen NASA-Labors
    usw. usw.

    Verschwörungstheorien sind ein infiniter Regress aus Verschwörungen. Da haben Fakten und Logik keine Chance. Selbst die Tatsache, dass sie nicht ein einziges stichhaltiges Argument vorbringen können, bringt keinen Moon- oder Klimahoaxer zum schwanken.

  3. #3 Alderamin
    11. Juli 2019

    @Florian

    Von keinem anderem Himmelskörper (mit Ausnahme des Mars und ein paar Asteroiden und Kometen die wir seit der Mondlandung besucht haben) haben wir konkrete Proben die wir anfassen und im Labor untersuchen können.

    Wobei das “Labor” in den meisten Fällen die Raumsonde vor Ort war. Auf der Erde haben wir neben Mondgestein bisher nur

    – eine handvoll Mars-Meteoriten,
    – vielleicht einen vom Merkur (was aber in Zweifel gezogen wurde),
    – natürlich jede Menge Meteoriten aus dem Asteroidengürtel,
    – ein paar Partikel Staub aus dem interplanetaren Raum und der Koma des Kometen Wild2, gesammelt von der Sonde Stardust (bei deren Rückkehrkapsel der Fallschirm versagte, so dass die Kapsel beim Aufschlag aufbrach und man die wenigen im Aeorgel aufgefangenen Partikel einzeln manuell vom eingedrungenen Erdstaub trennen musste) sowie
    – ein wenig Staub vom Asteroiden Itokawa, den die Sonde Hayabusa unter großen Schwierigkeiten zur Erde gebracht hat (hier versagte der Aufsammelmechanismus, es blieb nur etwas Staub daran haften).

    Also nichts der Rede wert. Derzeit sind Hayabusa 2 und OSIRIS-Rex unterwegs, um Proben der Asteroiden Ryugu und Bennu zu sammeln, und man bereitet eine Probenrückholmission zum Mars vor, deren erster Schritt das vom Mars-2020-Rover (der auf dem Curiosity-Rover basiert) zu sammelnde Gestein sein soll; die eigentliche Rückholmission ist noch in der Planung und längst noch nicht gesichert. Na ja, und Trumps “Boots on the Moon”, wenn die NASA mal 6 Jahre lang ihre Pläne nicht ändert und alles nach Zeitplan läuft (was noch nie funktioniert hat).

  4. #4 pederm
    11. Juli 2019

    “Harrison Schmitt von Apollo 17 sammelt Mondgestein”
    Spitzen Bildkommentar!

  5. #5 Spritkopf
    11. Juli 2019

    @orinoco

    Verschwörungstheorien sind ein infiniter Regress aus Verschwörungen. Da haben Fakten und Logik keine Chance.

    Das stimmt schon, aber es ist eben ein ziemlich großer Schritt von der Behauptung, dass die amerikanische Regierung uns belogen hätte, zur Behauptung, dass alle möglichen Geologen aus aller Herren Länder, die über Mondgestein publiziert haben, Mitverschwörer seien. Ganz zu schweigen von den Geologen, die jedes Jahr frisch von den Unis in dieses Forschungsgebiet hinzukommen. Die sollen alle den Schwindel einer fremden Regierung von vor 50 Jahren mithelfen zu decken?

    Womit ich nicht bezweifeln will, dass es Menschen gibt, die so tief in der Verschwörungsparanoia stecken, dass sie sich selbst den abstrusesten Dummquatsch noch schön- und wahrsaufen.

  6. #6 Spritkopf
    11. Juli 2019

    Interessantes Video darüber, wie die Gesteinsproben aufbewahrt werden.

  7. #7 Curious.Sol
    11. Juli 2019

    Im London Science Museum kann man einen Original-Mondstein betrachten, der die Erdatmosphäre nie berührte: https://blog.sciencemuseum.org.uk/exploring-space-the-moon/
    Es gibt dort noch viel mehr Exponate, welche Weltraumbegeisterte interessieren könnten, siehe z. B.: https://www.sciencemuseum.org.uk/see-and-do/exploring-space
    Sollte jemand mal nach London kommen, kann ich das nur empfehlen. Der Eintritt ist außerdem kostenlos.

  8. #8 Kinseher Richard
    11. Juli 2019

    In Nördlingen – im Ries-Krater-Museum – ist auch ein Brocken Mondgestein zu sehen.

  9. #9 Stefan Hölzl
    Nördlingen
    13. Juli 2019

    Stimmt, immerhin 163 g und ausserdem gibts im RiesKraterMuseum Nördlingen eine – wie ich meine – sehr nette kleine Sonderausstellung zum Thema “50 Jahre Mondlandung” zu sehen…

  10. #10 Habnix
    14. Juli 2019

    @orinoco, du solltest herausfinden wie oft die NASA oder andere Raumfahrtgesellschaften Sonden auf den Mondgeschickt haben, die dann Mondgestein wieder zurück gebracht haben. Ist wirklich keine Landungssonde zum Mond geschickt worden, um Mondgestein mitzubringen, dann gibt es vielleicht nur eine logische Lösung.