Ja, ich sags gleich ganz zu Beginn: Die Überschrift ist massiv übertrieben! Niemand wollte den Mond in die Luft sprengen, schon gar nicht Carl Sagan. Aber man wollte eine Atombombe dort explodieren lassen und Carl Sagan war an der ganzen Angelegenheit beteiligt. Es ist eine irre Geschichte die wunderbar zeigt, wie die Welt damals in der Zeit zwischen dem zweiten Weltkrieg und der ersten Landung auf dem Mond gedacht hat und es ist eine wunderbare Geschichte für die “13” in meinem 50tägigen Countdown zum 50. Jubiäum der ersten Mondlandung.
In den 1950er Jahren hatte der Wettlauf ins All so richtig begonnen. Die Sowjets hatten mit dem ersten künstlichen Satelliten “Sputnik” vor allem die USA geschockt, die Angst hatten nun endgültig den Anschluss zu verlieren. Wenn der Feind einfach so Raumfahrzeuge über das Gebiet der USA fliegen lassen kann: Was wird dann noch alles möglich sein? Man wollte der ganzen Welt demonstrieren, dass man die dominante Macht auf der Erde UND im Weltraum war. Die Idee, das zu bewerkstelligen: Eine Atombome auf den Mond zu werfen!
Über sowas hatte schon Edward Teller, der bei maßgeblich beim Bau der amerikanischen Nuklearwaffen beteiligt war, im Jahr 1957 gehabt. 1958 machte die “Armour Research Foundation” der technischen Universität von Chicago dann konkete Forschung dazu: Welche Bombe muss wie am Mond gezündet werden, damit man das von der Erde auch gut sehen kann. Denn darum ging es ja: Die Atomexplosion auf dem Mond sollte demonstrieren, zu was man fähig war. Das man nicht nur in der Lage war zum Mond zu fliegen, sondern auch eine mächtige Waffe dorthin zu bringen. Deren Auswirkungen von allen auf der Erde gesehen werden können. Darum plante man, die Bombe auf der nicht von der Sonne beleuchteten Seite zu zünden, so dass auf der dunklen Hälfte des Halbmonds auf einmal ein helles, menschengemachtes Licht aufleuchtet. Angefeuert wurde die durch Gerüchte, dass die Sowjetunion ebenfalls darüber nachdenkt, so etwas zu tun. Das war tatsächlich der Fall; man hat ihn dann aber bald wieder fallen gelassen.
Aus guten Gründen und aus den gleichen Gründen aus denen auch die USA ihr “Projekt A119”, wie der ganze Plan genannt wurde, in der Schublade verschwinden lassen haben. Erstens war die Raketentechnik nicht so weit um so schwere Atombomben ins All und zum Mond transportieren zu können. Zweitens hätte man ein sehr großes Problem gehabt wenn die Rakete es nicht ins All geschafft hätte und wieder zurück auf die Erde gefallen wäre. Drittens wäre fraglich, ob man dann auch wirklich was ausreichend beeindruckendes auf dem Mond sehen kann. Viertens hätte man den Mond für zukünftige wissenschaftliche und die Forschung durch Menschen vor Ort kontaminiert und ruiniert. Und fünftens war man sich dann doch nicht ganz sicher, ob die atomare Bombadierung unseres Nachbarn im All in den Augen der Öffentlichkeit wirklich so gute PR gewesen wäre…
Mit beteiligt an den Planungen war aber damals auch der amerikanische Astronom Gerard Kuiper und dessen damaliger Doktorand Carl Sagan. Er sollte untersuchen, wie sich di durch die Explosion entstandene Staubwolke unter den Bedingungen auf dem Mond verhält. Sagan wird also vermutlich eher nur mit den astronomischen und weniger mit den militärischen Aspekten des Projekts zu tun gehabt haben. Hat aber am Ende (indirekt) dafür gesorgt, dass die ganze Angelegenheit öffentlich bekannt wurde.
Heute kennt man Carl Sagan vor allem für seine Arbeit in der Öffentlichkeitsarbeit und Wissenschaftskommunikation. Für die vielen Bücher die er geschrieben hat, die Fernsehserie “Unser Kosmos”; für seine Arbeit an der “Golden Record” mit Botschaften der Erde die mit den Voyager-Sonden ins All geschickt worden sind, für das Bild der Erde mit dem Namen Pale Blue Dot, und so weiter. Und als Sagan dann ab den 1990er Jahren in der Öffentlichkeit immer bekannter wurde, interessierte man sich auch für seine Biografie.
Keay Davidson wollte damals eine Biografie über Sagan schreiben und stieß dabei auf die Titel einiger Forschungsberichte die er verfasst haben sollte. Eines zum Beispiel hieß “Possible Contribution of Lunar Nuclear Weapons Detonations to the Solution of Some Problems in Planetary Astronomy” und es ist verständlich, dass man mehr über was herausfinden will, das so beschrieben wird! Sagan hätte allerdings gar nicht verraten dürfen, dass es diese Artikel gab – es war ja alles streng geheim. Aber als Folge dieser Indiskretion und der resultierenden medialen Diskussion meldete sich dann auch Leonard Reiffel, der das Projekt damals an der Uni in Chicago leitete. Er bestätigte die Existenz des Plans eine Atombombe auf den Mond zu schicken und Sagans Beteiligung. Erklärte aber auch, dass er das mittlerweile für eine sehr blöde Idee halte und das alle Unterlagen darüber heute längst vernichtet sind.
Das scheint tatsächlich so zu sein. Das einzige was seitdem darüber ans Licht gekommen ist, ist eine Studie der US Air Force mit dem Titel “Eine Studie über lunare Forschungsflüge”. Darin geht es um:
“Nuclear detonatliozns in thc vicinity of the moon are considered in thisreport along with sci entific itinor-‘ ation which mnight be obtained from suchexplosions. The military aspe(t’ is aided by investigation of space environ-ment, detection of nucl.ear device testing, and capability of weapons in space.”
Weitere Bände mit Titeln wie “Radiological Contamination of the Moon by Nuclear Weapons Detonations” scheinen aber wirklich restlos vernichtet oder komplet verschollen.
Zum Glück kam die US-Regierung dann doch noch irgendwann auf die Idee, dass es in Sachen Öffentlichkeitswirkung deutlich besser ist, Menschen zum Mond zu schicken und keine Atomwaffen. Deswegen können wir in diesem Jahr auch das 50. Jubiläum der ersten Mondlandung feiern. Und nicht das Jubiläum der ersten Atomexplosion auf dem Mond. Was ein deutlich düsterer Grund für Feierlichkeiten gewesen wäre…
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Der komplette Countdown: 50 | 49 | 48 | 47 | 46 | 45 | 44 | 43 | 42 | 41 | 40 | 39 | 38 | 37 | 36 | 35 | 34 | 33 | 32 | 31 | 30 | 29 | 28 | 27 | 26 | 25 | 24 | 23 | 22 | 21 | 20 |19 | 18 | 17 | 16 | 15 | 14 | 13 | 12 | 11 | 10 | 09 | 08 | 07 | 06 | 05 | 04 | 03 | 02 | 01 | 0
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