Seit wir Menschen uns Gedanken über das machen, was außerhalb unserer Erde liegt, denken wir auch darüber nach ob da irgendwo wer lebt. Die Suche nach Aliens beschäftigt so gut wie alle, und vor allem auch die Wissenschaft (wie ich erst kürzlich sehr ausführlich diskutiert habe). Aber wenn wir davon ausgehen, dass wir nicht die einzigen intelligenten Lebewesen im Universum sind, dann lassen sich die Rollen auch vertauschen. Dann ist da irgendwo anders im Kosmos irgendwer anderer der/die/das ebenfalls zum Himmel blickt und nach Leben sucht. Dann wären wir die Aliens, die andere so gerne finden wollen. Wie stehen die Chancen, dass sie dabei erfolgreich sind?
Ich habe genau dieses Thema schon vor einiger Zeit in meinem Buch “Die Neuentdeckung des Himmels” diskutiert. Wissenschaftlich sehr viel exakter haben sich aber kürzlich Lisa Kaltenegger und Joshua Pepper diese Frage gestellt. In ihrer Arbeit “Which Stars can see Earth as a Transiting Exoplanet?” liefern sie genau diese Antwort: Von welchen Sternen aus könnte man die Erde entdecken?
Dabei gehen Kalteneger und Pepper davon aus, dass etwaige außerirdische Astronomie-Wesen die gleichen Methoden anwenden wie wir. Insbesondere die “Transit-Methode” mit der ja auch die irdische Astronomie den Großteil der Planeten anderer Sterne entdeckt hat. Dabei beobachtet man das Licht der Sterne und sucht nach periodischen Helligkeitsschwankungen. Wenn ein Planet um den Stern herum läuft, bedeckt er in regelmäßigen Abständen einen Teil dessen Oberfläche und verringert sein Licht. Das klappt aber nur, wenn der Planet von der Erde aus gesehen genau vor dem Stern vorüber zieht. Wir müssen also ziemlich genau in die Ebene blicken, in der sich der Planet um seinen Stern bewegt. Kaltenegger und Pepper haben diese Frage nun umgedreht: Von welchen Sternen in der Milchstraße blickt man genau auf die richtige Art und Weise auf das Sonnensystem um die Erde vor der Sonne vorüber ziehen zu sehen? Solche Sterne dürfen nicht so hoch über bzw. unter der Ebene stehen die durch die Erdbahn definiert wird (die “Ekliptik”, wie sie offiziell heißt). Seit 2018 gibt es den Gaia DR2 Katalog, der die Position von fast 1,7 Milliarden Sternen der Milchstraße enthält; von 1,3 Milliarden Sternen kennt man auch die Entfernung. Aus diesen Daten haben Kaltenegger und Pepper ihre Ergebnisse berechnet.
Das Resultat: 1004 Sterne haben prinzipiell den richtigen Blickwinkel. Aber damit man die Erde auch vernünftig entdecken kann, braucht es nicht einfach irgendeinen Transit. Sondern einen, der ausreichend lang ist. Denn dann ist nicht nur die Entdeckung an sich einfacher; man kann auch bessere Daten sammeln um zum Beispiel die Atmosphäre der Erde zu untersuchen (in den kurzen Momenten in denen sich der Planet gerade vor den Stern schiebt und noch ein bisschen Sternenlicht genau durch die Atmosphäre strahlt). Mit diesen strengeren Kriterien bleiben noch 509 Sterne übrig, von denen aus ein Transit der Erde vor der Sonne länger als 10 Stunden dauert.
Was sind das für Sterne? Die Mehrheit – 77 Prozent – davon sind kleine, rote Zwergsterne. Nicht verwunderlich, denn die roten Zwerge stellen auch die Mehrheit der Sterne überhaupt. Sterne die unserer Sonne ähneln (also Sterne vom Spektraltyp F, G und K) machen knapp 22 Prozent des Samples aus. Nimmt man nur die Sterne, die wirklich vom gleichen Typ wie unsere Sonne sind (G-Typ), dann findet man 63 Stück von denen man einen Erd-Transit sehen kann und 29 bei denen der Transit länger als 10 Stunden dauert.
Der uns nächstgelegene Stern von dem aus ein Transit beobachtet werden kann (der in dem Fall auch länger als 10 Stunden dauert) heißt Ross 64 und befindet sich 28 Lichtjahre von uns entfernt. Es handelt sich um einen roten Zwerg der bis jetzt noch nicht weiter aufgefallen ist. Der nächstgelegene G-Typ-Stern von dem aus man uns entdecken könnte heißt HD 65430, 77 Lichtjahre entfernt und ein sogenannter spektroskopischer Doppelstern. Also ein Doppelstern in dem die beiden Sterne einander extrem nahe umkreisen. Von dort aus sieht man aber nur einen kurzen Transit der Erde; soll er länger als 10 Stunden sein, dann ist der nächstgelegene G-Stern HD 115153, 132 Lichtjahre weit weg. Über den weiß man immerhin ein bisschen was; er ist vermutlich deutlich älter als die Sonne (mit 12 Milliarden Jahren mehr als doppelt so alt) und einer der sich in Bezug auf die Sonne vergleichsweise schnell bewegt.
Die Bewegung der Sterne sorgt übrigens auch dafür, dass die der Sonne nächstgelegenen Sterne derzeit keinen guten Blick auf die Erde haben. Bei fernen Sternen hat ihre Eigenbewegung kaum großen Einfluss auf den Blickwinkel, bei nahen Sternen sehr wohl. Kaltenegger und Pepper bringen das Beispiel von Teegardens Stern, nur 12 Lichtjahre weit weg: Momentan kann man die Erde von dort aus nicht entdecken. Aber ab 2044 wird es möglich sein, 450 Jahre lang, bevor die Bewegung des Sterns in wieder aus der optimalen Beobachtungsposition bringt. Das ist durchaus interessant, denn Teegardens Stern wird von zwei Planeten umkreist, die ungefähr so groß wie die Erde sind und sich in einem Abstand vom Stern befinden in dem theoretisch lebensfreundliche Bedingungen herrschen könnten. Sollten dort Aliens mit ihren Teleskopen Richtung Sonne schauen, werden sie die Erde dort aber nicht finden (auf jeden Fall nicht mit der Transit-Methode; mit anderen Methoden wäre es aber möglich). Und wer weiß, ob sie in 450 Jahren noch Lust darauf haben nach außerteegardenschen Wesen zu suchen…
Das gilt auch umgekehrt: Die paar tausend Sterne bei denen wir mit der Transitmethode Planeten entdeckt haben waren jetzt in einer guten Position. Viele die auch von Planeten umkreist werden, haben wir aber übersehen, weil sie uns nicht mehr, noch nicht oder gar nie den richtigen Blickwinkel präsentieren. Aber bei immerhin zwei Sternen besteht derzeit die Möglichkeit, dass wir uns – im übertragenen Sinn – gegenseitig zuwinken. K2-155 ist 257 Lichtjahre weit weg und wir haben dort 3 Planeten gefunden, K2-240 ist 228 Lichtjahre entfernt und hat 2 Planeten. Und beide Sterne befinden sich in einer Position um von dort auch einen Transit der Erde vor der Sonne beobachten zu können. Potentiell lebensfreundlich sind die fünf Planeten aber alle nicht (vier sind “Supererden”, also größer als die Erde aber vermutlich noch Gesteinsplaneten und einer ist ein Gasplanet wie Neptun).
Ich bin mir nicht ganz sicher, was man mit dieser Art der Forschung anfangen soll. Wir würden es ja sowieso nicht mitkriegen, wenn irgendwelche Alien-Astronomen die Erde entdecken. Aber interessant ist es schon zu wissen, von wo im Universum aus man einen guten Blick auf uns hat 😉
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