Außerirdisches Leben. Dieses Thema beschäftigt uns Menschen schon seit Jahrtausenden. Zu Recht – denn wer wll nicht wissen, ob wir das einzige in diesem Universum sind, das lebt? Historisch und auch aktuell-popkulturell denken wir bei “Außerirdischen” natürlich immer sofort an irgendwelche Typen in Raumschiffen. Oder exotische Alien-Städte auf fernen Planeten. Aber eher nicht an Chlorogloeopsis fritschii oder Chroococcidiopsis thermalis. Was zwar durchaus außerirdische klingt, aber trotzdem die Namen sehr irdischer Lebewesen sind. Die uns aber dennoch was über Aliens verraten könnten. Die beiden Namen bezeichnen bestimmte Arten von Bakterien. Und die wurden kürzlich verwendet um zu erforschen, wie Leben auf anderen Planeten überhaupt funktionieren kann.
Sollte es da draußen irgendwo eine echte “zweite Erde” geben, dann ist alles vergleichsweise einfach. Aber bis jetzt haben wir so etwas noch nicht gefunden. Wir kennen (noch) keinen Planeten auf dem genau die gleichen Bedingungen herrschen wie bei uns. Was unter anderem auch daran liegt, dass dafür nicht nur eine “zweite Erde” nötig ist, sondern auch eine “zweite Sonne”. Und sonnenähnliche Sterne sind jetzt zwar nicht unbedingt selten. Aber eben auch nicht häufig. Die überwiegende Mehrheit der Sterne im Universum sind sogenannte “Rote Zwerge”. Also Sterne, die weniger Masse haben als die Sonne und daher auch schwächer leuchten. Würde die Erde nicht die Sonne umkreisen, sondern einen roten Zwerg, dann wäre es hier lebensfeindlich kalt. Kein Problem, sollte man denken: Dann müssen wir halt einen Planeten suchen, der einen roten Zwerg sehr viel näher umkreist als es die Erde bei der Sonne tut. Dann passt es auch mit der Temperatur.
Aber so einfach ist es eben nicht. Es kommt nicht nur auf die Temperatur an, sondern auch auf die Art des Lichts das die Oberfläche eines Planeten erreicht. So ein roter Zwerg hat ein paar tausend Grad weniger als die Sonne. Und heißt deswegen “rot”, weil er den Großteil seines Licht im roten Bereichs des Spektrums abstrahlt beziehungsweise in dem für unsere Augen nicht mehr sichtbaren infraroten Bereich. Auf der Erde bilden Lebewesen wie Pflanzen, Algen und Bakterien die Grundlage der Nahrungskette, die gelernt haben, Photosynthese zu betreiben. Sie können die Energie des Sonnenlichts nutzen um chemische Energie herzustellen und als Abfallprodukt ihres Stoffwechsel setzen sie Sauerstoff frei. Aber würde das auch auf einem Planeten funktionieren, der einen roten Zwerg umkreist?
Genau das haben italienische WissenschaflerInnen kürzlich untersucht (“Super-Earths, M Dwarfs, and Photosynthetic Organisms: Habitability in the Lab”). Sie haben im Labor das Lichtspektrum eines roten Zwergs nachgebaut. Und untersucht, wie gut diverse Mikroorganismen damit klar kommen. Nämlich die beiden schon erwähnten Cyanobakterien Chlorogloeopsis fritschii und Chroococcidiopsis thermalis, und zusätzlich auch noch Synechococcus PCC 7335 und Synechocystis sp. PCC 6803. Die ersten drei Arten können spezielle Chlorophyll-Varianten bilden, mit denen sie auch infrarotes Licht verwerten können. Synechocystis kann das nicht und dient als Kontrolle des Experiments.
Hier auf der Erde findet man Chlorogloeopsis fritschii vor allem in heißen Quellen und extrem salzigen Seen. Chroococcidiopsis thermalis hat man in einer Bodenprobe aus Deutschland entdeckt, seine Verwandten leben aber ebenfalls gerne in heißen Quellen. Können aber auch heiße oder kalte Wüsten als Lebensraum nutzen, Salzwasser und Frischwasser, und so weiter. Kurz: Es sind zähe Lebewesen die es fast überall aushalten. Synechococcus hat man aus der Schale einer Meeresschnecke gefunden, die in der Gezeitenzone der Küsten lebt. Dieses Bakterium ist also an wechselnde Feuchtigkeits- und Helligkeitsbedingungen gewöhnt.
Wie haben sich die Mikroorganismen nun im Experiment geschlagen? So:
Von links nach rechts sieht man das Wachstum der Bakterien nach 0, 72 und 240 Stunden, aufgeteilt nach Sonnenlicht (“G2”), Licht eines roten Zwergs (“M7”) und nur Infrarotlicht (FR). Die vier Reihen stellen die 4 Mikroorganismen dar, mit der Kontrolle ganz oben. Man sieht sofort, dass es zwischen Sonne und Rotem Zwerg keinen Unterschied gibt. Alle Bakterien wachsen gleich gut, was ein wenig überraschend war (dazu später mehr). Was man nicht ganz so gut erkennen kann: Im Infrarotlicht wachsen erwartungsgemäß nur die Bakterien die in der Lage sind, dieses Licht auch zu verwerten. Es scheint so, also kämen die Bakterien gut damit klar, nur die Teile des Lichts des roten Zwergs zu verwenden, die sie auch von der Sonne kennen. Sie ignorieren also die infraroten Anteile und verwenden nur die normalen, sichtbaren Teile des Lichts. Ob sie darüber hinaus in der Lage sind, auch infrarotes Licht zu verwerten, scheint keine Rolle für das Wachstum im Licht eines roten Zwerges zu spielen.
Was heißt das jetzt? Dass ein roter Zwerg auf seinen Planeten ebenso gute Bedingungen für die Entwicklung von Leben bietet wie die Sonne? Nicht unbedingt! Rote Zwerge sind klein, aber hinterhältig. Sie sind sehr viel aktiver als größere Sterne, wie unsere Sonne. Was daran liegt, dass hier der ganze Zwerg “konvektiv” ist. Soll heißen: Das Material aus dem der rote Zwerg besteht, wird komplett durchgemischt. Aus dem Kern steigt heißes Material bis an die Oberfläche, kühlt aus und sinkt wieder zurück. Bei der Sonne ist nur der äußere Bereich konvektiv; die Materieströme sind hier geringer. Beim roten Zwerg führen die großen Umwälzungen zu starker Sternaktivität und zu jeder Menge harter Strahlung, die ein Planet in seiner Nähe voll abkriegt. Was für etwaiges Leben im Allgemeinen nicht so gut ist. Aber sollte die Atmosphäre ausreichend dick sein; sollte es ein sehr starkes Magnetfeld geben – dann könnte das als Abschirmung vielleicht ausreichen.
Oder vielleicht haben sich die Mikroorganismen in einem ausreichend tiefen Ozean angesiedelt, der sie abschirmt. Es läuft wieder auf das hinaus, was bei diesem Thema immer schon gegolten hat: Wir wissen es nicht. Wir haben keinen potentiell lebensfreundlichen Planeten entdeckt und daher auch noch keinen aus der Nähe beobachtet. Aber zumindest wissen wir jetzt, dass es konkrete Lebewesen gibt, die mit dem Licht anderer Sterne klar kommen können. Und können probieren, mit diesem Wissen vielleicht abzuleiten, welchen Einfluss solche Mikroorganismen mit ihrem Stoffwechsel auf die Zusammensetzung einer Atmosphäre haben. Und wenn unsere Teleskope einmal gut genug sind, um fremde Atmosphäre zu untersuchen, dann finden wir die Dinger. Sofern es sie gibt…
Kommentare (18)