Dass mich Podcasts beschäftigen, ist kein Wunder. Ich höre selbst seit Jahren jeden Tag jede Menge Podcasts zu allen möglichen Themen. Seit 2012 produziere ich auch selbst Podcast. Und in den fast 10 Jahren in denen ich das tue, stelle ich immer wieder fest, was für ein großartiges Medium sie sind um Wissenschaft zu vermitteln (und warum das so ist, habe ich früher schon mal ausführlich begründet. Als ich mit den Podcasts angefangen habe, war das hierzulande immer noch eher ein Nischenmedium. Mittlerweile haben es die Podcasts in den Mainstream geschafft. Das ist gut. Aber auch problematisch. Denn jetzt kommen all die Probleme, die Wissenschaftsvermittlung in anderen Medien hat, auch hier deutlich ans Licht.
Ein Beispiel: Ich habe kürzlich in einer großen österreichischen Fernsehzeitung einen Bericht über Podcasts gelesen, in dem natürlich auch Podcasts empfohlen wurden. In der entsprechenden Liste fanden sich Podcasts die unter Mitarbeit irgendwelcher Promis produziert wurden; es gab jede Menge Comedy-Podcasts und einen Haufen True-Crime-Podcasts. Und dass ist in etwa das, was man auch anderswo in einschlägigen Empfehlungslisten finden kann. Promi-, Comedy- und True-Crime-Podcasts scheinen, zusammen mit den Podcasts großer Medienunternehmen, Radio- und Fernsehsendern, das öffentliche Bild zu dominieren. Dass es aber auch gerade bei den Podcasts sehr viele Angebote gibt, die sich mit ganz anderen Themen beschäftigen UND dabei auch durchaus erfolgreich sind, geht irgendwie unter. Zumindest ist das in meiner Wahrnehmung so – und dieser Artikel hier ist ein Versuch herauszufinden, ob das wirklich so oder nicht. Und was man eventuell dagegen tun kann, wenn es so ist.
Aus den klassischen Medien kennen wir das ja schon länger: Wissenschaft ist ein Nischenprogramm. Entsprechende Sendungen im Fernsehen oder im Radio laufen auf unattraktiven Sendeplätzen oder kommen gleich gar nicht vor. Bei den Podcasts ist die Situation ein wenig anders, denn hier kann ich mir mein Programm einfach selbst machen. Eine Wissenschaftsendung im Fernsehen kann ich zwar gerne haben wollen, aber wenn der Sender keine Lust darauf hat, wird daraus nichts. Einen Podcast dazu kann ich aber auch ganz alleine produzieren. Was ich ja auch gemacht habe und das gar nicht mal so schlecht. Zumindest wenn ich die mir zugänglichen Zahlen zu Downloads, Abos, usw betrachte (dazu später dann noch mehr).
Mich ärgert es aber ein wenig, wenn – so wie in dem Beispiel der Fernsehzeitung – so getan wird, als würde es all diese Vielfalt der Podcasts nicht geben. Das liegt vermutlich daran, dass wirklich breite öffentliche Sichtbarkeit immer noch nicht ohne Berichterstattung in den klassischen Massenmedien (Fernsehen, Zeitungen) möglich ist. Und dass die Leute die dort berichten im Allgemeinen keinen (natur)wissenschaftlichen Background haben und – so wie wir alle – in ihren jeweiligen Blasen stecken. Wer in den Medien arbeitet, hört eben viel häufiger Podcasts die von Kolleginnen und Kollegen produziert werden; beschäftigt sich eher mit Themen, die “Nachrichtenwert” haben und landet dann bei den Promi- und Medienpodcasts. Das will ich auch niemandem vorwerfen: Mir geht es eher darum, dass die Wissenschaftsvermittlung auch in diesem Fall das tun muss, was sie auch sonst schon immer zu tun. Sich nämlich um mehr Sichtbarkeit bemühen.
Ein Weg das zu erreichen, wären konkrete Zahlen. Das Intenet ist zwar voll mit diversen Podcast-Rankings – die aber alle durch meist undurchschaubare Algorithmen produziert werden. Wie viele Leute von einem Podcast wirklich erreicht werden, ist meist nicht klar. Das gilt zwar auch, wenn man “härtere” Daten betrachtet: Nur weil ich weiß, wie viele Menschen einen Podcast abonniert haben oder wie oft ein Podcast heruntergeladen wurde, weiß ich ja immer noch nicht, wie viele auch wirklich zugehört haben. Aber das ist ein allgemeines Problem; die Zahl der Seitenaufrufe einer Internetseite sagt ja auch nur bedingt etwas über die Zahl der LeserInnen aus; ebenso wie die Einschaltquote im Fernsehen, und so weiter. Aber wenn es um die Quote, die Auflage bei Zeitungen und ähnliche Kenngrößen geht, dann sind das zumindest Daten, die verfügbar sind. Über die Abo- und Downloadzahlen bei Podcasts weiß man so gut wie nichts.
Vielleicht – und das ist meine Idee/mein Vorschlag – wäre es hilfreich, wenn die Wissenschaftspodcasts aktiv ihre entsprechenden Zahlen veröffentlichen? Nicht um noch ein weiteres Ranking basteln zu können; nicht zwecks Angeberei oder um Rivalitäten zu schüren. Sondern weil ich glaube, dass es gar nicht mal so wenig Menschen gibt, die Podcasts über Wissenschaft hören. Und wenn diese Zahlen öffentlich wären, dann würden das vielleicht auch irgendwann mal die “Massenmedien” mitkriegen. Und könnten dann nicht mehr so tun, als wäre Comedy und True Crime alles, was die Podcastwelt zu bieten hat. Vielleicht kann man diese Zahlen auch irgendwo systematisch sammeln und veröffentlichen (bei Wissenschaftspodcasts.de?)
Vielleicht gibt es das ja auch schon und ich bin einfach nur schlecht informiert? Falls ja, dann bin ich für alle Informationen dankbar. Und natürlich auch für Feedback. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob das nicht eventuell doch eine blöde Idee ist? Aber es ärgert mich trotzdem, dass so viele so gute Wissenschaftspodcasts so wenig Sichtbarkeit in der breiten Öffentlichkeit bekommen. Und meine damit ganz explizit nicht nur die Podcasts, die ich produziere. Ich stoße immer wieder per Zufall auf großartige Podcasts und frage mich dann, warum ich vorher noch nie was davon gehört habe – stattdessen wird mir in den klassischen Medien zum hundersten Mal “Fest und Flauschig” empfohlen… So oder so: Ich werde einfach mal anfangen und ein paar Zahlen zu den Podcasts veröffentlichen, für die ich verantwortlich bin.
Der Sternengeschichten-Podcast läuft seit Dezember 2012; seitdem sind 425 Folgen veröffentlicht worden. Meine Statistik ist ein wenig erratisch, weil ich zwischendurch de Podcasthost gewechselt habe. Aber wenn ich heute in die Zahlen schaue, dann habe ich seit 2019 insgesamt knapp über 14 Millionen Downloads. Seit August 2020 habe ich etwa eine Million Downloads pro Monat.
Den Podcast “Das Universum”, den ich gemeinsam mit Ruth Grützbauch aufnehme, gibt es erst seit Juni 2020; wir haben bis heute 17 Folgen veröffentlicht. und kommen insgesamt auf knapp 230.000 Downloads insgesamt und circa 40.000 Downloads pro Monat, was ich für einen Podcast der noch kein Jahr alt ist, ganz in Ordnung finde.
Bevor ich es vergesse: Noch bis 5. Februar 2021 läuft die Nominierung für den Ö3-Podcast-Award. Das ist jetzt nicht unbedingt der bedeutsamste Podcastpreis, den es gibt (und man kriegt auch kein Geld, wenn man dort gewinnt). Aber der Radiosender Ö3 ist zumindest in Österreich eines der Medien mit der größten Reichweite. Es wäre also super, wenn ihr dort möglichst viele Wissenschaftspodcasts nominiert (geht leider nur mit Podcasts aus Österreich bzw. mit österreichischer Beteiligung). Egal wer diesen Award am Ende kriegt: Wenn es dazu führt, dass man dort ein wenig aus der üblichen Blase hinausblickt, dann kann das nur gut sein für die Wissenschaftskommunikation.
Und zum Schluss noch der Aufruf: Erzählt mir von euren Wissenschaftspodcastfavoriten! Wer weiß, was ich da immer noch alles verpasse. Ich mache mal den Anfang mit Empfehlungen für Podcasts, die ich selbst erst viel zu spät entdeckt habe. Nämlich Bugtales: Die Abenteuer der Campbell-Ritter, oder: Geschichten aus Natur und Wissenschaft!, Krautnah – der Pflanzenforschungspodcast für Jedermensch und Die drei Meerjungfrauen – Der Podcast über Meeresbiologie und Studierendenleben.
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