Der August war ein arbeitsintensiver Monat. Ich habe ein neues Buch veröffentlicht und einen neuen Podcast gestartet. Urlaub hab ich auch ein wenig gemacht und insgesamt blieb wenig Zeit zum Lesen. Aber ein paar interessante Bücher waren dabei und die stelle ich, so wie am Ende jedes Monats, heute kurz vor.
Die Welt muss sich ändern
Die Klimakrise ist das Thema, das mich in den letzten Monaten am meisten beschäftigt hat. Ich habe schon einen ganzen Schwung Bücher dazu gelesen und jede Menge liegen noch auf meinem Stapel. Gerade beendet habe ich “Ändert sich nichts, ändert sich alles: Warum wir jetzt für unseren Planeten kämpfen müssen” von Katharina Rogenhofer und Florian Schlederer. Beide haben die Gründung von “Fridays For Future” in Österreich (mit)organisiert und das Klimavolksbegehren auf die Beine gestellt. In ihrem Buch haben sie nun eindringlich und ausführlich erklärt, wie und warum sich unsere Welt ändern muss.
Der Titel mag etwas sperrig erscheinen, ist aber eigentlich sehr gut gewählt. Dass die Welt sich ändert, ist ja eigentlich eine Binsenweisheit. Wenn es um die Änderungen geht, die durch den menschengemachten Klimawandel verursacht werden, dann haben wir es aber mit einem besonderen Fall zu tun. Diese Änderungen sind mehr als gut belegt und dokumentiert und wir haben auch eine sehr gute Vorstellung davon, wie diese Veränderungen weitergehen werden, wenn wir den Dingen einfach ihren Lauf lassen. Dann ändert sich tatsächlich alles und wir werden in einer Welt zurecht kommen müssen, die sich deutlich und dramatisch von der unterscheidet, in der wir jetzt leben. Um das zu verhindern, müssen wir jetzt entsprechende Maßnahmen treffen (beziehungsweise hätten wir sie eigentlich schon vor 30 Jahren treffen müssen, aber das haben wir ja leider nicht getan).
Das Buch von Rogenhofer und Schlederer ist aber nicht so sehr ein naturwissenschaftlicher Überblick über die Grundlagen der Klimakrise. Wer darüber noch nichts wissen sollte, findet die wichtigsten Informationen zwar auch dort. Der eigentliche Fokus liegt aber auf den politischen und sozialen Aspekten der Krise und des Wandels. Denn es stimmt zwar, das wir alle etwas tun müssen und wir alle auch etwas tun können. Aber daneben braucht es vor allem auch die richtigen Entscheidungen derer, die von uns dazu gewählt wurden, die Rahmenbedingungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu organiseren. Die Politik muss aufhören so zu tun, als wäre die Klimakrise etwas, was man ignorieren kann. Mit dem Klima kann man nicht verhandeln; man kann auch nicht erstmal abwarten und schauen, wie das so wird. Es braucht vor allem auch mehr als nur irgendwelche Versprechungen, die maximal bis zur nächsten Wahl gedacht und nach dem Wahltag gebrochen werden.
Das Buch ist keine Utopie; zumindest nicht im üblichen Sinne. Es geht nicht darum, eine große Revolution anzuzetteln, die Politikerinnen und Politiker zu stürzen und irgendeine utopische Staatsform zu errichten, in der auf einmal alles super läuft. Aber Rogenhofer und Schlederer erklären sehr deutlich und verständlich, dass man durchaus eine realistische “neue” Welt denken, planen und umsetzen kann, die den Herausforderungen der Klimakrise gerecht wird. Es ist das eine zu sagen, dass wir doch am besten alle mit dem Rad und dem Zug fahren und die Autos stehen lassen sollen. Wenn es aber keine passende Infrastruktur gibt und es sehr viel mehr Geld kostet, dass auch zu tun, ist niemandem geholfen. Deswegen müssen politische Maßnahmen getroffen werden, die die direkte und indirekte Förderung klimaschädlicher Aktivitäten einstellen. Solange es rentabel ist, das Klima zu ruinieren, kann die Wirtschaft kaum anders als klimaschädlich zu agieren. Aber, und das ist der Punkt den Rogenhofer und Schlederer immer wieder deutlich machen: Das kann man ändern! Es ist auch und gerade im Interesse der Wirtschaft, sich um Klimaschutz zu kümmern. Denn ansonsten werden sehr viele Firmen in Zukunft nicht mehr existieren können. Und wenn es definitiv noch teurer ist als die Maßnahmen zum Klimaschutz, dann sind es die Kosten der Klimakrise.
Die Erklärungen zu Klimaschutz, Politik und Wirtschaft sind eindringlich – und immer wieder unterbrochen von Rogenhofers eigener Geschichte. Dieser persönliche Aspekt mag manche irritieren; er macht das Buch aber deutlich lesbarer. Es ist das eine, die Details zu einem “Green New Deal” abstrakt erklärt zu bekommen. Das andere sind aber die persönlichen Geschichten der vielen jungen Menschen, die sich freiwillig engagieren um genau diesen politisch-gesellschaftlichen Wandel aufzubauen und zu vermitteln.
“Ein gutes Leben für alle innerhalb der planetaren Grenzen ist möglich und auch genussvoller. Wir haben also eine Welt zu gewinnen, wir müssen uns nur dafür entscheiden!”, sagt Rogenhofer in einem Interview zu ihrem Buch. Und das ist etwas, was immer noch viel zu selten thematisiert wird: Es ist nicht nur absolut nötig, die Welt so zu ändern, dass wir die Klimakrise bewältigen können. Das heißt aber nicht Verzicht und Trübsal und schon gar kein “Zurück in die Steinzeit”, wie der immer untragbarer werdenden Bundeskanzler von Österreich schwafelt. Eine klimafreundliche Welt wird zwangsläufig auch eine lebenswertere Welt für uns alle sein. Und allein deswegen würde es sich schon lohnen, sich dafür einzusetzen.
Die Physik des Klimawandel
Das Buch von Rogenhofer und Schlederer ist absolut lesenswert; wer aber mehr an den naturwissenschaftlichen Details der Klimakrise interessiert ist, sollte vielleicht einen Blick in “The Physics of Climate Change” von Lawrence Krauss werfen. Obwohl ich mit dem Buch nicht völlig glücklich bin… Eigentlich kann Krauss sehr gut von Wissenschaft erzählen. Bis jetzt hat er sich dabei aber hauptsächlich auf sein Fachgebiet, die Kosmologie, beschränkt. Was nicht heißt, dass er deswegen nicht auch über andere Themen schreiben kann (ich bin der letzte, der jemandem vorwerfen würde “fachfremde” Bücher zu schreiben). Aber ich habe nicht ganz verstanden, wer die Zielgruppe des Buchs ist.
“The Physics of Climate Change” ist ein kurzes Buch. Krauss hat sich vorgenommen, die Grundlagen des Klimawandels zu erklären und dabei sehr viel mehr ins Detail zu gehen, als es in populärwissenschaftlichen Büchern üblicherweise der Fall ist. Eine gute Idee, denn gerade in diesen Details steckt viel, was eigentlich wichtig genug ist, um es allen Menschen zu vermitteln. Wer zum Beispiel weiß wirklich, warum Moleküle wie CO2 oder Methan eine Treibhauswirkung haben, Gase wie Stickstoff oder Sauerstoff aber nicht? Um das zu verstehen muss man sich mit den Details der molekularen Struktur beschäftigen und das ist kein ganz triviales Vorhaben. Und so weiter: Es gibt sehr viel mehr über den Klimawandel zu wissen als nur, dass CO2 die Welt immer wärmer macht. Krauss erklärt das alles, aber immer dann, wenn er wirklich ins Detail geht, wird das Buch für meinen Geschmack so technisch, dass man als Laie vermutlich Schwierigkeiten haben wird, dem Text zu folgen. Das ist wahrscheinlich auch der Knappheit des Buchs geschuldet; es fehlt ein wenig der Kontext; es fehlen die persönlichen Geschichten; es fehlt das “Drumherum”, das komplizierte wissenschaftliche Sachverhalte in populärwissenschaftlichen Büchern normalerweise leichter konsumierbar macht. Man muss das Buch von Krauss schon wirklich lesen wollen und ab und zu ist es mühsam. Die unverständlicherweise extrem schlechte Qualität der Abbildungen hilft da leider auch nicht. Es sind Diagramme und Bilder, die aus allen möglichen Quellen zusammengestellt worden sind – aber ohne sie für die Verwendung im Buch aufzubereiten. Farbige Bilder werden einfach in Graustufen abgedruckt, ohne die Legenden entsprechend zu ändern. Stellenweise sind die Diagramme so unscharf und Bilder so pixelig, dass man kaum erkennen kann, worum es da eigentlich geht.
Wer ein knappes Referenzwerk zur Physik des Klimawandels sucht, dass zwar ins Detail geht, aber nicht so umfangreich ist wie ein normales Lehrbuch zur Klimaphysik, der wird mit Krauss’ Werk zufrieden sein. Als verständliche Einführung für ein breites Publikum ist es aber nur bedingt geeignet.
Bobiverse reloaded
Neben all der Klimawissenschaft hab ich mir im August auch ein wenig Eskapismus in Form von leicht zu konsumierender Science Fiction gegönnt. Über die “Bobiverse”-Serie von Dennis Taylor habe ich vor drei Jahren schon berichtet. Es handelt sich um die drei Bücher “We are Legion (We are Bob)”, “For we are many” und “All these worlds” (die mittlerweile alle auf deutsch erschienen sind). Anfang des Jahres ist der vierte Teil – “Heaven’s River” – erschienen, was ich als Anlass genommen habe, die ganze Serie nochmal zu lesen.
Der Inhalt, spoilerfrei und in ganz kurz: Ein Nerd und kürzlich reich gewordener Software-Ingenieur namens Bob beschließt, sich nach seinem Tod einfrieren zu lassen um eventuell in der Zukunft geheilt wieder zum Leben erweckt zu werden. Das ist in der Gegenwart des Buchs genau so unrealistisch wie in der Realität. Aber trotzdem wacht Bob nach einem tödlichen Autounfall knapp 100 Jahre in der Zukunft wieder auf. Nicht als Mensch, sondern als ein reines Computerprogramm. Als “Replikant” soll er eine Van-Neumann-Raumsonde durchs All steuern um die Einflusssphäre der fundamentalistisch-christlichen Diktatur zu erweitern, zu der die USA mittlerweile geworden ist. Die Erde eliminiert sich aber durch einen globalen Krieg sehr schnell selbst und Bob macht sich auf den Weg, das Universum zu erforschen. Die Bücher haben bei der zweiten Lektüre nicht weniger Spaß gemacht als beim ersten Mal. Und ich kann dem Fazit von damals immer noch absolut zustimmen: “Ich hab selten ein Buch gelesen, das so viel Spaß macht. Es ist extrem spannend und herrlich absurd. Der grandiose Nerd Bob, der es irgendwie schafft, zum galaktischen Computerüberwesen und Beschützer der Menschheit zu werden – und alle mit seinen uralten popkulturellen Anspielungen nervt, die niemand versteht. Dazu kommen jede Menge schöne Sci-Fi-Elemente (Erstkontakt, Weltraumschlachten, etc) und viel interessante echte Wissenchaft. Sollte man gelesen haben!”. Das gilt für Teil 4 übrigens ganz genau so.
Das wars für den August. Im September hab ich noch mehr Arbeit als jetzt – aber auch da wird Zeit für das eine oder andere Buch sein. Wenn ihr Tipps habt: Immer her damit!
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