SG_LogoDas ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.

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Über Bewertungen und Kommentare freue ich mich auf allen Kanälen.

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Sternengeschichten Folge 461: Antisterne

Heute gibt es eine Anti-Sternengeschichte. In der es dann logischerweise um Antisterne geht. Das sind keine Sterne, die irgendwie gegen alles sind; auch keine Sterne, die dunkles “Antilicht” ausschicken. Es sind Sterne, die nicht aus Materie bestehen, sondern aus Antimaterie. Beziehungsweise sind sie genau das, sofern es sie gibt. Das wissen wir nämlich noch nicht. Aber es wäre nicht unmöglich. Und wenn es sie tatsächlich geben sollte, könnten sie die Antwort auf eines der größten ungelösten Rätsel der Wissenschaft geben.

Die Frage lautet: Warum gibt es etwas? Und bevor jemand das falsch versteht: Damit ist nicht gemeint “Warum gibt es das Universum?”. Obwohl das natürlich auch eine große, unbeantwortete Frage ist. Aber die Frage um die es geht, setzt kurz nach der Entstehung des Universums an. Beim Urknall entstand aus sehr, sehr viel Energie sehr, sehr viel Materie. WARUM der Urknall passiert ist, wie gesagt, eine andere Frage. Aber wenn wir sein Stattfinden mal voraussetzen, dann wissen wir aus den uns bekannten Naturgesetzen, dass Materie und Energie erstens ja quasi das gleiche sind; nichts anderes besagt ja die berühmte Formel von Albert Einstein: E=mc². Energie ist Masse und der Umrechnungskurs zwischen beiden ist das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. Daraus folgt also, dass es kein Problem ist, aus Energie Materie zu kriegen. Zweitens wissen wir aber auch, dass die Materie auf diese Weise immer paarweise entsteht. Wir kriegen ein Teilchen und ein dazu passendes Anti-Teilchen.

Was Antimaterie ist, habe ich in Folge 311 ja schon einmal erzählt. Es klingt immer ein bisschen geheimnisvoll, mysteriös und nach Science-Fiction. Ist aber völlig real und gar nicht so dramatisch anders. Antimaterie ist einfach nur Materie mit einer anderen elektrischen Ladung. Das Elektron zum Beispiel ist ein Elementarteilchen, das elektrisch negativ geladen ist. Und ein Anti-Elektron ist dann – vereinfacht gesagt – genau das gleiche Teilchen, nur elektrisch positiv geladen. In der Realität ist es ein wenig komplizierter, da muss man auch noch ein paar schwer zu veranschaulichende Quanteneigenschaften der Teilchen berücksichtigen. Aber im Prinzip ist ein Anti-Elektron nicht viel anders als ein Elektron; nur eben elektrisch entgegengesetzt geladen.

Das gilt auch für andere Teilchen: Ein Proton, also eines der beiden Teilchen aus denen ein Atomkern aufgebaut ist, ist elektrisch positiv geladen. Ein Anti-Proton ist negativ geladen. Obwohl man hier eigentlich ein wenig genauer sein muss. Das Proton ist ja kein Elementarteilchen, es ist aus drei Quarks zusammengesetzt. Aus einem “Down-Quark” und zwei “Up-Quarks”. Auch die Quarks haben eine elektrische Ladung; das up-Quark eine positive Ladung, das Down-Quark eine negative. Die sind aber nicht gleich groß, deswegen kriegt man aus den drei Quarks am Ende eine positive Ladung raus, die das Proton hat. Und natürlich gibt es auch Anti-Quarks mit entsprechend entgegengesetzten Ladungen. Nehmen wir jetzt also nicht ein Down- und zwei Up-Quarks, sondern ein Anti-Down- und zwei Anti-Up-Quarks, kriegen wir ein Anti-Proton.

Das ist deswegen wichtig, weil es im Atomkern ja auch noch die Neutronen gibt. Die heißen so, weil sie elektrisch neutral, also weder positiv, noch negativ geladen sind. Jetzt könnte man meinen, dass es deswegen keine Anti-Neutronen geben könnte. Denn wie soll die entgegengesetzte Ladung eines neutralen Teilchens aussehen? Aber auch das Neutron ist aus Quarks zusammengesetzt. Hier sind es ein Up- und zwei Down-Quarks, deren jeweilige elektrische Ladungen sich gegenseitig gerade aufheben, so dass das Neutron am Ende elektrisch neutral ist. Wenn man nun aber ein Anti-Up- und zwei Anti-Down-Quarks nimmt, heben sich deren Ladungen ebenfalls auf und man kriegt wieder ein elektrisch neutrales Teilchen raus. Das ist dann ein Anti-Neutron, mit der gleichen neutralen Ladung wie das Neutron. Aber zusammengesetzt aus Anti-Quarks und nicht aus Quarks.

Originalbild der Entdeckung des ersten Antimaterieteilchens im Jahr 1932. Die gebogene schwarze Linie ist die Spur, die ein Positron im Messgerät hinterlassen hat. Ihre Krümmung zeigt die elektrische Ladung an. (Bild: Public Domain)

Das ist ein wenig verwirrend, aber relevant, wenn zufällig mal ein Neutron auf ein Anti-Neutron treffen sollte. Dann passiert das, was Materie und Antimaterie immer gerne machen, wenn sie sich begegnen. Genau so wie aus Energie ein Teilchenpaar von Materie und Antimaterie entstehen kann, können Materie und Antimaterie gemeinsam den umgekehrten Prozess ablaufen lassen. Das heißt dann “Annihilation” und bedeutet nichts anderes, als dass die beiden Teilchen zusammen ihre Masse wieder in Energie umwandeln können. Oder anders gesagt: Trifft Materie auf Antimaterie, dann werden beide Teilchen zerstört und nur Energie bleibt übrig.

Womit wir wieder bei der Materie kurz nach dem Urknall sind. Die ist jetzt entstanden und aus Symmetriegründen sollte da eigentlich gleich viel Materie wie Antimaterie im Universum vorhanden sein. Sie entstehen ja immer paarweise… und vernichten sich auch paarweise. Was eigentlich unmittelbar danach stattgefunden haben muss. Die gesammte frisch entstandene Materie und Antimaterie muss sich gleich nach ihrer Entstehung wieder gegenseitig ausgelöscht haben. Im Universum dürfte also gar keine Materie existieren; nur Energie. Jetzt wissen wir aber, dass da sehr viel Materie ist. All die Sterne, die Planeten, wir Menschen: Wir sind Materie. Irgendwas muss also damals passiert sein und dazu geführt haben, dass ein wenig Materie übrig geblieben ist. Dafür gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder es ist eben NICHT gleich viel Materie und Antimaterie entstanden. Wenn die Mengen unterschiedlich waren, konnten sie sich auch nicht komplett auslöschen. Oder aber es gab gleich viel von beidem, Materie und Antimaterie hatten aber zumindest teilweise keine Gelegenheit sich zu treffen. Wenn sich ein Teil der Antimaterie irgendwie isoliert von der Materie befunden hat und auch isoliert geblieben ist, dann konnte auch keine Annihilation stattfinden.

Das hätte aber Konsequenzen. Denn diese Antimaterie kann ja nicht einfach so von selbst verschwinden. Sie muss heute immer noch da sein. Sie kann natürlich nicht einfach so irgendwo in der Gegend rumliegen. Man muss keine Angst haben, im Supermarkt nach einer Konservendose zu greifen, nur um festzustellen, dass es eine Anti-Konserve war, bevor man in einem Lichtblitz verschwindet. Es muss genügend leerer Raum zwischen Materie und Antimaterie sein. Deswegen können wir uns auch ziemlich sicher sein, dass zum Beispiel keine Antimaterie in unserem Sonnensystem vorhanden ist. Würde zum Beispiel der Pluto aus Antimaterie bestehen, hätten wir das schon längst gemerkt. Denn zwischen den Himmelskörpern befindet sich ja jede Menge Staub. Ok, verglichen mit dem Staub auf der Erde ist im All dann doch weniger zu finden. Aber immer noch genug. Immer wieder würde ein Staubteilchen mit dem Anti-Pluto kollidieren und einen Lichtblitz erzeugen. Die Energie würde vor allem in Form von Gammastrahlung frei werden und wir würden sehen, wie der Pluto im Gammalicht leuchtet. Tut er aber nicht; wir haben auch sonst nirgendwo im Sonnensystem seltsame Quellen von Gammastrahlung gefunden.

Aber noch weiter draußen, zwischen den Sternen, ist es vielleicht anders. Sterne sind isoliert voneinander, sie sind durch enorme Distanzen von mehreren Lichtjahren getrennt. Zwischen ihnen ist so viel Platz, dass Kollision extrem unwahrscheinlich sind. So unwahrscheinlich, dass man länger warten müsste als das Universum alt ist, um rein statistisch irgendwann mal zwei davon zusammenstoßen zu sehen. Ein Stern und ein Antistern würden sich also nie begegnen. Und ein Antistern würde aus der Entfernung nicht viel anders aussehen als ein normaler Stern. Er würde aus Antiwasserstoff und Antihelium bestehen. Denn auch das ist natürlich möglich: Wasserstoff besteht aus einem Proton, das von einem Elektron umkreist wird. Lässt man dagegen ein Anti-Proton von einem Anti-Elektron (oder Positron, wie es offiziell heißt) umkreisen, dann funktioniert das genau so. Wir haben solche Anti-Atome sogar schon in Teilchenbeschleunigern künstlich hergestellt. Nur in extrem winzigen Mengen, ein paar tausend Atome, aber immerhin. Anti-Wasserstoff kann existieren und Anti-Helium ebenso. Das hat einen Kern aus Anti-Protonen und Anti-Neutronen und wird von Positronen in der Atomhülle umkreist. Und nach allem was wir wissen, läuft der Rest ebenso ab. Genau so wie in einem Stern wie der Sonne Wasserstoff zu Helium fusionieren kann und dabei Energie frei wird, würde ein Antistern Antiwasserstoff zu Antihelium fusionieren und – keine Antienergie freisetzen, sondern natürlich ganz normale Energie (Antienergie gibt es nicht).

Ist da vielleicht ein Antistern dabei? (Bild: A. Duro/ESO)

Ein Antistern leuchtet also theoretisch genau so wie ein normaler Stern. Aber es gibt auch zwischen den Sternen ein wenig Zeug; ein bisschen Staub, ein bisschen Gas. Ab und zu käme also auch ein Antistern in Kontakt mit normaler Materie. Das würde nicht dazu führen, dass er verschwindet. Dafür reicht ein bisschen Staub nicht aus. Aber der Zusammenstoß würde ein wenig Gammastrahlung freisetzen. Und das könnte man im Prinzip beobachten.

Natürlich beobachten wir schon lange Gammastrahlung; die wird ja auch bei jeder Menge anderer kosmischer Prozesse frei. Bei Supernova-Explosionen zum Beispiel oder in der Umgebung schwarzer Löcher. Wir haben Weltraumteleskope im All, die nur nach Gammastrahlungsquellen suchen, zum Beispiel das Fermi-Teleskop. Aber vielleicht ist diesen Teleskopen ja auch unbemerkt der eine oder andere Antistern ins Netz gegangen? Genau das haben französische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Jahr 2021 überprüft. Sie haben alle Quellen durchgeschaut, die Fermi gefunden hat, immerhin 5787. Sie haben alle aussortiert, bei denen man durch andere Beobachtungen schon wusste, worum es sich handelt. Sie haben auch alle Quellen aussortiert, deren Ursprung eine ausgedehnte Region sein muss, also Galaxien, Gaswolken, und so weiter. Übrig blieben also kleine, kompakte Quellen von Gammastrahlung bei denen man nicht weiß, worum es sich handelt. Das muss nicht heißen, dass es Anti-Sterne sind. Aber es _könnten_ Antisterne sein. 14 Stück dieser Antistern-Kandidaten hat man entdeckt. Die Forscherinnen und Forscher sagen selbst, dass es sehr viel wahrscheinlicher ist, dass es sich um irgendwas anderes handelt; bislang noch unentdeckte Neutronensterne zum Beispiel oder die aktiven Zentren ferner Galaxien. Aber vielleicht sind es ja doch Antisterne. Und wenn das so wäre, kann man aus den Beobachtungen hochrechnen, wie viele insgesamt in der Milchstraße sein müssen: Jeder 400.000te Stern wäre demnach ein Anti-Stern! Das ist eine überraschend große Zahl, wenn man berücksichtigt, dass die Milchstraße aus insgesamt knapp 200 Milliarden Sternen besteht.

Die Suche nach unbekannten Gammastrahlungsquellen reicht natürlich noch lange nicht aus, um die Existenz von Antisternen eindeutig nachzuweisen. Da brauchen wir mehr Daten und vielleicht werden wir einen Anti-Stern nie zweifelsfrei identifizieren können. Vielleicht gibt es sie gar nicht; vielleicht ist der Grund dafür, dass es Materie gibt ja auch wirklich eine noch unbekannte Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie. Die dann dazugeführt hat, dass nach dem Urknall tatsächlich ein wenig mehr Materie da war als Antimaterie. Auch dafür gibt es Hinweise aus Experimenten in der Teilchenphysik. Irgendwas läuft da seltsam mit der Antimaterie; das ist klar. Und irgendwann werden wir rausfinden, was das ist. Dann wissen wir auch, warum es etwas gibt im Universum und nicht einfach nur nichts.

Kommentare (20)

  1. #1 UMa
    24. September 2021

    Bei der Berechnung der Gammastrahlung wurde davon ausgegangen, dass die normale interstellare Materie auf die Oberfläche des Sterns fällt.
    Wenn sich mögliche Antisterne aber wie normale Sterne verhalten, haben sie einen Sternenwind aus Antimaterie. Dieser löscht sich erst in einiger Entfernung vom Stern mit der interstellaren Materie aus. Außerdem wäre die Gammastrahlung viel stärker.
    Die Umgebung eines Roten Riesen Antisterns wäre, bei dem starken Sternenwind eine gewaltige Gammastrahlungsquelle.

  2. #2 rolak
    24. September 2021

    Insta-Gemecker

    Deine geblogten podcast-Transkriptionen lese ich ungemein gerne, Florian – schon deswegen, weil geschriebenes Sprechen iA einen Zacken flüssiger zu lesen ist. Nicht so schön formal ausgefeilt wie ein sorgsam dahinziselierter Satz, doch das spielt in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rolle.

    Bleibt nur zu hoffen, daß Dir die (Eigenerfahrung) nervtötende FisselArbeit des ‘Band’Abtippens möglichst zügig durch eine (semi)automagische DiktierSoftware abgenommen werden kann.

    Insta-Content ist für Instagram optimiert und nicht fürs Blog

    Das tangiert mich achtern extrem peripher – ein wenig mehr Scrollen für mich, Partial­info­Dauer­schleife, alles kein Problem. Und irgendein script, das aus den InstaKacheln eines threads eine htmlige Bilderreihung mit header und Abgesang zusammenstöpselt, dürfte für Trainierte eine Fingerübung sein – doch es erspart Datenverschleuder-Unwilligen die groteske Sperrigkeit von Insta. Und deswegen schätze ich die blog-Doppelung auch von diesem Format sehr.

  3. #3 Harald
    24. September 2021

    Hmmm, die Antisterne, wenn es sie gibt, sind ja nicht “vom Himmel gefallen”, sondern vermutlich aus ihren Vorläufer-Gaswolken aus Antimaterie entstanden. Diese wiederum müssten ausreichend Abstand von Gaswolken aus Normalmaterie gehabt haben, um nicht gleich mit ihnen zu annihilieren. Auch dafür müsste es (ggf. in größerer Entfernung) sichtbare Spuren in Sternentstehungsregionen geben, und davon hat man noch nicht gehört – oder noch nicht gesucht? Wäre lustig – eine Gasregion, die ohne weiteren erkennbaren Einfluss im Gammabereich leuchtet.

  4. #4 UMa
    24. September 2021

    @Harald
    Wenn es heute größere Regionen von Antimaterie-Gaswolken in der Milchstraße gäbe, würden sie wohl an der Grenze sehr deutlich im Gammabereich leuchten.
    Falls es Antisterne in der Milchstraße gibt, könnten sie eher aus einer eingefangenen kleinen Galaxie stammen, die komplett aus Antimaterie bestand. Wieder, falls es solche Galaxien überhaupt gibt.

  5. #5 Rob
    Oberland
    24. September 2021

    Eine Möglichkeit für den Verbleib der Antimaterie wäre, dass sie in schwarzen Löchern verschwunden ist.

    Wenn sie erst einmal hinter dem Ereignishorizont liegt, wechselwirkt sie nur noch über die Gravitation mit dem restlichen Universum.

  6. #6 Captain E.
    24. September 2021

    @Rob:

    Eine Möglichkeit für den Verbleib der Antimaterie wäre, dass sie in schwarzen Löchern verschwunden ist.

    Das ist aber eine recht unwahrscheinliche Möglichkeit. Warum sollte die Antimaterie in den Schwarzen Löchern verschwunden sein und so viel Materie nicht?

    Wenn sie erst einmal hinter dem Ereignishorizont liegt, wechselwirkt sie nur noch über die Gravitation mit dem restlichen Universum.

    Streng genommen nicht einmal das. Die Raumkrümmung, die von der in einem Schwarzen Loch verschwundenen Materie verursachte wurde, hat sich im Grunde von dieser abgekoppelt.

  7. #7 Captain E.
    24. September 2021

    @UMa:

    Wenn es heute größere Regionen von Antimaterie-Gaswolken in der Milchstraße gäbe, würden sie wohl an der Grenze sehr deutlich im Gammabereich leuchten.
    Falls es Antisterne in der Milchstraße gibt, könnten sie eher aus einer eingefangenen kleinen Galaxie stammen, die komplett aus Antimaterie bestand. Wieder, falls es solche Galaxien überhaupt gibt.

    Warum sollte es diese Antimaterie in unserer Galaxie geben? Warum in irgendeiner sichtbaren Galaxie? Wenn es tatsächlich größere Ansammlungen von Antimaterie in diesem Universum gibt, dann liegen sie vielleicht jenseits unseres Beobachtungshorizontes.

  8. #8 Rob
    Oberland
    24. September 2021

    “Das ist aber eine recht unwahrscheinliche Möglichkeit. Warum sollte die Antimaterie in den Schwarzen Löchern verschwunden sein und so viel Materie nicht?”

    Vielleicht gab es beim Urknall entsprechende Mechanismen, die bewirkt haben dass die eine Materieform kleine schwarze Löcher ausgebildet hat? Durch die Hawking-Strahlung wären sie dann inzwischen verschwunden.

  9. #9 Captain E.
    24. September 2021

    @Rob:

    Vielleicht gab es beim Urknall entsprechende Mechanismen, die bewirkt haben dass die eine Materieform kleine schwarze Löcher ausgebildet hat? Durch die Hawking-Strahlung wären sie dann inzwischen verschwunden.

    Das ist aber gerade die Frage: Welche Mechanismen oder Eigenschaften sollten das sein? Die der Physik bekannte Antimaterie zeigt in Hinsicht auf die Gravitation kein besonderes Verhalten. Erst recht gibt es keine “Antigravitation”.

  10. #10 Ingo
    24. September 2021

    Eine Frage:
    Wenn es Antimaterie-Sterne innerhalb unserer Galaxis geben wuerde, wuerde das nicht nur bedeuten dass es interstellaren Antistaub geben wuerde, der sich in besagter Gamerstrahlung zeigen wuerde, wenn er mit normal-Staub zerstrahlt,- –
    — sondern es wuerde auch bedeuten, dass es interstelare Antimaterie-Asteroiden geben wuerde.

    Da interstellare Asteroiden scheinbar immer mal wieder in unseren Sonnensystem vorbeischauen (Oumuamua) haetten wir (bei einer angenommenen 50:50-Changse auf interstellare Antimaterie-Asteroiden) doch mit sicherheit schon “einen Knall gesehen”

    Da wir diesen Knall aber nicht gesehen haben,-
    – ist es da nicht einigermassen sicher, dass es zumindestens in unserer Galaxie keine Antimaterie-Objekte gibt?

    (Das sagt natuerlich nichts ueber Antimaterie-Galaxien aus)

  11. #11 Florian Freistetter
    24. September 2021

    @rolak: “möglichst zügig durch eine (semi)automagische DiktierSoftware abgenommen werden kann.”

    Tatsächlich ist es umgekehrt. Ich schreibe zuerst und nehme dann darauf basierend auf. Aber mittlerweile bin ich ganz gut darin, so zu schreiben, dass es gesprochenem Text recht ähnlich ist.

  12. #12 rolak
    24. September 2021

    Tatsächlich ist es

    ..und schon wieder beim zu-eng-Denken erwischt 😉

  13. #13 tohuwabohu
    Berlin
    26. September 2021

    Als erster spekulierte wohl Arthur Schuster zu Sternen aus Antimaterie.  Das Thema wurde hier schon einmal am 2021-05-12 unter dem Titel Auf der Suche nach den Anti-Sternen angesprochen.  Meine Argumente gegen die mögliche Existenz von Sternen aus Antimaterie hatte ich damals schon dargelegt (#7 und #11):
    Materie und Antimaterie sind räumlich sehr nahe beieinander in den ersten Sekunden(bruchteilen) entstanden (und haben sich größtenteils gegenseitig sofort auch wieder zerstrahlt).  Nach ca. 0,0001 s wurde das Universum so kühl (ca. 1 Billiarde K), dass keine neuen Teilchen/Anti-Teilchen-Paare mehr entstehen konnten.  Nach ca. 1s war die Temperatur auf ca. 10 Milliarden K abgesunken und es konnten auch keine Protonen und Neutronen mehr entstehen.  Innerhalb der nächsten ca. 3 Minuten kam es dauernd zu Kollisionen zwischen Protonen und Neutronen die zunächst Deuterium bildeten das dann zu Helium-4 fusionierte, so dass danach 25% aller Materie aus Helium-4 bestand.  Danach war die Phase der Atomkernbildung durch Fusion abgeschlossen.
    Ich folgere daraus, dass zu dieser Zeit jedes Proton, Neutron und Elektron viele Trillionen Begegnungen mit anderen gleichartigen Teilchen hatte.  Da die Anti-Teilchen (außer bei den Neutronen) zudem die jeweils entgegengesetzte elektrische Ladung haben, ziehen sich Teilchen und Anti-Teilchen an, was die Annihilation unterstützt.  Wäre selbst zu diesem Zeitpunkt nicht jegliche Antimaterie zerstrahlt gewesen, so war die Materiedichte noch mehrere 1000 Jahre so hoch, dass sämtliche Reste von Antimaterie mit der Materie kollidiert und damit annihiliert sein müssen.  Ich halte es für maximal unwahrscheinlich, dass überhaupt Antimaterie aus dieser Zeit erhalten geblieben ist.
    Es entstehen zwar auch heute noch Antimaterie-Teilchen (z.B. beim Beta-Plus-Zerfall ein Positron), die aber nur eine geringe Lebensdauer haben, da sie bald auf ihren Materie-Gegenpart treffen.  Die bei derartigen Reaktionen erzeugte Antimaterie reicht aber auf keinen Fall aus, um Antimaterie-Gaswolken zu bilden, aus denen Anti-Sterne entstehen könnten.

  14. #14 Adam
    Berlin
    26. September 2021

    Anti-Sterne könnten aber auch Planeten aus Materie haben, nicht wahr? Zum Beispiel durch ehemalige Vagabunden oder anderen (Materie-)Systemen entrissene. Würde dann nicht der Sonnenwind dieser Anti-Sterne für Gammablitze bei der Atmosphäre der Planeten sorgen und könnte man dies von der Erde aus registrieren? Das wäre doch sicher auffälliger, wenn es systemweit geschieht als bei Staubkollisionen mit dem Anti-Stern. Hat man bei den 14 Kandidaten abgeglichen, ob diese in anderen Listen mit Exoplaneten auftauchen?

  15. #15 Adam
    Berlin
    26. September 2021

    @UMa

    Sorry, sehe gerade, dass du schon eine ganz ähnliche Überlegung hattest.

  16. #16 Bullet
    26. September 2021

    Florian schrieb:

    Trifft Materie auf Antimaterie, dann werden beide Teilchen zerstört und nur Energie bleibt übrig.

    Das hatte ich auch immer gedacht, doch weil ich vor einiger Zeit einen Aufsatz las, in dem speziell zu Protonen und Neutronen (und deren Antiteilchen) anderes behauptet wird, rief ich die Wikipedia zu Hilfe. Dort ist im Artikel über das Antiproton zu lesen:

    Entgegen den Erwartungen zerstrahlt das Antiproton nicht mit einem Proton in Photonen, sondern es werden mehrere freie Pionen erzeugt.

    Im Artikel über das Pion oder π-Meson wiederum steht:

    die geladenen Pionen zerfallen zu 99,98770(4) % durch die Schwache Wechselwirkung in ein Myon und ein Myon-Neutrino [und die ungeladenen Pionen in der Tat fast immer in Photonen, Anm. Bullet]

    , und wie im Artikel über das Myon berichtet wird, zerfällt [dieses] […] in ein Myon-Neutrino, ein Elektron-Antineutrino und ein Elektron.
    Unterm Strich bleibt bei einer Annihilation von beispielsweise Proton und Antiproton dann doch einiges an Materie übrig. Natürlich im großen Stil Neutrinos, die ja ohnehin schon lästig sind, aber eben auch Elektronen und Positronen.

    Dieser Teilchenzoo kann einen wahnsinnig machen.

  17. #17 Andreas Steinhauser
    Berlin
    10. Januar 2022

    Es gibt doch da diesen Vorschlag von Wheeler und Feynman, dass Positronen wie Elektronen betrachtet werden können, die sich rückwärts in der Zeit bewegen.
    Wenn sie sich rückwärts in der Zeit bewegen und sie in der Gegenwart gefunden werden müssen sie also in der Zukunft entstanden sein. Nach dieser Theorie sehen wir in der Gegenwart also ausschliesslich Anti-Elektronen, die in der Zukunft entstanden sind, richtig?
    Wenn das stimmt und auf alle Antiteilchen zutrifft, dann ist doch völlig logisch, wo die hin sind. Alle Antiteilchen, die beim Urknall entstanden sind, sind von diesem Moment aus in der anderen Zeitrichtung unterwegs und tauchen in unserer Gegenwart nicht auf weil sie ja _vor_ unserer Gegenwart entstanden sind. D.h. es gibt ein symmetrisches Universum, das genau in der anderen Zeit”richtung” unterwegs ist. Klar sehen wir die nich.

  18. #18 Bullet
    11. Januar 2022

    Denkfehler.

    Wenn du ein Elektron beobachtest, das sich von A nach B bewegt, dann kannst du auch sagen, daß sich da eben ein Positron von B nach A bewegt hat, und das rückwärts in der Zeit. Da zu dem Zeitpunkt, als das Elektron an B angekommen ist, diese kleine Interaktion vorbei war, hast du nur noch das Blasenkammer-Foto, an dem du dich ergötzen und die Richtung des Striches auf dem Foto mit der Ladung des Teilchens verbinden kannst.

    Nach dieser Theorie sehen wir in der Gegenwart also ausschliesslich Anti-Elektronen, die in der Zukunft entstanden sind, richtig?

    ->

    Alle Antiteilchen, die beim Urknall entstanden sind, sind von diesem Moment aus in der anderen Zeitrichtung unterwegs und tauchen in unserer Gegenwart nicht auf weil sie ja _vor_ unserer Gegenwart entstanden sind.

    Nope. Und nope.
    Lies doch nochmal die Feynman-Idee. Wenn bei einer Urknall-Explosion (*hüstel*) Elektronen entstehen und davonfliegen, dann heißt das nur, daß nach dem Urknall Positronen rückwärts in der Zeit reisen und sich am Urknall treffen.
    Wenn allerdings Positronen beim Urknall entstehen und davonfliegen, heißt das nur, daß du die auch als Elektronen behandeln kannst, die sich rückwärts durch die Zeit reisend am Urknallpunkt treffen.
    Du kannst vom Urknall aus nicht in die Vergangenheit reisen.

    Denk mal an elektrischen Strom: wenn Elektronen den Weg vom (technischen 😀 ) Pluspol zum Minuspol nehmen und dadurch die Glühlampe leuchten lassen, dann ist die Aussage, der Strom fließe andersherum und bestehe aus Positronen, genauso gültig. Da isses fast schon egal, daß die das auch noch rückwärts in der Zeit machen, denn wenn du den AUS-Schalter betätigst, ist die Lampe aus. Stromrichtung und Polarität sind da egal.

  19. #19 Andreas Steinhauser
    Berlin
    11. Januar 2022

    Du setzt voraus, dass die Zeit beim Urknall entstanden ist. Das geht aber aus keiner mir bekannten Theorie hervor. Die meisten sinnvollen Theorien beginnen zu einem Zeitpunkt der um Planck-Zeit nach dem Urknall liegt. Ich sehe also keinen Denkfehler, sonder eigentlich Unwissenheit bei mir. Das Problem ist doch gerade, dass die ganzen Antiteilchen weg sind. Ich verstehe, dass wir die Positronen auch als Elektronen betrachten können, die sich rückwärts in der Zeit bewegen und also die Elektronen, die aus deren Sicht wie Positronen aussehen, am Urknall treffen. Aber das sind ja ausnahmslos Positronen, die nach dem Urknall entstanden sind. Wenn es eine Zeit vor dem Urknall gibt, und dabei genau so viele Antiteilchen entstanden sind wie Teilchen _und_ (schlimmes und) es eine Zeit vor dem Urknall gibt, dann können wir diese Positronen auch wie Elektronen betrachten, die sich rückwärts in der Zeit, also vor den Urknall bewegen.
    Wenn also vom Urknall ein Strom von Elektronen sowohl vorwärts als auch rückwärts in der Zeit wandern sieht es aus der Zeit-Vorwärts Richtung so aus, als seien eine wirklich grosse Menge Positronen aus der Zeit von vor dem Urknall bis zum Urknall immer weiter kontrahiert und hätten sich da in Elektronen umgewandelt. Richtig?
    Mir ist schon klar, dass das alles nicht sehr sinnvoll ist, aber mich interessiert im Moment eigentlich nur, ob du recht hast und ich einen Denkfehler habe oder ob dein Problem die “Zeit vor dem Urknall” ist.

  20. #20 Bullet
    20. Januar 2022

    Du setzt voraus, dass die Zeit beim Urknall entstanden ist.

    Tatsächlich? Warum?