Noch eine Feststellung, die sich angesichts der oben ausgeführten Betrachtungen anbietet und bei einigen Menschen erfahrungsgemäß ebenfalls starken emotionalen Widerstand erzeugt: Der Mensch nimmt im biologischen Kontinuum keine Sonderstellung ein. Es gibt keine Evidenz*, derzufolge der Mensch das “Ziel” oder gar das Endprodukt der Evolution (gewesen) ist, er ist nicht und war nie gewollt, gewünscht oder beabsichtigt. Im Gegenteil scheint sich sogar eher anzudeuten, daß es ironischerweise die gemeinhin ja eher positiv besetzten Vernunft und Verstand, die sich bei ihrem erstmaligen Auftreten sicher als selektive Vorteile erwiesen (und uns überhaupt in die Lage versetzen, uns als Ausnahme mißzuverstehen bzw. als “Krönung” zu verklären), es sein werden, die letztendlich die Auslöschung unserer “Art” (ein äußerst problematischer Begriff) herbeiführen werden. Und wenn man den Menschen in Hinsicht auf die biologische (i.e. reproduktive) Fitness mit z.B. Insekten vergleicht, so wird man bescheiden einräumen müssen, daß auch hier Vernunft und Verstand nicht gerade zu den erfolgreichen biologischen Konzepten zu rechnen ist.
*Semantischer Disclaimer: es wird häufiger vorkommen, daß ich das Wort “Evidenz” verwende. Ich entlehne das Wort aus dem Englischen und der dort gebräuchlichen Bedeutung: Evidenz = “Beleg”, “Nachweis”, “Indiz” o.ä.; ich verwende es hingegen nicht, wie in der Philosophie der Erkenntnistheorie üblich, als Ausdruck für etwas dem Augenschein nach Unbezweifelbares.
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Literaturempfehlung: “Das egoistische Gen” und “Die Schöpfungslüge” beide von R. Dawkins
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