Neuere und wesentliche coolere Verfahren benutzen die in den verschiedenen Körperflüssigkeiten differentielle Genexpression. Um das en detail erklären zu können, müßte ich als Vorbereitung erstmal einen Basic-Genetics-Artikel über Genexpression und ihre Regulation schreiben (kommt noch), hier erstmal nur soviel: die molekularen Korrelate der Genexpression sind die sogenannten messenger-RNAs (mRNAs), Moleküle aus Ribonukleinsäure, die Abschriften (“Transkripte”) von Teilen der DNA enthalten. Diese Transkripte sind Grundlage, sagen wir “Rezepte” für die Herstellung von gerade in der Zelle benötigten Genprodukten. Weil sich die verschiedenen Zellarten (z.B. Blutzellen im Blut und Schleimhautzellen im Speichel) aber voneinander unterscheiden und daher ganz unterschiedliche Genprodukte für ihre „Arbeit” brauchen, befinden sich in ihnen auch zu jedem Zeitpunkt unterschiedliche mRNAs. Genau das macht man sich zunutze, um z.B. Speichel von Blut oder anderen Spurenarten zu unterscheiden, indem man diese für die entsprechende Spurenart spezifischen mRNAs nachweist. Diese Methode funktioniert ausgezeichnet und klappt sogar bei komplexen Mischungen.
Das Bild, ohne jetzt auf meßtechnische Details einzugehen, zeigt (a) die Analyse einer hochkomplexen Mischspur, die aus vier Spurenarten besteht: Blut, Speichel, Samen und Vaginalsekret (Quelle: Forensic Science International 152 (2005) 1-12).
Im unteren Teil des Bildes (b) sind die für die jeweilige Spurenart spezifischen mRNAs (bzw. Genprodukte) aufgeführt. Diese sind für Blut: SPTB, PBGD, für Speichel: HTN3, STATH, für Sperma: PRM1, PRM2 und für Vaginalsekret: HBD-1, MUC4, jeweils dargestellt durch einen zinkenartigen „Ausschlag” oder „Peak”.
Man sieht, daß in der Mischspur alle Peaks der jeweiligen Spurenarten vertreten sind und kann daher auf die Zusammensetzung der Mischspur schließen. Würden in ihr z.B. die Peaks für SPTB und PBGD fehlen, müßte man davon ausgehen, daß in einer solchen Mischung kein Blut enthalten ist usf. Diese Methode ist dadurch viel leistungsfähiger und spezifischer als die einfachen Vortests, ist aber auch wesentlich aufwendiger und zeitintensiver.
Wenn dann schließlich die Vorarbeit abgeschlossen, die Spur dokumentiert, charakterisiert und interpretiert ist, folgt der nächste Schritt: die kontextgerechte DNA-Extraktion und -Quantifizierung. Darüber lesen Sie im nächsten Teil unserer beliebten Serie… 😉
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