In der letzten Folge habe ich über Spurenkunde berichtet und erklärt, daß es wichtig ist, eine biologische Spur, aus der man DNA für die Herstellung eines DNA-Profils gewinnen möchte, genau zu charakterisieren.
In diesem Beitrag beschreibe ich, wie es gelingt, DNA aus den Zellen einer biologischen Spur zu isolieren. Wir streben dabei immer drei Ziele an: a) ausreichende Menge, b) ausreichende Integrität, c) ausreichende Sauberkeit.
a) Ist eine gewisse Mindestmenge an DNA nicht vorhanden, können wir kein solides und reproduzierbares DNA-Profil erstellen. Wir benötigen mindestens 50 pg DNA, um sicher zu sein. Ein Picogramm (pg) ist der tausendste Teil eines millionstel Milligramm – unvorstellbar wenig also und doch reicht die DNA in einer Spur manchmal nicht aus. Eine gute Aufreinigung muß eine möglichst hohe Ausbeute an DNA liefern, insbesondere, weil manche Spuren so klein sind, daß wir nur einen „Schuß” haben und alles auf eine Karte setzen müssen, um ausreichend DNA gewinnen zu können.
b) DNA ist zwar tough aber nicht unzerstörbar. Sie kann „kaputt” gehen, d.h. der Doppelstrang kann zerbrechen und ab einem bestimmten Fraktionierungsgrad taugt die DNA nicht mehr für die bei der Profilerstellung eingesetzte PCR-Amplifikation (warum erzähle ich später). Eine gute Aufreinigung muß möglichst intakte DNA liefern darf aber zumindest die DNA nicht noch weiter zerstören.
c) Manche Spuren sind extrem „siffig”, d.h. mit allen möglichen Umwelteinflüssen und/oder Chemikalien verunreinigt; man denke an Blut, das sich in einer Lache von Erbrochenem befindet oder auf einem mit psychedelischen Farben getünchten Jeansbeinkleid. In beiden Fällen kann die Spur mit Stoffen vermengt sein, sog. „Inhibitoren”, die die Effizienz oder Performance einer nachfolgenden chemischen Reaktion wie der PCR (s.o.) reduzieren, teils so stark, daß ein DNA-Profil gar nicht mehr gelingt. Eine gute Aufreinigung muß möglichst alle Inhibitoren aus der Präparation entfernen.
Es gibt eine Fülle an DNA-Isolationsmethoden und zig Firmen preisen ihr jeweiliges DNA-Extraktions-Kit – so nennt man eine gebrauchsfertige, praktische Zusammenstellung aller Chemikalien und sonstiger spezieller Vebrauchsmaterialien, die man für eine bestimmte Arbeit, z.B. eine DNA-Extraktion, benötigt (hier ein Beispiel) – als das beste an. Inzwischen gibt es auch zahlreiche, speziell auf forensischen Bedarf zugeschnittene Kits und Methoden.
Die Hersteller wissen natürlich, daß alle Methoden, die wir einsetzen, den drei oben genannten Ansprüchen genügen müssen und die meisten Kits leisten das auch. Sie unterscheiden sich daher vor allem in der grundlegenden Methode, der Bearbeitungszeit, der „Handhabbarkeit” und – ein wichtiger Faktor – dem Preis.
Man unterscheidet mehrere „grundlegende Methoden” denen jedoch allen gemein ist, daß das Ziel aller Extraktionsbemühungen immer ist, aus der extrem komplexen Mischung von Molekülen und Stoffen aus einer biologischen Spur, die nicht nur alle möglichen Verunreinigungen aus der Umwelt sondern auch für die angestrebte Analyse nutzlose oder gar beeinträchtigende Zellbestandteile enthält, möglichst ausschließlich DNA herauszufiltern.
Die folgende Tabelle stellt die bekanntesten Methoden vor:
Die organische Methode beruht auf einer Phasentrennung (organische und wäßrige Phase) durch Zentrifugation mit der sehr wirksam DNA von Proteinen, Lipiden und sonstigem Zellschrott getrennt wird. Sie wird nicht mehr so oft (und gerne) verwendet, hauptsächlich, weil man dafür eine eigene Abzugshaube („Abzug”) benötigt, um überhaupt mit dem sehr giftigen und ätzenden Phenol und dem leicht flüchtigen Chloroform arbeiten zu dürfen. Zudem ist sie langwierig, durch zahlreiche Gefäßwechsel kontaminationsanfällig und nicht automatisierbar.
Die Kochlyse mit dem Chelatbildner Chelex® beruht auf darauf, die Zellen durch das Kochen der Extraktionsmischung „aufzuknacken” und dann mittels der Chelex-Chemikalie die zweiwertigen Kationen wegzuschnappen, die die DNA-zerstörenden Enzyme, die beim Aufknacken der Zellen freigesetzt werden, benötigen, um zu funktionieren. Die Methode geht durch das Kochen sehr „ruppig” mit der DNA um und ist eine „quick&dirty”-Technik, die man in der Analyse von möglicherweise empfindlichem Spurenmaterial eigentlich nicht einsetzt, um nicht Gefahr zu laufen, die DNA aus der Spur vollends unbrauchbar zu machen. Die Kochlyse findet aber noch regelmäßig Anwendung in der Abstammungsbegutachtung, wo man „frische” DNA aus einer Mundschleimhautprobe bearbeitet, für welche eine solche schnelle und brutale Extraktion recht gut geeignet ist. Zudem finden alle Schritte in einem einzigen Reaktionsgefäß statt und somit besteht durch das Entfallen von Transfers kaum Gefahr einer Kontamination. Man muß jedoch bedenken, daß die DNA nach der Kochlyse einzelsträngig vorliegt und daher ungeeignet für nachfolgende Analysen ist, die eine doppelsträngige DNA voraussetzen.
Kommentare (26)