Es gibt von P.Z. Myers eine großartige Beschreibung und Ausführung zu der rhetorischen Volte, die für eine Verteidigung der Berechtigung der substantiven Theologie gerne geschlagen wird. Er nennt sie “Courtiers Reply” (“Antwort des Höflings”) und sie ist eine Ableitung der Argumentation der kaiserlichen Hofschranzen aus dem Märchen “Des Kaisers neue Kleider“, die voller Eifer und Inbrunst die Schönheit von des Kaisers nicht vorhandenen Kleidern besingen und Menschen, die nicht übereinstimmen bzw. gar einwenden, der Kaiser sei in Wirklichkeit nackt, verspotten, einschüchtern und mit autoritativen Argumenten angreifen.
Demnach verbitten sich Theologen gerne die Kritik an der Theologie oder theologischen Konzepten durch Nicht-Theologen mit dem Hinweis darauf, daß der Kritiker ja nicht wisse, wovon er spreche. Beispielsweise war einer der Hauptkritikpunkte gegen Dawkins’ “Gotteswahn“, daß Dawkins nicht über die notwendige theologische Ausbildung verfüge, um die Theologie und ihre Konzepte anzugreifen.
Ironischerweise verstehen viele Theologie-Befürworter das Argument aus der “Antwort des Höflings” dabei falsch, indem sie es als Versuch auffassen, Atheisten davon zu entschuldigen, sich nicht mit der Theologie zu befassen. Dabei ist es nämlich genau das Gegenteil: es richtet sich gegen die Theologen und weist daraufhin, daß umfangreiches Schwadronieren über entlegene Epiphänomene und spitzfindige Auslegungen von Dogmata Zeitverschwendung ist, solange man noch nicht einmal den Kern der Sache bewältigt, nämlich auch nur einen vernünftigen Grund, an einen Gott zu glauben, vorgestellt hat.
Und der kolossale Irrtum, daß durch den immer entrückteren, ephemereren und mit apologetisch-verstiegenen Arabesken bekränzten, wohlfeilem Schlausprech umhegten und bis zur Unkenntlichkeit zersophistizierten Popanz absconditus, den das Wirken der Theologen noch vom alten Mann mit Bart im Himmel übrig läßt, ein solcher Grund auch nur ein Iota näher in Reichweite wäre, ist so amüsant wie er exemplarisch für die fundamentale und rettungslose Gegenstandslosigkeit der Theologie ist.
Die Wirklichkeit ist, im Gegensatz zu Theologie und allen Religionen, eben nicht lediglich eine weitere Sichtweise der Welt – sie ist einfach nur die Wirklichkeit. Die Naturwissenschaft beschreibt sie und liefert dabei stetig greifbare Belege für ihre eigene Genauigkeit und Bedeutung. Die Theologie hingegen produziert nur Entschuldigungen für das Fehlen derselben. Theologie als kreißenden Berg, der eine Maus gebiert, zu bezeichnen, wäre also schon eine unverdiente Hommage… sie ist vielmehr eine kreißende Maus, bei der doch am Ende nur ein kleiner Küttel rauskommt, denn die Theologie erfindet und preist in der Tat des Kaisers neue Kleider, beschreibt sie in feinstem Detail, kennt jede ihrer Falten, poliert, zählt und benennt ihre Knöpfe, kämmt ihr Garn, kontempliert jeden Saum, jede Bordüre, füllt ihre Taschen mit Gold, bürstet hingebungsvoll ihren Samt und zankt gar unter sich darüber, wie man ihre Farbe nennen sollte und ob der Schneider Katholik oder Protestant war.
Und im Gegensatz zum Märchen mögen sogar die Kleider real sein… nur eben der Kaiser nicht.
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