In der letzten Folge habe ich über DNA-Extraktion berichtet, die Kunst, genug, intakte und saubere DNA aus Spurenmaterial zu gewinnen. In diesem Beitrag beschreibe ich, wie man feststellt, ob auch wirklich genug DNA da ist und ob diese auch wirklich sauber ist.
Tip: Vorher über PCR informieren.

Es gibt mehrere Verfahren/Geräte, die Konzentration von Nukleinsäuren in wäßriger Lösung zu bestimmen. Sie beruhen auf unterschiedlichen Prinzipien und unterscheiden sich in Handhabung, Genauigkeit, Aufwand und Preis. Ich werde im Folgenden drei Verfahren beschreiben:

Ein altes und „klassisches” Verfahren ist die photometrische Bestimmung. Hierbei macht man sich zunutze, daß Nukleinsäuren Licht einer bestimmten Wellenlänge absorbieren. Die Lösung mit der zu messenden DNA wird in eine Quarz-Küvette gegeben und mit UV-Licht der Wellenlänge 260 nm durchleuchtet. Je mehr DNA sich in der Lösung befindet, desto mehr Licht wird absorbiert (Schema).

Man bestimmt letztlich die „Extinktion”, E, also das Ausmaß des von der DNA abgefangenen Lichts und kann daraus, da man den Lichtweg, Küvettendicke -volumen und -material kennt, die Konzentration der DNA bestimmen:

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C: Konzentration der DNA
E: Extinktion
&#949: molarer, dekadischer Extraktionskoeffizient [L/cm x mol]
d: Schichtdicke der Küvette

Das Verfahren ist nicht sonderlich genau, recht unspezifisch und störanfällig, daher findet es in der Forensik kaum noch Anwendung.

Ein neueres und besseres Verfahren ist die fluormetrische Messung. Hier wird die DNA zuvor mit einem Fluoreszenzfarbstoff gemischt, der, wenn er an doppelsträngige DNA gebunden ist und von Licht einer bestimmten Wellenlänge angeregt wird, leuchtet. Das bedeutet, je mehr DNA in der Lösung vorliegt, desto mehr Farbstoff ist gebunden, desto stärker die Fluoreszenz. Um das Leuchten quantifizieren zu können, muß zuvor eine Kalibrierungsgerade angelegt werden: es wird die Fluoreszenz mehrerer Proben mit bekannter Konzentration gemessen. Die Messwerte liegen ziemlich genau auf einer Geraden, deren Zuordnungsvorschrift (Geradengleichung) man regressiv ermitteln kann.

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Diese Gleichung gestattet dann die Berechnung der Konzentration einer unbekannten Probe aus einem Fluoreszenzwert nach der Formel:

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mit
F: Fluoreszenzintensität
K: Konzentration
c: Ordinatenabschnitt
m: Steigung

Angenehmerweise übernimmt das Gerät diese Prozedur für einen, so daß man nur die bekannten Proben messen und dem Gerät mitteilen muß, daß dies die Messpunkte für die Kalibrierung waren. Danach kann man einfach die unbekannten Proben einsetzen, messen und das Gerät gibt direkt die richtige Konzentration aus.

In der Forensischen Genetik findet jedoch meist eine dritte Methode Anwendung: eine bestimmte Form der quantitativen PCR zur Messung der DNA-Konzentration. Die quantitative PCR (qPCR) ist eine besonders tolle Variante der PCR (die übrigens mein persönliches Steckenpferd ist) und allein über diese Methode gibt es ganze, dicke Bücher. Die Optimierung einer qPCR ist fast eine eigene Wissenschaft und ich will an dieser Stelle auch gar nicht en detail auf die qPCR eingehen (vielleicht mal in den „Basics”). Nur soviel: Dieses Verfahren ist wesentlich aufwendiger als die beiden zuvor beschriebenen, da es ja eine komplette PCR, mit Primern, Polymerase, Nukleotiden etc. umfasst. Es hat allerdings den großen Vorteil, nicht nur sehr genau zu sein, sondern auch anzuzeigen, ob die DNA jenseits einer bestimmten Grenze fragmentiert ist und ob die Extraktion, die man hergestellt hat, PCR-Inhibitoren enthält. Als Bonus kommt noch hinzu, daß das Verfahren für die forensischen Anwendungen so gut wie immer humanspezifisch ist, d.h. man kann menschliche von nicht-menschlicher DNA unterscheiden (sehr praktisch, wenn man nicht weiß, von welcher Spezies z.B. eine bestimmte Blutspur stammt).

Die Konzentrationsmessung funktioniert ähnlich, wie bei der Fluorometrie: auch hier wird die Intensität eines Fluorszenzsignals mit der Menge des in Frage stehenden Moleküls korreliert, indem man eine Kalibrierungsgerade generiert.

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Der zentrale Messwert, den eine qPCR ausgibt, ist der sog. Ct (Schwellenwertzyklus), der angibt, in welchem PCR-Zyklus die Fluoreszenz der Probe einen bestimmten Schwellenwert (der so gewählt wird, daß er in der exponentiellen Amplifikationsphase der PCR liegt) erreicht. Aus dem Ct kann dann sehr genau die Konzentration berechnet werden. Es gilt: Je niedriger der Ct-Wert, desto größer war die Ausgangsmenge der Probe und umgekehrt.

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Das Bild zeigt den typischen Verlauf von Amplifikationskurven in einer qPCR. Es wurden hier mehrere Proben gleichzeitig gemessen und sie unterscheiden sich in ihrem jeweiligen Ct-Wert.
Ganz wichtig ist bei diesem Verfahren die interne positive Kontrolle (IPC): Dies ist künstlich hergestellte, genau definierte DNA, die der zu untersuchenden Probe vor der PCR zugegeben wird. Es laufen in einem Reaktionsgefäß also zwei qPCR-Reaktionen gleichzeitig ab, damit sind die Reaktionsbedingungen für Probe und IPC identisch und daher vergleichbar. Der Ct-Wert, den die IPC, deren Konzentration und Zusammensetzung man ja genau kennt, erzielen soll, ist aber vorher bekannt. Wenn die PCR unter optimalen Bedingungen abläuft, dann muß die IPC auch den entsprechenden Ct-Wert ergeben.

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Ist das nicht der Fall (meist liegt dann der Ct-Wert für die IPC deutlich höher als der Sollwert), so muß etwas die PCR „behindert” haben. Es liegt also ein Beleg für die Gegenwart von Inhibitoren vor:

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Im Bild oben ist die Hemmung so stark, daß das Signal der IPC den Schwellenwert überhaupt nicht erreicht. Unsere DNA-Extraktion war also nicht sauber.
Daraus folgt außerdem, daß auch die qPCR-Messung für die eigentliche Probe von den Inhibitoren beeinträchtigt war und die Konzentration nicht korrekt berechnet werden kann. Wir müssen neu extrahieren.
Und natürlich kann es auch vorkommen, daß zwar saubere aber zu wenig DNA extrahiert wurde. In einem solchen Fall funktioniert die IPS ganz normal, aber es kann kein Ct für die Probe bestimmt werden:

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Eine andere Situation, in der man ein Signal für die IPC nicht aber für die Probe bekommen würde, wäre, wenn die DNA zu stark beschädigt, also fragmentiert ist. Bei der qPCR zur DNA-Konzentrationsbestimmung, die wir verwenden (als Kit von einem bestimmten Hersteller), wird ein Abschnitt von ca. 60 bp (für Interessierte: aus dem humanen Telomerase-Reverse-Transkriptase-Gen) vervielfacht, der im Genom jedes Menschen vorkommt. Dieser Abschnitt muß in einem Stück vorliegen, damit er in einer PCR vervielfältigt werden kann (sonst erreicht die DNA-Polymerase das Ende des Stücks nicht und kann keine Kopie der Gegenprimerbindestelle herstellen). Wenn die DNA aber so stark beschädigt ist, daß die Fragmentlänge durchschnittlich unterhalb von 60 bp liegt, so funktioniert eine PCR, die ein 60 bp großes Amplifikat erzeugen soll, nicht mehr:

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Im Idealfall erhält man den Sollwert für die IPC und einen schönen, satten Ct für die Probe. Dann weiß man: man hat genug (menschliche) DNA extrahiert, sie ist nicht hoffnungslos fragmentiert und enthält keine Inhibitoren. Es kann also weitergehen auf dem langen Weg zum DNA-Profil! In der nächsten Folge unserer beliebten Serie mache ich aber erstmal einen Exkurs ins Genom und berichte von Mikrosatelliten und Short Tandem Repeats.

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Kommentare (16)

  1. #1 Bibliothekar
    07/04/2011

    Was für eine qPCR benutzt ihr denn genau?
    “Einfach” nur anfärben, oder eine der FRET-Varianten?

  2. #2 Cornelius Courts
    08/04/2011

    @Bibliothekar: “Was für eine qPCR benutzt ihr denn genau?”
    mit gequenchten Hydrolyse-Sonden

  3. #3 Bibliothekar
    08/04/2011

    Hehe, ich musste erst nachsehen, was das ist, kannte sie nur unter Ihrem “Markennamen”.

  4. #4 Schlotti
    10/04/2011

    @Cornelius Courts:

    Zunächst mal Dank an dich für die Bereicherung, die dein Blog für SB ist. Deine Artikel sind informativ, spannend und es ist für mich stets ein lehrreiches Vergnügen, dieselben zu lesen.

    Btw:

    Wenn man Sonderzeichen darstellen will, wie beispielsweise ein Epsilon, ist diese Seite hilfreich.

    Da wird dann aus einem € ganz schnell ein ε 😉

    LG, Schlotti

  5. #5 Cornelius Courts
    11/04/2011

    @Schlotti: Vielen Dank; ist eine wichtige Rückmeldung für mich!

    Und danke für den sehr nützlichenTip 😉

  6. #6 Dr. Webbaer
    11/04/2011

    Apropos DNA-Gewinnung – neulich ging es durch die Medien: Da hat einer mit der linken leicht bewegten Hand eine große Mohrrübe mehrere Minuten (5 oder mehr) lang festgehalten, dabei mit der rechten ohne Handschutz ein Küchenmesser von oben gegen diese gedrückt.

    Ihrer Erfahrung entsprechend: Müssten sich dann am Messer hinreichend Spurenmaterial für DNA-Abgleiche finden lassen?

    MFG
    Dr. Webbaer

  7. #7 Cornelius Courts
    11/04/2011

    “Ihrer Erfahrung entsprechend: Müssten sich dann am Messer hinreichend Spurenmaterial für DNA-Abgleiche finden lassen?”

    Kommt ein wenig auf die “shedding”-Eigenschaften des Messerhalters an, aber tendentiell ja.

  8. #8 MartinS
    13/04/2011

    Für die Kalibrierungsgerde schriebst Du

    es wird die Fluoreszenz mehrerer Proben mit bekannter Konzentration gemessen.

    Sind das standardisierte Herstellerproben oder greift ihr auf euren eigenen Bestand zurück?
    Falls es Standardproben sind: Warum ist dann eine Kalibrierung nötig? Das Maschinchen könnte doch Luftdruck, notwendige Variable, whatever messen und die Solldaten der Standardproben voraussetzen?
    Was habe ich übersehen? (Irgendwas muss ich ja übersehen haben, weil ihr es ja sonst anders machen würdet 🙁

  9. #9 Cornelius Courts
    13/04/2011

    @MartinS: “Irgendwas muss ich ja übersehen haben,”

    keineswegs, ich habe es nur nicht detailliert genug beschrieben 😉

    “Sind das standardisierte Herstellerproben”
    Ja, es ist aber nur eine standardisierte Lösung von definierter DNA.
    Die Verdünnungen (also die 6 verschiedenen “Punkte” auf der Kalibriergeraden) stellen wir immer selber her. Es ist wichtig, daß jedes mal, für jeden Lauf zu machen, da es immer minimale Differenzen zwischen den Läufen gibt und man daher nicht einfach eine immer gültige Kalibrierfunktion erzeugen und diese immer allen Messungen zugrundelegen kann.

  10. #10 MartinS
    13/04/2011

    @Cornelius
    Danke für die Erklärung!

  11. #11 Zahnloser-Student
    11/11/2011

    Hallo,

    ich finde deinen Artikel äußertst hilfreich, habe aber dennoch einige Fragen:
    benutzt ihr ROX als internen Standard? Und habe ich das richtig verstanden, dass ROX zur Normalisierung (also zum Ausgleich von “Pipettirtungenauigkeiten”???) verwendet wird? Und wenn ja, wird dann ein Quotient aus Probe und ROX gebildet? Und spricht man dann von einer relativen Quantifizierung oder einer absoluten Quantifizierung (…es ist doch schließlich kein housekeeping-Gen dabei, auf das die Expression des Zielgenes bezogen wird, also würde ich auf eine absolute Quantifizierung tippen…)

    Entschuldige die vielen Fragen, aber irgendwie beiße ich mir die Zähne an diesem ROX aus…

    Gruß

  12. #12 Cornelius Courts
    13/11/2011

    @ZahnloserStudent: Du wirfst da einige Dinge durcheinander: ROX ist einfach nur ein Fluorophor (rote Farbe), der bei den Taq-Man-Puffern (die von ABI) zugegeben ist und als interner Standard dient, um die Fluoreszenz zu normalisieren. Damit werden sozusagen Unterschiede zwischen den wells, die z.B. durch Pipettierfehler entstehen, rausgerechnet. Eine solche Normalisierung mit ROX passiert bei den ABI-Geräten automatisch, damit hat man bei der Auswertung nichts zu tun. Und sie ersetzt auch nicht (!) die Normalisierung der biologischen Varianzen, die man z.B. durch engogene Kontrollen (wie Haushaltsgene) erzielen kann.

    Das hat aber auch nichts mit der Quantifizierung zu tun. Die Quantifizierung, relativ oder absolut, ist eine Form der Berechnung der Ergebnisse. Absolut ist sie, wenn man die absolute Fluoreszenz in Betracht zieht und auf eine Konzenztration zurückrechnet (mit Hilfe einer Standardgeraden). Relativ ist sie, wenn man die Expression zweier RNAs miteinander vergleicht und einen der exakte Wert der Ausgangsmenge gar nicht interessiert. Eine rel.Q-Aussage wäre z.B.: Gen X wird in meiner Probe A (z.B. Krebs) 10 mal stärker exprimiert, als in meiner Probe B (z.B. gesundes Gewebe).

    So, hoffe, das hilft Dir weiter! Ich weise auch noch mal darauf hin, daß dieser Post kein Post zu quantitativer PCR ist, das ist ein riesiges Thema für sich und daher eignet er sich auch nicht sehr gut, um daraus qPCR zu lernen 😉

  13. #13 Zahnloser Student
    13/11/2011

    Danke für die Antwort, das heisst dann auch das bei einer Spurenanalytik keine Normalisierung der endogenen Varianzen vorgenommen wird!?

  14. #14 Cornelius Courts
    13/11/2011

    @ZS: das kommt drauf an, was gemacht wird. Wenn es um die reine Konzentrations- und Inhibitionsbestimmung geht, wie im Artikel beschrieben, dann ist das nicht nötig, weil keine mRNA-Mengen bestimmt werden, sondern die DNA direkt gemessen wird.

    Wenn aber das Expressionsniveau von mRNAs oder miRNAs zur Spurenartbestimmung gemessen wird, dann wird natürlich auch für nicht-biologische Varianzen normalisiert. Das geschieht dann mittels einer Gruppe von mind. drei Referenzgenen, deren Eignung zuvor bestätigt werden muss.

  15. #15 Zahnloser Student
    13/11/2011

    Ok, danke, wir haben nur reine Konzentrationsbestimmungen durchgeführt. Von der Messung des Expressionsniveau der mRNA bzw. miRNA zur Spurenartbestimmung habe ich noch nie gehört. Die Lücke werde ich dann wohl mal mit nem Lehrbuch schließen gehen…

  16. #16 Cornelius Courts
    14/11/2011

    @ZS: “Die Lücke werde ich dann wohl mal mit nem Lehrbuch schließen gehen…”
    schön, daß Dein Interesse erwacht ist. Ein bißchen was dazu gibt es aber auch schon hier:
    https://www.scienceblogs.de/bloodnacid/2011/03/forensische-genetik-spurenkunde.php

    und hier

    https://www.scienceblogs.de/bloodnacid/2011/07/haare-haben-eine-rnauhr.php