Aber auch das Argument zu angeblich gefährdeten Familienstrukturen und -rollen halte ich für fragwürdig. Durch die Aufhebung des Verbotes würden inzestuöse Beziehungen sicher nicht einen plötzlichen Popularitätsschub erfahren und es dadurch zu massenhafter Familiendesintegration kommen. Man darf, im Gegenteil und genau wie damals zu §175-Zeiten bei Menschen mit homosexueller Orientierung davon ausgehen, daß entsprechend Geneigte immer schon und auch trotz irgendwelcher Verbote ihren Begierden gefolgt sind. Zudem änderte eine Aufhebung des Inzest-Verbotes ja absolut nichts am Verbot von Geschlechtsverkehr zwischen Menschen, von denen mindestens einer nicht einwilligend bzw. einwilligungsfähig ist. Kinder wären also vor sexuellen Übergriffen ihrer Eltern nicht schlechter geschützt, als zuvor. Außerdem greift das Argument überhaupt nicht in Fällen, wie dem oben erwähnten, in denen sich erwachsene Menschen, die nicht miteinander aufgewachsen sind, kennenlernen, ggf. eine Beziehung führen möchten und dann feststellen, daß sie Geschwister sind.

Ich persönlich finde Inzest auch zwischen einvernehmlichen Erwachsenen irgendwie unappetitlich, nehme aber leidenschaftslos zur Kenntnis, daß andere das anders sehen und daß dadurch niemandes Menschenrechte verletzt werden, sowie ich jedem Menschen ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zugestehen würde. Ich halte §173 deshalb tatsächlich für verfassungswidrig und das Urteil des BVerfG dazu für einen Fehler.
Es wäre ziemlich peinlich, wenn der EUGH für Menschenrechte heute feststellt, daß das deutsche Strafrecht menschenrechtswidrige Verbote enthält…

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Kommentare (115)

  1. #1 Habitat
    12/04/2012

    Das Urteil wurde leider bestätigt

    https://www.tagesschau.de/inland/inzest106.html

  2. #2 Cornelius Courts
    12/04/2012

    @Habitat: “Das Urteil wurde leider bestätigt”

    Tu quoque, mi EUGH? Wow…traurig und beschämend.

  3. #3 Physiker
    12/04/2012

    Ich habe das “Argument”, Inzest würde die Wahrscheinlichkeit für Erbkrankheiten erhöhen nie richtig verstanden. Es ist einsichtig dass bei Vorhandensein eines Risikomerkmals die Wahrscheinlichkeit für die Ausbildung der Erbkrankheit deutlich erhöht ist. Auf der anderen Seite sollte doch im Gegenzug die Wahrscheinlichkeit für gesunde Nachkommen gegenüber dem Bevölkerungsdurchschnitt deutlich erhöht sein, wenn eben keine Risikomerkmale vorhanden sind. Es geht hier also um Bedingte Wahrscheinlichkeiten. Und es ist für mich als Laien deshalb alles andere als offensichtlich welcher und ob ein Effekt überwiegt.
    Dass Inzucht gar nicht so katastrophale Auswirkungen haben kann – wie immer behauptet – sieht man doch an der Tier- und Pflanzenzucht.

    Frage:
    Gibt es berechnete Wahrscheinlichkeiten oder statistische Häufigkeitsuntersuchungen zu der Frage wie hoch nun die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Erbkrankheit in Abhängigkeit vom Verwandschaftsverhältnis der Eltern ist?

  4. #4 AndreasM
    12/04/2012

    @Cornelius: Die Abkürzung EuGH für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist nicht zu empfehlen, da der EuGH die Abkürzung des obersten Gerichtshofs der EU ist und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nichts mit der EU zu tun hat. Deshalb lieber EGMR verwenden (auch wenn hin und wieder EuGHMR verwendet wird).

    Der Inzestparagraf ist nicht nur fragwürdig, er hat auch kaum einen Effekt. Die seltenen Fälle finden meistens nur dann statt, wenn Geschwister sich erst im Erwachsenenalter kennenlernen.
    Wenn Geschwister miteinander aufwachsen, findet üblicherweise eine Prägung statt, die dazu führt, dass sie sich gegenseitig bei der Partnerwahl nicht berücksichtigen. Dafür braucht es keine Gesetze, denn die Evolution hat das schon ausbalanciert. Eine kleine Menge an Inzest hat keine relevanten Auswirkungen auf den Genpool und es braucht schon wiederholten Inzest in einer kleinen Population, um einen signifikanten Effekt zu erzielen (z.B. europäische Königshäuser/Hochadel über das letzte Jahrtausend).

  5. #5 AndreasM
    12/04/2012

    @Physiker: Was erstmal signifikant ansteigt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Nachkomme aus der Verbindung zweimal das gleiche Allel hat. Bei vier verschiedenen Allelen bei den Eltern der Geschwister liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Nachkomme der Geschwister eines der Allele doppelt hat, bei 25%.
    In Folge steigt die Wahrscheinlichkeit signifikant an, dass seltene rezessiv vererbte Krankheiten zum Ausbruch kommen.

  6. #6 Habitat
    12/04/2012

    In Folge steigt die Wahrscheinlichkeit signifikant an, dass seltene rezessiv vererbte Krankheiten zum Ausbruch kommen.

    So what?

  7. #7 YeRainbow
    12/04/2012

    Wer war das doch gleich, der erwachsenen Leuten in ihr Sexualleben reinredet?
    Ach ja, nicht Gott.
    Der Staat.

  8. #8 Habitat
    12/04/2012

    Die Begründung ist feinstes Drückebergertum:

    In dieser Frage gebe es in den 47 Mitgliedsländern des Europarats keinen Konsens, sagten die Straßburger Richter. Somit stehe den deutschen Behörden ein “weiter Beurteilungsspielraum” zu. Im Übrigen hätten die Gerichte in Deutschland bei der Verurteilung des Klägers eine “sorgfältige Abwägung der Argumente” vorgenommen.

  9. #9 Statistiker
    12/04/2012

    … und wenn man sich die kommentare auf tagesschau.de ankommt, wird einem schlecht….

    Da kommt immer wieder das Argument, die Wahrscheinlichkeit für Erbkrankheiten steige. Als ob die aus dem Nichts entstehen oder die Gene bei inzestiösen Geschlechtsverkehr sprunghaft mutieren. Wie man im Biologieunterricht gelernt haben sollte, kann dies nicht der Fall sein.

    Gehen wir davon aus, die Erbkrankheit sei rezessiv. Dominante Erbkrankheiten sollten mit der Zeit durch Nichtfortpflanzung der Erbkranken ausgerottet sein. Und auch Personen, bei denen eine rezessive Erbkrankheit auftrtitt, pflanzen sich regelmäßig nicht fort, es sei denn, die Krankheit tritt erst im höherem Alter auf.

    Wir haben dann in der Bevölkerung ein gewissen Quantum an Personen mit einem (seltenen) rezessiven Allel für die Erbkrankheit. Wenn jetzt zwei nicht verwandte Personen ohne ein Allel für die Erbkrankheit sich vermehren und die Kinder Inzest betreiben, beträgt die Wahrscheinlich für das Auftreten der Erbkrankheit 0 Prozent. Sollte mindestens ein Elternteil das Allel für die Erbkrankheit haben, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kindern (wenn beide Elternteile das rezessive Allel haben) bzw. die Enkel an der Erbkrankheit erkranken, an. In der Summe haben die Inzestkinder und Enkel genausoviele rezessive Krankheitsallele wie Nichtinzestkinder. Nur die Wahrscheinlichkeit für Reinerbigkeit steigt.

    Beispiel: Nehmen wir an, 10 % aller Menschen haben das Krankheitsallel. Von 200 Leuten also 20. Bei KEINEM ist die Erbkrankheit aufgetreten, also haben wir 180 mal DD und 20 mal DR. Jetzt bilden wir daraus 100 Pärchen. Dann haben wir eine Wahrscheinlichkeit bei den Kindern von:

    DD: 90,25 %
    DR: 9,5 %
    RR: 0,25 %

    Zählen wir die kranken Allele bei 100 Kindern: 90,25 x 0 + 9,5 * 1 + 0,25 * 2 = 10
    Aha, die Zahl der kranken Allele beträgt weiterhin 10 %

    Wenn diese Kinder jetzt munter Inzest betreiben (auch die Kinder mit RR, also der jetzt auftretenden Erbkrankheit, vielleicht tritt die Krankheit ja erst spät ans Tageslicht), haben wir in der Enkelgeneration folgende Verteilung:

    DD: 91,375 %
    DR: 7,25 %
    RR: 1,375 %

    Zählen wir die kranken Allele bei 100 Kindern: 91,375 * 0 + 7,25 * 1 + 1,375 * 2 = 10
    Aha, die Zahl der kranken Allele beträgt immer noch weiterhin 10 %

    Was also gestiegen ist, ist die Reinerbigkeit. In Familien, die erblich vorbelastet sind, tritt die Krankheit bei Inzest gehäuft auf, in Familien, die nicht vorbelastet sind, kann die Krankheit überhaupt nicht auftreten.

    Hinsichtlich von Erbkrankheiten dürfte es also regelmäßig gefährlicher sein, wenn sich heterozygote Paare vermehren als wenn Inzest betrieben wird.

    Ergo ein Urteil, dass rein wissenschaftlich bzw. mathematisch als Megablödheit einzustufen ist.

  10. #10 Spoing
    12/04/2012

    Ich habe als Laie mal eine kleine Frage zu einem Gedanken der mir zu der ganzen Diskussion kam:
    Ist es eigentlich sinnvoll das bei kleinerer Population “Missbildungen” häufiger auftreten?
    Ich meine Logisch ist es ja, da die Wahrscheinlichkeit, dass 2 resessive beschädigte Gene sich treffen stark erhöht wird. Aber ist es eine ähnliche Form von “evolutionsbeschleuniger” wie ionisierende Strahlung.
    Sprich findet hier wirklich eine Mutation statt oder ist es nur eine Erbkrankheit. Bzw. gibt es einen Unterschied zwischen schlechter Mutation und Erbkrankheit?

    Denn sich schneller zu ändern wenn einen die Verwandten ausgehen und man selbst somit nicht mehr zur Umwelt passt ist ja durchaus kein Nachteil.

  11. #11 Artem
    12/04/2012

    Als ich heute den Artikel bei Spiegel Online gelesen habe war ich sehr verwundert. (Erst danach habe ich ihren Beitrag gelesen).

    “Ich persönlich finde Inzest auch zwischen einvernehmlichen Erwachsenen irgendwie unappetitlich, nehme aber leidenschaftslos zur Kenntnis, daß andere das anders sehen und daß dadurch niemandes Menschenrechte verletzt werden, sowie ich jedem Menschen ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zugestehen würde. Ich halte §173 deshalb tatsächlich für verfassungswidrig und das Urteil des BVG dazu für einen Fehler.”

    Dem kann ich nur zustimmen.

    Bei dem Urteil werde ich das Gefühl nicht los, dass das Ergebnis für die Richter schon vor der Verhandlung feststand.

  12. #12 Cornelius Courts
    12/04/2012

    @Spoing: Du vermischt hier mehrere populationsgenetische Konzepte. Es gibt die sogenannte genetische Drift, der “sampling error” bei der Paarung, wenn Du so willst, also die zufällige Abweichung von Hardy-Weinberg-Bedingungen. Dieser Effekt ist je größer, da hast Du recht, desto kleiner die Population ist. Durch Gendrift verändert sich die Häufigkeit von Genotypen im Genpool und da genau das es ist, was man unter Evolution versteht, ist Gendrift auch ein Evolutionsfaktor.
    Nur erzeugt Gendrift keine “neuen” Genotypen. Das kann nur die Mutation (oder die Migration, bei der “fremde” Allele aus einer anderen Population einwandern). Neue Allele verschwinden sehr wahrscheinlich wieder aus einer Population, es sei denn, sie erhöhen die relative Fitness ihrers Trägers so erheblich, daß der erhaltende Effekt größer ist, als der durch Drift tilgende Effekt.

    Da in kleinen Populationen (gut zu beobachten bei vielen kleinen, isolierten Dorfgemeinschaften) Inzest häufiger vorkommt (u.a., weil irgendwann alle mit allen verwandt sind) und Drift stärker wirkt und beides zum gehäuften Vorkommen von Reinerbigkeit führt, treten in solchen Populationen auch Erbkrankheiten deutlich häufiger auf (sofern für diese die Reinerbigkeit eines Locus die Voraussetzung ist). Stichwort: inbreeding depression.

  13. #13 Physiker
    12/04/2012

    @Statistiker:
    Ihre Argumentation versagt, weil es eben nicht nur 1 (seltenes) rezesives Allel gibt das zu einer Erbkrankheit führen kann. Durch Mutation entstehen vermutlich immer wieder neue problematische Gendefekte.
    Ich vermute, dass das Ergebnis stark von der Mutationsrate, Reparaturmechanismen und vielen anderen Faktoren abhängt die sogar stark von Art zu Art variieren können (In der Tierzucht gibt es ja Art-spezifische Züchtungsregeln). Deshalb wären statistische Daten für eine Argumentation brauchbarer.

    @AndreasM:

    In Folge steigt die Wahrscheinlichkeit signifikant an, dass seltene rezessiv vererbte Krankheiten zum Ausbruch kommen.

    Kann man das quantifizieren?
    Am aussagekräftigsten wäre doch aber eine Aussage der Art:
    Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder an einer Erbkrankheit leiden beträgt
    (a) für die nicht-verwandte Eltern x%
    (b) für Cousins y%
    (c) für Geschwister z%
    Solche Daten muss es doch geben. Restriktive Inzestgesetze sind ja weltweit eher die Ausnahme.

  14. #14 awmrkl
    12/04/2012

    “… irgendwie unappetitlich …”

    Oh ja, zB (Fr)Essen von
    – Hunde, Katzen, Heuschrecken (Insekten allgemein), … (bei uns)
    – Rindfleisch (bei Indern/Hindus)
    – Schweinefleisch (bei Moslems, zT bei Juden)
    erregt jeweils “Ekel” oder “Un-Appetit”.
    Eine ganz große Frage, die mE weltweit gestellt und diskutiert werden muß: Inwieweit darf Anderen NUR aufgrund solchen “Ekels” irgendwelche Vorwürfe gemacht werden? Ich denke, überhaupt nicht.
    “Ekel”, “Abscheu” uä Gefühle sind keine Kategorien einer vernünftigen Ethik.

    Du distanziert Dich ja deutlich davon, aaaber:
    Das ist der emotionale Impetus, mit dem diese Debatte zumindestens weitgehend geführt wird (s.o.), dämpfende Stimmen werden laut schreiend/hysterisch niedergerannt.

    Vielen Dank wenigstens für (d)eine weitere Stimme für eine vernünftige Sicht der Dinge!

  15. #15 CMS
    12/04/2012

    @Physiker: Sie meinen das? https://www.tagesschau.de/inland/inzest110.html

    Ansonsten muss ich sagen: Wenn die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung tatsächlich dermaßen erhöht ist dann sollte man zumindest überlegen, ob man da nicht etwas dagegen tun sollte. Der §173 ist aber so unbrauchbar.

  16. #16 H.M.Voynich
    12/04/2012

    Bei dieser Gelegenheit würde ich gern erstmal ein Vorurteil aus dem Weg räumen: es ist absolut nichts Schlimmes daran, einem Thema ambivalent gegenüberzustehen; hin- und hergerissen zu sein, und keine konkrete Meinung dazu zu haben.

    Uns bricht kein Zacken aus der Krone, wen wir auch mal zugeben: ich weiß es nicht. Es gibt gute Gründe dafür, es gibt gute Gründe dagegen, und wer bin ich, mir ein Urteil darüber anzumaßen?

    Wenn sich zwei Menschen zueinander hingezogen fühlen, kann keine Naturgewalt daran etwas ändern (schon gar nicht, wenn die Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhen). Da spielt es keine Rolle, ob die beiden gleichgeschlechtlich sind, verschiedenen Arten angehören (ja, damit meine ich Sodomie. Und so eklig sie mir persönlich auch erscheint, würde ich niemanden deswegen als “entartet” betrachten; Liebe ist mächtiger als Vernunft oder Logik) oder ob sie Bruder und Schwester sind.

    Ich halte mich nicht für berichtigt, Brüdern und Schwestern die körperliche Liebe miteinander verbieten zu können.

    Andererseits ist da aber das Problem, daß bei inzestuös gezeugten Kindern eine wie auch immer geartete Behinderung fast schon vorprogrammiert ist.
    Viele schließen nun daraus, daß es ein Frevel wäre, inzestuöse Kinder zu erzeugen, denn irgendwie scheinen wir Menschen selbst im 21. Jahrhundert nach aller “Aufklärung” noch der Meinung zu sein, das Leben in einem gesunden Körper wäre mehr wert als das Leben in einem körperlich und/oder geistig behinderten Körper.

    Auch ich würde diesen Geschwistern gern zurufen: macht miteinander, was ihr wollt, aber bitte bitte benutzt Verhütungsmittel, denn ansonsten seid Ihr schuld, wenn ein behindertes Kind in die Welt gesetzt wird.

    Und im nächsten Moment schäme ich mich dafür.
    Denn das Leben eines behinderten Kindes ist keinen Deut weniger Wert als das Leben eines gesunden Kindes;
    oft wissen behinderte Menschen ihr Leben sogar viel höher zu schätzen, als wir (mehr oder weniger) “Gesunden” dies tun.
    Das macht in meinen Augen auch die “Prädiagnostik” so gefährlich, denn “Gesundheit” würde durch sie zur Norm, und ich füchte mich vor den Messmethoden und sozialen Implikationen, mit denen “Gesundheit” von “Krankheit” getrennt wird (da schwebt die zu Recht verhasste “Eugenik” im Raum) …

    Stephen Hawking (Physiker) unterliegt maximalen Handicaps, aber niemand würde bestreiten wollen, daß sein Leben sowohl für ihn als auch für die Allgemeinheit lebenswert ist.
    David Foster Wallace (Schriftsteller; Tennisprofi) besaß jegliches geistige und körperliche Potential, das ein Mensch sich auch nur in seinen kühnsten Träumen wünschen könnte – doch er nahm sich das Leben; all seine Fähigkeiten konnten ihn nicht vom Wert seines Lebens überzeugen.

  17. #17 AndreasM
    12/04/2012

    @Physiker: Kommt auf die Erbkrankheit an. Nehmen wir mal als Beispiel Phenylketonurie. Laut Wikipedia ist die Inzidenz bei 1:8000, autosomal-rezessiv vererbt. Die Allelfrequenz müsste also bei ungefähr 1% liegen.
    Wenn einer der Eltern der Geschwister das Allel hat, hat ein Kind der Geschwister zu 1/16 dieses Allel doppelt und damit die Krankheit.
    2 * 0.01 * 1/16 = 1/800
    Phenylketonurie müsste also etwa 10 mal so häufig bei Kindern von Geschwistern auftreten. Das nimmt mit jedem Verwandtschaftsgrad dann aber stark ab (1/3200 bei Cousins).

    Je seltener die autosomal-rezessiv vererbte Krankheit, desto höher die Verstärkung.

  18. #18 nn
    12/04/2012

    @Statistiker: “Was also gestiegen ist, ist die Reinerbigkeit.” Also genau das, was die von Ihnen kritisierten tagesschau.de poster geschrieben haben. In Ihrem beispiel stieg die wahrscheinlichkeit auf das 6-fache. Und das bloss fuer 1 gen. Es duerfte 1000e gene mit rezessiven mutationen geben (allerdings nicht unbedingt mit 10% haufigkeit).

  19. #19 H.M.Voynich
    12/04/2012

    Korrektur:
    “ich halte mich nicht für berichtigt” => soll natürlich “berechtigt” heißen.
    Ich glaube nicht, daß irgendjemand das Recht hat, ein solches Verbot zu erteilen.

  20. #20 Cornelius Courts
    12/04/2012

    @H.M.Voynich:
    “daß bei inzestuös gezeugten Kindern eine wie auch immer geartete Behinderung fast schon vorprogrammiert ist.”

    das ist aus oben mehrfach dargelegten Gründen schlicht falsch

    “aber bitte bitte benutzt Verhütungsmittel, denn ansonsten seid Ihr schuld, wenn ein behindertes Kind in die Welt gesetzt wird.”

    auch das ist falsch und das Wort “schuld” in diesem Zusammenhang ist besonders ungeeignet. Geschwister, die ein behindertes/krankes Kind zeugen, können dafür genauso viel oder wenig, wie Eltern, die zufällig heterozygot für ein pathogenes Allel sind und zufällig beide ihr entsp. Allel an einen Nachkommen weitergeben.

  21. #21 H.M.Voynich
    12/04/2012

    @Cornelius:
    “das ist aus oben mehrfach dargelegten Gründen schlicht falsch”

    Ich würde das nur allzu gerne glauben (schon allein weil es meine moralischen Zweifel beruhigen würde), bin aber nicht völlig überzeugt.
    (Und wie gesagt, das Wort “Schuld” hat mir bereits beim Hinschreiben Magenschmerzen bereitet.)

    Aber, wie mir beim Schreiben meines Komentares auffiel, tut dies alles in meiner persönlichen Ethik har nichts zur Sache.
    Selbst wenn hundertprozentig feststünde, daß ein Inzest-Kind zwangsweise behindert sein muß, könnte ich dennoch niemanden einen Vorwurf daraus machen, bewußt ein behindertes Kind zur Welt zu bringen.
    Der Wert des Lebens, wo immer er auch sein mag, liegt in meinen Augen ganz sicher außerhalb unserer Kategorien von “Gesund” und Krank”.

  22. #22 Physiker
    12/04/2012

    @Cornelius Courts:

    nebenbei: 25% ist wesentlich höher, als die statistische Wahrscheinlichkeit, daß zwei beliebige nahe Verwandte ein erbkrankes Kind zeugen

    Auf der Tagesschau-Seite wird die Wahrscheinlichkeit für ein erbkrankes Kind von Geschwistern mit 40-45% angegeben. Wie kommt es zu diesen unterschiedlichen Angaben?
    Die 40% sind zumindest mit “sechs, sieben solche schwereren Erbdefekte” konsistent.

  23. #23 Thomas J
    12/04/2012

    @Voynich

    und woher nimmst du das Recht, anderen vorzuschreiben, welches Leben sie für wertvoller oder gleichwertig anschauen?
    Es ist zwar gesellschaftlicher Konsens (mMn auch zum Glück), dass wir jegliches Leben als wertvoll erachten… aber eigentlich lässt sich das schwer begründen, oder?

  24. #24 AndreasM
    12/04/2012

    @Physiker: Wenn die Angabe auf der Seite stimmt, bedeutet das, dass jeder Mensch im Schnitt 3-4 Allele für autosomal-rezessiv vererbte schwere Erbkrankheiten in seinem Genom hat. Kaum eine Erbkrankheit kommt aber über eine Allelfrequenz von 1% hinaus. Es muss sich also um hunderte verschiedene Erbkrankheiten handeln.

  25. #25 AndreasM
    12/04/2012

    Die englische Wikipedia kennt 298 autosomal-rezessiv vererbte Krankheiten, aber viele davon sind extrem rar:
    https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Category:Autosomal_recessive_disorders

    Ich denke also eher, dass jeder Mensch deutlich weniger als 3-4 Allele für schwere Erbkrankheiten im Schnitt trägt und damit auch der genannte Prozentsatz auf der Tagesschau-Seite übertrieben ist.

  26. #26 Dagda
    12/04/2012

    @ AndreasM
    Naja das setzt voraus das wir alle oder auch nur die meisten Erbkrankheiten kennen. Theoretisch könnte ja jedes Gen ein extrem seltenes Allel besitzen das zu einer nicht näher bezeichneten Erbkrankheit führt.
    Dieser Artikel hat ähnliche Zahlen in Tabelle 2. 50% Risiko bei Ehen von Verwandten 1. Grades und 6% bei Cousin-Cousine 1. Grades.
    Leider keine Referenz.

  27. #27 Physiker
    12/04/2012

    Hier ist noch eine andere Quelle:
    Imbreeding, Incest, and the Incest Taboo: The State of Knowledge at the Turn of the Century” von Arthur P. Wolf und William H. Durham von Stanford University Press (2005)
    Für die Kinder von Geschwister-Inzest gilt demzufolge (S.3):
    “excess death rate”: 16-20%
    “excess morbidity”: 6-16%
    “total death and major disabilities rate”: 22-36%

    Irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, dass bei der Formulierung aller bisher gemachten Angaben ordentlich geschlampt wurde: Ist wirklich ein zweistelliger Prozentsatz der Kinder von Geschwistern dem Tode geweiht und sind 40-45% schwer geistig oder körperlich behindert? Oder sind bei Geschwister-Inzest Erbkrankheiten “nur” um 20-45% wahrscheinlicher? Das wäre ein riesengrosser Unterschied, da Erbkrankheiten doch relativ selten sind (laut Tagesschau 3%).

  28. #28 Physiker
    12/04/2012

    @Dagda:

    Naja das setzt voraus das wir alle oder auch nur die meisten Erbkrankheiten kennen. Theoretisch könnte ja jedes Gen ein extrem seltenes Allel besitzen das zu einer nicht näher bezeichneten Erbkrankheit führt.

    Wenn das so wäre, dann wäre die Welt voll von Krankheiten die wir uns nicht erklären können.

  29. #29 rolak
    12/04/2012

    (abo)

  30. #30 AndreasM
    12/04/2012

    @Physiker: Ich denke nicht, dass man alle raren Varianten von Erbkrankheiten erkennt. Es wird nicht gerade selten sein, dass da Fehldiagnosen stattfinden.
    Die genannten weiteren Quellen bestätigen die Grössenordnung zumindest.

    Schon sehr interessant, dass wir alle im Schnitt mit 1-5 Erbkrankheitsallelen rumlaufen, aber bei 20000 Genen gibt es auch viele Möglichkeiten für solche Defekte.

  31. #31 Johannis
    12/04/2012

    Sehe ich genauso!
    Ich möchte endlich mit meinem Sohn schlafen können ohne Angst vor einem Strafverfahren zu haben.

  32. #32 H.M.Voynich
    12/04/2012

    @Thomas J.:
    “und woher nimmst du das Recht, anderen vorzuschreiben, welches Leben sie für wertvoller oder gleichwertig anschauen?”

    Hallo Thomas. Bitte lies nochmal meinen Text. Ich neige zwar immer wieder zu ironischen Bemerkungen, aber bei nochmaligen Durchlesen scheint er mir doch ganz deutlich das auszudrücken, was ich sagen wollte:

    Weder ich noch irgendjemand sonst hat das Recht, “anderen vorzuschreiben, welches Leben sie für wertvoller oder gleichwertig anschauen” sollen. Niemand.

    Stell Dir vor, der Arzt sagt zur schwangeren Frau: “sie tragen einen Jungen aus, der sich für die ersten 14 oder 18 Jahre seines Lebens ganz normal entwickeln wird, aber danach wird er an einen Rollstuhl gefesselt sein, er wird kaum noch einen Muskel selbständig bewegen können, und seine Lebenserwartung bewegt sich dann nur noch im Bereich von wenigen Wochen oder Monaten.”
    Stell Dir vor, die Frau hätte daraufhin die Schwangerschaft abgebrochen, zugunsten eines anderen, “gesunderen” Kindes.
    Wenn dies passiert wäre, dann hätte niemals jemand von uns erfahren, wer Stephen Hawking ist.

  33. #33 Claudia
    12/04/2012

    Hey, Johannis! Bist Du klug?

    Genau das ist nicht die Aussage des Blogposts. Es geht um einvernehmlichen (!!!) Sex zwischen Erwachsenen. Da kommt niemand zu Schaden. Lies den Blogpost bG mal, soll helfen. 🙂 Aber wenn Du natürlich 50 bist und Dein Sohn 30, und ihr tierisch aufeinander abfahrt… dann hau rein.

  34. #34 Physiker
    12/04/2012

    @Johannis:

    Ich möchte endlich mit meinem Sohn schlafen können ohne Angst vor einem Strafverfahren zu haben.

    Angenommen Johannis ist ein männlicher Vorname und angenommen der Sohn ist volljährig, dann ist das in Deutschland – wenn ich mich nicht irre – nicht strafbar. Denn §173 verbietet nur das “Eindringen des männlichen Gliedes in das weibliche Geschlechtsorgan”.

  35. #35 jitpleecheep
    12/04/2012

    @CC:

    Aber auch das Argument zu angeblich gefährdeten Familienstrukturen und -rollen halte ich für fragwürdig. […] Zudem änderte eine Aufhebung des Inzest-Verbotes ja absolut nichts am Verbot von Geschlechtsverkehr zwischen Menschen, von denen mindestens einer nicht einwilligend bzw. einwilligungsfähig ist. Kinder wären also vor sexuellen Übergriffen ihrer Eltern nicht schlechter geschützt, als zuvor.

    Sind die Parteien einwilligungsfähig & einwilligend, stimme ich dir völlig zu.
    Aber.
    Der Wortlaut des §173 StGB sieht keine gesundheitlichen Gründe, da geht es nur um “Straftaten gegen den Personenstand, die Ehe und die Familie”.
    Und ich sehe mind. zwei Beispiele, wo das Streichen von §173 zu einer erheblichen Beweislastumkehr für Opfer familiären Missbrauchs führen würde.

    (1) Kinder sind ab dem 14. Lebensjahr einwilligungsfähig (§176 StGB). Tritt der Missbrauch erst danach auf, müsste das Kind im Prozess also erst darlegen, dass es zwar einwilligungsfähig, aber nicht einwilligend war.

    (2) Im umgekehrten Fall, also z.B. die Mutter ist Opfer eines Kindes, müsste sie dann auch zunächst darlegen, dass sie vergewaltigt wurde.

    Wir sehen bei Vergewaltigungsfällen immer wieder, wie schwer es im Einzelfall für ein Gericht sein kann, eine klare Entscheidung über die Einvernehmlichkeit treffen zu können*.

    Im Vergleich zum familiären Missbrauch ist einvernehmliche Geschwisterliebe extrem(st) selten. Von daher kann ich dem durchaus was gutes abgewinnen, wenn Gerichte da im Sinne des Opferschutzes eine einfache Entscheidung treffen können.

    Zum Fall an sich: die Entscheidung des EGMR zielt genau in diese Richtung, das wird aber von tagesschau & spon komplett vernachlässigt. Bei juris.de liest sich das etwas anders. Da wird zwar auch “die Gefahr erheblicher Schädigungen” genannt, aber das Hauptaugenmerk lag im konkreten Fall woanders: “Wichtigster Grund für die Strafbarkeit sei der Schutz von Ehe und Familie, da Inzestverbindungen zu einer Überschneidung von Verwandtschaftsverhältnissen und sozialen Rollenverteilungen führten.”
    “[Die] Schwester des Beschwerdeführers [war] im Alter von sechzehn Jahren nach dem Tod ihrer Mutter eine Beziehung mit dem sieben Jahre älteren Bruder eingegangen. Sie habe an einer schweren Persönlichkeitsstörung gelitten und sei in hohem Maße von ihm abhängig gewesen.”

    *) Nur zur Sicherheit: Nein, ich bin dediziert nicht der Auffassung, dass Frauen das ausnutzen, um sich an Männern zu rächen.

  36. #36 H.M.Voynich
    12/04/2012

    @Physiker:
    Wow. Also echt, einfach nur … wow.
    Es gibt tatsächlich ein Gesetz, das sich wortwörtlich mit dem Eindringen das männlichen Gliedes in die weibliche Vagina beschäftigt?
    Über, nur mal so zum Beispiel: einen Mund beliebigen Geschlechts, sagt dieses Gesetz darüber auch etwas?
    Meine Güte. Was mich betrifft, lebe ich im 21. Jahrhundert.
    Hallo, bin da, wer noch?

  37. #37 Spoing
    12/04/2012

    Nunja ich finde schon dass der Staat oder besser die Gesellschaft bei konkreten Verdacht auf schwer behinderte Kinder dies stark misbilligt.
    Das Argument jedes Leben, ob behindert oder nicht ist Wertvoll stimmt zwar, aber jeder normale Mensch könnte sich quasi selber entscheiden den Rest seines Lebens im Rollstuhl zu verbringen, umgekehrt wird diese Wahlmöglichkeit nicht gegeben. (Zudem Auch wenn hart klingt, jede Gesellschaft hat auch immer eine wirtschaftliche Verantwortung die man nicht ganz außer acht lassen sollte)
    Wer (unnötig!!!) in kauf nimmt ein behindertes Kind zu zeugen begeht zumindest moralisch ein schweres Verbrechen. Denn man beraubt dieser Person der Entscheidung ein Leben ohne dieses Defizit führen zu können.
    Ich glaube niemand würde eine schwangere Frau welche am saufen und am Rauchen ist wie ein Schlot, mit dem Argument verteidigen: “ein behindertes Leben ist genau so Wertvoll”

  38. #38 JPeelen
    12/04/2012

    Die Erörterungen über die statistischen (Un-)Wahrscheinlichkeiten von Erbschäden scheinen mir unglaubhaft. Aus der Tierzucht, seien es die Kaninchen des Großvaters oder die professionell betreuten Elefanten im Zoo, ist bekannt, dass Inzucht unweigerlich zu erbgeschädigtem Nachwuchs führt. Nicht immer sofort, aber früher oder später. Den erfahrenen Züchter möchte ich sehen, der behauptet, Inzucht sei problemlos.
    Da für uns Menschen dieselbe Biologie gilt, ist das Zeugen von Kindern zwischen direkten Verwandten meiner Meinung nach ein Verbrechen am Nachwuchs.

  39. #39 F
    12/04/2012

    @Spoing:
    Ihr Argument führt zu Absurditäten. Wenn der Staat oder “die Gesellschaft” (wer auch immer das sein soll) die Zeugung (was soll denn hier “unnötig” heißen?) von Kindern mit erhöhter Chance auf Erbkrankheiten missbilligt und legislativ dagegen vorgehen soll, so müsste nicht nur Blutsverwandten, sondern allen Menschen mit erblichen Krankheiten oder Behinderungen die Fortpflanzung verboten werden. In Deutschland ist aber bloß Blutsverwandten die Fortpflanzung (genauer, wie es der Beitrag auch schön herausstellt: der Beischlaf, bei dem es sich juristisch um heterosexuellen Vaginalverkehr – und sonst nichts! – handelt) verboten, während erbkranke oder behinderte Menschen sich fortpflanzen dürfen (wenngleich es zB bei geistig behinderten Menschen Bemühungen gibt, durch Sexualaufklärung für Verhütung zu sorgen). Niemand wird – wie noch lange nach dem Dritten Reich üblich, ohne Einwilligung sterilisiert. Niemandem wird Geschlechtsverkehr verboten. Bloß den Blutsverwandten. Das ist absurd.

  40. #40 H.M.Voynich
    12/04/2012

    @Spoing:
    “Wer (unnötig!!!) in kauf nimmt ein behindertes Kind zu zeugen begeht zumindest moralisch ein schweres Verbrechen. Denn man beraubt dieser Person der Entscheidung ein Leben ohne dieses Defizit führen zu können.”

    Genau an diesem Punkt reibe ich mich.
    Für die Eltern mag die Wahl bestehen, ob sie ein gesundes oder ein krankes Kind zur Welt bringen möchten.
    Das kranke Kind selbst jedoch hat keine Möglichkeit, gesund zur Welt zu kommen. Es kommt entweder krank zur Welt, oder gar nicht.
    Wenn Du das kranke Kind später fragst, ob es trotz seiner Krankheit froh ist, am Leben zu sein, dann wirst Du in den allermeisten Fällen ein saftiges “JA” zu hören bekommen.
    Wir “Gesunden” sind es, die zu Depressionen neigen und oft keinen Sinn im Leben sehen.
    Und während ich trübselig in mein Fäustchen puste, kommt von hinten ein Junge in seinem Rollstuhl angeschossen, gibt seinen gesunden Freunden auf ihren Skateboards high five, und wird mit viel harter Arbeit zum ersten Menschen, der mit seinem Rollstuhl in der halfpipe einen Salto schlägt.

    Bevor Du das gesehen hast, weißt Du nicht, was “Lebensfreude” wirklich bedeutet.

  41. #41 Anhaltiner
    12/04/2012

    Inzest scheint nicht eklig genug gewesen zusein – sonst hätten die Gesetzesmacher vielleicht darauf verzichtet ihn zu regeln – einfach totschweigen wäre ja auch gegangen.

    Was ich bei “alten” Gesetzen immer schlecht finde das es nur den Gesetzestext gibt der sagt was verboten ist (explizite Erlaubnisse scheint es ja selten zu geben) und nicht eine amtliche Erklärung warum sowas denn nun genau so geregelt werden muss. So war zum Beispiel bei der Neuregelung der PID die Frage wie denn das “alte” Gesetz gemeint war und was denn nun zu schützen sei: der Embryo, die Eltern, die Gesellschaft oder die Kirche – und wenn alles dann in welcher Reihenfolge.

    Inzestverbot lässt sich schwer begründen – will die Gesellschaft nun vor “erbkranken Nachwuchs” schützen, hat man ein historisches Problem. will man die Gesellschafft schützen – reicht es ja eine “Inzestpflicht” zu unterlassen. Die beiden Partner voreinander schützen braucht man nicht – “alles kann, nichts muss”

    Wenn man alte Moralvorstellungen hochhalten will sollte das Inzestverbot ins Eherecht -“Inzestehen sind nichtig!” – ok aber zusammenleben können sie ja.

  42. #42 Dagda
    13/04/2012

    @Spoing
    Woran machen sie bitte den Wert von Menschen fest?
    Nebenbei sie vergleichen Äpfel mit Birnen: Die Alkoholembryopathie entsteht in der Schwangerschaft und ist damit sicher vermeidbar, wenn die Schwangere nicht trinkt. Das Argument hier wäre also vermeidbares Leid. (Die Frau würde gesunde Kinder bekommen wenn sie nicht trinkt). Eine Frau mit meinetwegen Chorea Huntington (autosomal dominanter Erbgang, nicht ganz das Thema, zur Erläuterung aber passend), wird wenn sie eigene Kinder bekommen will, mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% diese Erbanlage vererben, eine andere Möglichkeit hat sie nicht. (Praktisch könnte ihr eine Präimplantationsdiagnostik helfen)

  43. #43 Statistiker
    13/04/2012

    Interessant, ein wissentschaftlicher Blog und viele haben keine Ahnung von elementarer Mathematik.

    Bitte mal überlegen: Einzeleintrittswahrscheinlich mit Gesamteintrittswahrscheinlichkeit.
    Oha, “ja, aber wenn mehrere Gene”…. Ja, dann rechnen Sie doch mehrmals durch, es ändert sich nichts…..

    Und: Im gegensatz zu den tagesschau.de-Kommentatoren und einigen hier: Erbkrankheiten springen nicht vom Himmel. Die dringen nicht in einen Körper und sagen: “HAAAAA Inzest. Jetzt Du erbkrank!!!!!”

    Doch, anscheinend ticken diese Religioten so, anders kann man diesen unmathematischen Schwachsinn nicht erklären.

    So, ich geh jetzt pennen oder nicht, mal das FSM fragen, das weiß immer gut Bescheid….

  44. #44 Statistiker
    13/04/2012

    ich bitte um Verzeihung. Bei nochmaliger Durchsicht der Kommentare scheint nur ein gewisser Naturwissenschaftler sehr beratungsresistent zu sein, da dieser nicht rechnen kann, was einem Naturwissenschaftler unwürdig ist.

    Und was auf tagesschau.de steht, ist und bleibt Schwachsinn.

  45. #45 Spoing
    13/04/2012

    zunächst meine ich mit “der Gesellschaft” die öffentliche Meinung, also so wie es bei Inzest der Fall ist, dass dies eher tabuisiert ist.
    Mit vermeidbar meine ich zum Beispiel wenn sich ein Paar darüber im Klaren ist, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ein behindertes Baby bekommen, dann gibt es andere Wege ein Kind sein eigen zu nennen wenn man denn eines bekommen möchte. Von einer künstlichen Befruchtung (was bei Inzucht durch die beiden rezessiven Gene ja glaube ich nichts bringt, oder irre ich mich da?) bis hin zur Adoption.
    Sofern kein konkreter Verdacht besteht ein Baby könnte behindert oder schwer krank auf die Welt kommen bin ich auch dagegen den Partner nach gentechnischen Aspekten auszuwählen. (Oder das Baby wie auch immer zu designen)
    Aber wenn ich zum Beispiel weiß, mein Baby wird wahrscheinlich bevor es 10 ist sterben, dann würde ich doch lieber ein Kind adoptieren anstatt sowohl dem Kind als auch den Eltern und der Gesellschaft diese Zusatzbelastung aufzubürden. Sollte es ungewollt zu einer Schwangerschaft kommen so ist es etwas anderes, aber wenn ich ein Kind plane so finde ich es moralisch im höchsten Maße verwerflich.
    Und bei bewussten entscheiden für dieses Risiko aus egoistischen Motiven komplett identisch mit der saufenden schwangeren.

    Zu dem konkreten Fall: Das Paar hat 4 Kinder bekommen wovon 2 glaube ich behindert sind. 4 Kinder sind eine enorme Belastung, wenn davon dann auch noch 2 ,in welcher Form auch immer, extra Aufmerksamkeit brauchen um so mehr. Dazu wurde erwähnt die Frau wäre auch in irgendeiner weise rückständig. (war glaube ich emotional) dann sind dies Umstände, unter denen ein normales Leben nur sehr begrenzt möglich ist. Selbst wenn man die Finanzierung selbigen noch außen vor lässt.

  46. #46 Dagda
    13/04/2012

    @ Statistiker
    Ich weiß jetzt nicht ganz genau worauf sie hinaus wollen, aber sie wissen vermutlich was eine Prävalenz ist.
    Wenn wir diesen Abstrakt(https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7131177) mal heranziehen, dann haben wir bei Kindern aus Inzestuösen Beziehungen immerhin eine Prävalenz schwerer Behinderungen von 43%. Die Fallzahl ist gering (n=21), allerdings wirds es auch nicht so viele Kinder aus diesen Beziehungen geben.

  47. #47 Dagda
    13/04/2012

    @ Spoing
    Naja wenn es um ein bekanntes bei beiden Partnern vorhandenes heterozygotes Allel geht, kann/könnte man vermutlich schon eine Präimplantationsdiagnostik durchführen und nur gesunde Embryonen einpflanzen (ob das genau geht weiß ich nicht), da nur einer von vier Embryonen homozygot für eben jenes Allel sein wird.

    Diese Entscheidung (also ob sie unter diesen Umständen ein Kind bekommen wollen) sollten dann aber trotz allem immer noch die Eltern treffen, idealer weise natürlich nach einer Aufklärung( aber da sind sie keine Ausnahme), da man das Kind nicht Fragen kann und das ansonsten eigentlich niemanden angeht.

  48. #48 AndreasM
    13/04/2012

    @Dagda
    Weiter oben wurde auch schon ein Link zu einem Buch gepostet, das ähnliche Zahlen berichtet (anhand einer Studie über Verbindungen zwischen Cousins und Onkel-Nichte in Ländern, in denen das häufiger ist und dann hochgerechnet auf Geschwister).
    Ich denke, wir können davon ausgehen, das die Zahlen innerhalb gewisser Genauigkeitsgrenzen stimmen.

    @Statistiker
    Sie übersehen, dass es sich nicht um eine Erbkrankheit mit einer hohen Allelfrequenz handelt, sondern um extrem viele, die jeweils sehr niedrige Allelfrequenzen haben. Wie es aussieht, tragen wir fast alle potentielle Erbkrankheiten in uns, die aber fast nie zum Ausbruch kommen, weil die Wahrscheinlichkeit, uns mit jemandem zu paaren, der das gleiche defekte Allel hat, extrem gering ist, ausser eben im Inzestfall.

  49. #49 Statistiker
    13/04/2012

    @ AndreasM

    Nein, das übersehe ich nicht. Weil es keine Rolle spielt, ob 10 Gendefekte in einer von 1.000 Personen oder ob 1 Defekt in einer Population von 100 eine Rolle spielt.

    Was mathematisch auch leicht nachweisbar ist, wenn man man rechnen würde.

    Aber man rechnet ja nicht, sondern wirft mir nur Unkenntnis vor. Arbeiten kann man ja andere Leute lassen. Also: Rechnet selbst, ich werde Euch nicht mehr klüger machern wollen, Ihr wollt ja dumm sterben.

  50. #50 Statistiker
    13/04/2012

    @ Dagda: Ihre Quelle ist unseriös, das sollten Sie wissen, wenn Sie an seriöser Argumentation interessiert sind. Ein 5-Zeiler aus der Presse, tolle Quelle……

  51. #51 Cornelius Courts
    13/04/2012

    @jitpleecheep: “Und ich sehe mind. zwei Beispiele, wo das Streichen von §173 zu einer erheblichen Beweislastumkehr für Opfer familiären Missbrauchs führen würde. […] Von daher kann ich dem durchaus was gutes abgewinnen, wenn Gerichte da im Sinne des Opferschutzes eine einfache Entscheidung treffen können.”

    auch das überzeugt mich nicht, denn obwohl eine effektivere prozessuale Bewältigung von familiären Sexualdelikten sicher positiv ist, ist doch die sexuelle Selbstbestimmung in meinen Augen das höhere Rechtsgut, das es zu schützen gilt.

    “Wichtigster Grund für die Strafbarkeit sei der Schutz von Ehe und Familie, da Inzestverbindungen zu einer Überschneidung von Verwandtschaftsverhältnissen und sozialen Rollenverteilungen führten.”

    Das ist zunächst einfach nur eine Behauptung und trifft zudem im Falle von erwachsenen Geschwistern (die sich im Extremfall sogar erst als Erwachsene kennenlernen) überhaupt nicht zu.

    Was bei Diesen Ausführungen aber auch völlig ausser Acht gelassen wird: das bestehende Gesetz verbietet sexuellen Kontakt nur zu leiblichen (!), d.i. biologischen Verwandten! Adoptivkinder und Stiefkinder, die ja, wenn sie früh in die Familie integriert werden, in allen Belangen vollwertige soziale Geschwister/Kinder, also in jeder Hinsicht Teil der angeblich zu schützenden familiären Rollen und Strukturen sind, werden vom bestehenden Gesetz überhaupt nicht erfasst. Angesichts der Vielzahl verschiedenster Familenkombinationen (Stichwort: Patchwork) in der heutigen Zeit, kann das Gesetz diesem angeblichen Anspruch also überhaupt nicht mehr gerecht werden und hat also nicht wirklich einen familiensoziologisch-bewahrenden Charakter, sondern soll einfach nur nicht genehmes Sexualverhalten stigmatisieren.

  52. #52 AndreasM
    13/04/2012

    @Statistiker: Dann versuchen sie das mal mathematisch nachzuweisen. Es wird ihnen nicht gelingen. Denn es spielt eine Rolle. In die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind von Nichtverwandten eine dieser Erbkrankheiten kriegt, geht die Allelfrequenz näherungsweise quadratisch ein. Bei Inzestkindern aber linear. Der Grund liegt darin, dass es erstmal zu einem Matching der gleichen Erbkrankheiten kommen muss zwischen beiden nichtverwandten Eltern.
    Je kleiner die Allelfrequenz, desto deutlicher der Unterschied.

  53. #53 Physiker
    13/04/2012

    @Statistiker:

    Was mathematisch auch leicht nachweisbar ist, wenn man man rechnen würde.

    Ich denke, dass ich anfänglich den gleichen Fehler wie Sie gemacht habe (siehe meinen ersten Kommentar). Ihr Rechenbeispiel scheitert wirklich daran dass die Realität komplizierter ist. Sie müssen konkret die Erbregeln berücksichtigen und dass sich die defekten Gene auf 23 Chromosome verteilen. Ich habe mich mit einer kleinen Monte-Carlo-Simulation davon überzeugt, dass die Wahrscheinlichkeit für (mindestens) eine Erberkrankung bei Kindern von Verwandten ersten Grades (und unter der Annahme dass jeder Mensch im Schnitt Träger von 7 Gendefekten ist) tatsächlich bei ca. 40% liegt.

  54. #54 Physiker
    13/04/2012

    Es scheint also durch die wiss. Literatur gesichert (Danke @Dagda für den PubMed-Artikel), dass “die statistische Wahrscheinlichkeit, daß zwei beliebige nahe Verwandte ein erbkrankes Kind zeugen” eben nicht wesentlich kleiner als 25% ist, wie im obigen Blog-Artikel behauptet. Stattdessen liegt diese Wahrscheinlichkeit eher bei 40-45% (also fast fifty-fifty).
    (Natürlich ändert das nichts an der ethischen Diskussion.)

    Kann das mal jemand Cornelius Courts sagen? Offensichtlich ignoriert er mich

  55. #55 Jope
    13/04/2012

    Ich habe mir nicht alle Kommentare angesehen, aber wurde hier eigentlich schon mal angesprochen, dass Kinder, die zusammen aufwachsen, überhaupt kein sexuelles Interesse aneinander haben? Und dass dies unabhängig davon ist, ob diese Kinder tatsächlich Geschwister sind? Das es offensichtlich eine biologische Sperre gegen Inzest gibt (der sog. “Westermarck-Effekt”)?

    Dieter E. Zimmer hat darüber schon vor 25 Jahren geschrieben:

    https://www.zeit.de/1986/06/abschied-von-oedipus/seite-1

    Das Buch “Die Vernunft der Gefühle” von ihm kann ich auch sehr empfehlen:
    https://www.amazon.de/Vernunft-Gef%C3%BChle-Ursprung-menschlichen-Emotion/dp/3492005276

  56. #56 Statistiker
    13/04/2012

    @ AndreasM und Psysiker: Ich verweise auf meine obigen Ausführungen und bitte, diese zu widerlegen, bevor von mir gefordert wird, etwas mathematisch nachzuweisen, was ich mathematisch nachgewiesen habe. ich hätte zuerst Ihre “Beweise”, bevor Sie von mir neue Beweise für Bewiesenes verlangen.

    Und wenn die Realität auch komplizierter ist (man sollte Chromosonen aber auch nicht mit Genen verwechseln…) ändert sich nichts an der Mathematik. Mathematik ist wertneutral und ändert sich nicht mit wechselnden Meinungen.

    @ Jope: Meistens schon, aber mir sind Fälle bekannt, wo Geschwister es zuerst gemeinsam ausprobiert haben…… in den Vor-AIDS-Zeiten…..

  57. #57 Cornelius Courts
    13/04/2012

    @Physiker: “Es scheint also durch die wiss. Literatur gesichert (Danke @Dagda für den PubMed-Artikel)”, dass “die statistische Wahrscheinlichkeit, daß zwei beliebige nahe Verwandte ein erbkrankes Kind zeugen” eben nicht wesentlich kleiner als 25% ist,”

    nein, scheint es nicht und gesichert ist sowie schon mal erst recht gar nichts. Dieser eine (!) Artikel untersucht gerade mal 29 inzestgezeugte Kinder. Das ist viel (!) zu wenig, um zu einer signifikanten Aussage zu kommen (was im Artikel auch nicht behauptet wird).

    “Stattdessen liegt diese Wahrscheinlichkeit eher bei 40-45% (also fast fifty-fifty).”

    Sagt wer? In Wirklichkeit gibt es meines Wissens keine Studie, die alle in einer Population bekannten, manifesten Erbkrankheiten, deren Häufigkeit, Erbgang und Penetranz man genau genug kennt, mit einbezieht und daraus anhand einer ausreichend großen Stichprobe die Wahrscheinlichkeit erbkranker Inzest-Kinder im Vergleich zu erbkranken Nicht-Inzest-Kindern berechnet. Im Artikel spreche ich zudem von “beliebigen” Vrwandten, nicht nur von Geschwistern.

    @Jope: “Ich habe mir nicht alle Kommentare angesehen, aber wurde hier eigentlich schon mal angesprochen, dass Kinder, die zusammen aufwachsen, überhaupt kein sexuelles Interesse aneinander haben? ”

    Das mag so sein und erklärt zum Teil die allgemeine Abneigung gegen Inzest, ist ja aber für die Dikussion völlig unerheblich, denn durch eine Abschaffung von §173 würde ja niemand zum Inzest genötigt. Denn natürlich kann es trotzdem auch bei Menschen, die zusammen aufgewachsen sind, zu inzestuösen Neigungen kommen und die Frage ist ja, ob der Staat diesen Menschen einvernehmliche sexuelle Handlungen verbieten darf.

  58. #58 Jonas W.
    13/04/2012

    Naja, Ich bin dem Urteil gegenüber auch sehr skeptisch.

    Ich habe in einem World of Warcraft Forum im Offtopicteil dazu eine Diskussion losgetreten. War recht interessant, da man dort auch ein internationales Publikum hatte.

    https://www.mmo-champion.com/threads/1115386-Is-it-right-to-imprison-people-for-incest

    Das Hauptargument, es wäre unmoralisch ist ja nun heutzutage unhaltbar.
    Und das Argument, dass die Gefahr von Erbkrankheiten zu hoch ist auch kontrovers diskutiert werden. Zumal man dann ja auch anderen Bevölkerungsgruppen den Beischlaf verbieten müsste. Und wo ist die Grenze? Bei 2% Wahrscheinlichkeit? Bei 50%? Und wer kontrolliert das bitte schön?

    Ich bin auf jeden Fall klar gegen das Gesetz. Der Mainstream sieht das ja leider anders.

    PS: ich weiß, dass die Einleitung in dem Thread etwas unsachlich und manche Daten inkorrekt waren 😉 Aber man braucht ein bisschen Polemik, um das Interesse der Leute dort zu wecken. Mich hat erstaunt, dass doch einige Leute dort vernünftig und nicht nur über die Moralschiene argumentiert haben.

  59. #59 AndreasM
    13/04/2012

    @Cornelius: Was es gibt, sind generelle Untersuchungen über die Sterblichkeit von Kindern von verwandten Eltern im Vergleich zu nicht verwandten. Ehen zwischen Cousins sind ziemlich häufig, insbesondere in ländlichen Gegenden bestimmter Länder.
    Dieses Paper zitiert ein paar und kommt auf einen Wert von 3,5% bei direkten Cousins:
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2868287/?tool=pubmed

    Das kann man jetzt auf direkte Geschwister hochrechnen.
    Damit ist man zwar im zweistelligen Prozentbereich aber 50% ist definitiv zu hoch. Die Zahl kommt wahrscheinlich bei direkten Studien zustande, wenn man die Einflussfaktoren, wer überhaupt direkte Inzestkinder zeugt, ausser acht lässt.

    @Statistiker: Der Fehler ist mehr ein Interpretations- als ein Rechenfehler. Wie sie selbst gesagt haben, steigt die Reinerbigkeit und als Folge dessen findet ein vermehrter Ausbruch der Erbkrankheiten statt. Nun gibt es aber verdammt viele Defekte im Erbgut, die zu Krankheiten führen und die meisten davon kommen fast nie zum Ausbruch und damit wird die Familie nicht als belastet angesehen, obwohl diese Defekte da sind. Ausser eben mit Inzest.

  60. #60 Physiker
    13/04/2012

    @Cornelius Courts:

    Dieser eine (!) Artikel untersucht gerade mal 29 inzestgezeugte Kinder. Das ist viel (!) zu wenig, um zu einer signifikanten Aussage zu kommen (was im Artikel auch nicht behauptet wird).

    Wir reden hier nicht von einem einzigen Artikel. Es wurden hier inzwischen verschiedenste Quellen zusammengetragen:

    Selbst wenn einzelne Studienergebnisse nicht signifikant sein sollten, gehen doch alle Ergebnisse in die selbe Richtung und widersprechen ausnahmslos der obigen Behauptung im Blog-Text.
    Wie man an meinen Kommentaren nachvollziehen kann, war ich ursprünglich auch der Ansicht, dass die Wahrscheinlichkeit “daß zwei beliebige nahe Verwandte ein erbkrankes Kind zeugen” wesentlich kleiner als 25% sein müsste. Wenn das der Fall gewesen wäre, wäre dies ein zustätzliches Argument in der Diskussion gewesen, weil man dann die medizinischen Bedenken einfach abschmettern könnte (wie z.B. auch bei der erlaubten Ehe zwischen Cousin und Cousine, siehe Argumentation im Tagesschau-Artikel). Das ist aber laut verschiedensten Quellen nicht der Fall. Mich hat das erstaunt. Mir bricht deshalb aber auch nicht gleich ein Zacken aus der Krone, wenn ich einsehe, dass ich mich vorher geirrt habe.

    In Wirklichkeit gibt es meines Wissens keine Studie, die alle in einer Population bekannten, manifesten Erbkrankheiten, deren Häufigkeit, Erbgang und Penetranz man genau genug kennt, mit einbezieht und daraus anhand […]

    Ich kann zwar den Aufwand dieser Forderung nicht einschätzen, mir scheint er aber himmelhoch überzogen um eine in der Literatur so unumstrittene und einer nach eigener Argumentation belanglosen Zahl zu bestreiten.

    Im Artikel spreche ich zudem von “beliebigen” V[e]rwandten, nicht nur von Geschwistern.

    Das macht die Aussage auch nicht wahrer, denn Geschwister sind “zwei beliebige nahe Verwandte” (und für Verwandte höheren Grades ist die Diskussion ja sowieso irrelevant).

  61. #61 Physiker
    13/04/2012

    @AndreasM· 13.04.12 · 15:26 Uhr:

    Dieses Paper zitiert ein paar und kommt auf einen Wert von 3,5% bei direkten Cousins:
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2868287/?tool=pubmed
    Das kann man jetzt auf direkte Geschwister hochrechnen.
    Damit ist man zwar im zweistelligen Prozentbereich aber 50% ist definitiv zu hoch.

    Danke für diese weitere Quelle. In diesem paper sind die 3,5% allerdings die Sterblichkeit. Ich denke nicht, dass man an jeder Erbkrankheit gleich stirbt (siehe dazu auch das von mir verlinkte Buch). Die Wahrscheinlichkeit für eine Erbkrankheit kann also doch etwas höher liegen.

  62. #62 AndreasM
    13/04/2012

    @Physiker: Hmm, richtig erkannt. Müsste man mal noch weiter in Pubmed suchen nach sowas wie “Consanguinity Disabilities”, habe aber gerade keine Zeit dazu.

  63. #63 Engywuck
    13/04/2012

    wir vergessen hier bei den ganzen Fallzahlen eines: den Unterschied zwischen *gezeugten* und *geborenen* Kindern. Einige Erbkrankheiten führen ja zum frühen Absterben des Embryos, mithin zu Fehlgeburten. Diese sollten bei Kindern von Geschwistern (oder Eltern-Kind) ja ebenfalls erhöht sein und zumindest teilweise das Ausmaß verschleiern.

    Mal eine ganz andere Abschätzung, rein statistischer Art:
    Ich nehme primitiv an, dass zwei Geschwister ihre Gene vereinigen und beide vom Vater auf Chromosom 1-6 jeweils eine schwere rezessive Erbkrankheit erhalten haben. Der Rest der Chromosomen (insbesondere die der Mutter) sei “sauber”. Bei der Vereinigung der Gene werde jeweils zufällig das kranke oder das gesunde Chromosom “gezogen”.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass bei Chromosom 1 zweimal das “kranke” gezogen wird und diese Krankheit ausbricht ist damit 25% – bzw. 75% dass sie nicht ausbricht. Dasselbe für Chromosom 2,3,4,5, und 6. Damit aber nun *keine* der sechs Krankheiten doppelt vorliegt und damit aktiv wird muss sechsmal die “75%” erfüllt sein, mithin (3/4)^ 6 oder 17,8% — die Wahrscheinlichkeit, dass *mindestens* eine der Erbkrankeiten auftritt läge also bei 82,2%.

    Mir ist klar, dass dies eine grobe Abschätzung ist, zumal auch bei der Mutter ca. sechs Erbkrankheiten im Genom vorliegen (teilweise dieselben wie beim Vater, sonst läge die “normale” Wahrscheinlichkeit nicht bei 3%). Zudem sind die Krankheiten sicher nicht so “schön” verteilt sondern liegen zufälliger auf den Chromosomen (also auch zwei auf einem, wodurch die “embryonentötende” Variante die langsamer agierende aussticht) und und und.

    Dennoch scheint mir damit eine 40%-50%-Wahrscheinichkeit an Erbkrankheiten aller *lebendgeborenen* Kinder nicht unbedingt unwahrscheinlich.

    Für genauere Ergebnisse müsste wohl eine Monte-Carlo-Simulation (oder auch eine Berechnung) unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeiten der (bekannten) Erbkrankheiten, ihrer Lage auf den Chromosomen etc erfolgen. Dazu dann noch die zufälligen Fehler beim Kopieren wie Trisomien (oder ist das auch (rein) genetisch bedingt?), Mutationen und so weiter — wenn man’s wirklich genau haben will 🙂

    Damit könnte dann auch die Wahrscheinlichkeit bei Cousins und komplett Nichtverwandten berechnet und mit der Realität (hier sind die Fallzahlen wohl groß genug) verglichen werden – wobei wie gesagt immer die Schwierigkeit der Einbeziehung von Fehlgeburten inklusive Absterben vor der Einnistung besteht.

  64. #64 Statistiker
    13/04/2012

    @ AndreasM: Es ist völlig egal, wieviele Allele es gibt, an der mathematiscvhen Konsequenz ändert sich nichts. NACHRECHNEN

    @ Füsiker: Hören Sie auf, Sie machen sich lächerlich. Peinlicher kann sich ja kein esoteriker benehmen, mit Füsik haben Sie genauso viel am Hut wie ein Hühnchen mit Fahrrädern. So was Komisches und unwissenschaftliches ist mir unter einem wissenschaftlichen Pseudonym noch nict untergekommen. Ab jetzt werde ich Sie ignorieren, da Sie nur ein Troll sind. Danke. Bitte.

  65. #65 AndreasM
    14/04/2012

    @Statistiker: Ich habe es ja nachgerechnet. Viele jeweils unwahrscheinliche und wenige jeweils wahrscheinliche macht einen gewaltigen Unterschied im Inzestfall.
    Hat eine der Erbkrankheiten eine Allelfrequenz von 1/20000, also einer von ungefähr 10000 Menschen hat dieses Allel. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand mit diesem Allel, der das Allel von einem Elternteil geerbt hat, sich mit jemandem paart, der auch dieses Allel hat, bei 1/10000. Falls er sich aber mit seiner Schwester paart, ist die Wahrscheinlichkeit bei 1/2.
    Das Kind erbt das selbe Allel dann in 1/4 der Fälle.
    Also:
    Nicht verwandter Partner: 1/10000 (Wahrscheinlichkeit, dieses Allel zu haben) * 1/10000 (Wahrscheinlichkeit, dass der Partner das Allel hat) * 1/4 (Wahrscheinlichkeit, dass das Kind das Krankheitsallel doppelt erbt) = 1/400000000
    Geschwister: 1/10000 (Wahrscheinlichkeit, dieses Allel zu haben) * 1/2 (Wahrscheinlichkeit, dass die Schwester das gleiche Allel hat) * 1/4 (Wahrscheinlichkeit, dass das Kind das Krankheitsallel doppelt erbt) = 1/80000

    Der Unterschied ist gewaltig. Je höher die Allelfrequenz, desto kleiner der Effekt.

  66. #66 Physiker
    14/04/2012

    @AndreasM:
    Mit Ihren Suchbegriffen fand ich diese Studie:
    The effect of consanguinity on congenital disabilities in the Kuwaiti population.
    Mir ist aber nicht ganz klar, wie man das Risiko von Verwandtenehen zwischen Cousins auf Inzest zwischen Geschwistern hochrechnen kann… vermutlich muss man erstmal das Basisrisiko abziehen (wenn ich das mache, dann komme ich mit meiner primitiven Monte-Carlo-Simulation ebenfalls in den Bereich der bisher zitierten Ergebnisse). Das Basisrisiko selbst scheint mir theoretisch kaum zugänglich.

  67. #67 Die Spätschicht
    14/04/2012

    @Cornelius Courts

    Du schreibst: “Ich persönlich finde Inzest auch zwischen einvernehmlichen Erwachsenen irgendwie unappetitlich, (…)”

    Derartige Aussagen hört man oft im Zusammenhang mit dem Thema Inzest, auch von Leuten, die – wie Du – dem Verbot kritisch gegenüber stehen. Die Frage ist aber, was da wirklich als unappetitlich empfunden wird: Die Sache an sich oder das, was sich im eigenen Kopf abspielt? Wer “Inzest” hört, denkt wohl zuerst immer daran, wie es für ihn selber wäre, mit einem engen Verwandten Sex zu haben. Ähnlich hat man früher reagiert, wenn es um Homosexualität ging. Man fand es eklig, weil man sich als Heterosexueller vorgestellt hat, wie es wohl wäre, mit einem gleichgeschlechtlichen Partner… Das hat sich geändert, weil sich die Wahrnehmung von Homosexualität geändert hat. Man reduziert Homosexuelle nicht mehr allein auf den sexuellen Aspekt ihrer Beziehungen und man projiziert diese Vorstellungen nicht auf sich selber. Man hat akzeptiert, dass das, was man sich für sich selber nicht vorstellen kann, für Homosexuelle völlig normal ist. Und das ist gut so.

    Darum verwundert es mich auch, warum in der Debatte über Inzest immer noch die persönlichen Ekelgefühle eine Rolle spielen. Wir sind gesellschaftlich eigentlich schon weiter, nur schaffen es viele noch nicht, Inzest ähnlich nüchtern zu bewerten wie die Homosexualität. Dabei müsste das eigentlich viel einfacher sein. Ich möchte das an einem Beispiel klar machen: Man wird auf eine Party eingeladen und lernt dort ein Paar kennen. Ganz normale Leute, die eine ganz normale Beziehung führen. Entwickelt man deshalb Ekelgefühle? Wohl eher nicht. Nun hört man aber später, dass die beiden Geschwister sind. Das sind immer noch die gleichen Menschen, die man vorher für ein ganz normales Paar gehalten hat und mit denen man wie mit einem ganz normalen Paar umgegangen ist. Warum wird aus etwas, dass man eben noch völlig normal fand, plötzlich etwas Unappetitliches? Doch wohl nur deshalb, weil man seine eigenen Vorstellungen auf dieses Paar projiziert, sich vorstellt, das wäre die eigene Schwester oder der eigene Bruder, mit dem man ins Bett geht – und das ist ja igitt. Man tut etwas, was man bei normalen Paaren nie tut, man macht die Sexualität anderer zum Programm des eigenen Kopfkinos, man dringt gedanklich in deren Intimleben ein und man maßt sich auch noch eine Bewertung an.

  68. #68 awmrkl
    14/04/2012

    “Ist Inzest ein Menschenrecht?”

    Ich halte es dafür. (Punkt)

    Die Menschheit ist zB nach allem was wir wissen, hauptsächlich daraus entstanden.

    Ich möchte v.a. noch den Argumenten von “YeRainbow”, “H.M.Voynich” und zuletzt “Die Spätschicht” zustimmen.

    Wir haben mE nicht das Recht, diesen “inzestuösen” Menschen ihre -allen anderen zustehenden- Rechte abzusprechen, quasi allein wg gewisser Wahrscheinlichkeiten.

    Denn: Die Anzahl derer, die sich dieses “inzestuöse” Recht herausnehmen könnten, liegt mE definitiv im statistischen Rauschen. Wieviele Fälle gibt es denn pro Jahr? 1..5? Und dafür ein Gesetz, das auch noch -und das ist für mich der Oberhammer- Strafen dafür verteilt, weil sich Menschen lieben?

    Nööö, kommt mit was besserem!

  69. #69 s.s.t.
    14/04/2012

    @Die Spätschicht,
    @Cornelius Courts

    Ich wollte schon ähnliches schreiben, daher ganz kurz:

    Sofern Inzest tatsächlich keine nennenswerten Risiken beinhaltet, ist Inzest nicht nennenswert und Dein Gusto ist dabei genau so irrelevant wie das irgendeiner Kirche.

    Dass Sex-Leben aus etwas mehr als der Missionars-Stellung besteht/bestehen kann, hast Du ja bereits mehr als einmal dargelegt. Also, sofern niemand zu Schaden kommt, WTF.

  70. #70 Radicchio
    15/04/2012

    Man hat akzeptiert, dass das, was man sich für sich selber nicht vorstellen kann, für Homosexuelle völlig normal ist. Und das ist gut so.

    Darum verwundert es mich auch, warum in der Debatte über Inzest immer noch die persönlichen Ekelgefühle eine Rolle spielen.

    das ist doch beides das gleiche: es sich für sich selbst nicht vorstellen zu können, ist ausdruck eines ablehnenden gefühls, dass sich in ekel ausdrücken kann. dennoch kann man es für andere akzeptieren. ich finde z.b. auch einige sexualpraktiken, das verzehren von insekten und noch einiges mehr eklig, akzeptiere aber, dass andere es tun. die akzeptanz setzt meinen ekel nicht außer kraft.

    Entwickelt man deshalb Ekelgefühle?

    ich entwickle ekel, wenn ich mir FÜR MICH eklige dinge vorstelle. in diesem fall sex mit meinem geschwister. diese perspektive einzunehmen, steht mir zu und hat nichts damit zu tun, dass ich mich vor beliebigen geschwistern, die miteinander sex haben, ekeln würde.

    Man tut etwas, was man bei normalen Paaren nie tut, man macht die Sexualität anderer zum Programm des eigenen Kopfkinos, man dringt gedanklich in deren Intimleben ein und man maßt sich auch noch eine Bewertung an.

    du bist ja ein scherzkeks. was glaubst du, wieviele leute die sexualität anderer für ihr kopfkino benutzen? da wären schon mal alle konsumenten von pornografie. und glaub mir, otto und ottilie normalverbaucher stellen sich auch vor, wie es mit nachbarn oder kollegen wäre und fragen sich, ob und wie es z.b. dicke oder kleine oder große oder alte machen und bewerten es. das ist ganz normal.

  71. #71 Die Spätschicht
    15/04/2012

    @ Radicchio

    “ich entwickle ekel, wenn ich mir FÜR MICH eklige dinge vorstelle. in diesem fall sex mit meinem geschwister.”

    Ja, weil Du Dir Sex mit den Geschwistern vorstellst, die Du wohl schon seit Deiner Kindheit kennst. Nur sind das nicht die Art Geschwister, um die es in diesem Fall geht und in die sich Menschen verlieben, wenn sie sich in ihre Geschwister verlieben.

    Ich habe auch mal so gedacht wie Du – und wurde eines besseren belehrt. Ich bin praktisch über Nacht schwul geworden. Ach nee… darum ging es ja gerade nicht. Egal.

  72. #72 Radicchio
    15/04/2012

    Ja, weil Du Dir Sex mit den Geschwistern vorstellst, die Du wohl schon seit Deiner Kindheit kennst. Nur sind das nicht die Art Geschwister, um die es in diesem Fall geht und in die sich Menschen verlieben, wenn sie sich in ihre Geschwister verlieben.

    stimmt, ich kann aber in meiner vorstellung nur auf meine geschwister zurückgreifen. selbst wenn ich mir vorstelle, es gäbe z.b. geschwister, die ich nicht kenne und denen ich unbekannter weise begegnen könnte, tauchen die geschwister auf, mit denen ich aufgewachsen bin.

    es gibt eine studie, ich finde sie leider nicht, die festgestellt haben will, dass die abneigung gegen sexuelle beziehungen zu geschwistern, auch für nicht verwandte menschen gilt, mit denen wir als kleinkinder aufgewachsen sind.

    ich finde es auch nicht besonders problematisch, wenn andere leute irgendwas eklig finden, was ich mache oder machen könnte. das ist ihr gutes recht, solange sie es als mein tun akzeptieren.

  73. #73 Engywuck
    15/04/2012

    Sofern Inzest tatsächlich keine nennenswerten Risiken beinhaltet, ist Inzest nicht nennenswert und Dein Gusto ist dabei genau so irrelevant wie das irgendeiner Kirche.

    Das ist es ja gerade: laut Aussage vieler unterschiedlicher Quellen (und passend zu einer sehr groben Abschätzung meinerseits) enthält diese Praxis Risiken, sofern daraus Kinder resultieren – eine um ca. den Faktor 15 erhöhtes Risiko für den Ausbruch schwerer und schwerster Erbkrankheiten (“normal”: ca. 3%, bei Inzest ca. 40-50%).

    Achtung: damit sage ich nicht, dass ein Leben mit Behinderung nicht lebenswert ist! Aber unter den genannten Erbkrankheiten gibt es auch viele, die zum Tod des gezeugten Kindes in der (frühen) Kindheit führen…

    Solange niemand unter dem Inzest an sich leidet wäre er mir auf jeden Fall egal. Allerdings sind Inzestfälle per se schon sozial problematisch (siehe z.B. Kommentare weiter oben, in denen es um die Ausnutzung des einen Teils der Beziehung durch den anderen geht). Wenn dann noch die o.g. deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit benachteiligter Kinder (und machen wir uns nichts vor: schwere Erbkrankheiten sind für die betroffenen Personen immer noch mit Benachteiligungen verknüpft) hinzukommt wird es problematisch.

    Problematisch deshalb, weil, wie schon im Blogbeitrag selbst aufgeführt, dies dann eigentlich parallel zum Verbot des Kinderzeugens von Personen mit bekannt hohem Risiko vererblicher Krankheiten führen müsste (wobei: gibt es ein höheres Risiko als 50% zwischen Erbkrankem und “Normalo”?). Dies ist aber aus ganz anderen Gründen problematisch…

    Letztlich stammt das Gesetz aus einer Zeit, als die Genetik noch nicht weit entwickelt war (heute würden wir wohl theoretisch jeder Person das Risiko auf bekannte Erbkrankheiten ermitteln und bei Beginn der Geschlechtsreife zum Vergleich mit Sexualpartnern aushändigen können) und umfasst neben dem offensichtlichen Punkt “Pfuibäh, was erlauben die sich” eben auch den Punkt “Ausnutzung abhängiger und emotional geschwächter Personen” und “Gesundheitsschutz noch ungezeugter Kinder”. Der zweite Punkt ist zumindest großteils durch andere Gesetze abgedeckt, der erste sollte keine Rolle mehr spielen – und der dritte ist zumindest heutzutage problematisch – und das nicht nur, weil wir damit beispielsweise Schadensersatzklagen von Versicherern (“sie wussten doch um die gefahr, also zahlen Sie uns den Schaden”) heraufbeschwören.

    Damit gehört das Gesetz natürlich schleunigst auf den Prüfstand – andererseits wird es wohl extremst selten überhaupt eine Rolle spielen und wurde hier wohl auch mit Augenmaß angewandt. Einer Abschaffung sollte also (auch) eine juristische und ethische Debatte vorausgehen!

  74. #74 Gregor Weidninger
    16/04/2012

    Warum sollte bei der Frage “Ist Inzest ein Menschenrecht” die Frage nach der Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Fehlbildung oder Erbkrankheit überhaupt relevant sein?
    Mehr als die Hälfte der Kommentare bezieht sich auf dieses Problem.

    Es ist nicht relevant.

    Dies hat sogar das BVerfG in seiner Entscheidung zu diesem Thema schon erkannt und nur noch am Rande erwähnt.
    Primär sei der Schutz von Ehe und Familie.
    Das dies auch nur ein Scheinargument ist wurde schon von Cornelius Courts ausgeführt.

    Ich kann mich noch an meinen Strafrechtsprofessor Volk erinnern, der gerade diesen Paragrafen als ein Beispiel für moralische Strafe genommen hat.

    Der Inzestparagraf ist ähnlich absurd wie die Doppelehe 172 StGB. Auch hier wird etwas bestraft was moralisch falsch ist.
    (Oder um die Hilfskonstruktion des BVerfG zu verwenden “Schutz von Ehe und Familie”)

    Bei der Mehrehe ist es doch völlig ausreichend, dass diese Zivilrechtlich ausgeschlossen ist.
    Wozu die Strafe?
    Mehrere Beziehungen nebeneinander oder eine oder mehrere neben einer Ehe sind ja auch nicht (oder nicht mehr) strafbar.

    Es handelt sich um ein Strafrecht aus alter Zeit ein Wurmfortsatz, ein Überbleibsel der Reform von 1970.

    Zum Urteil des EGMR:
    Diese Richter haben es sich einfach gemacht.
    Um eine öffentliche Empörung abzuwenden behilft man sich dem Argument, es sei sei keine Verletzung der Menschenrechte den Inzest zu bestrafen. Es sei aber auch keine Pflicht diesen unter Strafe zu stellen.
    Bei diesem Vergehen ist es recht einfach, denn es gibt ja kein Opfer. Nur Täter.
    (Ein mögliches Kind kann im strafrechtlichen Sinn kein Opfer sein, denn schon der Beischlaf wird unter Strafe gestellt!)
    Würde ein Mitgliedstaat der EU z.B. Mord nicht bestrafen wäre dies selbstverständlich ein Verstoß gegen die Menschenrechte.

  75. #75 Physiker
    16/04/2012

    @Gregor Weidninger:

    Warum sollte bei der Frage “Ist Inzest ein Menschenrecht” die Frage nach der Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Fehlbildung oder Erbkrankheit überhaupt relevant sein?
    Mehr als die Hälfte der Kommentare bezieht sich auf dieses Problem.

    Wie ich hier bereits schrieb, ist diese Frage insofern relevant: Wenn die Wahrscheinlichkeit für eine Behinderung/Erbkrankheit deutlich unterhalb von 25% läge (wie oben im Blog-Artikel behauptet), dann könnte man alle medizinischen Bedenken abschmettern. Davon kann aber übhaupt keine Rede sein.

    Es ist nicht relevant.
    Dies hat sogar das BVerfG in seiner Entscheidung zu diesem Thema schon erkannt und nur noch am Rande erwähnt.
    Primär sei der Schutz von Ehe und Familie.

    Das ist falsch. In dieser Entscheidung des BVerfG werden die medizinischen Gründe – sie werden sogar explizit eugenische Gründe genannt:

    cc) Der Gesetzgeber hat sich zusätzlich auf eugenische Gesichtspunkte gestützt und ist davon ausgegangen, dass bei Kindern, die aus einer inzestuösen Beziehung erwachsen, wegen der erhöhten Möglichkeit der Summierung rezessiver Erbanlagen die Gefahr erblicher Schädigungen nicht ausgeschlossen werden könne

    – gleichberechtigt neben den anderen Gründen (unter anderem auch so absurde wie dass kaum jemand betroffen sei oder nur nur ein schmaler Bereich der persönlichen Lebensführung berührt sei) genannt. Gerade eben diese eugenischen Gesichtspunkte werden in der abweichenden Meinung des Richters Hassemer aufs schärfste kritisiert.

    Ausserdem ist die Hierarchie von Argumenten noch lange kein Grund für irgendwelche Verhältnisse von Proportionen in den Kommentaren.

  76. #76 lilith
    16/04/2012

    irgendwie seid ihr zum teil sehr eklig…

  77. #77 s.s.t.
    16/04/2012

    @lilith

    irgendwie seid ihr zum teil sehr eklig…

    “Ekel” ist sehr subjektiv, für manche sind ‘Sekt und Kaviar’, Tiere, Leichen oder enge Anverwandte sehr lecker, für andere weniger. WTF

  78. #78 Gregor Weidninger
    16/04/2012

    @Physiker

    Wie ich hier bereits schrieb, ist diese Frage insofern relevant: Wenn die Wahrscheinlichkeit für eine Behinderung/Erbkrankheit deutlich unterhalb von 25% läge (wie oben im Blog-Artikel behauptet), dann könnte man alle medizinischen Bedenken abschmettern. Davon kann aber übhaupt keine Rede sein.

    Das Argument kann ich nicht nachvollziehen. Es gibt genetische Kombinationen, die eine Behinderung/Erbkrankheit zu 100% wahrscheinlich machen. Einem “normalen” Paar würde man trotz des Wissens darum nicht den Beischlaf verbieten.

    Der Inzestparagraf verbietet NICHT das Kinderbekommen. Sondern den bereits den Beischlaf. Daher ist es nicht relevant, ob daraus ein Kind entsteht. Man nehme den Fall der Zeugungsunfähigkeit des Inzestpaares. Trotzdem wäre der Beischlaf verboten.
    Daher verweist das BVerfG lediglich auf den Willen des Gesetzgebers.
    Die Materialien heranzuzuiehen bei solchen Gesetzen ist sowieso schon fragwürdig.
    Außerdem wird es nicht weiter schlüssig begründet, warum ausgerechnet der Wille des Gesetzgebers hier relevant sein sollte.
    Die Formulierung “zusaätzlich” sollte beim genauen lesen darauf hindeuten, dass dieser Wille für das Urteil NICHT ausreichend ist.
    Zitat:

    Vor diesem Hintergrund kann das strafbewehrte Inzestverbot auch unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Erbschäden nicht als irrational angesehen werden

    Eben. Weder das Vorliegen oder das Nichtvorliegen der erhöhten Wahrscheinlichkeit
    von Erbschäden ist ein rationaler Grund für das BVerfG. Es akzeptiert dies nicht als Gegenargument. Das ist der Punkt.
    Von wegen gleichberechtigt.

    Daher wurde der “Schutz von Ehe und Famlilie” als Hilfskonstrukt eingeführt.
    Es gibt diverse Beispiele für solcherlei Urteile, wo das BVerfG sich es nicht mit der Öffentlichkeit oder den eigenen Moralvorstellungen verscherzen wollte.
    Das ist der Punkt auf den ich hinauswollte.

    Leider wird mangels Kenntnis in der Öffentlichkeit und leider auch von vielen Juristen das Scheinargument “Erbkrankheiten” trotzdem noch als Hauptargument benutzt.

    Ausserdem ist die Hierarchie von Argumenten noch lange kein Grund für irgendwelche Verhältnisse von Proportionen in den Kommentaren.

    Eben. Warum dann das Herumreiten auf den Erbkrankheiten???

  79. #79 Anonühm
    16/04/2012

    Zu dem konkreten Fall: Das Paar hat 4 Kinder bekommen wovon 2 glaube ich behindert sind. 4 Kinder sind eine enorme Belastung, wenn davon dann auch noch 2 ,in welcher Form auch immer, extra Aufmerksamkeit brauchen um so mehr.

    Das ist ja nicht deren Problem. Ich habe gehört, dass drei der vier Kinder in Pflegefamilien untergebracht worden seien. Ob die Frau eins der beiden gesunden behalten hat, weiß ich nicht.
    Mit dieser Information hat die Aussage des Rechtsanwalts, dass durch die Haft eine Familie zerstört worden sei, eine ganz besondere Wirkung.

  80. #80 schak
    17/04/2012

    @Autor
    Sehr interessante Betrachtungsweise, muss ich mir merken. Danke.

  81. #81 Physiker
    17/04/2012

    @Gregor Weidninger:

    Das Argument kann ich nicht nachvollziehen. […] Einem “normalen” Paar würde man trotz des Wissens darum nicht den Beischlaf verbieten.

    Ich denke wir reden aneinander vorbei: Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass das diskutierte Risiko für die Beantwortung der Frage “ob Inzest ein Menschenrecht ist” nicht relevant ist (siehe hier).
    Nichtsdetotrotz wird aber im obigen Blog-Artikel (wenn auch nur am Rande) das wissenschaftlich nicht haltbare (und wenn Sie so wollen unrelevante) Argument vorgebracht, dass das Risiko für Erbkrankheiten klein sei. Und insofern ist die korrekte Einschätzung dieses Risikos eben doch nicht off-topic. Denn in den Kommentaren soll es doch um den obigen Blog-Artikel gehen und nicht bloss um die Überschrift.

    Der Inzestparagraf verbietet NICHT das Kinderbekommen. Sondern den bereits den Beischlaf. […]

    Das wurde hier alles schon diskutiert.

    Die Formulierung “zusaätzlich” sollte beim genauen lesen darauf hindeuten, dass dieser Wille für das Urteil NICHT ausreichend ist.

    Dem allgemeinen Sprachgebrauch/Duden nach, enthält das Wort “zusätzlich” keine Wichtung. Es bedeutet nur, dass noch ein weiteres Argument hinzukommt. Ich kann nicht beurteilen ob der Satz im Rechtswesen tatsächlich so verstanden wird, wie Sie das hineininterpretieren – die Gliederung der Argumente (aa-dd) spricht jedenfalls dagegen.

    Vor diesem Hintergrund kann das strafbewehrte Inzestverbot auch unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Erbschäden nicht als irrational angesehen werden

    Eben. Weder das Vorliegen oder das Nichtvorliegen der erhöhten Wahrscheinlichkeit von Erbschäden ist ein rationaler Grund für das BVerfG.

    Das ist nicht die Aussage von dem Satz, den Sie zitieren. Der Satz besagt “nur”, dass es rational sei (“nicht irrational”), mit der Vermeidung von Erbschäden zu argumentieren, weil wissenschaftliche Studien (“Vor diesem Hintergrund”) das Risiko belegen. Der gesamte Abschnitt dreht sich ausschliesslich um die Rechtfertigung der “eugenischen Gesichtspunkte” die der Gesetzgeber im Auge hatte. Bitte einfach nochmal genau durchlesen.

    Daher wurde der “Schutz von Ehe und Famlilie” als Hilfskonstrukt eingeführt.
    Es gibt diverse Beispiele für solcherlei Urteile, wo das BVerfG sich es nicht mit der Öffentlichkeit oder den eigenen Moralvorstellungen verscherzen wollte.

    Sicher. Die Argumentation des BVerfG geht aber deutlich darüber hinaus. Selbst eine Erwähnung von “eugenischen Gesichtspunkten” wäre meiner Meinung nach kritikwürdig gewesen, ganz zu schweigen von der nachzulesenden Verteidigung eugenischer Argumente gegen Kritik.

    Warum dann das Herumreiten auf den Erbkrankheiten???

    Das ist die einzige empirisch überprüfbare Aussage im obigen Blog-Artikel. Und diese ist laut allen bisher gefundenen Quellen falsch. Einen höflicheren Wink mit dem Zaunfahl, diese Aussage im obigen Blog-Text zu korrigieren (oder zu erklären warum doch kein Widerspruch zur wiss. Literatur besteht) kann ich wirklich nicht geben. Warum soll man denn auf etwas Herumreiten das stimmt?

  82. #82 Joe
    17/04/2012

    Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass es nur Aufgabe des BVerfG ist zu prüfen, ob eine Norm mit der Verfassung übereinstimmt – wobei der Gesetzgeber, seiner Aufgabe entsprechend, einen immensen Einschätzungsspielraum zur Angemessenheit einer Regelung hat (Stichwort Gewaltenteilung). Es ist keine moralische Instanz, die sagt, ob Gesetze richtig oder falsch sind, sondern nur, ob sie Grundrechte verletzen dh. verfassungswidrig einschränken.
    Auch der EGMR ist nicht dazu da, oberlehrerhaft Deutschland zu erzählen, ob sein Strafrecht in Ordnung ist, um es mal lapidar auszudrücken.
    Ich krieg immer ein bisschen Zahnschmerzen, wenn dem EGMR vorgeworfen wird, er hätte was machen können bzw. er habe das aus “Null Bock” so entschieden. Das ist Blödsinn. Der EGMR ist, wenn man böse sein will, ein zahnloser Tiger.
    Seine Urteile müssen zwar beachtet werden, sonst… ja, sonst was?

  83. #83 Wolfgang
    18/04/2012

    Wenn man sich Populationen anschaut, wo Verwandtenehen üblich sind, fällt auf, dass viele Kinder aus diesen Beziehungen ganz neue Erkrankungen haben. Ich war vor etlichen Jahren mal auf ner Kinderärztetagung in Berlin. Da wurden viele neue Syndrome vorgestellt- fast alle bei Kindern deren Eltern aus der Türkei stammen, wo eben Verwandtenehen üblich sind.
    Und zum Teil klinisch schwerste Behinderungen.

    Und da sollte es eigentlich doch wünschenswert sein, dass man präventiv gesundheitliche Risken ehestmöglich vermeidet- multikulti wäre da sicher risikoreduzierend

  84. #84 Cornelius Courts
    18/04/2012

    @Physiker: “Das ist die einzige empirisch überprüfbare Aussage im obigen Blog-Artikel. Und diese ist laut allen bisher gefundenen Quellen falsch.”

    Das Problem ist und bleibt, daß die “bisher gefundenen Quellen” äußerst schwachbrüstig und v.a. bis auf eine Ausnahme (bei der n=29 ist) nicht einmal peer reviewed sind.
    Eine deutlichere Aussage, als daß es derzeit meines Wissens keine Studie gibt, die alle in einer Population bekannten, manifesten Erbkrankheiten, deren Häufigkeit, Erbgang und Penetranz man genau genug kennt, mit einbezieht und daraus anhand einer ausreichend großen Stichprobe die Wahrscheinlichkeit erbkranker Inzest-Kinder im Vergleich zu erbkranken Nicht-Inzest-Kindern berechnet, kann ich nicht machen.

    @Joe: “Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass es nur Aufgabe des BVerfG ist zu prüfen, ob eine Norm mit der Verfassung übereinstimmt […] ob sie Grundrechte verletzen dh. verfassungswidrig einschränken.”

    Genau so isset. Und genau das ist der Grund, warum das BVErfG versagt hat: denn §173 ist insoweit verfassungswidrig, als er das Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung beschneidet. So wie damals §175.

  85. #85 Physiker
    18/04/2012

    @Cornelius Courts:

    Das Problem ist und bleibt, daß die “bisher gefundenen Quellen” äußerst schwachbrüstig und v.a. bis auf eine Ausnahme (bei der n=29 ist) nicht einmal peer reviewed sind.

    Ein Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach. Oder gibt es Studien, die belegen, dass das Risiko für Erbkrankheiten bei z.B. Geschwisterehen wirklich deutlich unter 25% liegt?

    Eine deutlichere Aussage, als daß es derzeit meines Wissens keine Studie gibt, die alle in einer Population bekannten, manifesten Erbkrankheiten, deren Häufigkeit, Erbgang und Penetranz man genau genug kennt, mit einbezieht und daraus anhand einer ausreichend großen Stichprobe die Wahrscheinlichkeit erbkranker Inzest-Kinder im Vergleich zu erbkranken Nicht-Inzest-Kindern berechnet, kann ich nicht machen.

    Das ist keine wissenschaftliche Argumentation. Man kann doch nicht einfach das Gegenteil einer gefundenen Evidenz behaupten, nur weil die bisherigen Studien nicht gut genug sind. Dazu bedarf es schon mehr Anhaltspunkte. Und diese würde ich gerne erfahren.

  86. #86 Cornelius Courts
    19/04/2012

    @Physiker: “Man kann doch nicht einfach das Gegenteil einer gefundenen Evidenz behaupten, nur weil die bisherigen Studien nicht gut genug sind.”

    DAS ist keine wissenschaftliche Argumentation. Man kann doch nicht von Evidenz sprechen, ohne welche zu haben!
    (abgesehen davon, daß von “Gegenteil behaupten” überhaupt keine Rede sein kann)

  87. #87 Manea-K
    19/04/2012

    @CC: Dann geben Sie doch einfach Ihre Quelle fuer die behaupteten “<<25%" an, das waere doch mal wissenschaftlich.

  88. #88 Manea-K
    19/04/2012

    Huch, Problem mit den tags, also nochmal:
    @CC: Dann geben Sie doch einfach Ihre Quelle fuer die behaupteten “wesentlich niedriger als 25%” an.

  89. #89 Physiker
    19/04/2012

    @Cornelius Courts:
    Was gilt denn dann als Evidenz, wenn nicht Aussagen aus Fachbüchern (hier übrigens noch eines), peer-reviewte Studien, Fortbildungsmaterial für Ärzte (übrigens laut Webseite ebenfalls peer-reviewt) und Expertenaussagen?
    Nur die geforderte Studie, die es aus ethischen, medizinischen und finanziellen Gründen höchstwahrscheinlich niemals geben wird? So eine “Argumentation” findet man sonst nur unter Kritikern der “Schulmedizin”…

    Man kann doch nicht von Evidenz sprechen, ohne welche zu haben!

    Wenn das Wort “Evidenz” stört, dann einfach durch “Hinweis” oder “Indiz” ersetzen. An meiner Kritik ändert das nichts.

    abgesehen davon, daß von “Gegenteil behaupten” überhaupt keine Rede sein kann

    Alle bisher gefundenen Quellen behaupten dass das diskutierte Risiko für Geschwister irgendwo zwischen 20% und 50% liegt. Und 20%-50% ist nicht wesentlich kleiner als 25%.

  90. #90 Andrea N.D.
    19/04/2012

    @Physiker:
    Also, ich setzte dann die neuen Wörter einmal spaßeshalber in Deinen Satz ein (ohne inhaltlich irgendetwas behaupten zu wollen):
    “Man kann doch nicht einfach das Gegenteil eines gefundenen Hinweises behaupten, nur weil die bisherigen Studien nicht gut genug sind.”

    Nun ja, entweder ist der Hinweis evident, dann gibt es profunde Studien. Wenn es keine profunden Studien gibt, könnte das ein deutlicher Anhalt für die Nichtevidenz des Hinweises sein, nicht wahr? Dieses Geschwurbel lässt sich übrigens auch wunderbar auf “religiöse Hinweise und Hinweise auf evidente Wunder” anwenden. Auch hier nehmen diejenigen, die wissenschaftlichen Methoden zugänglich sind, ja mangels profunder Studien an, dass wohl eher die Nichtevidenz zutrifft. Ich halte das für völlig legitim, sonst verirrt man sich ja im Dschungel der behauptete Hinweise.

  91. #91 Engywuck
    19/04/2012

    ok, also es gibt mehrfache Studien, davon eine empirische (mit geringer Fallzahl – aber ist “29” *wirklich* soooo viel geringer als viele andere Bescrhreibungen/Untersuchungen in der medizinischen Literatur?) – *und* grobe Abschätzungen aufgrund Monte-Carlo-Untersuchungen und sogar meiner eigenen groben Schätzung – aber Herr CC weigert sich, dies alles auch nur ansatzweise als *Indiz* zu werten?

    Interessant…

    vor allem, weil es erschreckend der Argumentationskette der “Klimawandelleugner” ähnelt

  92. #92 Physiker
    19/04/2012

    @Andrea N.D.:

    Ich halte das für völlig legitim, sonst verirrt man sich ja im Dschungel der behauptete Hinweise.

    Die Hinweise gehen aber alle in die selbe Richtung. Ich finde überhaupt keine publizierten Hinweise, die CCs Aussage stützen (obwohl ich ausgiebig danach gesucht habe, da ich vorher ebenfalls CCs Meinung war – siehe oben).

    Der letztjährige Physik-Nobelpreis (Messung der beschleunigten Expansion des Universums mit Hilfe von Supernova Ia Standardkerzen) wurde übrigens für einen “Hinweis” vergeben, der für sich genommen deutlich weniger signifikant(*) war als die hier kritisierte peer-reviewte Veröffentlichung. Nur weil die Statisik umfangreicher hätte sein können ist doch deshalb niemand auf die absurde Idee gekommen, dass die gegenteilige Aussage wahr ist, nämlich dass sich die Expansion des Universums verlangsamt. Manchmal ist es einfach die (grosse) Summe verschiedenster und unabhängiger Hinweise und Indizien, die eine Aussage belegen.

    (*) Hier soll die obere Kurve besser zu den Daten passen. Genau dafür gab’s den Physik-Nobelpreis.

  93. #93 anonym
    20/04/2012

    Wurde sicher schon erwähnt: Die Abkürzung BVG ist irreführend, da sie im oberen Teil ihres Artikels von BVerfG sprechen, allerdings auch grunsätzlich zu vermeiden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVG, noch besser: BVerwG) hat im vorliegenden Fall nichts mit der Sache zu tun.

  94. #94 Andrea N.D.
    20/04/2012

    @Physiker:
    “Die Hinweise gehen aber alle in die selbe Richtung. ”
    Mag sein. Sämtliche Hinweise für die Evidenz des einen Gottes gehen auch in dieselbe Richtung. Ich wollte lediglich darauf “hinweisen”, dass es “Hinweisen”, die nicht mit profunden Studien unterfüttert werden können (aus welchen Gründen auch immer), vielleicht doch an Evidenz mangeln kann.

    Dein Beispiel halte ich nicht für passend, da der moralische Impetus fehlt. Ich kann mir niemanden vorstellen, der dem Universum vorwirft, dass es jetzt doch beschleunigt expandiert. Und genau das hat doch Cornelius kritisiert?

  95. #95 Cornelius Courts
    20/04/2012

    @Engywuck:
    “aber ist “29” *wirklich* soooo viel geringer als viele andere Bescrhreibungen/Untersuchungen in der medizinischen Literatur?)”

    jup (würde ich vielleicht einfach mal reingucken).
    Vor allem bei Studien, die sich anmaßen, eine Antwort auf eine so umfassende Frage geben wollen.

    “*und* grobe Abschätzungen aufgrund Monte-Carlo-Untersuchungen und sogar meiner eigenen groben Schätzung”

    Nee, stimmt. Da hast Du recht. Wenn ich die Monte-Carlo-Untersuchungen und nicht mal DEINE, also von Dir höchstselbst und ganz persönlich vorgenommene staatlich zertifizierte Grobschätzung nicht überzeugend finde, dann kann es mit meinem Argument wirklich nicht weit her sein. Alles was recht ist!

    “aber Herr CC weigert sich, dies alles auch nur ansatzweise als *Indiz* zu werten? Interessant…”

    Meintest Du nicht: Fasziniiiiiiierend?

    “vor allem, weil es erschreckend der Argumentationskette der “Klimawandelleugner” ähnelt”

    😀 Du bist echt ein Joker! Das Gegenteil ist richtig: mit einer mauen n=29-Studie, ‘nem Buch, ‘ner Ärztefortbildung und einer von Dir höchstselbstpersönlich ganz allein und ohne Hilfe angefertigten “groben Schätzung” angeschissen kommen und darauf seine Behauptung gründen ist wohl eher die Argumentationstechnik der Klimawandelleugner…

  96. #96 Manea-K
    20/04/2012

    @CC: Wie oben schon gesagt: Dann geben Sie doch einfach Ihre Quelle fuer die behaupteten “wesentlich niedriger als 25%” an und dann sehen wir, wie sie im Vergleich zu Physikers Quellen dasteht.

  97. #97 puck puck
    20/04/2012

    Ich habe mir unter https://dejure.org/gesetze/StGB/173.html den Gesetzestext angeschaut (s.u.) und finde:
    -Es geht nur um den Beischlaf – Genetik kommt nicht vor
    -Es wird (im Gegensatz zu einigen Posts hier) kein Unterschied zwischen Hetero/Homo gemacht, d.h. auch Mutter/Tochter- bzw. Schwester/Schwester-Paare sind ungesetzlich.
    -Die Biologie kommt nur durch den Satz “..dies gilt auch dann, wenn das Verwandtschaftsverhältnis erloschen ist.” (Das bezieht sich wohl auf Adoptionen)

    Leibliche Geschwister sind doch sicherlich auch Halbgeschwister. Von der Genetik her müsste es dann auch für die Kinder von eineigien Zwillingen gelten, die nach dem Gesetz Cousins sind.

    Wenn das Gesetz nicht nur eine geschwurbelte Moral umsetzen wollte, müßte nicht den Beischlaf sondern die Gefahr eines geschädigten Nachwuchses berücksichtigen.

    Wer mit einem Auto, das theoretisch 300 km/h fahren kann, über eine Landstrasse fährt, macht sich ja auch nicht strafbar.

    ————————————
    § 173 Beischlaf zwischen Verwandten

    (1) Wer mit einem leiblichen Abkömmling den Beischlaf vollzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    (2) Wer mit einem leiblichen Verwandten aufsteigender Linie den Beischlaf vollzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft; dies gilt auch dann, wenn das Verwandtschaftsverhältnis erloschen ist. Ebenso werden leibliche Geschwister bestraft, die miteinander den Beischlaf vollziehen.

    (3) Abkömmlinge und Geschwister werden nicht nach dieser Vorschrift bestraft, wenn sie zur Zeit der Tat noch nicht achtzehn Jahre alt waren.

  98. #98 Die Spätschicht
    20/04/2012

    @puck puck
    “Beischlaf” bedeutet in juristischen Texten immer “vaginaler Geschlechtsverkehr zwischen Frau und Mann”. Alles andere heisst “eine dem Beischlaf gleichzusetzende sexuelle Handlung”.

  99. #99 Physiker
    20/04/2012

    @puck puck:

    Von der Genetik her müsste es dann auch für die Kinder von eineigien Zwillingen gelten, […]

    Hihi, der war gut… da fällt mir spontan folgendes Film-Zitat ein:
    “but God knows we keep trying”

  100. #100 puck puck
    20/04/2012

    @Spätschicht
    Ist das keine Diskriminierung von Heteros?

  101. #101 LadyDarknis
    21/04/2012

    Man was den hier los? Einer kommt mit Möchtegern Mathematik.
    Was sollte das sein? “Wie rechen ich immer das 10 raus kommt“?
    D + D = 10% | D + R = ??% | R + R = ??% also was soll der Quatsch @Statistiker
    Selbst dir muss klar sein das sich bei D+R oder R+R es nicht mehr um 10% handeln kann.
    Und wie schon viele vor mir geschrieben haben ist es nun mal Fakt
    das die Inzucht auf lange Sicht immer zu Missbildungen oder anderen Erbkrankheiten führt.

    Aber das war ja noch Witzig das nächste was ich lesen musste
    hat mich echt an den Verstand des Verfassers zweifeln lassen.
    @H.M.Voynich bringt doch echt Sodomie mit in die Diskussion.
    Was soll das? ich hab noch keinen Hund gesehen der auf die frage
    geantwortet hat „willst du mit mir Sex“ oder geht der Schreiber von aus
    wer nicht Nein sagen kann sagt automatisch Ja? *sorry ist mir zu hoch*

    Aber ok zum Thema, sicher ist ein Kind gezeugt von Geschwistern
    noch nicht der Untergang und das Ende der Menschheit,
    nur man kann doch nicht das pflanzten von Samen erlauben
    aber das Endstehen von Leben verbitten oder Verhindern.
    Sicher ist das Gesetz selber nicht der Stein der Weissen,
    aber in meinen Augen ein Legitimes Stoppschild.

    mfG

  102. #102 LadyDarknis
    21/04/2012

    Was ich noch los werden wollte weil ich das hier immer wieder lese.
    Wenn ich als Person einen Menschen wissentlich so verletze
    das dieser eine Behinderung hat, ist das eine Straftat,
    warum ist es dann nicht auch eine Straftat wenn
    2 Geschwister wissentlich ein Kind zeugen selbst auf die Gefahr hin
    das es Behindert ist. Und jetzt komm keiner mit “kann auch bei anderen passieren”,
    ich habe mit Absicht das Wort wissentlich benutzt.

    mfG

    p.s. die Diskussion ob ein Behinderter Mensch ein lebenswertes Leben hat
    ist mehr als unethisch und hat hier in der Disposition als Argument nichts verloren.
    Könnt man ja gleich mit den Baby auf Schienen für den Weltfrieden kommen. *tztz*

  103. #103 Thomas J
    21/04/2012

    @Lady Darknis

    “Und jetzt komm keiner mit “kann auch bei anderen passieren”,
    ich habe mit Absicht das Wort wissentlich benutzt.”

    Versteh ich nicht:
    1. “kann bei anderen passieren” ist ja auch gesichertes Wissen –> ergo auch wissentlich
    2. wäre die Konsequenz daraus die konsequente Scannung jedes Embryos mit folgender Abtreibung bei gesicherter Behinderung

    Man sollte schon irgendwie konsistent argumentieren…

  104. #104 LadyDarknis
    21/04/2012

    Man überfährt wissentlich, Bewusst und mit Absicht einen Menschen,
    dieser kann aber muss nicht danach eine Körperliche Behinderung haben,
    was aber mit einer Wahrscheinlichkeit Sicher der Fall sein wird.

    Man zeugt wissentlich, Bewusst und mit Absicht durch Inzucht ein Kind,
    dieser kann aber muss nicht danach eine Körperliche Behinderung haben,
    was aber mit einer Wahrscheinlichkeit Sicher der Fall sein wird.

    Ich habe hier wissentlich, Bewusst und mit Absicht keine % angegeben
    aber Fakt ist es nun mal das Sex (Beischlaf) Kinder macht
    und Inzucht die Wahrscheinlichkeit von Erbkrankheiten erhöht.

    Das dieses Gesetz per se eigentlich “nur” das fahren mit leiblichen Verwandten
    unter Straffe stellt mag ja sein, aber wie ich auch schon geschrieben habe
    sehe ich diese Gesetz auch als Stoppschild oder wer will den da noch
    was Gesetzlich Regeln wenn das Kind sprichwörtlich in den Brunnen gefallen ist.
    Sicher kann man dann die Eltern immer noch vor den Kadi ziehen
    aber das Kind wenn es dann an einer Erbkrankheit leidet muss damit leben.
    So wie der Mensch der von einen Auto überfahren worden ist
    und jetzt Querschnittgelähmt den Rest seines Lebens im Rollstuhl verbringen muss.

    Man sollte schon irgendwie Konsistenz lesen und verstehen können oder wollen

  105. #105 LadyDarknis
    21/04/2012

    ist ja auch gesichertes Wissen –> ergo auch wissentlich

    Wie kommst du darauf das sich wissentlich von Wissen ableitet ? *lol*

    Ich dachte immer das wissentlich heißt das ich es Bewusst mache.
    Aber ok hier der Duden: https://www.duden.de/suchen/dudenonline/wissentlich

  106. #106 Tia Mia
    21/04/2012

    “Man zeugt wissentlich, Bewusst und mit Absicht durch Inzucht ein Kind,
    dieser kann aber muss nicht danach eine Körperliche Behinderung haben,
    was aber mit einer Wahrscheinlichkeit Sicher der Fall sein wird.”

    Mit einer Wahrscheinlichkeit sicher? Ja was denn nun? Wahrscheinlich oder sicher? Sicher ist es in keinem Fall. Dass die Wahrscheinlichkeit erhöht ist, ist ebenfalls nicht bewiesen.

    “aber Fakt ist es nun mal das Sex (Beischlaf) Kinder macht
    und Inzucht die Wahrscheinlichkeit von Erbkrankheiten erhöht.”

    Nein und nein.

    Es ist kein Fakt, dass Beischlaf Kinder macht. Beischlaf, der von zeugungsfähigen Menschen ohne ausreichende schwangerschaftsverhütende Maßnahmen vollzogen wird, macht manchmal Kinder. Wenn nicht eine Fehlgeburt oder Abtreibung dazwischen kommt.

    Es ist kein Fakt, dass Inzucht die Wahrscheinlichkeit von Erbkrankheiten erhöht. Es gibt hierfür noch immer keinen Beweis. Und ohne Beweis keine Fakten. So einfach ist es manchmal.

    Was ist mit nicht zeugungsfähigen Geschwistern, die den Beischlaf vollzogen haben? Sollen die auch ins Gefängnis? Nur so aus Prinzip?

    Was ist mit einen alkoholkranken Mann und einer adipösen Frau, die nicht verwandt sind und den Beischlaf vollzogen haben? Sollten sie nicht auch ins Gefängnis? Hier ist es nicht nur “wissentlich, bewusst und mit Absicht”. Es ist geradezu °obviously°, dass ein gezeugtes Kind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein “schweres Erbe” antreten würde, dass sich nicht einmal auf die rein körperliche Versehrtheit beschränken würde. Ich finde, auch hier ist eine Gefängnisstrafe das mindeste…

    Was ist mit nichtverwandten, zeugungsfähigen Erwachsenen, mit den Genotypen AA x Aa, die den Beischlaf vollzogen haben? Was machen “wir” (die “Gesellschaft”? Die “öffentliche Meinung”? Die “Bildzeitung”?) dann mit denen?

    Wenn wir tatsächlich dieser Argumentationskette konsequent folgen wollen, sollten wir am Besten schnell damit beginnen, noch mehr Gefängnisse zu bauen.

  107. #107 Physiker
    22/04/2012

    Wow… die Ansicht, dass Inzucht die Wahrscheinlichkeit für Erbkrankheiten nicht/nicht wesentlich erhöht scheint ja wirklich sehr weit verbreitet zu sein, wie hier fast jeder zweite Kommentator bestätigt…
    Tia Mia· 21.04.12 · 18:10 Uhr:

    Es ist kein Fakt, dass Inzucht die Wahrscheinlichkeit von Erbkrankheiten erhöht. Es gibt hierfür noch immer keinen Beweis.

    Und das, obwohl Experten, peer-reviewte Arbeiten, Fachbücher etc. genau das Gegenteil behaupten.

  108. #108 Cornelius Courts
    23/04/2012

    @Manea-K: “Dann geben Sie doch einfach Ihre Quelle fuer die behaupteten “wesentlich niedriger als 25%” an und dann sehen wir, wie sie im Vergleich zu Physikers Quellen dasteht.”

    *seufz* Ist es denn so schwer? Es gibt für meinen Satz keine Quelle sondern sie folgt ganz einfach aus dem Kontext formalgenetischer Regeln:
    Ich schreibe: “Und darüber hinaus auch solchen Paaren, bei denen beide Partner zwar selber gesund aber gemischterbig (heterozygot) für solche erblichen Leiden sind, diese also vererben können und mit 25% Wahrscheinlichkeit ein krankes Kind hervorbringen werden (nebenbei: 25% ist wesentlich höher, als die statistische Wahrscheinlichkeit, daß zwei beliebige nahe Verwandte ein erbkrankes Kind zeugen).”

    Es geht also um Eltern, die zufällig(!) beide heterozygot für Krankheit X (rezessiv) sind und mit 25% ein Kind mit Krankheit X bekommen. Damit, im Vergleich dazu, zwei leiblich Verwandte ein Kind mit X bekommen können, müßten sie auch beide heterozygot für X sein. Dafür muß, nehmen wir jetzt mal den Fall leiblicher Geschwister an, mindestens ein Elternteil der Geschwister heterozygot für X sein. Ist das der Fall, sind beide (!) Geschwister nur mit 1/4 Wahrscheinlichkeit hetrozygot. D.h. sie bekommen insgesamt nur mit 1/16 Wahrscheinlichkeit ein Kind mit X, was wesentlich kleiner ist, als 1/4. Isses jetzt klar?

    Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, daß zwei Geschwister ein Kind mit IRGENDEINER Erbkrankheit bekommen, weiß ich nicht, dafür gibt es, s. meine diversen obigen Kommentare, aber auch meines Wissens keine belastbaren Zahlen und nein, Physikers Quellen sind, aus dargelegten Gründen, KEINE solchen!

    Aber selbst WENN die Wahrscheinlichkeit, daß nahe Verwandte ein erbkrankes Kind zeugen, 100% wäre, würde das nichts am Kern des Argumentes ändern, nämlich, daß die Möglichkeit, erbkranke Nachkommen zu “verhindern”, nicht ausreicht, um Menschen zu verbieten, sich fortzupflanzen. Wenn das so wäre, müßte man 1.) Frauen, bei denen bei Untersuchungen während der Schwangerschaft ein krankes/behindertes Kind festgestellt wird, zur Abtreibung zwingen und 2.) Menschen, die, z.B. weil sie beide homozygot für eine nicht tödliche Erbkrankheit sind und damit sicher nur Kinder, die ebenfalls erkrankt sind, zeugen können, verbieten, Kinder zu zeugen.

    Und damit ist eben klar: Das BVerfG erzählt Unsinn, wenn behauptet wird, daß §173 irgendwelche gesundheitlichen Aspekte hätte (mal abgesehen von der Tatsache, daß ja nicht die Fortpflanzung, sondern eine damit nichts zu tun habende Tätigkeit verboten wird).

  109. #109 Physiker
    23/04/2012

    @Cornelius Courts:

    nebenbei: 25% ist wesentlich höher, als die statistische Wahrscheinlichkeit, daß zwei beliebige nahe Verwandte ein erbkrankes Kind zeugen […]
    Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, daß zwei Geschwister ein Kind mit IRGENDEINER Erbkrankheit bekommen, weiß ich nicht

    Dass “nebenbei” einen abschweifenden Kommentar bezeichnet und deshalb “ein erbkrankes Kind” als ein “Kind mit IRGENDEINER Erbkrankheit” interpretiert wird ist aber wirklich sehr naheliegend. Es würde mich wundern, wenn auch nur ein einziger Leser die Bemerkung so verstanden hat, wie sie gemeint war.

    und nein, Physikers Quellen sind, aus dargelegten Gründen, KEINE solchen!

    Man kann darüber diskutieren wie gross die Fehlerbalken bei den ermittelten Zahlen sind, aber man kann nicht einfach Literatur verwerfen, weil sie irgendwelchen überzogenen Anforderungen nicht genügt. Oder müssen die Zahlen erst auf zehn Stellen hinter dem Komma genau sein?
    Aus den zitierten Quellen habe ich nur geschlossen, dass die Wahrscheinlichkeit für Erbkranke Kinder bei Inzest von Verwandten 1.Grades irgendwo zwischen 20% und 50% liegt. Und diesen Schluss lassen die Quellen sehrwohl zu. Selbst die Studie mit den 29 Kindern schliesst eine Wahrscheinlichkeit unter 20% mit 98% Sicherheit aus.

  110. #110 Manea-K
    23/04/2012

    @CC:
    zuerst:

    Aber selbst WENN die Wahrscheinlichkeit, daß nahe Verwandte ein erbkrankes Kind zeugen, 100% wäre, würde das nichts am Kern des Argumentes ändern, nämlich, daß die Möglichkeit, erbkranke Nachkommen zu “verhindern”, nicht ausreicht, um Menschen zu verbieten, sich fortzupflanzen.

    Hier sind wir uns voellig einig. Mir geht es nicht darum, Ihr Argument anzugreifen, sondern mich interessiert tatsaechlich einfach die Wahrscheinlichkeit.
    Dass dieses hier

    25% ist wesentlich höher, als die statistische Wahrscheinlichkeit, daß zwei beliebige nahe Verwandte ein erbkrankes Kind zeugen

    nur auf die eine vorher hypothetisierte Erbkrankheit zu beziehen ist, und nicht auf IRGENDEINE Erbkrankheit, war mir tatsaechlich nicht klar (und da bin ich anscheinend auch nicht der einzige). Das war vielleicht etwas ungeschickt formuliert.
    Aber dann haben Sie mit Ihrer folgenden Argumentation natuerlich recht.
    Allerdings denke ich, dass eben letzteres (irgendeine Erbkrankheit) die entscheidende Frage ist.
    Ich habe mal eine Ueberschlagsrechnung dazu gemacht, wenn zwei Geschwister miteinander Kinder zeugen.
    Wenn ich von 6 Erbdefekten (die hiernach: https://www.tagesschau.de/inland/inzest110.html jeder mit sich rumschleppen soll) ausgehe, und der Einfachhalt halber annehme, dass die Eltern des Geschwisterpaares diese auf jeweil unterschiedlichen Genen tragen, gibt es also insgesamt 12 Gene, die jedes Geschwister jeweils mit Wahrscheinlichkeit 1/2 mit einem defekten Allel besitzt.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass nun beide Geschwister bei k dieser 12 Gene beide das gefaehrliche Allel haben ist also B(k|p=1/2, n=12) = (12 ueber k) (1/2)^12.
    Der Nachwuchs der beiden ist nun (pro Gen) mit Wahrscheinlichkeit 3/4 NICHT homozygot fuer das defekte Allel.
    Die Gesamtwahrscheinlichkeit dafuer, dass der Nachwuchs NICHT erbkrank ist, waere also die Summe ueber k (von 0 bis 12) von (12 ueber k) (1/2)^12 (3/4)^k = 0.2.
    Die Wahrscheinlichkeit fuer Nachwuchs mit irgendeiner Erbkrankheit (u.U. auch mehreren) laege also demnach bei ca. 80%.
    Das erscheint mir jetzt doch sehr hoch. Vielleicht koennen Sie oder @Physiker (der ja in seiner MC-Simulation deutlich weniger errechnet hat), mir sagen, ob ich einen groben Fehler gemacht habe?

  111. #111 Andrea N.D.
    26/04/2012

    @Physiker:
    “Aus den zitierten Quellen habe ich nur geschlossen, dass die Wahrscheinlichkeit für Erbkranke Kinder bei Inzest von Verwandten 1.Grades irgendwo zwischen 20% und 50% liegt. Und diesen Schluss lassen die Quellen sehrwohl zu. Selbst die Studie mit den 29 Kindern schliesst eine Wahrscheinlichkeit unter 20% mit 98% Sicherheit aus.”

    Also doch so valide Schätzungen mit so großen Datenmengen? Zwischen 20 und 50 % – sind wir da schon im Bereich der Astrologie? Also mein tägliches Horoskop trifft zu 50% zu oder nicht – das ist nicht wahrscheinlich, sondern so sicher wie das Amen in der Kirche.

  112. #112 Physiker
    26/04/2012

    @Manea-K:
    Sorry, genau deswegen habe ich eine 10-zeilige MC-Simulation geschrieben: ich hatte keine Lust auf kombinatorische Fettnäpfchen…

    @Andrea N.D:
    Inwiefern wären denn genauere Zahlen relevant?

    P.S.: Ich habe leider keinen Zugriff auf die Arbeit, die die gefragte Wahrscheinlichkeit aus Ehen zwischen Cousins hochgerechnet hat. Diese Ergebnisse dürften aber wesentlich genauer sein.

  113. #113 Gregor Weidninger
    31/08/2012

    Interessant ist auch die ethnologische Sicht:

    Es gibt zwar in jeder Gesellschaft Exogamie-Regelungen. Die Exogamie-Regeln sind also überraschenderweise universell. Dennoch sind sie sehr unterschiedlich.

    Überraschend deshalb, weil es nicht viele Regeln gibt die beim Menschen universell sind.
    Es handelt sich dennoch nicht um biologische Gesetzmäßigkeiten, wie sie etwa bei Tieren zu finden sind.

    Wenn nun jede Kultur unterschiedliche Urteile über den Inzest fällt, so kann man nicht von einem generellen Schutzbedürfnis wie bei Mord ausgehen.

    Die in der Überschrift des Artikels gestellte Frage, ob Inzest ein Menschenrecht sei ist eigentlich falsch gewählt. Wichtiger wäre hier die Frage, ob es eine Verletzung von Menschenrechten wäre, würde Inzest NICHT bestraft.
    (Und ja, das ist ein Unterschied!)

    Ich kann beim besten Willen keinen Grund erkennen, bereits den Geschlechtsverkehr zwischen nahen Verwandten zu BESTRAFEN. Ich finde es auch nicht sehr appetitlich aber was bitte ist daran strafwürdig? Ich kann keines der vorgebrachten Argumente nachvollziehen.

    Aus meiner Sicht wäre es ein Durchbruch für die Menschheit endlich diese Regelung, die einem Gesetz aus dem Tierreich ähnelt, fallenzulassen. Es wäre ein wirklicher Fortschritt für die Menschheit.

  114. #114 Cornelius Courts
    06/07/2023

    Drüben hat @zimtspinne ein Pseudoargument gegen Inzest aus der Mottenkiste geholt, das ich hier, an geeigneterer Stelle, noch schnell sezieren möchte:

    “Das Inzesttabu hat mM seine Berechtigung […] Geschwister, […]. Hätte ich gar kein Problem mit.
    Was allerdings andere Inzestkonstellationen angeht, klares nein, weil das niemals Entscheidungen auf Augenhöhe sind, auch nicht bei volljährigen Kindern.
    Das sind und bleiben Abhängigkeitsverhältnisse – was eben für Geschwister nicht oder nicht in dem Maße gilt.”

    gleich mehrere verschränkte Probleme:
    “weil das niemals Entscheidungen auf Augenhöhe sind, auch nicht bei volljährigen Kindern”

    Sagt wer? Das ist eine bloße Behauptung. Und selbst WENN es in Einzelfällen so wäre, wäre ein staatliches Verbot indiskutabel. Als ob die Beziehung des 60-jährigen Millionärs mit dem 20-jährigen Badeanzug-Model auf Augenhöhe wäre.

    Hinzukommt, daß, ich wiederhole es immer wieder, nicht das Kinderzeugen verboten ist, sondern der penil-vaginale GV und nur dieser! D.h. Mütter mit Töchtern und Söhne mit Vätern: kein Problem.

    Ein weiterer Punkt ist, daß das Pseudoargument mit der Augenhöhe auch bei Adoptivkindern gölte, die ja im gleichen sozialen Verhältnis zu den Eltern stehen, wie leibliche Kinder. Mit diesen ist der GV jedoch in D. erlaubt.

    Daher nochmal die Frage, @zimtspinne, was genau sollte Deiner Meinung nachh in Deutschland gesetzlich verboten sein?
    – GV zwischen biologisch Verwandten? (welche Arten von GV? bis zu welchem Grad?)
    – Kinderzeugen zwischen biologisch Verwandten? (bis zu welchem Grad?)
    – GV zwischen sozialen Verwandten? (welche Arten von GV? bis zu welchem Grad?)
    – Kinderzeugen zwischen sozialen Verwandten? (bis zu welchem Grad?)

    (Zusatzfrage: wenn Kinderzeugen verboten werden sollte: wie soll das umgesetzt werden? Bußgeld für geborene Kinder?)

    “Da vertritt Cornelius echt eine extreme Außenseiterposition”

    Jein. DIeses Inzest-DIng ist ein Lackmustest für moralische Konsistenz und logische Argumentation (super für Partys ;)). Leuten, die hier für Verbote sind, kann man IMMER nachweisen, daß ihre Haltung aus einer (meist religiösen) Ideologie oder einer idisynkratischen Abneigung kommt. Beides ist schlecht und nicht erstrebenswert.
    Mir persönlich liegt nichts an Inzest und wenn ihn morgen alle Menschen für immer unterließen, wäre die Welt nicht schlechter. Aber Gesetze sollten ideologiefrei und menschenrechtskonform sein und Leute moralisch und logisch konsistent argumentieren. Ersteres ist leider häufig nicht der Fall, letzteres nehmen viele Leute für sich in Anspruch und es ist interessant, sie zu beobachten, wenn man ihnen darlegt, daß es nicht so ist.

  115. #115 rolak
    06/07/2023

    Pseudoargument

    ..und die Torpfosten verschoben, indem sie Inzest und Inzucht gleichsetzt.