Ich berichte vom dritten Tag der internationalen atheistischen Tagung in Köln.

Zunächst Entschuldigung für die Säumigkeit, schöner wär’s, ich weiß, gewiss gewesen, der Bericht wäre etwas zeitnäher an der eigentlichen Veranstaltung erschienen, aber des Alltags Knechtungen ließen’s partout nicht zu…

Morgens um 9.30 Uhr begann der dritte Tag mit dem sehr guten und energischen Vortrag von Ingrid Matthäus-Meier, einer ehem. Richterin und Bundestagsabgeordneten, die derzeit die Sprecherin der IKBA für deren Gerdia-Kampagne ist, die sich gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz richtet.

Und zur Vorstellung genau dieser Kampagne diente auch Matthäus-Meiers Vortrag, der damit begann, zahlreiche Beispiele kirchlicher Diskriminierung am Arbeitsplatz vorzustellen und damit die Notwendigkeit einer solchen Aktion zu belegen. Beispiele wie das des Kirchenorganisten, der 14 Jahre untadelig Dienst getan hatte und dem dann wegen “Ehebruchs” fristlos gekündigt worden war. Er mußte sich 13 Jahre durch 7 Instanzen bis zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kämpfen, um endlich Recht zu bekommen. Ein aktuelleres Beispiel war das der Kindergärtnerin, der von der Kirche gekündigt worden war, nachdem sie sich von ihrem Mann getrennt hatte.
Matthäus-Meier machte sehr deutlich, daß der sogenannte “dritte Weg” der Arbeitswelt, der es den (in Deutschland eigentlich nicht vorgesehenen sich aber dennoch so gebärdenden Staats-)Kirchen erlaubt, zahlreiche Sonderrechte und Ausnahmen von Pflichten in Anspruch zu nehmen. Dies sei abgeleitet aus einem angeblichen “Selbstbstimmungsrecht” der Kirchen ( laut Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 3 Weimarer Reichsverfassung), das es, so Matthäus-Meier, in Wirklichkeit gar nicht gebe und wodurch aber dennoch in Deutschland über 40.000 Menschen, die in kirchlichen Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind, in ihren Grund- und Menschenrechten beschnitten werden. Diese Regelung sei zudem einzigartig in Europa und die Europäischen Richter sollen, als sie sich mit der deutschen Situation zu befassen hatten, ungläubig den Kopf geschüttelt haben.

Matthäus-Meier legte eine reichhaltig mit Fakten belegte, schlüssige Argumentation vor, die Grundlage der Gerdia-Kampagne und zu umfangreich für eine knappe Wiedergabe an dieser Stelle ist. Es kann (und sollte) sich aber jede(r) hier über Gerdia, ihre Ziele und Möglichkeiten, sie zu unterstützen, informieren.

Ein echtes Highlight war der anschließende, tolle und leidenschaftliche Vortrag von Leo Igwe.

Igwe ist der Gründer der nigerianischen humanistischen Bewegung und sprach über “Atheismus und Menschenrechte in Afrika”, zwei Dinge, die in Afrika, so Igwe, leider keine Schnittmenge haben.

In seinem Vortrag befasste sich Igwe mit zwei Schwerpunkten: die (kaum bis nicht vorhandenen) Rechte der Atheisten in Afrika sowie Menschenrechtsverletzungen, die auf Glaube und Aberglaube basieren. Er machte sehr deutlich, wie gefährlich es in vielen afrikanischen Ländern sei, insbesondere denen, deren staatlich verordnete Religion der Islam sei, Atheist, Agnostiker oder Freidenker zu sein und dies auch äußern und leben zu wollen. Er sagte sogar, er kenne kein einziges Land in Afrika, das Nichtgläubigen volle Rechte einräume. Er beklagte, daß man aus gebückter Demut und Angst vor der aufwendigen religiösen Be- und Überempfindlichkeit fanatischer Moslems in diesen Ländern die Menschenrechte, einschl. das Recht auf Leben von Nichtgläubigen den jeweiligen Rache-, Säuberungs- und sonstigen Allmachtsphantasien der Schreihälse und religiösen Ankläger unterordne: Nichtgläubige würden nicht wie Menschen behandelt, so, als würden sie nicht existieren oder so, als hätten sie kein Recht, zu existieren. Igwe sagte (übersetzt): “In Afrika ist der Atheismus unsichtbar, aber nicht, weil es keine Atheisten oder Freidenker gäbe, sondern weil es dort für sie, für uns keinen würdigen Raum, keinen menschlichen Raum gibt. Es gibt keine Garantie für Rechte und Würde der Ungläubigen, der Apostaten, der Blasphemiker, wie Freidenker dort genannt werden. Manchmal frage ich mich echt, wer eigentlich wirklich der Blasphemiker ist. Was ist mit dem, der einem weismachen will, daß der Prophet auf einem Pferd in den Himmel gedüst ist? Ich meine, hey, seit wann können Pferde fliegen?”

Auf den Plakaten steht: “Der Islam wird die Welt beherrschen” (links) und “Köpft jene, die den Islam beleidigen” (rechts)

Auf dem Plakat steht “Spotte heute, stirb morgen, Dänemark!”

Igwe nannte noch einige Beispiele für die beklagenswerten Zustände in seiner Heimat und sprach dann die konkreten Folgen dieser intoleranten Geisteshaltung an, die in krassen Menschenrechtsverletzungen durch Gläubige an Nichtgläubigen aber auch – ganz Mittelalter – an des Nichtglaubens oder gar der Hexerei beschuldigten gipfelten, wovon häufig Kinder und Frauen betroffen sind. Dabei reiche bereits eine Anklage, so Igwe, um ohne Prozess oder Nachfrage eine Strafaktion gegen eine beschuldigte Person zu bewirken.
Auch hier nannte er diverse Beispiele und zeigte betroffen machende Bilder. Besonders im Gedächtnis ist mir die kleine Esther (8) geblieben, die wegen angeblicher Hexerei entführt und mißhandelt wurde und die Igwe selbst befreien konnte (hier mehr dazu).

Igwes Vortrag war zwischendurch sehr emotional und man merkte ihm an, wie wichtig ihm seine Sache ist und daß er persönlich schon mit Problemen, Widerständen und Gefahren zu tun hatte, die einem westeuropäischen Atheisten wohl eher nur in Alpträumen begegnen. Igwe ist dabei trotzdem ein echter Alleinunterhalter: ernst aber auch witzig, laut aber auch leise mit phänomenalem Minenspiel. Gut, daß es Menschen wie ihn gibt.

Nach Leo Igwe sprach Valentin Abgottspon, der von einem Problem erzählte, das, wie er selber betonte, im direkten Vergleich zu den Zuständen in Nigeria und anderen afrikanischen Ländern, verblasste, für sich genommen und angesichts der Tatsache, daß es sich in der Schweiz ereignete, dennoch einen Eklat darstellt.

Ich kann mich hier kurz fassen, da Abgottspon selbst leidlich fleissig bei seiner PR ist. Wie man oben auf dem Bild sieht, bot er zahlreiche Möglichkeiten an, sich über ihn zu informieren (z.B. bei Facebook), über seine Geschichte zu lesen und ihn zu unterstützen. Abgottspon wurde Opfer der korrupten und die Trennung von Staat und Kirche wahlweise als nicht erwünscht oder nicht gegeben auffassenden Verhältnisse in seinem Schweizer Kanton Wallis. Er war dort Lehrer an einer Schule und wurde gefeuert, weil er sich für säkulare Schulen einsetzte und sich weigerte, in seinen Klassen ein Kruzifix an der Wand zu dulden. Im Vortrag legte er dar, wie es zu der fristlosen Entlassung kam, wie die Situation in der Schweiz beschaffen ist, was seither passiert ist und welche Lehren die säkulare Bewegung aus solch haarsträubenden Vorkommnissen ziehen kann.

Sehr vielsagend war dabei der Brief voller christlicher Nächstenliebe (einschl. Empfehlung und Anleitung zum Selbstmord), den ihm ein “Kirchgänger” anlässlich des Streits zukommen ließ:

Im Anschluss sprach die US-amerikanische Bloggerin , skeptische Podcasterin und Feministin Rebecca Watson.

Sie befasste sich mit zwei Problemen: zunächst beklagte sie, daß US-fundamentalistische Christen zum Teil mit Beihilfe der Gesetzgeber und der Justiz immer wieder und immer mehr gegen die Grundrechte der Frauen sturmliefen, indem sie Gesetze erließen bzw. Urteile fällten, die z.B. das Recht auf Selbstbestimmung und Verfügung über den eigenen Körper beschnitten.

Angesichts dieser Mißstände sei es umso wichtiger, daß die säkulare und humanistische Bewegung sich (noch) mehr für die Rechte und Freiheiten der Frauen einsetze. Und hier eröffnete sie ihr zweites Problem, daß nämlich Frauen in der “atheistischen Szene” beklagenswert unterrepräsentiert seien, da es dort häufig wie in einem sexistischen Männerclub zugehe (Elevatorgate nannte sie nur als ein Beispiel). Sie rief dazu auf, zu Tagungen wie dieser (auf der es gerade einmal 4 weibliche Vortragende gab) mehr Sprecherinnen einzuladen – wofür sie das Amazing Meeting als positives Beispiel nannte – und generell eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Frauen wohl und anerkannt fühlen und sich darauf verlassen können, daß mögliche Übergriffe oder Nötigungen auch konsequent geahndet würden. Sie berichtete dann auch, wie sie es in ihrem eigenen Blog durch eine modifizierte Themenwahl erreicht habe, daß sich die Leserschaft nun zu ca. 50% aus Frauen zusammensetze.

Watson ist eine unterhaltsame, energische Sprecherin und wer mag, kann sich den ganzen Vortrag hier selber anhören:

Der letzte Vortrag der Tagung war von Carsten Frerk, dem Chefredakteur des Humanistischen Pressedienstes, zum Thema “Finanzen und Organisation der Weltanschauungen in Westeuropa”.

Er legte Zahlen und Daten vor, die im Auditorium immer wieder für entsetztes bzw. empörtes Ächzen sorgten.

Frerk ist dabei ein klarer Kenner der Materie und statt hier jetzt die von ihm genannten deprimierenden Daten nachzuschreiben, die alle in die selbe Richtung deuten, nämlich daß es auch in öffentlich-finanzieller Hinsicht keine vollzogene Trennung zwischen Staat und Kirche gibt, verweise ich lieber auf die seinem Vortrag zugrundeliegenden Standardwerke “Finanzen und Vermögen der Kirche in Deutschland“, “Caritas und Diakonie” und “Violettbuch Kirchenfinanzen – Wie der Staat die Kirchen finanziert“, worin sachkundig u.v.a. belegt wird, wie bedenklich die ganze Gesellschaft von “kirchlichen Rechtsträgern”, die überall Grundbesitz, Immobilien oder Firmenbeteiligungen halten, durchsetzt ist, welch’ obszöne Summen auch der konfessionslose Steuerzahler trotzdem und nach wie vor den Kirchen zwangsweise zukommen lässt, wofür diese Gelder wirklich verwendet werden (soziale Zwecke sind es nur zu einem beschämend kleinen Bruchteil) und daß das den Kirchen zugeschriebene und in den Augen vieler deren letzten verbliebene Nutzen und Berechtigung ausmachende karitative Engagement größtenteils durch öffentliche Mittel finanziert wird.

Mit Frerks Vortrag und letzten Worten von René Hartmann endete diese, in meinen Augen sehr gelungene und wichtige Tagung. Ich freue mich schon auf die nächste und lasse meinen Bericht zu dieser ausklingen mit einem kurzen “Abspann”

flattr this!

Kommentare (19)

  1. #1 rolak
    11/06/2012

    Aaah, da isser ja 🙂

    /Highlight… Vortrag von Leo Igwe/ In der Tat. Ohne all die anderen schmälern zu wollen.

  2. #2 Anmerkung
    11/06/2012

    Weil es wiederholt ungenau bis falsch angegeben wurde:

    Hexenverfolgung ist nicht im Mittelalter beschehen sondern in der frühen Neuzeit.
    und die Verursacher war nicht primär kirchlich, religös sondern gesellschaftlich. Ein Wahn der gegenseitigen Verleumdungen. Die Verfolgung übernahmen weltliche (!) Gerichte.

    Dazu reicht es in die Wikipedia zu schauen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Hexenverfolgung

  3. #3 Cornelius Courts
    12/06/2012

    @Anmerkung: Du versuchst jetzt nicht ernsthaft, die Kirche von dem Verbrechen der Hexen- und Ketzerverfolgung zu absolvieren, oder? Daß auch Hexen nach dem Mittelalter verbrannt wurden hat sich rumgesprochen, ja. Dennoch: die Inquisition (nix weltliches hier) ist sowas von im MA gegründet worden und hat ihr verbrecherisches Wirken sowas von in dieser Zeit begonnen!

  4. #4 roel
    12/06/2012

    @Cornelius Courts “@Anmerkung: Du versuchst jetzt nicht ernsthaft, die Kirche von dem Verbrechen der Hexen- und Ketzerverfolgung zu absolvieren, oder?”

    Ketzervervolgung ging natürlich von der Inquisition aus. Aber zur Hexenverfolgung ein Zitat aus dem Wikipedialink von Anmerkung:
    “Erste Verurteilungen von Hexen gab es im 13. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Inquisition, die jedoch ihr Hauptaugenmerk nicht auf Hexen, sondern auf Häretiker richtete. Die staatliche spanische Inquisition, gegründet im späten 15. Jahrhundert, lehnte Hexenverfolgung ausdrücklich ab.

    Hexerei war für die Kirche kein derart bedrohliches Vergehen wie die Häresie. Dies wird deutlich in der Anweisung Papst Alexanders IV. vom 20. Januar 1260 an die Inquisitoren, Hexen seien nicht aktiv zu verfolgen, sondern auf Anzeigen hin festzunehmen. Prozesse gegen Hexen sollten bei Zeitmangel zurückgestellt werden, die Bekämpfung von Häresien habe Vorrang. Später verurteilte die Inquisition sogar zeitweise die Hexenprozesse.”

  5. #5 Cornelius Courts
    12/06/2012

    @roel et al.: Ihr könnt es drehen und wenden, wie Ihr wollt: die Hexenverfolgung begann im Mittelalter, die Inquisition auch. Daß später noch mehr “Hexen” gefoltert und ermordet wurden, ist dafür völlig unerheblich. Zudem bezieht sich meine Formulierung “ganz Mittelalter” offensichtlich auch auf Nichtgläubige, die zu dieser Zeit als “Ketzer” behandelt wurden.
    Im konkreten Fall ist es sowieso egal, denn in Afrika werden “Hexen” und “Ketzer” und “Ungläubige” ohnehin über den gleichen tödlichen Kamm geschoren.

    Btw: Was das Christentum und sein feines Büchlein wirklich so von “Hexen” hält, kann man ja hier nachlesen: https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/ex22.html#17
    8 Worte, hunderttausendfacher Mord.

  6. #6 Bullet
    12/06/2012

    @roel: erster Treffer bei Google zum Thema “Häresie Hexerei”. Klick mich

  7. #7 Bullet
    12/06/2012

    ach … roel war doch der, der so gern Wikipedia-Links liest:
    Ich bin ein Wikipedia-Eintrag.
    War das Jahr 1486 etwa schon Neuzeit? Hmmm …. klick mich doch auch mal. Aha. Ist also knapp, aber nicht genau zu beantworten. Da aber der Hexenhammer nur ein Spätwerk einer bereits seit mehreren Jahrhunderten andauernden Haltung ist, plädiere ich für “Mittelalter”.

  8. #8 Carlo
    12/06/2012

    Die Hexenverfolgung war sicherlich kein Ruhmesblatt der Kirche, aber der Zeit und Umstände geschuldet und im Vergleich zu den atheistisch-bolschewistischen Großverbrechen mit millionenfachem Mord ja geradezu eine Kleinigkeit. Einem überzeugten Bolschewisten wird das aber niemals einleuchten.

  9. #9 Cornelius Courts
    12/06/2012

    “im Vergleich zu den atheistisch-bolschewistischen Großverbrechen”

    Mist, ich hatte vergessen zu schreiben: “Troll mit ‘Verbrechen des Atheismus’-Argument in 3…2…1…”

    “Die Hexenverfolgung war sicherlich kein Ruhmesblatt der Kirche, aber der Zeit und Umstände geschuldet […] geradezu eine Kleinigkeit”

    und das hier, was nichts anderes ist, als das Herunterspielen und fast schon Rechtfertigen hunderttausendfachen Elends, qualifiziert dich Vollhonk fast für eine Sperrung. Tu uns allen einen Gefallen und verpiss dich hier.

  10. #10 Frank S
    12/06/2012

    “Die Hexenverfolgung war sicherlich kein Ruhmesblatt der Kirche, aber der Zeit und Umstände geschuldet…”

    Frei nach Stephen Fry:
    Wenn die Kirche auch nicht besser handelt, als die Zeiten und Umstände es bedingen, wozu ist sie dann gut?

  11. #11 Anmerkung
    12/06/2012

    Ich versuche gar nichts. ich hab dich auf einen (wiederholt begangenen) inhaltlichen Fehler aufmerksam gemacht.
    So schrieb ich auch das Wörtchen “primär”.

    Die intensiv ausgelegten Hexenverfolgungen sind etwas anderes als die Inquisition. Sowohl regional als auch zeitlich. Das ist so, wenn manchen hier ein ausführlicher Wikipediaartikel nicht reicht, warum auch immer, dürfen diese auch gern ein Geschichtsbuch zur Hand nehmen. Klar gab es auch schon innerhalb der Inquisition Hexenverfolgungen bzw. wurden diese so bezeichnet. Dass was wir aber heute primär darunter verstehen geschah später und hatte auch wenig bis nichts mit Inquisitionsgerichten zu tun.

    Ketzerverfolgung ist übrigens auch noch etwas anderes. Aber das wurde ja schon geklärt.

    In einem Wissenschaftsblog finde ich solche Ungenauigkeiten bedenklich. Darum habe ich darauf hingewesen. Für eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen seitens der Tagung, sollte das da auch so gefallen sein, spricht das freilich nicht.

    Man könnte zum Beispiel debatieren inwiefern denn ein verbreiteter Atheimus damals die Hexenverfolgung verhindert hätte. Die Motive für die Hexenverfolgung waren nämlich meistens keine religiösen.
    (das müsste natürlich geschehen ohne dass die anderen ähnlich gelagerten Verbrechen der Kirchen aufgewogen würden, also unabhängig von der Kirche erörtert werden. Ich habe da für dieses Blog aber kaum Hoffnungen. Zu ideologisch. Schade eigentlich, ist ein interessanter Ansatz).

    In Afrika liegt die Hexenproblematik nochmals anders. Hier ist der überzogene Aberglaube ein problem. Ein Vergleich zu historischen Hexenverfolgungen erscheint mir sehr oberflächig. Allenfalls in dem Effekt, dass auch in Afrika häufig Verleumdungen gegen erfolgreiche Frauen geschürt werden. Zum Beispiel weil sie reicher sind, gelehrter sind, den erfolgreicheren Mann haben etc. Die Motivation ist also nicht direkt religös.
    Aber das erfasst sicher nicht alle Fälle. Die religös motivierten gibt es auch.

    Zuletzt ist der Tonfall der Moderation hier nicht das erste Mal fragwürdig. Du solltest hinterfragen ob Du den Scienceblogs damit gerecht wirst.

    Zuletzt weil ich es erst grad gelesen habe: Als Hexen oder Hexer ermordet wurden wohl zwischen 40-60k. Keine Hunderttausende wie Du schriebst. Das macht nichts besser oder weniger schrecklich, gehört zu einer sachlichen Auseinandersetzung aber dazu.

  12. #12 A
    12/06/2012

    “Frei nach Stephen Fry:
    Wenn die Kirche auch nicht besser handelt, als die Zeiten und Umstände es bedingen, wozu ist sie dann gut?”

    Gleich nochmal eine Gegenfrage, ohne Interesse an Geflame.

    Selbst wenn sie nicht besser ist als ihre Zeit: Wenn manche ihr Dasein aber trotzdem schätzen oder wünschen, warum ist sie dann schlecht? Warum darf sie nicht sein?
    Glaubt man denn wirklich im Ernst, dass es Minderheiten in bedrägten Gesellschaften (MA, Afrika etc.) ohne Religion oder Kirche besser ginge?

  13. #13 Frank S
    12/06/2012

    @ A
    “…warum ist sie dann schlecht?”

    Man kann an dieser Stelle die jeweilige Religion anhand ihrer Taten beurteilen. Das ist zwar völlig richtig, aber mir geht es eigentlich nicht direkt spezielle Religionen sondern um Religion an sich, und mir fallen auf die Schnelle drei Gründe ein:

    Erstens erklären Religionen es zu einer Tugend, Behauptungen ohne Gründe und Beweise – oder sogar entgegen aller Beweise – als wahr zu betrachten.
    Abgesehen davon, dass es wider jedeVernunft ist, bereitet es auch den Boden für weitaus weniger harmlosen Aberglauben.

    Zweitens werden über Religionen von Menschen erdachte Regeln und Anschauungen mit göttlicher Autorität untermauert. Das ist gewissermaßen “unlauterer Wettbewerb”. Es verzerrt die Wahrnehmung und läßt z.B. Empfängnisverhütung schlimmer als die Verbreitung von Aids oder Homosexualität schlimmer als körperliche Gewalt erscheinen.

    Und drittens hat nie jemand auch nur halbwegs überzeugende Gründe vorgebracht, die nahelegten, dass an irgend einer Religion ein Funken Wahrheit wäre. Das allein genügt für mich schon, Religion abzulehnen.

  14. #14 Cornelius Courts
    12/06/2012

    @Anmerkung: “Man könnte zum Beispiel debatieren inwiefern denn ein verbreiteter Atheimus damals die Hexenverfolgung verhindert hätte.”

    Ja, könnte man. Würde aber nichts bringen, außer Meinungen und Behauptungen.

    “Die Motive für die Hexenverfolgung waren nämlich meistens keine religiösen.”

    Sagt wer? Du? Schon mal in dem ollen Schmöker nachgelesen: https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/ex22.html#17

    “Ich habe da für dieses Blog aber kaum Hoffnungen. Zu ideologisch.”
    Takes one to know one, gell?

    “Zuletzt ist der Tonfall der Moderation hier nicht das erste Mal fragwürdig.”
    Behalt’ Deine Zensuren ‘mal schön für Dich. Was Du so alles fragwürdig findest, ist unendlich unerheblich.

    “Du solltest hinterfragen ob Du den Scienceblogs damit gerecht wirst.”
    Ohja, Du, der Du ja sicher Scienceblogger bist, mußt mir unbedingt erklären, wie man denn so den “Scienceblogs gerecht wird”. Man lernt ja gerne dazu 😉

  15. #15 Anmerkung
    12/06/2012

    Der Kritiker muss nichts besser können als der Rezensent.
    Frei nach Lessing.

    Ich bin hier um gute, spannende und wissenschaftliche Beiträge zu lesen (z.B. den mit dem Schlangengift).
    Meinetwegen auch zwischendurch mal Appelle zu Masern oder Ähnliches.

    Die Bündelung der Atheismusbeiträge dagegen gingen in Richtung eine Ideologie vertreten. Atheimus an sich finde ich keine schlechte Idee, was mich halt stört ist dieses radikale Vertreten. Dass man den einzig möglichen, klugen Weg gefunden zu haben glaubt. Das eröffnet erschreckende Analogien zum eigentlich kritisierten Lebensstil. Das mag aber eine persönliche Meinung sein.
    Wenn dann aber sachliche Fehler der krassen Art dazu kommen, werde ich einen Kommentar schreiben und darauf hinweisen. Für Fakten kann ich nichts.
    Und ich denke schon, dass die ScienceBlogs den Anspruch haben sachlich korrekt zu sein. 😉

    Zuletzt:
    Google mal den Begriff Zensur. Völlig falsch verwendet der Begriff hier.

    Egal, ich muss mich hier nicht streiten. Es war wichtig, darauf hinzuweisen, dass bzgl. der Hexen Fehler auftraten. Das ist geschehen. Alles gut.
    Ich hoffe bald wieder auf blood, DNA und Acid Beiträge 😉

  16. #16 s.s.t.
    12/06/2012

    @Cornelius Courts

    Das Thema Hexenverbrennungen (btw, warum werden eigentlich nie die verbrannten Hexer erwähnt, die in manchen Gegenden sogar die Mehrheit bildeten?) ist schon etwas komplexer. Das Gleichsetzen von Mittelalter = Hexenverbrennungen erinnert fatal an Mittelalter = Flache Erde.

    Es gibt eine Menge an Literatur darüber, der Einfachheit und der allgem. Lesbarkeit wegen, Wiki:

    Die weit verbreitete Annahme, die vor allem im 15.–18. Jahrhundert stattgefundenen Hexenverfolgungen gingen hauptsächlich auf das Konto der kirchlichen Inquisition, ist historisch falsch. Die weit überwiegende Anzahl der Hexenprozesse wurde vor weltlichen Gerichten verhandelt.

    Also Hexenverfolgungen weit bis ins Zeitalter der Aufklärung hinein.

    @bullet

    Da aber der Hexenhammer nur ein Spätwerk einer bereits seit mehreren Jahrhunderten andauernden Haltung ist, plädiere ich für “Mittelalter”.

    Für das “nur ein Spätwerk” hätte ich gerne einen Beleg. So ad hoc würde ich eher auf einen spätmittelalterlichen VT’ler tippen, denn die Verfolgungen nahmen ja danach zu.

    Ich bin irgendwo ein agnostischer Atheist, jedenfalls ist mir sämtliche Göttlichkeit mehr als egal. Was mich ärgert sind Argumente, die zwar eigentlich mein Weltbild unterstützen, aber falsch sind (vor einiger Zeit hatte ich eine Diskussion über die Wissenschaftlichtsfeindlichkeit der kath. Kirche anhand von G.G. und nein, ich werde sie nicht mehr aufnehmen).

    Auch passen die neuzeitlichen Hexenverfolgungen nicht in das Religionschema an sich, sie passen in Aberglaube und sonstiger Irrationalität, an zwei Dinge, an die die diversen Religionen immer schon bedient haben (aber sich nicht damit begnügt haben) und das ist der Punkt, den ich Religionen vorwerfe. Die Religionen mögen mehr oder weniger zivilisierter geworden sein, aber sie leben immer noch auf Bäumen. Falsche Argumente, die auf Mängel an Kenntnissen z.B. der Geschichte beruhen, sind in solchen Diskussionen jedoch schon fast ‘hinterhältige Freunde’.

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