Für mich ist es besonders erstaunlich, daß selbst Stücke ungemein gut klingen, in denen er versuchte auch noch im letzten Fitzelchen irgendeine ihm wesentliche Information, einen ihm wichtigen Hinweis zu kodieren.
Oh, und vielen Dank – jetzt kann ich wieder das ganze WE drüber nachdenken, ob die ‘262’ eine besondere Bedeutung hat 😉 Aus CDur übersetzt wäre es ‘dad’, hmm, Ödipus, Vater im Himmel, herrje…
Ace Rothstein: [voice-over] When you love someone, you’ve gotta trust them. There’s no other way. You’ve got to give them the key to everything that’s yours. Otherwise, what’s the point? And for a while, I believed, that’s the kind of love I had.
Die Rilling-Aufnahme finde ich doch allzu gediegen. Lieber empfehle ich die 2. Einspielung von Philipp Herreweghe (mit Ian Bostridge als Evangelisten) — und als (etwas blasseren) Eindruck diesen live-Mitschnitt:
Was meinst Du mit “Information kodieren”? Welche Information hat Bach auch noch im letzten Fitzelchen kodiert?
Und woran liegt es, dass etwas gut klingt?
Nun ja, Rilling war seiner Zeit halt immer schon 40 Jahre zurück und ist jetzt stilistisch schon in den 1970ern angekommen.
Als ich selber begann (In den späten 1970ern) mich mit historisch informierter Aufführungspraxis zu befassen, war Rillings Aufführungsstil tatsächlich noch bräsiger (“gediegener”).
Herreweghes Einspielung (auch schon ein paar Jährchen zurück) ist recht schön. Peter Kooy, der Bassist, war einer der besten Solisten
Er singt die Geschichte (!) ohne das Heiligkeitsvibrato und (fast) ohne die Vokalverfärbungen die Sänger in der modernen Gesangsausbildung lernen (weniger davon in der Oratoriensänger-Ausbildung, mehr in der Opernsänger-Ausbildung), und die sie durchweg für Musik bis zum Beginn des 20. Jh. als stilistisch wenig passend erscheinen lassen (aber wer’s mag, der soll’s halt mögen dürfen).
Es gehört eine gewisse Leichtigkeit der Stimme dazu. Ich denke, dass Harry van der Kamp das gut machen würde.
Max van Egmond war in seiner aktiven Zeit auch sehr gut (hatte aber nicht dieselbe profunde Tiefe) – die alte Matthäus-Passion-Aufnahme mit Harnoncourt (1960er, war wohl die erste mit hist. Instrumenten) leidet jedoch unter einer gewissen Ruppigkeit der Instrumentalisten: die Beherrschung historischer Spieltechniken hat sich ja enorm entwickelt (im Gegensatz zum Gesang: Allzuviele Sänger kommen von moderner Gesangstechnik her, und was in historischen Quellen über z.B. Beherrschung der Intonation steht, kennen die meist nicht und/oder können’s nicht.)
moin (oder ‘moin moin’, wie die Schwätzer so sagen) IO, die Fragen der Reihe nach:
na was schon, Information ‘verstecken’, zu deren Erkennen spezielles Wissen (um die Dekodierung) notwendig ist.
weites Feld, für den Anfang zB dort, Kapitel 3. Kann selbstverständlich auch übertrieben werden…
hättest Du nicht etwas leichteres erfragen können? Wie das mit dem Erreichen des Weltfriedens oder so? Gibt bestimmt Musikwissenschaftler, Psychologen, Soziologen und was auch immer, die an der Beantwortung arbeiten. Ich nicht. Kann auch nur erklären, ob etwas für mich gut klingt.
Moin Moin (sagt man so im Ostfriesenland, und Ostfriesen gelten eher als wortkarg 🙂 )
Der zahlenmystische Schmarrn von Helga Thoene (die ist, mit Verlaub, Violinpädagogin, aber ohne musikwissenschaftliche, akademische Meriten) wird ja bereits im selben Spiegel-Artikel von Martin Geck (einer der bekannten Bach-Forscher) noch recht verklausuliert und von Wendt dan ganz verrissen. Wie letzterer da so richtig sagt, kann man da im Nachhinein alles passend finden.
Den zahlenmystischen Unsinn hat wohl ursprünglich Friedrich Smend aufgebracht.
Das Buch von Ruth Tatlow (die *ist Musikwissenschaftlerin)
“Bach and the Riddle of the Number Alphabet” (Cambridge: Cambridge University Press, 1991) klärt darüber auf:
In 1947 the theologian and musicologist Friedrich Smend published a study which claimed that J. S. Bach regularly employed the natural-order number alphabet (A=1 to Z=24) in his works. Smend provided historical evidence and music examples to support his theory which demonstrated that by this means Bach incorporated significant words into his music, and provided himself with a symbolic compositional scheme. Since then many people have taken up Smend’s theory, interpreting numbers of bars and notes in Bach scores according to the natural-order alphabet. By presenting a thorough survey of different number alphabets and their uses in seventeenth- and eighteenth-century Germany, Dr Tatlow investigates the plausibility of Smend’s claims. Her new evidence fundamentally challenges Smend’s conclusions and the book sounds a note of caution to all who continue to use his number-alphabet theory. Dr Tatlow’s painstaking research will fascinate all those with an interest in the music of J. S. Bach and German Baroque culture, and will be of particular importance for music historians and analysts.
Auch Hans-Joachim Schulze, Hrsg. der Bach-Dokumente und ehemaliger Leiter des Bach-Archivs, Leipzig, hat sich schriftlich eindeutig negativ zu Versuchen geäußert,”Numerologie” in diesem Stil zu betreiben.
Wenn es stimmte, dass Bach im von “Numerologen” (die vielfach keine Musikwissenschaftler sind) behaupteten Umfang Inhalte durch Zahlen verschlüsselt habe, dann wäre der Mann neben seinen Hauptaufgaben kaum zu über eintausend oft unfangreichen
“Numerologie” funktioniert da bei deren Vertretern nicht viel anders als Astrologie, der ja zu Recht hier auf Scienceblogs vorgeworfen wird, immer nur hinterher die passenden “Daten” für Geschehenes zu finden und zwar selektiv.
Es gab Fälle bei “numerologischer” Exegese, bei denen man die “richtigen” Daten “gefunden” hat, in dem man die (nicht notierten oder exakt vorgeschriebenen) Schläge von Verzierungen gezählt hat. Und dann ergaben sich passende Zahlen zu angeblich bedeutungsschweren Inhalten. Honi soit qui mal y pense? 😉
Leider verbergen sich im Werkeverzeichnis BWV auch einige frühere Zuschreibungen an Bach.
Aber vielleicht findet sich ja noch ein Astrologe, der erklärt, wie die Pachelbelsche Vertonung (prae-Bach!) durch die im 20. Jahrhundert vergebene BWV-Nr. rückwirkend sich auf Bachs Tod bezieht. Alles hängt da mit allem zusammen 😉
Sachma IO, Du hast aber schon gemerkt, daß der SpOn-link als Negativbeispiel gebracht wurde, oder?
/bwv262/ TÜV fällig? Oder mutmaßt Du etwa, daß ich mangels Sehstärke nicht zum Entziffern dieser ungemein versteckten Info hinter dem link in der Lage gewesen wäre?
strotzt in den Abschnitten 3. und 4. nur so von Fehlern, unbelegten (teils naiven) Spekulationen, mutwilligem Hineinlesen.
Die Mizlersche Sozietät z. B. war eine frühe musikwissenschaftliche Vereinigung (Correspondierende Societät der musicalischen Wissenschaften). Zahlenmystiker hatten da nichts zu suchen.
Eine Aufnahmeprüfung gab es da nicht. Jedes Mitglied hatte aber eine Jahresarbeit einzureichen. Wenn ich mich recht erinnere, waren das (oder werden aus guten Gründen als Jahresgabe vermutet) bei Bach die gedruckten Werke seiner letzten 4 Lebensjahre: Schübler-Choräle, Musicalisches Opfer, Canonische Veränderungen über “Vom Himmel hoch”, “Kunst der Fuge” (Bezeichnung nicht v. Bach, Werk wg. Tod unvollendet).
Na, und dann der zahlenmystische Schmonzes…
Wa, nu reicht’s
Das kann ich auch. Bach hat seinen eigenen Todestag 28.7. verschlüsselt:
Z. B. in Kantate BWV 28.
Erstens heißt der Text “Gottlob! nun geht das Jahr zu Ende”, was an sich schon das Ende symbolisiert. Den Text von Erdmann Neumeister (1714/1716) hat Bach “sicher” gewählt, weil “Ende” ausgerechnet das siebente Wort ist.
Passt doch 😉
Da gibt’s bestimmt noch nettere Möglichkeiten.
“Man soll doch hier nicht so was unappetitliches wie Herrn Gould posten!”
Ich wusste doch gleich, dass du ein Problem mit Pop-Musik hast!
Aber erklär mir doch mal, welches Problem … bist du vielleicht neidisch auf Glenns Stuhl? Hast du keinen “fröhlichen Reisegefährten”? (allein dieser Clip lässt mich zum Fan werden):
“Glenn Gould discusses his chair”:
“You will not speak disrespectfully of a member of the family … it is a boon travelling companion … without which I do not function, I can not operate … it is with me for 21 years …”
@Andreas Lichte: “Hast du keinen “fröhlichen Reisegefährten”?”
😀 Der Typ ist echt durch…
“Aber erklär mir doch mal, welches Problem ..”
Och, da gibt es einiges. Neben dem schon angedeuteten, finde ich es relativ anmassend von dem Honk, daß er meint, nicht so genau spielen zu müssen, was Bach so in die Noten (z.B. WTK) geschrieben hat.
Und es reicht auch nicht, als Ausrede zu nehmen, daß er ja irgendwie “genial-verrückt” ist (höchstens das zweite), dafür, daß man den Spinner auf der Aufnahme der Goldbergvariationen laut (!) und falsch singen hört 🙂
verzeih … oder schmeiss mich raus … aber du hast GENAU das geschrieben, was ich erwartet hatte:
Mein Cousin spielt auch klassische Musik, und dem darf ich bei “Bach” auch nicht “Glenn Gould” sagen …
Echter snobismus – “finde ich es relativ anmassend von dem Honk, daß er meint, nicht so genau spielen zu müssen, was Bach so in die Noten (z.B. WTK) geschrieben hat” –, den ihr da an den Tag legt …
Wann kann ich DEIN Konzert hören, wo DEINE Aufnahme kaufen, werkgetreu, “mais bien sûr!” ?
Och, da gibt es einiges. Neben dem schon angedeuteten, finde ich es relativ anmassend von dem Honk, daß er meint, nicht so genau spielen zu müssen, was Bach so in die Noten (z.B. WTK) geschrieben hat.
Und es reicht auch nicht, als Ausrede zu nehmen, daß er ja irgendwie “genial-verrückt” ist (höchstens das zweite), dafür, daß man den Spinner auf der Aufnahme der Goldbergvariationen laut (!) und falsch singen hört 🙂
Zum Entfernen der Gouldschen Nebengeräusche gibt es ja den Gould-Devocalizer.
Die Probleme des Gouldschen Pianospiels zeigt sich doch bei der obigen YouTube-Aufnahme, und da meine ich nicht nur das wirre Mitgesumme, Mitgegreine dieses Menschens.
Die Wahl des modernen Klaviers als Instrument ist nicht sehr geeignet bei polyphonen Texturen in denen in tiefer Lage Terzgänge vorkommen. In homophonen Tetxturen kommt das vor, aber dann ist es auch anders komponiert – s. vieles von Beethoven (wobei selbst da Fortepianos der Beethoven-Zeit einfach für mehr Klarheit sorgen) und später (wo der Klangeffekt wiederum anders ausgenutzt wird, etwa von Liszt bis hin zu Debussy).
Das immer wiede gröbliche, unnuancierte Spiel (so das unmotivierte plumpe Stakkato in der l. Hand im Andante).
Extreme Tempowahlen: Hier die Fuge einfach viel zu schnell. Dabei ist das Tempo gekoppelt an allzu gleiche Impulse (und die sind eigentlich verantwortlich für den Eindruck des zu schnellen, gehetzten Tempos).
In anderen Aufnahmen sind Tempi oft [viel] zu langsam – ein Hauptfehler bei vielen Bach-Interpreten, z. T. auch der historisch informierten)
Es sind im besten Fall Bearbeitungen von Bachschen Werken durch Gould.
Mit Bach jedenfalls hat es, außer dem Notentext, nicht viel zu tun.
Ich bin eigentlich gar nicht dagegen, dass man Bach auch auf dem modernen Klavier spielt. Es gibt Stücke, da geht das besser; andere bei denen es nicht so gut geht.
Murray Perahia’s Einspielung der Goldberg-Variationen z.B. hat all das, was Gould nie gleichzeitig erreicht: Transparenz in allen Lagen, Durchdringung des Texts, und nicht zuletzt Klangschönheit Und das, obwohl der Flügel, den Perahia in der Aufnahme verwendet, offenbar nicht gerade der beste ist. Perahia ist ein Meister darin, den optimalen Klavierklang zu produzieren, oder wenigstens den Eindruck des optimalen Klangs!
Goulds Klavierklang, d. h. was er aus Klavieren herausholt, ist dagegen meist merkwürdig flach, nicht selten an der Grenze zur Substanzlosigkeit.
eine Verständnis-Frage: glaubst du, dass Glenn Gould es nicht kann?
Oder ist es vielleicht doch eher so, dass Gould das spielt, was er spielen WILL? Das spielt, was IHN an Bach begeistert, und Konventionen Konventionen sein lässt …
(wie viele tausend Pianisten gibt es, die Bach konventionell spielen können?)
eine Verständnis-Frage: glaubst du, dass Glenn Gould es nicht kann?
Das weiß ich nicht.
Ihm war aber offenbar manches wurscht, was offenbar Komponisten und ihrer Zeit nicht wurscht war (z. B. das Tempo!)
Aber dann muss man auch akzeptieren, wenn Gould einem auch wurscht ist. Wenn ich mir schon eine Bearbeitung für modernes Klavier anhören will, dann muss es doch nicht jemand sein, der
a) schlechten Pianoklang produziert (dabei haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, wie verstimmt die Kiste war)
b) Tempi nach Privatlaune festlegt
c) undiszipliniert die Hörer sein Gegreine dazu hören läßt.
Oder ist es vielleicht doch eher so, dass Gould das spielt, was er spielen WILL? Das spielt, was IHN an Bach begeistert, und Konventionen Konventionen sein lässt …
Kann er ja machen. Aber ich sprach nicht von Konventionen, sondern von Bestandteilen der Musik, die durchaus essentiell sind (Wahl des Instrument, Tempo …)
(wie viele tausend Pianisten gibt es, die Bach konventionell spielen können?)
Ist mir egal. Ich habe da keine Statistik.
Ich finde auch nicht, dass z. B. Perahia konventionell wäre, nur weil er nicht mitbrummelt oder weil er, wenn er flotte Tempi nimmt trotzdem nicht den Eindruck des Hetzens erzeugt. Und wenn das jemand konventionell findet, ist es auch ganz egal. Niemand kann doch behaupten, dass nur das Unkonvetionelle oder Neue per se künstlerisch sei.
Cornelius Courts ist Professor für Forensische Molekulargenetik an der Universität zu Köln und leitet die Abteilung für Forensische Molekulargenetik am Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Köln. Dort befasst er sich mit forensischer RNA-Analytik, DNA-Transfer und molekularer Ballistik. Er ist der unbekannteste forensische Genetiker Deutschlands und der Welt.
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