Ab diesem Zeitpunkt kehrten die Geier sporadisch noch über 15 Wochen zu den skelettierten Überresten zurück, trennten Skelettelemente ab und verteilten diese in der Umgebung. Es wurden nur wenige andere aasfressende Vögel bei der Leiche beobachtet, darunter ein Rotschwanzbussard, die jedoch keine Veränderungen vornahmen, so daß alle an den Skelettelementen feststellbaren Schäden den Rabengeiern zugeschrieben werden konnten.

Insgesamt waren Teile des Körpers auf einer Fläche von knapp 83,6 qm über eine Höhendifferenz von etwa 2 m verteilt. Der Abstand zwischen den am weitesten voneinander entfernten Teilen (l. Oberschenkelknochen und ein Teil des l. Ohrs) betrug 15,8 m.

03

aus [1]

Die Abbildung zeigt die Orte, an denen sich zu verschiedenen Daten (Legende oben rechts) einzelne Leichenteile befunden haben. Die unterschiedlichen Höheniveaus sind am Grad der Schattierung (Legende unten links) abzulesen (zur, angesichts der amerikanischen Neigung, immer noch mit ihren komischen Körperteilmaßen zu messen, vielleicht notwendigen Erinnerung: 1 Fuß entspricht ca. 30,5 cm). Auf den kleinen Karten rechts am Rand ist die Lage der FARF innerhalb der Freeman Ranch und darunter die ungefähre Startposition des Leichnams innerhalb der FARF zu sehen.

In einer etwas aufwendigeren Analyse wurden dann noch die Standarddistanz der Körperteile zu verschiedenen Zeiten sowie die richtungsmäßige Verteilung zu den Meßdaten bestimmt. Erstere ist ein Kreis, der das Ausmaß der Dispersion bzw. Konzentration von Merkmalen (hier: Leichenteile) um ein Zentrum herum mißt, letztere entspricht einer Standardabweichungsellipse und mißt den richtungsmäßigen Trend einer Gruppe von Merkmalen. Die resultierende Ellipse zeigt das Ausmaß der Elongation und die Orientierung bei der räumlichen Verteilung der untersuchten Merkmale an.

 

04

aus [1]

Die Abbildung zeigt Standarddistanz (Kreise) und richtungsmäßige Verteilung (Ellipsen) der Leichenteile am Tag der Auslegung (wo natürlich alles noch zusammenhängt und extrem konzentriert ist), am letzten Messtermin und einen Durchschnittswert über alle Daten, woran man das Außmaß der Verteilung sehr schön erkennen kann. Die Meßgenauigkeit schwankte bei den schlechtesten Messungen um maximal 15 cm.

Die hier getestete Messmethode für die Positionsfeststellung von Leichenteilen hat sich bewährt und empfiehlt sich demnach für zukünftige forensische Analysen der Verschleppung von Leichenteilen durch Aasfresser. Es sind aber noch Verfeinerungen denkbar, z.B. 3D-Modellierung, wodurch auch Beziehungen zwischen Verschleppungsmustern und Terraineigenschaften (wie Gefällen etc.) untersucht werden könnten.

Insgesamt kommen die Autoren zu dem Schluß, daß in Regionen, in denen Geier oder andere vogelartige Aasfresser vorkommen und Zugang zu Orten im Freien haben, die PMI-Abschätzung nach Leichenfunden an solchen Orten grob falsch liegen kann, wenn man die Aasfresseraktivität nicht mit einbezieht. Insbesondere bei skelettierten Leichen, die diesen Zustand durch Geiereinwirkung bereits nach 2 Tagen erreicht haben können, würde man gewöhnlich bis zu 6 Monate Liegezeit veranschlagen. Ob es Geierfrass gegeben hat, läßt sich dann anthropologisch an Verletzungsmustern an den Knochen nachvollziehen. Interessant ist auch die Beobachtung, daß in diesem Fall die Geieraktivität erst nach 37 Tagen einsetzte. In einer anderen Studie warteten die Geier z.B. nur 24 Stunden, bis sie einen Schweinekadaver angriffen.

Die Verwendung von GIScience Methoden und Technologie bei der Dokumentation der Muster der Verteilung von Leichenresten durch Aasfresser habe jedenfalls das Potential, so die Autoren, raumanalytisch basierte Erkenntnisse zu liefern, aus denen sich auch Vorhersagemodelle für die Auffindung fehlender Skelettelemente erstellen ließen.

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Naheliegende Musikempfehlung: „Nurturing the vultures“ von Mesmerized by Misery

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Referenz

[1] Spradley MK, Hamilton MD, & Giordano A (2012). Spatial patterning of vulture scavenged human remains. Forensic science international, 219 (1-3), 57-63 PMID: 22204892

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Kommentare (12)

  1. #1 RainerM
    17/07/2013

    Sehr interessanter Beitrag. Aber ob die Ergebnisse übertragbar sind, wenn andere Geierarten mit anderen Abundanzen involviert sind oder wenn der Leichnam vollständig bekleidet ist?
    BTW, hast Du von dem Fall aus Frankreich gehört? Das müssen Gänsegeier gewesen sein (Aasgeier ist ein Phantasiewort). Da es für den Unfall Zeugen gab, dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass der bekleidete Leichnam tatsächlich zwei Stunden später weitgehend skelettiert war.
    Allerdings sind Gänsegeier auch wesentlich grösser als Rabengeier und treten in z.T. noch grösseren Stückzahlen auf.

  2. #2 weyoun
    17/07/2013

    für anhänger zarathustras wäre dies ein willkomenes ende denke ich

  3. #3 JaJoHa
    18/07/2013

    Da bekommt der Begriff “Vogelfutter” einen komischen Nachgeschmack.
    Kann man solche Spuren durch Vogelfraß an den Knochen gut erkennen oder sind die eher schlecht zu sehen? Ich kann mir nicht vorstellen, das so ein Vogel z.B. tiefe Schrammen hinterlassen kann wie ein Wolf.

    • #4 Cornelius Courts
      19/07/2013

      Doch, mit Erfahrung in Anthropologie geht das wohl ganz gut. Man sollte auch nicht die Kraft und Schärfe der Geierschnäbel unterschätzen!

  4. #5 Galiphora
    Ulm
    18/07/2013

    Man muss bedenken, dass in manchen Ländern, z.B. in Tibet, rituell solche Bestattungen, so genannte Himmelbestattungen, durchgeführt werden. Es ist eine schnelle und saubere Methode sich von Fleisch und dementsprechend von Leichen zu entledigen. Wenn man im Internet dieses Stichwort eingibt, findet sich mitunter diese ppt-Präsentation (https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=6&ved=0CEwQFjAF&url=http%3A%2F%2Fhepsiba.de%2Fhepa%2Fwp-content%2Fuploads%2F2011%2F10%2Fhimmelsbestattung.pdf&ei=8_LnUd_2I4Gm4ATfvIDoBw&usg=AFQjCNHkJxeYuMV_rKJxawVYNLAtjyJOkw&bvm=bv.49478099,d.bGE), die genau darstellt, wie so etwas ablaufen kann. Eine saubere Sache!
    Kleiner Tipp: Man achte auf den Helm, den die Leiche (auf dem Motorrad) trägt! 😀

  5. #6 rolak
    18/07/2013

    Die texanische Variante der Leichenfarm? Vielleicht paßt da auch noch das gesamte Genre Funeral Doom, sowohl vom zeitlichen Ablauf als auch von der Thematik – zB, da der Name so schön paßt, Skepticism = Stormcrowfleet (1995) = The Everdarkgreen.

    Meine Richtung ist ja mehr der Psych-Bastard Stoner Doom, doch mal ganz am Rande: Was ist der wesentliche Unterschied zwischen den Metal-Subgenres? 15 Minuten zu spät zum Konzert bei
    » <~Funeral>: Noch beim ersten Akkord
    » <~Grindcore>: Dritte Band spielt

    • #7 Cornelius Courts
      19/07/2013

      Vielleicht paßt da auch noch das gesamte Genre Funeral Doom

      +

      Jaaaaa! Endlich mal jemand, der Funeral Doom kennt! Up the irons, rolak 🙂
      Und dann auch noch Skepticism (mit denen habe ich mit Funeral Doom angefangen und ich hatte dort ja damals ja schon eine kleinen Link als Hommage versteckt)

      Was ist der wesentliche Unterschied zwischen den Metal-Subgenres? 15 Minuten zu spät zum Konzert bei
      » < ~Funeral>: Noch beim ersten Akkord
      » < ~Grindcore>: Dritte Band spielt

      😀
      Hier noch eine Anleitung zur Grindcoreherstellung

      • #8 rolak
        19/07/2013

        versteckt

        Und zwar hervorragend, Cornelius – zumindest gerade beim Schnelldurchgang habe ich nichts gefunden.

        Grindcoreherstellung

        Sehr schön, sehr schön, sofort Lesezeichen gesetzt, ist ja auch noch sorta Machinima, erfüllt also zusätzlich die Voraussetzung, als Animation ins Sammel-Fadenkreuz zu geraten…

  6. […] BlooDNAcid berichtet über eine Forschungsarbeit, bei der eine Leiche den Geiern zum Fraß vorgeworfen wurde. Die ließen sich übrigens erst mal Zeit. […]

  7. #10 Cornelius Courts
    20/07/2013

    @rolak: “Und zwar hervorragend, Cornelius – zumindest gerade beim Schnelldurchgang habe ich nichts gefunden.”

    Kleiner Tip: auch die Bildunterschriften angucken 🙂

    • #11 rolak
      20/07/2013

      ärgks – nachgerade peinlich, hatte ein ~«grep “a href=”» auf die Seitenquelle losgelassen, was selbstverständlich rein textlich vorhandene urls kaltlächelnd ignoriert. Nach YT suchen wäre doch so naheliegend gewesen…

      Jetzt läufts als Hintergrundbeschallung.

  8. #12 roger vivier pumps
    https://www.vivierparis.com/roger-vivier-pumps-c-3.html
    26/06/2019

    WTF-Forensik – Unter Geiern – blooDNAcid
    roger vivier pumps https://www.vivierparis.com/roger-vivier-pumps-c-3.html