scope  Besonders interessant (und neu für mich) fand ich die Vorstellung der Disziplin „Wildlife Forensic Science“, also die Anwendung zahlreicher forensischer Techniken (s. Bild links) und Analysemethoden auf nicht-menschliches Beweismaterial (was so ziemlich die gesamte Biodiversität der Erde umfasst) und das (von mir zuvor unvermutete) Ausmaß, welches inzwischen der illegale (Welt)Handel mit bedrohten Tieren und Pflanzen und/oder Teilen davon angenommen hat.

Hier ein Beispiel eines kommerziellen Produkts, das u.a. Horn einer bedrohten Antilopenart (und wie sich herausstellt noch sehr viel bizarres anderes Zeug) enthält.

hornpulver

Deutschlands Flora und Fauna sind zugestandermaßen weniger gefährdet als die von z.B. Australien aber in der Tat ist der Illegale Handel mit (Teilen von) Wildtieren und -pflanzen die viertgrößte Einheit transnational organisierter Kriminalität, die drittgrößte illegale Handelsart (hinter Drogen und Waffen) sowie die ärgste Bedrohung weltweit für Elefanten, Tiger und Nashörner. Allein 2011 wurden 46,5 Tonnen geschmuggeltes Elfenbein beschlagnahmt. Wenn diese Menge, wie geschätzt wird, nur ca. 10 % der gesamt geschmuggelten Menge entspricht, hätten dafür fast 70.000 Elefanten getötet werden müssen, wodurch bereits irreparable ökologische Schäden in Afrika verursacht wurden. Anhand eines Beispiels einer Zollrazzia in Singapur, bei der 6,5 Tonnen Elfenbein von Elefantenstoßzähnen sichergestellt wurde, wurde in einem Vortrag erläutert, wie man unter Einsatz von NGS, Populationsdatenbanken, sowie forensisch- und populationsgenetischer Methoden die ungefähre geographische Herkunft der Stoßzähne ermitteln kann, um herauszufinden, wo die Tiere gewildert wurden, ob sie aus einer oder mehreren Quellen stammten und um die Handelsrouten nachzuvollziehen.

Die Schmuggelnetzwerke sind indessen sehr gut ausgebaut und betreiben sogar politische Lobbyarbeit zur Liberalisierung des globalen Handels. Zudem sind sie flexibel und können leicht auf andere Routen ausweichen, wenn es irgendwo Probleme gibt. Der Schmuggel erzielt in den reichen Abnehmerländern unglaubliche Profite und fördert in den Quellenländern nachweislich Korruption, Instabilität und Terrorismus (der z.T. von dem erwirtschafteten Geld finanziert wird). Opfer des weltweiten „Wildlife Crime“, das nicht nur Illegalen Handel mit, sondern auch verbotenen Einsatz und gesetzwidrige Behandlung von Tieren bezeichnet, sind also nicht „nur“ Tiere und Pflanzen, sondern auch die menschlichen Gesellschaften. Es gibt demnach einen enormen Bedarf an Wildlife-Forensikern sowie die Notwendigkeit besteht, ihre einzelnen Disziplinen stetig weiter zu entwickeln und besser zu integrieren, wenn wir eine Chance haben wollen, dem weltweiten illegalen Handel mit geschützten Arten und den davon abhängigen Verbrechen irgendwie beizukommen.

Neben dem Betrachten von Vorträgen und Postern gab es natürlich auch Gelegenheit, Kollegen zu treffen, zu „netzwerken“ und sich neue Produkte und Dienstleistungen der Industrieaussteller vorstellen zu lassen.

ausstellung

Blick auf den Industrieaustellungsbereich – man sieht, NGS kam groß ‘raus

 

Fazit: ein interessanter, anregender Kongress mit vielen wichtigen Themen in einer tollen Stadt, in der mich umzuschauen ich daraufhin nur sehr wenig Zeit hatte, was ganz offenkundig ein Versäumnis ist und eine Rückkehr nahezu zwingend erforderlich macht 😉

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* 1. Beurteilung der DNA-Profilierbarkeit fäulnisveränderter Leichen basierend auf einem neuentwickelten quantitativen Bewertungssystem für Fäulnis (hier der Link zum Artikel)
2. Evidenz-basierte Strategie zur Normalisierung quantitativer PCR Daten in der forensischen miRNA- Analyse (erste Ergebnisse unseres DFG-geförderten Projekts):
  • Sauer, E., Madea, B., & Courts, C. (2014). An evidence based strategy for normalization of quantitative PCR data from miRNA expression analysis in forensically relevant body fluids. Forensic Science International: Genetics, 11, 174-181.
  • Sauer, E., Babion, I., Madea, B., & Courts, C. (2014). An evidence based strategy for normalization of quantitative PCR data from miRNA expression analysis in forensic organ tissue identification. Forensic Science International: Genetics, 13, 217-223. 

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