So mancher schätzt den Beitrag, den Gamer, so nennt man Personen, die viel und leidenschaftlich zumeist Video-Spiele spielen, für die Gesellschaft leisten, als eher überschaubar ein und faßt stundenlanges Herumdrücken auf vage bananenförmigen Plastikgriffen und verbissenes Herumschubsen hochgezüchteter Computermäuse als geist- und niveaulose Zeitverschwendung auf.
Kürzlich jedoch stellte sich heraus, daß Gamer besser als jeder Computer bisher RNA-Strukturen entwerfen können.
RNA ist, im Gegensatz zur DNA, einzelsträngig und kann deshalb beliebig komplexe „Sekundärstrukturen“ annehmen, ein bekanntes Beispiel ist das „Kleeblatt“ der t-RNA. Inzwischen hat man das enorme Potential von RNA-Konstrukten für die Entwicklung von Medikamenten und hoch spezifischen molekularen Sensoren erkannt, das darauf beruht, daß sich RNA leicht herstellen und sich ihre mögliche Sekundärstruktur gänzlich aus ihrer Nukleotidsequenz ableiten läßt. Da diese nur aus den vier Grundbausteinen, den Ribonukleotiden Uracil, Adenin, Guanin und Cytosin und einigen Modifikationen besteht, läßt sich auch theoretisch, also in Modellen und Algorithmen, sehr gut damit experimentieren und herumprobieren.
So gut, in der Tat, daß eine Gruppe von Forschern ein Videospiel namens „eteRNA“ entwickelt hat [1], in dem die Spieler Nukleotide in einem RNA-Strang so anordnen sollen, daß der Strang bestimmte vorgegebene Formen annimmt, wofür sie Punkte in Abhängigkeit von der Komplexität der erreichten Form erhalten. Das Forscherteam nimmt dann die Computerdesigns der Spieler, testet sie im Labor und gibt den Spielern Rückmeldung darüber, ob und wir gut die Entwürfe funktioniert haben.
Dabei stellte sich heraus, daß, während Computer immer schlechter beim Design wurden, desto komplexer die Strukturen wurden, die Spieler von Herausforderung zu Herausforderung besser wurden. Auf Grundlage der von den Spielern vorgeschlagenen Designregeln konnten die Forscher dann neue Designstrategien entwickeln, die erstaunlich gut funktionierten. So entwickelte das Team schließlich einen eigenen Algorithmus, den EteRNABot, zur Vorhersage von RNA-Strukturen, der besser als alle verfügbaren Algorithmen arbeitete und sogar fast so gut, wie die Spieler in Handarbeit.
EteRNA ist inzwischen online und die Wissenschaftler um R. Das untersuchen nun jede Woche Tausende von Spieler-RNA-Designs und bearbeiten immer komplexere Fragestellungen.
Also, liebe Gamer: weg mit SuperMario, WoW, CNC und Konsorten und ran an EteRNA, RNAs bauen und die (echte) Welt retten! 🙂
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Referenz:
[1] Lee, J., Kladwang, W., Lee, M., Cantu, D., Azizyan, M. et al. (2014) RNA design rules from a massive open laboratory. PNAS Early Edition January 23, 2013. doi: 10.1073/pnas.1313039111
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