Einer meiner wissenschaftlichen (nicht unbedingt menschlichen) Helden, James D. Watson, der zusammen mit F. Crick, R. Franklin und M. Wilkins die Struktur der DNA entdeckte, damit den Grundstein für die Molekulargenetik legte und dafür 1962 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, verkündete unlängst in den Medien seine Absicht, seine Nobel-Medaille zu versteigern, da „niemand zugibt, daß ich noch existiere“.
Als Grund nannte er die Reduzierung seines Einkommens und damit verbundenen Geldmangel, nachdem er aus den Aufsichtsräten und Beratergremien mehrer Firmen und Gesellschaften als „Unperson“ entfernt worden sei. Dies sei die Folge seiner gesellschaftlichen Ächtung gewesen, die u.a. mit seinen Äußerungen aus dem Jahr 2007 zu tun habe, als er erklärte, daß Menschen afrikanischer Herkunft im Mittel einen geringeren IQ hätten, als Weiße und daß jeder Arbeitgeber, der einen Schwarzen einstelle, das leicht feststellen könne. So mache er sich Sorgen über die Zukunft Afrikas, das man nicht mit den gleichen Maßstäben messen dürfe, so Watson damals. Auch hätten Schwarze eine ausgeprägtere Libido.
Daß Watson sich später von seinen kontroversen Äußerungen distanziert und eingeräumt hat, daß man “so etwas nicht sagen darf“, hat ihm nichts mehr genützt aber so oder so ist er beileibe nicht der einzige Nobelpreisträger, der im Post-Nobel-Abschnitt seines Lebens wunderlich bis nachgerade plemplem wurde: K. Mullis, Erfinder der PCR, behauptet z.B. heute, AIDS werde nicht von HIV verursacht. So weit ging L. Montagnier, der seinen Nobel immerhin für die Entdeckung des HI-Virus erhielt, zwar nicht, behauptete dafür aber auf einer Konferenz 2010,
Lösungen, die die DNA krankheitsauslösender Bakterien und Viren wie HIV enthielten, seien in der Lage, niederfrequente Radiowellen auszusenden, die die umgebenden Wassermoleküle veranlassten, sich in Nanostrukturen zu ordnen. […] Ärzte könnten die Radiowellen verwenden, um Krankheiten zu erkennen.
was ihn also zu einem Fürsprecher bizarrer pseudowissenschaftlicher Konzepte macht, welche leider sogar unkritische Anwendung in bestimmten Ländern erfahren.
Aber einmal abgesehen vom Inhalt seiner konkreten Behauptungen: vielleicht ist doch etwas dran, an Watsons implizitem Vorwurf, daß man bestimmte Dinge nicht sagen dürfe, selbst wenn es wissenschaftliche Fakten sind. Gibt es nicht tatsächlich Forschungsansätze, die so heikel und aufgrund gesellschaftlicher bzw. politischer Konstellationen so vorbelastet sind, daß man ihre Ergebnisse, egal wie gut sie belegt wären, kaum veröffentlichen, geschweige denn Anerkennung dafür erhalten könnte, getreu dem Prinzip, daß nicht sein kann, was nicht sein darf?
Der Begriff der „Rasse“ ist da natürlich ganz besonders hervorzuheben. Bezogen auf homo sapiens verstehen die meisten im alltäglichen Sprachgebrauch darunter so etwas, wie eine Gruppe von Menschen, die durch gemeinsame äußerliche Kennzeichen kategorisierbar sind (z.B. Schwarze). Biologisch bzw. genetisch gesehen ist der Begriff relativ wertlos, da zwischen den Angehörigen derselben „Rasse“ (z.B. Kaukasier) größere Unterschiede bestehen können, als zwischen Angehörigen verschiedener „Rassen“. Die tatsächlich meßbaren Unterschiede lassen sich auf unterschiedliche geographische Herkunft, Reproduktions- und Migrationsgeschichte zurückführen. Dennoch gibt es weltweit natürlich ein erhebliches Problem mit Rassismus und wissenschaftliche Befunde, etwa genetische Assoziationen, die auf essentielle Unterschiede zwischen „Rassen“ hindeuten und im schlimmsten Fall einen Anreiz zu noch mehr Diskriminierung darstellen könnten, etwa wie in Watsons Behauptung, daß Schwarze im Mittel einen niedrigeren IQ hätten, sind ganz besonders problematisch. So problematisch in der Tat, daß es durchaus Stimmen gibt, die sich dafür aussprechen, entsprechende Forschungsansätze, deren Ergebnisse politischen Zündstoff bergen, ja als Beleg für die Minderwertigkeit bestimmter Gruppen interpretiert werden könnten, gar nicht erst zu betreiben. Andere entgegnen, daß solche Tabus dazu führen können, daß legitime Forschung verhindert werde.
Ein Beispiel: der Genetiker Bruce Lahn sah sich erheblichen Anfeindungen ausgesetzt, als er 2005 zwei Studien publizierte [1,2], deren Ergebnisse suggerierten, daß zwei genetische Varianten von Genen, die an der Hirnentwicklung beteiligt und möglicherweise mit der Intelligenz assoziiert sind, in weißen Europäern und schwarzen Afrikanern unterschiedlich evolviert sind. Das brachte Lahn einen regelrechten “Shitstorm” ein und daß er und seine Gruppe diese mögliche Implikation ihrer Forschung später sogar selbst widerlegten [3], erlangte kaum Aufmerksamkeit.
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