Ich trat als letzter Slammer des Abends auf und hatte, da es inzwischen dunkel war, ein wenig mit den dichten Wolken von Insekten zu kämpfen, die mich im Lichtkegel auf der Bühne umschwirrten. Nachdem ich die Bühne betreten hatte, legte ich auch nicht gleich los, sondern verkündete, daß ich noch nie an einem so umfangreichen Slam teilgenommen hätte und besonders begeistert von der Mehrzahl an Slammerinnen gewesen sei, wofür ich den Organisatoren applaudierte, was vom Publikum sehr zustimmend aufgegriffen wurde. Dann begann ich meinen Slam, den ich inzwischen recht gut kenne und von dem ich genau weiß, wie lang er ist. Als ich bei der Auflösung und zugleich wichtigsten Folie ankam, trat das Moderationsbengelchen auf die Bühne und begann, mir Gummibärchen in den Mund zu stecken (!), um mir anzuzeigen, daß seiner Meinung nach meine Zeit um sei. Wenige Augenblicke später schnitt er mir mitten im Satz das Wort ab und gestattete mir dann auf die vielstimmigen „Weiter“-Rufe aus dem Publikum noch weitere 10 Sekunden (!), woraufhin ich meinen unfertigen Slam, dessen dramaturgisch wichtige Auflösung ich nicht mehr darbieten konnte, abbrach und kopfschüttelnd von der Bühne ging. Die Proteste des Publikums und seine anhaltenden „Weiter!“-Rufe beantwortete er mit „ist mir ganz egal, was Ihr sagt“. Nach der letzten Abstimmung und Abmoderation des Slams gab er mir dann noch „wenn Ihr unbedingt wollt“ die Gelegenheit, meinen Slam zuende zu bringen, was ich meiner Botschaft zuliebe und etwas lustlos auch tat, beginnend mit einigen deutlichen Worten in seine Richtung.
Nach der Siegerehrung (gewonnen hat – wie immer – der lustigste, klamaukigste Slam) kam er noch zu mir an und meinte, ich hätte überzogen. Ich sagte, das könne nicht sein und es stellte sich heraus, daß er allen Ernstes meine anfänglichen Bemerkungen und mein Lob der Veranstalter zu meiner Slamzeit gerechnet hatte und zudem seiner vorherigen Ankündigung, daß er, sollte bei Zeitüberziehung das Publikum „Weiter!“ fordern, noch „1-2 Minuten mehr“ gewähren wolle, keine Beachtung geschenkt hatte. Ich nehme an, er wollte einfach schnell ins Bett oder an einen anderen hipperen Ort, bloß weg von uns unfrischen Science-Losern. Die sehr nette Organisatorin, die mich eingeladen hatte, entschuldigte sich ausdrücklich für diesen Verlauf bei mir und verabschiedete mich doch etwas betreten.
Das war also der bemerkenswerte Science Slam zum Thema „Gerechtigkeit“ in Konstanz. Ich weiß, ich weiß… the irony….
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Bei den Slams geht es darum, wie man mit molekularer Ballistik Waffen zum Sprechen bringen kann. Würde mich freuen, Euch irgendwo dort zu treffen 🙂
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