Und schon ist das erste halbe Jahr ‘rum, unglaublich, wie schnell diese Zeit jetzt vergangen ist. Letztes Mal habe ich mich noch über das miese Wetter beschwert und es ist auch noch keine drei Wochen her, daß ich morgens ungläubig und kopfschüttelnd mit wiederausgemotteter Winterjacke durch dicken Schneeregen zur Arbeit radelte, doch inzwischen ist selbst hier unmißverständlich der Frühling eingezogen, es hat bestimmt schon zwei Tage am Stück nicht geregnet (!) und schon sieht das ganze wesentlich weniger trist aus.
Das lockt natürlich diverse nautische Besucher nach Kiel, z.B. aus Genua
oder Russland
Inzwischen hatte ich auch schon mehrfach Besuch aus der Heimat, mit dem ich u.a. die Schleuse am Nord-Ostsee-Kanal und das U-Boot in Laboe besichtigt habe.
Apropos Laboe: Die Fischbrötchen hier direkt am Strand, am besten verzehrt in einem Strandkorb sitzend, sind wirklich sehr gut und deutlich besser als anderswo.
Auf der Arbeit gehen die Dinge indes ihren gewohnten Gang: inmitten der riesigen Campus-Baustelle analysieren wir hier Tatortspuren, identifizieren skelettierte Leichen und stellen das Abstammungsverhältnis zwischen Personen fest. Nebenbei muß noch Zeit für die Forschung bleiben und meine wackere Doktorandin ist gerade auf den letzten Metern ihrer Arbeit (ich glaube, die wird richtig gut 🙂 ).
Gestern abend habe ich dann noch einen Vortrag auf der MediNight gehalten mit dem Ziel, MedizinstudentInnen in Kontakt mit der Wissenschaft und den Forschern an ihrer Fakultät zu bringen. Übrigens in genau dem Hörsaal, in dem ich vor exakt 10 Jahren, als ich hier einen kurzen Forschungsaufenthalt hatte, die Antrittsvorlesung von Reiner Siebert gehört habe. Das offizielle Motto des Abends, „from bench to bedside“ (dt. vom Labor ans Krankenbett) konnte ich zwar nicht bedienen, denn wir gehen ja eher „from bench to crime site“ (dt. vom Labor an den Tatort), aber das war schon in Ordnung und ich hatte den Eindruck, den Leuten hat’s gefallen.
Ich habe übrigens eine Beobachtung über die Nordlichter hier gemacht, die ich inzwischen etliche Male verifiziert habe und inzwischen für möglicherweise genetisch bedingt halte: die Leute hier sind unfähig, eine Rolltreppe korrekt zu benutzen. Wie das Wort schon andeutet, handelt es sich bei einer Rolltreppe um eine Treppe, also etwas, das man hinauf- oder hinabsteigt und das im Fall der Rolltreppe durch seine zusätzliche Eigenbewegung die Zeit zur Überbrückung der Höhendistanz verkürzt. Älteren, Verletzten oder Personen mit zum Zerbröseln neigenden Knochen zuliebe besteht die Möglichkeit, auf einer Rolltreppe auch nur zu stehen und sich passiv befördern zu lassen, dafür stellt man sich auf der rechten Seite der Treppe hin und läßt auf der linken Seite Platz für diejenigen, die die Treppe ihrem eigentlichen Zweck zuzuführen wünschen, nämlich, sie hinauf- oder hinabzusteigen.
Dieser einfache Zusammenhang (, der es schon in die Wikipedia geschafft hat) ist den Leuten hier aber nicht nur unbekannt, sondern nicht einmal zu vermitteln: jedes Mal (!), wenn ich hier Rolltreppe hinauf- oder hinabsteige, stehen (!) Leute bräsig mitten auf der Treppe oder nebeneinander. Wenn ich dann höflich darum ersuche, „mal vorbei“ zu dürfen, blicke ich fast immer in völlig fassungs- und/oder ratlose Gesichter. Die Leute scheinen nicht einmal das Konzept zu begreifen, daß jemand auf einer Rolltreppe zu gehen wünscht und daran durch ihr sach- und zweckwidriges Herumstehen behindert wird. Es gab sogar schon Leute, die sich geweigert haben, Platz zu machen bzw. solange dafür gebraucht haben, daß wir bereits am Ende der Treppe angekommen waren, als sie es endlich geschafft hatten. Warum ist das hier so? Weiß jemand Rat? Wäre es hilfreich, wenn ich hier ehrenamtlich einmal in der Woche nachmittags einen Rolltreppenbenutzungskurs leiten würde? Kiel, ruf mich an, wenn Du da Hilfe brauchst!
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