Schon wieder ein Mikrobiom-Artikel? Ja, aber nur ein kurzer und außerdem kommt mein Spezi, die miRNA, auch drin vor! Die kann nämlich nicht nur posttranskriptional die Proteinsynthese regulieren, sondern offenbar auch die Bakterienpopulationen, das Mikrobiom, im Darm kontrollieren.
Daß, wie man inzwischen weiß, das Mikrobiom des Darmes eine große Rolle für die Gesundheit und im Zusammenhang mit vielen Erkrankungen spielt, habe ich ja schon mal erzählt.
Abgesehen von dem eher ungezielten Ansatz der Stuhltransplantation gibt es jedoch noch keine gute Methode, die Zusammensetzung dieser mikrobiellen Populationen dauerhaft umzugestalten: wenn man Veränderungen einbringt, kehren sie zu ihrer ursprünglichen Zusammensetzung zurück und bleiben auch über die Zeit stabil.
In vorherigen Untersuchungen hatte man gefunden, daß Darmmikroorganismen aus Fischen, die in keimfreie Mäuse transplantiert worden waren, schon nach kurzer Zeit normalen Maus-Mikroorganismen ähneln. Eine Gruppe um S. Liu hat nun untersucht, wie es dem Wirtsorganismus, als dem Inhaber des Darms, gelingt, das gastrointestinale Mikrobiom zu beeinflussen [1].
Sie entdeckten eine Art Abwehrmechanismus des Wirts und daß miRNAs dabei eine Rolle spielen: sie dentifizierten funktionale miRNAs im Stuhl des Wirts und verglichen daraufhin die miRNA-Profile von Mäusen und Menschen und zwischen verschiedenen Abschnitten des Darms. Sie fanden, daß beide Arten 17 von 50 identifizierten miRNAs gemeinsam hatten und daß mehr miRNA im Ileum als im Kolon vorkam. Die Verteilung von Mikroorganismen ist genau anders herum: mehr im Kolon als im Ileum.
Die miRNAs werden von Darmepithel- und Becherzellen produziert und dann mittels Vesikeln in das Darmlumen ausgeschieden. Bei der Suche nach einer Assoziation zwischen den miRNAs und den normalerweise im Darm vorkommenden Bakterien entdeckten die Forscher, daß fäkale miRNA in die Bakterien hineingelangen kann, in ihrem Inneren mit anderen Nukleinsäuren kolokalisiert und bestimmte bakterielle Gene posttranskriptional reguliert. Merkwürdigerweise führte diese Regulation nicht in allen Fällen, wie eigentlich üblich für miRNAs, zur Zerstörung der bakteriellen mRNA, statt dessen wurden einige Transkripte sogar verstärkt und das Bakterienwachstum angeregt. Noch jemand, den/die das an soziale RNA erinnert?
Um diesen Befund zu bestätigen, untersuchte die Gruppe Mäuse, die durch eine künstlich eingebrachte Mutation im Dicer keine reifen miRNAs mehr herstellen konnten. Diese Mäuse wiesen ein unkontrolliertes Darmmikrobiom auf und litten unter starker Darmentzündung. Die Symptome verschwanden jedoch und das Darmmikrobiom normalisierte sich, wenn den Mäusen fäkale miRNAs von normalen Tieren transplantiert wurden.
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Referenz:
[1] Liu S, da Cunha AP, Rezende RM, Cialic R, Wei Z, Bry L, Comstock LE, Gandhi R, Weiner HL. The Host Shapes the Gut Microbiota via Fecal MicroRNA. Cell Host Microbe. 2016 Jan 13;19(1):32-43.
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