Aber auch durch unzureichende oder unvollständige Verarbeitung pflanzlicher Bestandteile kann es zu toxischen Effekten von TKPs kommen [2, 12]. Die Aconitumwurzel beispielsweise muß gründlich gewässert und gekocht werden, um ihre Toxizität zu reduzieren. Wird dies unterlassen, kann das verabreichte Präparat eine Aconitumvergiftung hervorrufen, die mit Herzstillstand oder Arryhthmie einhergehen und so auch tödlich enden kann und Aconitum ist die Ursache der meisten schweren Vergiftungen nach Einnahme chinesischer TKPs [4].

Nicht wenige Hersteller von TKPs, die zurecht an der Wirksamkeit ihrer Gebräue zweifeln, sind dazu übergegangen, ihre Produkte mit richtigen Medikamenten zu versetzen, um ihnen so den Anschein der Wirksamkeit zu verleihen und die Liste der nachgewiesenen Substanzen ist lang. In manchen Ländern, z.B. Taiwan, wurden Standardarzneistoffe in einem Viertel aller untersuchten TKPs nachgewiesen. Natürlich wird der Zusatz solcher Substanzen nicht deklariert und so kann es vorkommen, daß ein Patient für ihn völlig ungeeignete Mittel einnimmt  ohne es zu wissen. So in dem Fall eines Epileptikers, der nach einer Phenytoin-Vergiftung ins Koma fiel, weil diese Substanz einem angeblich ausschließlich traditionell-chinesische Inhaltsstoffe enthaltendem TKP gegen Krampfleiden beigemengt war, das er eingenommen hatte [13]. Es gibt aber auch zahlreiche Berichte von allergischen Reaktionen bis hin zum Schock wegen nicht deklarierter Wirkstoffe, gegen die die betroffenen Patienten allergisch waren.

Ein weiteres Problem mit TKPs besteht in den potentiellen Wechselwirkungen mit richtigen Medikamente, deren Wirkung durch TKPs verstärkt oder abgeschwächt werden kann, oder die zusammen mit dem TKP völlig unvorhergesehene, idiosynkratische Effekte hervorrufen können [14]. So können TKPs etwa die Aufnahme anderer Substanzen verbessern und die Ausscheidung reduzieren. Besonders berüchtigt ist hier das Johanniskraut, das die Wirkung von Warfarin und Cyclosporin reduziert und Zwischenblutungen bei Frauen auslöst, die mit der Pille verhüten. Es reduziert zudem die Bioverfügbarkeit von Theophyllin, Amitryptilin, Indinavir (ein Anti-HIV-Wirkstoff) und Methadon (wodurch es zum Wiedereinsetzen von Entzugserscheinungen kommen kann). Und das ist nur eines von zahlreichen Beispielen. Aber nicht nur Substanzinteraktion von TKPs kann gefährlich sein, auch die Einnahme von TKPs vor Operationen kann zu schweren Problemen führen und die Amerikanische Gesellschaft für Anästhesiologie empfiehlt sogar, 2 Wochen vor einer OP keine TKPs einzunehmen [15].

Hier ein Überblick über die durch TKP ausgelösten Krankheitsbilder und Symptome

table 2

Was bedeutet all das nun für die forensisch-medizinische Diagnostik und Todesursachenfeststellung?

Zunächst mal ist festzustellen, daß es große Schwierigkeiten bereiten kann, festzustellen, welche Dosis eines TKPs tödlich ist, wie und ob überhaupt ein bestimmtes Kraut den Tod verursachen bzw. dazu beitragen kann. Ebenfalls problematisch ist der Mangel an diagnostischen pathologischen Befunden während der Obduktion. Die Interpretation der möglichen Rolle von TKPs ist dann besonders heikel und auch von medizinrechtlicher Relevanz, wenn die Produkte vor dem Tod anstelle verschriebener Medikamente eingenommen wurden. Man denke hier an Fälle von Kindern, deren Eltern ihnen zur Behandlung etwa einer Krebserkrankung TKPs verabreicht und auf den Einsatz von Chemo- und Strahlentherapie verzichtet haben. Hier ist dann im Todesfall die Frage der Schuld der Eltern und ggf. der Verbleib des Sorgerechts für noch lebende Kinder zu klären.

Es ist angesichts der zunehmenden Popularität und Verbreitung von TKPs jedenfalls davon auszugehen, daß sich Fälle von forensischer Relevanz im Zusammenhang mit TKPs immer häufiger ereignen werden. Daher sollten Auflistungen von Drogen und Medikamenten, die an Tat- und Sterbeorten erstellt werden, grundsätzlich auch dort vorfindliche TKPs einschließen und wenn im Rahmen der Obduktion eine ungewöhnliche Medikamentenwirkung festgestellt wird, sollte immer auch eine mögliche Interaktion mit TKPs erwogen werden. Außerdem gilt es, das Bewußtsein dafür zu schärfen, daß TKPs eine Rolle spielen können bei ungewöhnlichen oder ungünstigen Verläufen von medizinischen Eingriffen und Operationen.

Festzustellen bleibt, daß die Einnahme von TKPs durchaus riskant sein kann, insbesondere, wenn sie zusätzlich zu oder anstelle von richtigen Arzneistoffen eingenommen werden und daß dieses Risiko in den meisten Fällen durchaus nicht mit besserer Wirksam- oder Verträglichkeit erkauft wird.

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Kommentare (17)

  1. #1 rolak
    08/10/2016

    ironischerweise als „ewiges Leben“

    Was ist denn da dran ironisch? In manchen Weltbildern gibt es ein ewiges Leben im Jenseits – und mit dem Mittel wird es dann halt erstaunlich schnell angetreten…

    Aconitum

    Was für ein Stöhnen eben – als beim Nachschlagen (schon wieder) Eisenhut herauskam :‑)

  2. #2 RPGNo1
    08/10/2016

    Nach der Lektüre dieses Artikels bekomme ich das nackte Grausen. Die Einnahme bzw. Verschreibung von TKP gleicht da schon einer Körperverletzung bzw. fahrlässigen Körperverletzung.
    Und noch eine weitere Anmerkung. Bestimmte Leute assozieren gerne mit Begriffen einen bestimmten Zustand.
    chemisch = schlecht
    biologisch = gut
    natürlich = gut
    pflanzlich = gut
    Dem kann ich jetzt noch tradionell = gut als weitere Fehlwinschätzung hinzufügen.

  3. #3 Michel
    08/10/2016

    Mir gefällt der Begriff “echte Medizin” sehr gut.

  4. #4 anderer Michael
    08/10/2016

    Herr Courts
    Zum Verständnis: mit TKP ( traditionelle Kräuterpräperate )sind in diesem Blogartikel ausschließlich Präparate der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) gemeint?

    Ich frage deswegen, weil ich zufällig gestern in einem älteren Pharmakologielehrbuch etwas über Schwermetallbelastungen in homöopathischen Substanzen gelesen habe und Johanniskraut auch in Europa unabhängig von der TCM populär ist. Im Literaturverzeichnis unter 1 ist von ” ..traditional herbal médicines. .” die Rede. Oder wird der Begriff TKP per definitionem der TCM zugeordnet?

    Mit der Frage will ich weder Ihren Artikel in Frage stellen noch die TCM relativieren, es geht nur ums Verständnis.

  5. #5 tomtoo
    08/10/2016

    Wie wird so etwas eigentlich nach Europa eingeführt ? Also Nahrung oder Medizienprodukt fällt ja flach oder? Als Badezusatz oder Autopflegeprodukt ?

  6. #6 RPGNo1
    08/10/2016
  7. #7 jokep
    09/10/2016

    Sehr geehrter Blogautor,

    Haben Sie bei Ihrer Recherche auch Informationen gefunden, wie weit sich die Situation in Österreich von dem geschilderten Zustand unterscheidet? Meines Wissens ist in Österreich einerseits der Import von TKPs reguliert und zentralisiert; andererseits dürfen TKPs auch nur von (echten) Ärzten verschrieben und nur von Apotheken ausgegeben werden.

    Danke.

  8. #8 tomtoo
    09/10/2016

    @anderer Michel
    Naja Schwermetalle in D30 (hochwirksam) dürfte selbst Cornelius schwer fallen nachzuweisen.

    Ich bin eh schockiert was alles in Aphotheken verkauft wird. Muss gestehen, hab nahezu jegliches Vertrauen in Aphothekenbetreiber verloren. Den Spruch in der Werbung: “Fragen Sie ihren Arzt oder Aphotheker” kann mann zumindest für mich in Zukunft kürzen. Und sollte mir ein Arzt “glaubolis” andrehen wollen, kann mann den Satz ersatzlos streichen.

  9. #9 anderer Michael
    09/10/2016

    Tomtoo:
    Hätte ich auch vermutet.Der Autor schrieb , es gäbe auch nicht verdünnte homöopathische Substanzen (1) mit Schwermetallbelastung, was er deutlich kritisierte. An das Buch komme ich erst nächste oder übernächste Woche wieder ran. Ich werde nachberichten. (Auch wenn ich wegen falscher Erinnerung Blödsinn geschrieben habe) Es war eine Ausgabe aus den 1990 Jahren des Pharmakologiestandardbuches der Herausgeber Forth/Henschler.

    1. Aus reinem Automatismus will ich immer Medikamente schreiben, es passt aber einfach nicht.

  10. #10 tomtoo
    10/10/2016

    @anderer Michael
    Habe gelesen das Zeugs (Blei, Arsen) gibt es auch in D6. Also nur 1:1000000 verdünnt. Aber in wiefern das gesundheitsschädlich bei üblichen Mengen (z.B 3 Glauboli täglich) ist kann ich leider nicht beurteilen.

  11. #11 Omnivor
    Am Nord'pol'von NRW
    10/10/2016

    Meine Frau und ich sind in verschiedenen Ecken von NRW aufgewachsen und verstehen unter ‘Butterblume’ unterschiedliche Pflanzen. Deshalb habe ich große Vorbehalte gegen traditionelle Wirkungszuschreibung bei Pflanzen. Bei der TCM sehe ich zusätzlich das Problem, das sie in einem großen Gebiet mit verschieden Völkern und Sprachen über Jahrhunderte weitergegeben wurde. Da müssen sich Fehler eingeschlichen haben.

  12. #12 Cornelius Courts
    10/10/2016

    @anderer Michael: “mit TKP ( traditionelle Kräuterpräperate )sind in diesem Blogartikel ausschließlich Präparate der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) gemeint? ”

    Nein. Damit sind alle traditionellen Kräuterpräparate gemeint, also auch die aus anderen Regionen, nicht nur der TCM, die allerdings den mit Abstand größten Teil darstellen sollte.
    Es geht ja grundsätzlich darum, daß diese ganzen Präparate nicht evidenzbasiert sind und keiner modernen pharmazeutlichen Grundsätzen genügenden Qualitätsprüfung unterzogen werden. Ein anderes Beispiel sind ayurvedische Präparate, die ebenfalls sehr häufig mit Schadstoffen verseucht sind.

    @jokep: “Haben Sie bei Ihrer Recherche auch Informationen gefunden, wie weit sich die Situation in Österreich von dem geschilderten Zustand unterscheidet? ”

    Nein. Von den österreichischen Zuständen habe ich leider keine Ahnung. Mich würde aber wundern, wenn es dort strengere Regelungen gäbe, soweit ich weiß grassieren in Österreich doch Dinge wie Homöopathie, Granderwasser und ähnlicher Schwindel… (https://scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2014/12/11/homoeopathie-in-oesterreich/)

  13. #13 Laie
    12/10/2016

    Bei Produkten aus China soll hin- und wieder die Qualitätskontrolle versagen.

    Wenigstens gibt es in Österreich das gesunde Granderwasser, mit dem auch Brot gebacken wird, muss wohl gesund sein! 🙂

    Manche der zugesetzen Metalle wie Kuper, Mangan könnte man auch als notwendige Spurenelemente sehen. Arsen soll sogar in Babynahrung bei uns zu finden sein, wenn sie aus chinesischem Reismehl besteht. Warum kein Verkaufsverbot dazu?

  14. #14 Cornelius Courts
    12/10/2016

    @Laie: “Babynahrung […] chinesischem Reismehl”

    Was Du ansprichst, sind Nahrungsmittel. Natürlich sollten die auch kontrolliert und entsprechende Grenzwerte eingehalten werden, aber im Artikel geht es um Arzneimittel zur Behandlung kranker Menschen. Hier muß die Kontrolle wesentlich schärfer sein und, zumindest in der richtigen Medizin, ein Wirksamkeitsnachweis vorgelegt werden. Außerdem muß die Unbedenklichkeit in klinischen Studien gezeigt sein, zumindest für die therapeutische Dosis der Substanz.

  15. #15 Laie
    14/10/2016

    Ja, bin da leicht in ein verwandtes Thema abgerutscht. War so der Versuch aus der Sicht von oben. Ich warte nun auf ein glaubhaftes Qualitätssiegel für TCM, bevor ich zugreife.

    Der Trend zwischen Ernährung und Medizin ist aus Sicht der hiesigen Krankenkassen ehemals als Medikamente zugelassene Medikamente aus dem Kassenkatalog zu streichen, um sie als Nahrungsmittelergänzung zu deklarieren, damit diese Mittel nicht mehr bezahlen werden. Beispiele hierfür gibt es genug, wo Ärmere sich die teuren und wirksamen Zusatzmittel nicht mehr leisten können.

  16. #16 anderer Michael
    24/10/2016

    Tomtoo:
    Jetzt habe ich besagtes Buch vor mir liegen:
    “..In der H. Kommen nicht nur …hohe Verdünnungen zur Anwendung. Der h. Arzt wendet …bestimmte Stoffe wie…Atropin. …in den in der wissenschaftlichen Medizin üblichen Dosierungen an.Sie werden in der H. … als toxische Dosen bezeichnet,……….Nicht nur Arsen, sondern auch Blei und Quecksilber finden….in der H. in Dosen Verwendung, denen man im Rahmen der Umwelttoxikologie Bedeutung beimisst. …”
    Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 7.Auflage, 1992 Herausgeber Forth, Henschler,Rummel,Starke Seite 93

    Ich habe nachgelesen, in einem Artikel im Deutschen Ärzteblatt von 1996 rudert einer der Autoren zurück, und schreibt bei empfohlener Dosis würde wohl keine Gefährdung( aus toxikologische Sicht) entstehen.

    Letztlich ist es einerlei, weder im Buch noch im Artikel noch irgendwo im SB wird vollkommen richtig der H. irgendeine Heilwirkung zugeschrieben.
    Ich wollte nur nachberichten.Ich finde es aber interessant, eine starke Behauptung in einem Standardwerk , und Jahre später wird diese zurückgenommen. Auch in Kritik gegenüber der H. lohnt es sich, Behauptungen belegen zu können.

  17. #17 WolfgangM
    04/11/2016

    Die belgische Nephropathie ist ja in die Literatur eingegangen. Da wollten Frauen abnehmen mit chinesischen Tees, die leider Aristolochiasäure , ein starkes Nierenkarzinogen enthielten. Letztlich mußten etliche wegen Ca in situ operiert werden und landeten in der Dialyse bzw wurden transplantiert.
    einige Details hier:
    https://www.uptodate.com/contents/nephropathy-induced-by-aristolochic-acid-aa-containing-herbs

    Ich habs leider nicht mehr aber ein Pharmakologe Prof Bauer von der Uni Graz hat mal 101 TCM Arzneien untersucht. 25 davon wären nach dem Arzneimittelgesetz nicht verkehrsfähig. Fäkalkeime, Schwermetalle, Aristolochiasäure, nicht deklarierte Inhaltsstoffe etc pp.

    Und dann hab ich mal eine china. Ärztin in Ö gehört, die behauptete ja das mit der karzinogenen Potential sei bekannt, aber TCM-Ärzte wüßten damit umzugehen. :(. Stimmt halt nicht. Aber ich hab auch mal einen Dermatologen kennengelernt, der behauptete mit fernöstlicher Medizin AIDS heilen zu können. Nur was macht der mit der jahrtausendalten Erfahrung mit einer Infektion, die es erst seib 50 Jhr gibt?