Na, Lust auf einen Mc Heuschrecke mit Käse? Oder ein saftiges Mehlwurmsteak mit scharfer Sauce? Nein? Auch keinen Schlag Schwarzameisenkompott zum Nachtisch? Diese Wahl werden wir allerdings sehr wahrscheinlich nicht mehr allzulange haben. Wenn sich die Schätzung der UN, der zufolge 2050 9,7 Milliarden Menschen auf der Erde leben werden, als zutreffend herausstellt, müßte für deren Ernährung die Produktion von Nahrungsmitteln verdoppelt werden [1]!
Unsere (= Einwohner westlicher Industrienationen) derzeit gepflegten Nahrungsvorlieben, die den großflächigen Anbau von Getreide zur aufwendigen Ernährung von Nutzvieh erforderlich machen, werden eine solche Verdoppelung nur leider keinesfalls gestatten und um den stetig steigenden Bedarf an proteinreicher Nahrung zu decken, könnten bzw. müßten wir tatsächlich zu gewohnheitsmäßigen Entomophagen werden, so wie die heute bereits ca. 2 Milliarden anderen Menschen, die regelmäßig Insekten verputzen [2]. Denn Insekten sind, je nachdem, wen man fragt, nicht nur schmackhaft, sondern viele von ihnen verfügen auch über eine äußerst günstige Nährstoffzusammensetzung, sind als Proteinlieferanten ebensogut geeignet wie Fleisch oder Fisch [3] und die Aufnahme von Eisen und verschiedenen Mineralien wie Kalzium und Kupfer aus Insektenfleisch geht sogar besser.
Auch die allgemeine Wahrnehmung hinsichtlich des Verzehrs von Insekten scheint sich allmählich von universellem Ekel zu Experimentierbereitschaft bei einigen „Early-Adoptern“ zu diversifizieren. Es gibt inzwischen jedenfalls sogar Firmen, die Insekten als Kochzutaten [4] und verzehrfertige Insektenprodukte, wie diesen leckeren Heuschrecken-Kokos-Schokoriegel hier, vertreiben und eigene Restaurants für ein gepflegtes Schabendessen oder mal ein nettes Insektfrühstück ;-).
Angesichts der Tatsache, daß einerseits der Weg zu einer breiten Akzeptanz von “Insnackten“, Grillgrillen und sonstigen hexapodenbasierten Nahrungsmitteln noch recht lang sein dürfte, andererseits sich aber der Fleischbedarf seit den 40er-Jahren verfünffacht hat und die EU 70% der Tierfuttermittel importiert, wäre es alternativ auch möglich und ggf. notwendig, statt unserer selbst wenigstens ersteinmal unser Vieh mit Insekten zu ernähren, um dem sich anbahnenden Proteindefizit zu entgehen. So schlägt es „Proteininsect“ vor, ein EU-gefördertes Projekt zur Evaluation von Insekten als Futtermittel für Vieh (also „bug-fed“ statt „corn-fed“). Erste Studien mit Fischen, Schweinen und Geflügel, denen Insektenprotein verfüttert wurde, wurden schon durchgeführt und zeigten keinerlei Nachteile und vergleichbare Erträge wie bei herkömmlicher Fütterung und auch die meisten befragten Verbraucher scheinen kein Problem mit der Vorstellung zu haben. Im Rahmen des Projekts werden aber auch Sicherheitsaspekte untersucht, Ansätze zur industriellen Insektenaufzucht geprüft sowie die Möglichkeit eruiert, anfallende Abfälle als Futtermittel für Insekten zu verwenden.
Naja und wenn alle Stricke reißen und man sich einfach so gar nicht an die Vorstellung von einem lecker-frischen Milbensmoothie zu einem Hot-Maggot mit Senf und Röstzwiebeln oder von mit Schabenproteinen gemästete Schweine gewöhnen kann, gibt es vielleicht auch einen ganz anderen Ausweg: Vielleicht bekommen wir es ja noch rechtzeitig hin, Rindfleisch und Co. auf eine umwelt- und ressourcenschonende Weise im Labor nachzubauen, so daß es richtig schmeckt und gut ernährt. Anderswo schrieb ich bereits:
„Ich würde aber sofort, gerne und ausschließlich Laborfleisch und Laborsalat essen, sofern diese genauso gut schmecken, wie die „Originale““.
‘und bezahlbar sind’, hätte ich noch schreiben sollen, denn damals war das noch eher ein Vergnügen für die besser Betuchten; der Labor-Burger kostete noch über 300.000$, inzwischen sind wir aber runter auf 11 $.
So, ich gehe jetzt und kaufe ‘ne Tüte Weingummiwürmer und Lakritzschnecken. Irgendwie muß man ja anfangen…
(Aber im Ernst: sollte ich mal in die Verlegenheit kommen, eine frisch frittierte Heuschrecke probieren zu können, werde ich es tun. Geröstete Mehlwürmer habe ich schon gegessen und fand’s … ok. Eher unspektakulär. Mit dem Lebendverzehr daumendicker Maden irgendwelcher exotischen Fliegen werde ich aber wohl erstmal nicht so schnell warm werden.)
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Referenzen
[1] Foley, J. A., Ramankutty, N., Brauman, K. A., Cassidy, E. S., Gerber, J. S., Johnston, M., … & Balzer, C. (2011). Solutions for a cultivated planet. Nature, 478(7369), 337-342.
[2] Der UN-Gault-Millau für Freunde der knusprigen Hexapoden zum Runterladen
[3] Payne, C. L. R., Scarborough, P., Rayner, M., & Nonaka, K. (2015). Are edible insects more or less ‘healthy’than commonly consumed meats? A comparison using two nutrient profiling models developed to combat over-and undernutrition. European journal of clinical nutrition.
[4] Das „Eat-a-bug“-Kochbuch zum Selberkochen
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