In Deutschland darf aus DNA-Proben von Tatverdächtigen und Tatorten ein zur Identifikation bzw. Abstammungsuntersuchung taugliches DNA-Profil erstellt und das Geschlecht bestimmt werden. Mehr nicht. Noch immer ist also die Bestimmung der äußeren Merkmale einer Person, meist eines Tatverdächtigen, anhand asservierter DNA in Deutschland laut §81e Strafprozessordnung (StPO) unzulässig, obwohl technisch längst machbar.  Deutschland, mit seiner NS-Geschichte der Eugenik, ist damit das einzige Land, dessen Gesetzestexte sich überhaupt zur Verwendung kodierender Genabschnitte äußern und deren Untersuchung explizit verbieten. Schon vor drei Jahren schrieb ich dazu im Artikel über forensische DNA-Phänotypisierung (FDP):

„Wenn die Methode ausgereift ist, kann sie aber auch anderen forensischen Zwecken als der Strafverfolgung dienen. Z.B. wird man skelettierten, enthaupteten oder auf andere Arten unkenntlichen Leichen auf Grundlage der DNA aus verbleibenden Körperzellen ein Gesicht geben und so viel besser ihre Identität ermitteln können. Zusammen mit NGS werden sich so ungeahnte Möglichkeiten eröffnen…

Spätestens dann wird sich hoffentlich auch der deutsche Gesetzgeber dazu bewegen lassen, die StPO anzupassen und die Einbeziehung von DNA-Polymorphismen, die zur Bestimmung des äußeren Erscheinungsbildes dienen, gestatten.“

Kürzlich, drei Jahre später, im Bericht zum 37. Spurenworkshop, erzählte ich vom Vortrag eines Juristen,

„der auf die aktuelle Debatte zur Notwendigkeit der Aktualisierung der StPO zu sprechen kam, die sich am impliziten Verbot von FDP in Deutschland entzündet hatte, das im Mordfall von Freiburg die Ermittlungen behindert hatte. Der Druck auf die Politik ist inzwischen so groß […], daß es nun konkrete Bemühungen gibt, die StPO hinsichtlich des wissenschaftlichen Fortschritts zu aktualisieren und um die Möglichkeit für DNA-Untersuchungen zu erweitern, welche nun endlich auch die Feststellung äußerlich sichtbarer Merkmale gestatten.“

Einen entsprechenden Gesetzentwurf gibt es bereits, der jedoch trotz einer entsprechenden Petition in der ursprünglichen Version zunächst kein FDP zugelassen hätte, sondern lediglich die erweiterte Datenbanksuche nach Familienangehörigen von Tatverdächtigen. In der geänderten Version heißt es jetzt:

„Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I

  1. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 3 Absatz 5 des Gesetzes vom
  2. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3346) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

§81e wird wie folgt geändert:

  1. Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 wird gestrichen.
  1. Absatz 2 wird wie folgt geändert:
  1. Nach Satz 1 werden folgende Sätze 2 und 3 eingefügt:

Ist unbekannt, von welcher Person das Spurenmaterial stammt, dürfen auch Feststellungen über das Geschlecht, die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das biologische Alter der Person getroffen werden. Feststellungen über andere als die in Satz 2 bezeichneten Tatsachen dürfen nicht erfolgen; hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig.“

(Hervorhebung von mir)

Man beachte, daß die Feststellung der biogeographischen Herkunft bzw. ethnischen Zugehörigkeit nicht zulässig, obwohl technisch recht gut möglich und natürlich für Ermittlungsverfahren mit völlig unbekannten Tatverdächtigen extrem nützlich ist. Das hat auch nichts mit „racial profiling“ zu tun, da man ja die ethnische Zugehörigkeit vor Befunderhebung eben nicht kennt und wohl kaum anders oder weniger akribisch ermitteln würde, wenn das Ergebnis lautet, daß der Mörder höchstwahrscheinlich „europäisch-kaukasischer Herkunft“ ist.

Im Kommentar dazu heißt es weiter:

„Nach Auskunft des international renommierten Kriminaltechnischen Instituts des Landeskriminalamts Baden-Württemberg können – insbesondere auf Grundlage von Studien des in den schon seit einigen Jahren umfassendere DNA-Analysen zulassenden Niederlanden tätigen Prof. Manfred Kayser (vgl. hierzu Kayser, Forensic International: Genetics 18 [2015] 33) – zwischenzeitlich aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen derartigen Spurenmaterials mit hoher Wahrscheinlichkeit verlässliche Aussagen zur konkreten Augen-und Haarfarbe, zur Hautfarbe sowie zum biologischen Alter der Person getroffen werden, von der die jeweilige Spur stammt. DNA-fähiges Spurenmaterial fällt insbesondere bei schweren Sexual- und Gewaltstraftaten. Es liegt auf der Hand, dass es für die Strafverfolgungsbehörden im Rahmen der in aller Regel sehr zeit- und personalintensiven Täterermittlungen hilfreich wäre, frühzeitig Kenntnis von den genannten Merkmalen zu haben. Auf diese Weise könnten die in einem Verfahren bestehenden Ermittlungsansätze sinnvoll gewichtet, Ermittlungsschwerpunkte gesetzt und Ermittlungshandlungen priorisiert werden. Damit können auch etwaige Eingriffsmaßnahmen gegen Unbeteiligte, die an Hand der zusätzlich getroffenen Feststellungen als Täter wenig wahrscheinlich sind (zB auch im Rahmen von DNA- Reihenuntersuchungen),vermieden werden.

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Kommentare (121)

  1. #1 schorsch
    06/04/2017

    Man könnte auch darauf hinweisen, dass DNA-Proben regelmäßig von Dummbullen aufgenommen werden, die Uwe Böhnhardt vom Nordpol bis zu Peggy und Michèle Kiesewetter als Täter völlig zweifelsfrei nachweisen.

  2. #2 Cornelius Courts
    06/04/2017

    @schorsch: man könnte auf so einiges hinweisen. Es wäre aber cool, wenn das was mit meinem Beitrag zu tun hätte.

  3. #3 noch'n Flo
    Schoggiland
    07/04/2017

    Ich kapiere den Kommentar vor allem schon rein grammatikalisch nicht.

    Ansonsten wäre ich sehr dafür, die Suche nach dem “Metal-Gen” zu intensivieren.

  4. #4 Dr. Webbaer
    07/04/2017

    Sehr informativ, auch die Begründung, warum es hier (in der BRD) gesetzliche Einschränkungen gibt, und die verfassungsrechtliche Einschätzung.

    Sicherlich eine Güterabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Ermittlungserfolg und dem Schutz der Verdächtigen, der womöglich Tatbeteiligten.

    MFG
    Dr. Webbaer

  5. #5 zimtspinne
    07/04/2017

    Noch nicht mal Angaben zum biologischen Alter durften bisher aus DNA-Daten gemacht werden? Wieso denn das?
    Ich habe gerade so überlegt, was man über mutmaßliche Täter und auch zum Ausschluss Tatverdächtiger alles verwerten könnte im Bereich krankheitsbezogene Persönlichkeitsmerkmale oder auch Polymorphismen, da gerade auf diesem Gebiet täglich neue Erkenntnisse hinzu kommen.
    Wenn man zB eine bestimmte Erbkrankheit fände im DNA Profil unbekannter Herkunft und genau diese kommt im Tatumfeld vor, dann könnte man ja… oder ist das zu makaber?
    Also ich hätte nichts dagegen einzuwenden, meine DNA von oben bis unten durchleuchten zu lassen, wäre ich tatverdächtig (und nicht der Täter..), die Ergebnisse hätte ich dann gerne zur persönlichen Verfügung und aus dem Justiznetzwerk könnten sie ja nach Abschluss der Ermittlungen raus.
    Wer krank ist und bestimmte Informationen über Mutationsvorkommen erhält, rennt damit ja auch durch die Gegend, erzählt es jedem behandelnden oder auch nur beratenden Arzt und bei den KK wird das sicher auch da und dort abgespeichert, in Krankenhäusern und klinikübergreifend noch dazu.

  6. #6 Dr. Webbaer
    07/04/2017

    @ zimtspinne :

    Wenn man zB eine bestimmte Erbkrankheit fände im DNA Profil unbekannter Herkunft und genau diese kommt im Tatumfeld vor, dann könnte man ja… oder ist das zu makaber?

    Wäre wohl verfassungsrechtlich nicht machbar, übrigens auch derart problematisch, weil die genetisch zu Beschreibenden ja auch schlicht “nur” Verdächtige, Zeugen oder Unbeteiligte sein könnten.
    Wobei die hier ins Auge gefasste Maßnahme natürlich schon ganz primär Täter meint, schon klar, aber auch Straftäter müssen nicht wie von Ihnen angeregt untersucht werden, es genügten für die Zwecke der Ermittlungsarbeit die Angaben, dies sich wie beschrieben im dankenswerterweise bereit gestellten WebLog-Artikel extrahieren ließen.

    MFG
    Dr. Webbaer

  7. #7 zimtspinne
    07/04/2017

    Nun ja, zur Täterbeschreibung gehören ja auch Dinge wie Narben, fehlende Haare oder Beine oder anderswo verstecktere für die Allgemeinheit nicht sichtbare “Spuren” ah… Anomalien…. falls entsprechend wissende Personen befragt werden, geben sie auch solche Details an und es würde durchaus auch danach gezielt gefahndet.
    Ebenso kann Homosexualität zum Täterprofil gehören, also weshalb genau sollte eine Erbkrankheit jetzt da so etwas streng geheimes sein, das keinesfalls bekannt werden darf?
    Ich bin mir sehr sicher, in ein paar Jahrzehnten wird man über unsere Verklemmtheit lächeln.

    Man kann ja anhand von DNA Spuren auch auf Drogen-, Alkoholmissbrauch, Tablettensucht und sonstwas schließen, das dürfte ja dann ebenfalls nicht erlaubt sein, denn es ist höchst privat, wird aber dann eben als tatrelevant eingestuft, was ja bei Drogen und Alkohol noch verständlich ist, aber bei Medikamenten zB?

    Es wäre schon interessant für die Ermittlungen, wenn gezielt nach einem Diabetiker gesucht werden könnte, somit die Suche eingegrenzt.
    Genauso würde man ja auch nach einer Sehbehinderung gezielt suchen, wenn am Tatort eine Kontaktlinse gefunden würde…..
    wo ist da jetzt genau der Unerschied?

  8. #8 RPGNo1
    07/04/2017

    @zimtspinne
    Um CC zu zitieren (Hervorhebung von mir):

    Deutschland, mit seiner NS-Geschichte der Eugenik, ist damit das einzige Land, dessen Gesetzestexte sich überhaupt zur Verwendung kodierender Genabschnitte äußern und deren Untersuchung explizit verbieten.

    Die deutsche Historie des vergangenen Jahrhunderts lässt den Gesetzgeber daher übervorsichtig agieren.

  9. #9 Bullet
    07/04/2017

    @Zimtspinne:

    Ich bin mir sehr sicher, in ein paar Jahrzehnten wird man über unsere Verklemmtheit lächeln.

    Wenn du dich da mal nicht gröbstens vertust. Daten sind heute bereits der Stoff, aus dem das Geld (und demzufolge auch die Macht) ist. Was könnte man denn so alles aus dem vollständig aufgeschlüsselten Genom erkennen? Wie wärs mit: “jüdische Abstammung”. Die könnte nämlich einem Adolf 2.0 ganz objektiv als, äh, *Ausschlußkriterium* dienen. In den üblen Dreißigern war die Genetik noch nicht so weit, daß man Rassismus sauber genetisch hätte begründen können.
    In den Achtzigern warb MTV noch in Spots gegen Rassismus mit so schönen Sprüchen wie “Color is only skin deep”, die mit Röntgenbildern unterlegt waren.
    Nuja. Das können wir dann mal weglegen, nech?

    Genau weil diese Mechanismen jetzt schon bekannt sind, ist es durchaus vorstellbar, daß es irgendwann ein Kapitalverbrechen ist, Genomdaten zu erheben oder unerlaubt zu verbreiten (analog dem Verbreiten zuvor gehackter textilfreier Fotos von aus Funk und Fernsehen bekannten Leuten).

  10. #10 zimtspinne
    07/04/2017

    Einen Adolf 2.0 halte ich für komplett unwahrscheinlich, oder wie sollte der sich in der heutigen Zeit mit der globalen Rundumüberwachung ausbreiten und seine Ziele erfolgreich durchsetzen?
    In der Unterwelt oder wo und wie?

    Es muss auch einfach langsam mal gut sein mit der Vergangenheit bzw damit, sie ständig ins Jetzt und Heute zu projizieren und irgendwelche Horrorszenarien auszumalen, sobald nur bestimmte Schlüsselwörter oder Silben fallen.

    Damit wird völlig übers Ziel hinaus geschossen und die Generationen, deren Eltern schon nix mehr damit zu tun hatten und noch nicht mal geboren waren, sind davon eher genervt als sensibilisiert zu werden für Aufmerksamkeit und Verantwortung.

    Was soll an jüdischer Abstammung schlimm sein, man kann über das Genom mehr über die Herkunft der Juden erfahren, oder wie nah sich die einzelnen Gruppen genetisch sind und wie hoch der jüdische Anteil am Genom überhaupt noch ist. Und ob es überhaupt noch so etwas wie eine genetische jüdische Identität gibt… vielleicht bei isolierten Gruppen oder so.
    Find ich super spannend, aber daraus wird ja nix, weil in Nullkommanix die Unkenrufer mit ihren Horrorvisionen wieder auf dem Plan stehen.
    Anderswo wird aber dennoch munter geforscht, da wo man nicht so panisch drauf ist.

    Diese ganze Geheimniskrämerei und Angstbesetzung rund um das Thema Genom ist doch kontraproduktiv. Das ist natürlich nur meine persönliche Meinung, jedoch bin ich mir absolut sicher, eines Tages werden wir alle ohnehin durchleuchtet sein, Genchips tragen, die dann vor Gesundheitsrisiken warnen und ähnliches (was ja durchaus lästig sein könnte)

    Und ganz ehrlich, was verändert sich denn groß bei einer Gendiagnostik? Schon heute machen doch zB private KV eine individuelle Risikobewertung und Arbeitgeber selektieren ebenfalls nach dem, was das Äußere eines Menschen über seinen Gesundheitsstatus verrät und das ist sehr viel.

  11. #11 Veronika Lipphardt
    Freiburg
    08/04/2017

    Sehr geehrter Herr Dr. Courts,

    Sie halten die Wahrscheinlichkeitsangaben also für sehr zuverlässig.
    Im Ermittlungsfall sollten ja die posteriori-probabilities interessieren, nicht die likelihoods; d.h. sie müssen prevalence adjusted sein. Als fortgeschrittenem Naturwissenschaftler ist Ihnen diese Unterscheidung ja sicher bekannt.

    Hier nun einige meiner Fragen an Sie:
    – Welche von den Wahrscheinlichkeitswerten, die im Gesetzesantrag und in den Medien kursieren, sind posteriori-probabilities?
    – Welcher posteriori-probability-Wert kommt heraus, wenn die DNA-Analyse auf ein Minderheitsmerkmal hindeutet, das bei einer Minorität vorkommt, die ca. 1% der Bevölkerung eines Ortes ausmacht?
    – Wie groß wird im Vergleich die Gruppe der false positives der Mehrheitsbevölkerung sein? Gute Forensiker geben so etwas ja in ihren Gutachten auch mit an.
    – Haben Sie die öffentlich genannten Wahrscheinlichkeitswerte – verstanden als posteriori-probabilities – in einem peer reviewed paper gefunden? Können Sie uns dieses paper bitte schicken? Wir haben bisher vergeblich gesucht.
    – Eine Bemerkung zur Fokussierung auf Minderheiten durch die Anwendung dieser Technologien: Manfred Kayser, unbestritten der führende Experte auf dem Gebiet der DNA-Phenotyping-Technologie-Entwicklung, schrieb bereits 2011 zusammen mit seinem Kollegen Knijf (Improving Human Forensics, in: Nature review 12, p. 184): „Regulatory issues to take into account are non-discrimination (particularly salient as FDP is most useful for tracing suspects from minority groups), privacy and data protection, the ‘right not to know’, and preventing ‘slippery slopes’“.
    Nun hat sich seit 2011 an diesem Problem leider nichts geändert. Daß die Polizei bei einem DNA-Analysen-Ergebnis, das auf ein Mehrheitsmerkmal hinweist, genauso akribisch weiterermittelt, dürfte zumindest für die DNA-dragnets nicht zutreffen – zu aufwendig, zu teuer, zu unfokussiert. Zudem weiß man unter Fachleuten auch, daß die Technologien in Städten wie Freiburg oder Berlin nicht sinnvoll einzusetzen sind.
    – Interessant für uns ist auch, daß Sie die Feststellung der “biogeografischen Herkunft” so positiv einschätzen. Dabei gibt es ja einige Fallstricke und Schwierigkeiten; Sie kennen die sicher alle sehr gut. “Mischungs-” und Repräsentativitätsprobleme sind da zu nennen; mtDNA reicht z.B. für eine gute Zuordnung nicht aus; für regionalspezifische Zuordnungen muß die DNA sehr gut erhalten sein, selten der Fall bei Tatort-Spuren. Forensiker sagen, die entsprechenden Gutachten seien sehr komplex, langwierig, und leiden in der Anwendung oft unter Fehlinterpretationen in der Ermittlungsarbeit.
    – Dass das nichts mit “racial profiling” zu tun hat, sieht einer der Erfinder des Konzeptes der “biogeografischen Herkunft”, TN Frudakis, anders:
    “Though these exclusion calculations can be performed retrospectively, once the perpetrator has been identified, there is a great need for racial profiling tools that function in a retrospective (suspect already in hand) as well as a prospective (suspect not yet identified) capacity.” (Patent Nr. US20070020651 A1,
    https://www.google.com/patents/US20070020651?cl=enIt, last accessed 08.04.2017)

    Wir sind eine multidisziplinäre Expertengruppe, die am 21.03.2017 im BMJV zu diesen und anderen Aspekten des Themas vorgetragen hat. Unsere Website finden Sie unter https://stsfreiburg.wordpress.com/, dort auch in den nächsten 2 Wochen umfassende Updates und neue Texte.
    Beste Grüße,
    Veronika Lipphardt

  12. #12 ralph
    08/04/2017

    hochinteressanter Artikel. Die Technik ein wenig weitergedacht, könnten sich physische Straftaten bald nicht mehr rechnen, zumindest nicht für Wiederholungstäter die bereits in der Datenbank der Polizei sind.

  13. #13 Dr. Webbaer
    08/04/2017

    Frau Veronika Lipphardt war so freundlich kritisch zu ergänzen, den sogenannten fortgeschrittenen Naturwissenschaftler, den einige allerdings sehr schätzen, die Attribution insofern auch für mutig hielten; viel hängt A) von der Wirtschaftlichkeit des FDP ab und B) von der Zuverlässigkeit der Ergebnisse.
    Rein probabilistisch sozusagen kann natürlich nicht ermittelt werden von den Strafverfolgungsbehörden.
    Grundsätzliche, grundgesetzliche Bedenken, die über das oben Genannte hinausgehen, gibt es bundesdeutsch nicht.
    MFG
    Dr. Webbaer

  14. #14 Dr. Webbaer
    08/04/2017

    Bonus-Kommentar :

    Welcher posteriori-probability-Wert kommt heraus, wenn die DNA-Analyse auf ein Minderheitsmerkmal hindeutet, das bei einer Minorität vorkommt, die ca. 1% der Bevölkerung eines Ortes ausmacht?

    1.

    Was vergessen worden ist bei dieser Frage, ist die Angabe wie oft dieses
    ‘Minderheitsmerkmal’ bei der Majorität vorkommt.

    MFG
    Dr. Webbaer (der “jetzt” auch nicht “so-o” der Mathematiker ist, sich aber doch ein wenig auskennt – insgesamt macht der Satz von Bayes hier den Braten nicht fett, muss an dieser Stelle nicht irritieren)

  15. #15 RPGNo1
    08/04/2017

    Hallo Frau Lipphardt,
    das ist eine interessante Gruppe, die sich zusammengefunden hat, um erweiterte DNA-Analysen in der Forensik zu diskutieren. Laut Ihrer Hompage “wird diese komplexe Thematik viel zu unkritisch verhandelt, weshalb wir uns vorgenommen haben, die Debatte um kritische Positionen zu erweitern” (https://stsfreiburg.wordpress.com/about/).
    Gestatten Sie mir den folgenden Einwand: Warum befindet sich innerhalb Ihrer Gruppe kein einziger forensischer Genetiker? Dies sind gerade diejenigen Experten, die sich mit dem Sachverhalt am besten auskennen und eventuelle Missverständnisse von vorherein aufklären können, bevor diese in Verlautbarungen veröffentlicht und dann mühsam korrigiert werden müssen.

  16. #16 zimtspinne
    08/04/2017

    Ich finde den Begriff ‘Minderheitsmerkmal’ sehr komisch, müsste das nicht wenn überhaupt ‘Minderheitenmerkmal’ heißen (und merkwürdig ist das Wort dann noch immer)?

    Von Minderheitenkram in genetischem Kontext zu sprechen, ist merkwürdig, da jedes einzelne Genom einzigartig ist und jeder von uns garantiert mindestens xxxx Alleinstellungsmerkmale hat, also immer auch etliche Minderheiten in einer Gruppe/Population repräsentiert.

    Kann man den Rassenquark nicht einfach mal außen vor lassen, gedanklich, und das neutral als mögliche Optimierung der Ermittlungsarbeit betrachten?

    Wenn sich die Sache der Augenfarben im Mischbereich schwierig gestaltet, da in diesem Bereich ja auch einfach nicht so viel geforscht wird wie krankheitsbezogen, dann ist es natürlich schwierig, wenn genau das nicht gestattet sein soll.

    Im Profiling werden ja auch Persönlichkeitsstörungen durchklamüsert, das ist doch auf der molekulargenetischen Ebene auch richtig interessant….–> Sexualstraftäter

  17. #17 Dr. Webbaer
    08/04/2017

    @ RPGNo1 :

    Gestatten Sie mir den folgenden Einwand: Warum befindet sich innerhalb Ihrer Gruppe kein einziger forensischer Genetiker?

    Gute Frage, wenn letztlich auch nebensächlich.


    Am Rande notiert: Findet sich bestimmte Aufgeregtheit von Nachricht [1], interpretiert dies Dr. Webbaer regelmäßig so, dass da einige auch politisch unterwegs sind (no problemo here, die Zivilgesellschaft lebt gerade auch von politischen Beiträgen der wissenschaftlichen Fachkraft).

    MFG
    Dr. Webbaer (der “mal hofft”, dass das mit dem Satz von Bayes verstanden worden ist)

    [1]

    Belege :

    A) ‘Als fortgeschrittenem Naturwissenschaftler ist Ihnen (…)’
    B) ‘Gute Forensiker geben so etwas ja in ihren Gutachten auch mit an.’ (zu beachten das ‘gut’ hier)
    C) ‘Zudem weiß man unter Fachleuten auch, daß die Technologien in Städten wie Freiburg oder Berlin nicht sinnvoll einzusetzen sind.’ (unter welchen ‘Fachleuten’, wer ist ‘man’ genau?)
    D) ‘für eine gute Zuordnung’ (zu beachten wiederum das ‘gut’ hier)

    MFG
    Dr. Webbaer

  18. #18 RPGNo1
    08/04/2017

    @Dr. Webbaer
    Wieso nebensächlich?
    Beispiel: Wenn du ins Krankenhaus musst, weil du einen komplizierten Knochenbruch hast, was würdest du sagen, wenn dich ein Ärzteteam aus Radiologe, Anästhesist und Orthopäde berät, aber ausgerechnet der Chirurg außen vor gelassen wird?

  19. #19 Dr. Webbaer
    08/04/2017

    @ RPGNo1 :

    Es ist natürlich “nicht so töfte”, wenn im Krankenhaus gelegen wird und zuvörderst Anthropologen, Wissenschaftstheoretiker und Statistiker vorbeikommen.
    Nichtsdestotrotz könnten sie bei der Diagnose / in der Visite recht haben.
    Auch Heilbehandlung anleitend.
    >:->


    Dr. Webbaer hat sich hier auch hauptsächlich gemeldet, weil da etwas nicht stimmte, i.p. “Posterior probability” und i.p. Aufgeregtheit, die erfahrungsgemäß auf politische Intention hindeutet.

    MFG
    Dr. Webbaer (der sich nun ausklinken wird)

  20. #20 RPGNo1
    08/04/2017

    @Dr. Webbaer
    Bei Fachfragen muss immer ein Fach-Experte gehört werden. Ob man seine Expertise akzeptiert, toleriert oder verwirft und er sie dann in einem Minderheitenvotum äußert, steht auf einem anderen Blatt, siehe Richard Feynman als Mitglied der Rogers Kommission zum Challenger-Unglück (https://en.wikipedia.org/wiki/Space_Shuttle_Challenger_disaster#Richard_Feynman).

  21. #21 Uli Schoppe
    08/04/2017

    @zimtspinne Minderheitsmerkmal ist nicht zwangsläufig Rassenkram. Minderheitsmerkmale gibt es auch in jedem anderen Kontext.

  22. #22 Uli Schoppe
    08/04/2017

    @RPGNo1:
    Sie erforschen die ANWENDUNG der Technik, es sind also eher keine direkten Fachfragen zu beantworten. Es geht nicht darum irgendwem den Teddy zu klauen und

  23. #23 Dr. Webbaer
    08/04/2017

    @ RPGNo1 :

    Bei Fachfragen muss immer ein Fach-Experte gehört werden.

    Ist nicht richtig, es könnte auch möglich sein, dass Fachfremde entscheidend ergänzen oder theoretisieren, mit wissenschaftlichem Anspruch.
    Ansonsten, kla-aar, Dr. Webbaer hat sich hier auch ein wenig beömmelt, Sie liegen schon im Grundsatz, womöglich: bestmöglich, richtig.
    Allerdings kann Dr. Webbaer nicht ausschließen, dass diese Gruppierung gut beraten worden ist.
    Womöglich nicht statistisch,
    MFG
    Dr. Webbaer

  24. #24 zimtspinne
    08/04/2017

    ok, dann mal an CC als Forensiker die Frage:
    Spielen Minderheitsmerkmale bei euch eine Rolle? Wird dieser Begriff genutzt und in welchem Kontext?

    Er hat einfach einen komischen Beigeschmack, auch wenn man dabei gar nicht an Ethnische Minderheiten denkt. Er klingt auch eher unwissenschaftlich, so im Ganzen 😉

  25. #25 zimtspinne
    08/04/2017

    “ethnisch” sollte klein..

  26. #26 RPGNo1
    08/04/2017

    Sie erforschen die ANWENDUNG der Technik, es sind also eher keine direkten Fachfragen zu beantworten.

    Um die Anwendung der Technik zu erforschen, muss aber auch verstanden werden, was überhaupt dahinter steckt. Und dazu benötigt man einen entsprechenden Experten, der berät, Fragen beantwortet und Missverständnisse aufklärt, bevor sie veröffentlicht werden.
    Die STS@Freiburg hat eine Beratung aus der Biologie und der Epidemiologie. Sehr schön. Warum also nicht auch noch einen forensischen Genetiker? Denn die kritische Betrachtungsweise dreht sich um die Anwendung der forensischen Genetik.

    • #27 Uli Schoppe
      08/04/2017

      Hm, wenn ich die Anwendung von Äxten untersuchen will braucht es einen Schmied?

  27. #28 RPGNo1
    08/04/2017

    Ich hoffe doch sehr, dass Cornelius die Zeit findet, sich der Fragen von Frau Lipphardt anzunehmen. Und vielleicht kann Frau Lipphardt mein ernst gemeinte Frage auch beantworten, um weiteren Spekulationen meinerseits und der anderen Kommentatoren einzuschränken.

    • #29 Veronika Lipphardt
      08/04/2017

      Ja, RPGNo1, Antwort kommt, bin nur nicht ganz so schnell wie Sie, bitte ncoh um etwas Geduld!
      VL

  28. #30 Veronika Lipphardt
    Freiburg
    08/04/2017

    @ RPGNo1, @Dr. Webbaer u.a.

    Erst einmal herzlichen Dank für die spannende Diskussion.
    Zunächst möchte ich gerne betonen, dass ich Herrn Dr. Courts ebenfalls sehr schätze, vor allem seinen Blog, wo ich schon sehr viel gelernt habe. (Tut mir leid, wenn mein erster Kommentar etwas polemisch gehalten war und diese Wertschätzung nicht so zum Ausdruck kam.) Dieser Blog-Post zur Änderung der StPO war der erste, den ich aus meiner eigenen Fachperspektive heraus kommentieren wollte.

    Wir haben uns als interdisziplinäre Wissenschaftsinitiative ad hoc im November 2016, in Reaktion auf die öffentliche Debatte zum Mordfall Maria zusammengefunden, die von Polizeivertretern und politischen Entscheidungsträgern (und auch von vielen Einzelpersonen, Gruppierungen, einer politischen Partei sowie Medien am rechten Rand) genutzt wurde, um die Einführung erweiterter DNA-Analysen zu fordern. (s. dazu auch unsere Rubrik HINTERGRUND – MEDIALER VERLAUF DER DEBATTE https://stsfreiburg.wordpress.com/hintergrund/mediale-entwicklung/).
    Wie bei ad hoc-Initiativen üblich, schließen sich dazu i.d.R. zunächst einmal WissenschaftlerInnen zusammen, die bereits in engen Arbeitszusammenhängen stehen – und da waren ursprünglich tatsächlich keine Forensiker dabei. Inzwischen haben wir intensiven Kontakt zu einigen Rechtsmedizinern, und wenn sich Forensische Genetiker unserer Gruppe anschließen möchten, sind sie herzlich willkommen. Oder sie melden sich selbst in der öffentlichen Debatte zu Wort: Auch das würden wir sehr begrüßen.

    Bisher haben wir in unserem Team Molekulargenetiker, Statistiker, Biometriker, Biomediziner, Bioethiker, Wissenschaftsforscher (letztere alle mit Doppelqualifikationen in Bio- und Sozialwissenschaften) sowie ein Teammitglied, dass sich mit den Ermittlungen im Fall des „Heilbronner Phantoms“ beschäftigt. An diesem Fall lassen sich exemplarisch die zahlreichen potentiellen Fehlerquellen in der Interpretation von erweiterten DNA-Analysen aufzeigen – sowie deren verheerende Auswirkungen auf den Ermittlungsverlauf und fälschlich unter Verdacht geratene Bevölkerungsgruppen. Damit decken wir in unserer Gruppe selbstverständlich nicht ALLE relevanten Perspektiven und Aspekte ab, die es bei der Beurteilung der Sinnhaftigkeit von erweiterten DNA-Analysen in Ermittlungsverfahren zu berücksichtigen gilt. — Genauso wenig können aber Forensiker oder Kriminalisten für sich in Anspruch nehmen, ALLE relevanten Perspektiven und Aspekte dieser Problematik zu überblicken.
    Eines unserer zentralen Argumente lautet, dass die einzelnen Teilsachverhalte, um die es bei der Anwendung erweiterter DNA-Analysen in Ermittlungsverfahren geht (und die Art und Weise, wie diese in der Ermittlungspraxis ineinandergreifen), so komplex sind, dass sie nur unter der Hinzuziehung breit aufgestellter interdisziplinärer Expertise zu interpretieren, zu beurteilen und zu regulieren sind. Hier die Interpretations-, Beurteilungs- und Regulierungshoheit – wie jetzt gefordert – allein in die Hände von Forensikern, Ermittlern, Staatsanwälten und Untersuchungsrichtern zu legen, erscheint uns problematisch, zumal in Deutschland eine breite transdisziplinäre Debatte zu diesem Thema – anders als in Großbritannien oder den Niederlanden – noch ganz am Anfang steht.

    Wir sind ähnlich wie Herr Dr. Courts der Meinung, dass diese Technologien nur als last ressort, gut kontrolliert und reguliert, auf der Grundlage einer Entscheidungsfindung mit bestmöglicher multiperspektivischer Beratung (wie in UK) zum Einsatz kommen sollten. Von all dem steht allerdings keine Silbe im Gesetzesantrag. Kosten für Schulungen oder Regulierungsinstitutionen sind keine vorgesehen.

    Auf der Basis der Anerkennung multidisziplinärer Expertise diskutieren wir gerne sachorientiert weiter. Wir würden uns sehr darüber freuen, mit Ihnen, Herr Dr. Courts, oder anderen BeiträgerInnen des Forums in einen sachorientierten Austausch zu unseren oben aufgeworfenen Fragen in Austausch zu treten — und z.B. Ihre kritischen Positionen und Fragen als Stellungnahme in der Rubrik DIALOG auf unserem Blog zu veröffentlichen (dann allerdings mit Klarnamen und Nennung der institutionellen Anbindung).

    Beste Grüße,
    Veronika Lipphardt

  29. #31 RPGNo1
    08/04/2017

    @Veronika Lipphardt
    Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich sehe jetzt klarer und warte gespannt, ob sich eine weitere Diskussion entwickelt.

  30. #32 RPGNo1
    08/04/2017

    Hm, wenn ich die Anwendung von Äxten untersuchen will braucht es einen Schmied?

    Axt ist nicht gleich Axt. (https://de.wikipedia.org/wiki/Axt#Verwendung)
    Wenn die Axt stumpf ist, der Axtkopf beim Hieb birst oder es Schwierigkeiten beim Schlagen gibt, warum soll der Schmied nicht hinzugezogen werden, um seine Fachkenntnis einzubringen?

  31. #33 anderer Michael
    08/04/2017

    Was hat das Heilbronner Phantom mit dem Thema FDP zu tun?

  32. #34 anderer Michael
    08/04/2017

    Frau Lipphardt:

    Afrika: Eine sehr abgelegene Ortschaft mit 1000 Einwohner .Ein Mensch wird ermordet. DNA-Spuren weisen auf einen weißen Mann als Täter hin. In der Ortschaft leben nur 5 weiße Männer. Die Polizei hat ein leichtere Möglichkeit bei diesen 5 Männern den Täter zu finden.
    Wo ist das Problem? Oder fürchten Sie die 4 anderen weißen Männer werden diskriminiert?

  33. #35 Dr. Webbaer
    08/04/2017

    Vielen Dank für die auch kritische Beleuchtung des FDP.
    Bleibt ein “heißes Eisen”, der werte hiesige Inhaltegeber wird womöglich beizeiten erklären.
    Sehr nett,
    MFG
    Dr. Webbaer

  34. #36 Dr. Webbaer
    08/04/2017

    @ anderer Michael :

    Die Polizei hat ein leichtere Möglichkeit bei diesen 5 Männern den Täter zu finden.
    Wo ist das Problem? Oder fürchten Sie die 4 anderen weißen Männer werden diskriminiert?

    Es geht um das ‘Minderheitsmerkmal’, das bei Vorkommen auch in der Majorität zu Fehlschlüssen anleiten könnte.
    Insgesamt hat Dr. Webbaer hier keine Probleme, der Satz von Bayes ist allerdings nicht trivial.

    MFG
    Dr. Webbaer

  35. #37 anderer Michael
    08/04/2017

    Eine DNA-Spur alleine als Beweis langt nicht.
    Fehlschlüsse und Fehlverhalten gibt es bei allen Verfahren, auch bei traditioneller kriminalistischer Arbeit. Deswegen saßen genügend Menschen Jahre im Gefängnis. Im übrigen die InternetSeite der Frau Lipphardt und ihrer Initiative ist ziemlich nichtssagend. Sofern man wirklich etwas Aussagen möchte, würde ich mir eine verständliche wissenschaftliche Darstellung der Gründe , die gegen die die FDP sprechen, wünschen.

  36. #38 Dr. Webbaer
    08/04/2017

    Eine DNA-Spur alleine als Beweis langt nicht.

    ‘Langt’ alleine der Rechtsprechung schon, ist womöglich auch zuverlässiger als der ebenfalls derart akzeptierte Fingerabdruck.
    Dbzgl. darf gerne wiederholt erfasst werden, auch um bestimmten Irritationen vorzubeugen; i.p. NSU hatten die Ermittler wohl wenig zur Hand, i.p. Beweismittel, und sind dann auf Abwege geraten, dieses Vorgehen hat zwar diskreditiert, ist aber nicht üblich, genügt nicht um das prozedurale Gesamtvorhaben auch nur irgendwie angreifen zu können.

    MFG
    Dr. Webbaer

  37. #39 Veronika Lipphardt
    08/04/2017

    @anderer Michael:
    Eine detaillierte Darstellung unserer wissenschaftlichen Argumente wird bald kommen, wir überarbeiten unsere Seite derzeit.
    Zu Ihrem Beispiel (ulkig, es ähnelt dem Beispiel, das wir in Berlin vorgetragen haben): Das Problem sind die false positives: Dunkle und helle Haut lassen sich laut Gesetzesantrag mit 98% Wahrscheinlichkeit unterscheiden (wie gesagt, wir suchen noch nach einer Publikation, aus der diese Zahl als posteriori.probability entnommen sein könnte – Hilfe ist sehr willkommen!).
    Die Fehlerrate beträgt: 2%. Bei 1000 Einwohnern wird der Test also bei knapp 20 Einwohnern mit dunkel pigmentierter Haut falsch liegen. Ein DNA-Analyse-Hinweis auf helle Haut hieße also: Entweder der Test liegt richtig und die Polizei fokussiert sich zu Recht auf die 5 hell pigmentierten Personen, oder der Test liegt falsch und die Polizei sollte eine dunkel pigmentierte Person suchen, deren DNA fälschlicherweise im Test als hell getestet wurde. Man beachte das Verhältnis 20:5. Die Wahrscheinlichlichkeit, daß der Test richtig liegt, ist also viel geringer als 50%.
    In einem Gutachten müßte man der Polizei also immer auch die Fehlerrate, die dazugehörigen prevalence adjustments und die Anzahl der möglichen false positives mitteilen. In UK wird das, so weit ich weiß, in den wenigen Fällen, in denen FPD angewandt wird, auch so gemacht. Das sehe ich als einen guten fachlichen Standard an.
    Den Einwand mit prevalence adjustment/posteriori-probability haben die Lebenswissenschaftler in unserer Gruppe zuerst geäußert und dann gemeinsam mit den Statistikern und – last but not least – mit den Geisteswissenschaftlern ausgearbeitet.

    Beste Grüße,
    Veronika Lipphardt

  38. #40 zimtspinne
    09/04/2017

    Aha, und wie zuverlässig sind Zeugenaussagen?
    Es gibt wohl kaum etwas anfälligeres und fehlerbehafteteres als Zeugenaussagen, trotzdem sind die eine der Grundsäulen in der polizeilichen Ermittlungsarbeit.

    Versagen bei der Technik ist wesentlich unwahrscheinlicher als menschliches Versagen im Bereich der Erinnerung…. zumal bei diesem ganzen Argumentationsgeschwätz (sorry, das ginge auch kürzer und verständlicher – auf sehr viel Text wird einfach wenig substanzielles gesagt) wird völlig außen vor gelassen, dass die DNA-Diagnostik noch in den Kinderschuhen steckt und sich stetig weiterentwickelt, verbessert und auch sicher Fehlerquellen noch ausmermerzt werden können in Zukunft.

    Bei Fingerabdrücken oder der Blutgruppenbestimmung lief sicher anfangs auch nicht alles rund und ich schätze mal, auch bei diesen Verfahren gab es bereits die Schwarzmaler und Warner, nirgends kann man so leicht Angst verbreiten wie in einer hysterischen Gesellschaft 😉

    …. und Webbääär, kannst du mal aufhören, von Minderheitsmerkmalen zu schwätzen? Dieses Wort gibt es in der Genetik einfach gar nicht, punkt!

  39. #41 anderer Michael
    09/04/2017

    Frau Lipphardt
    Ich weiß zu wenig über Statistik. Wieso 20:5 eine Wahrscheinlichkeit kleiner 50 % bedeutet ist mir ein Rätsel. Bei 995 Schwarzen war der Test in 975 Fällen richtig, und bei 5 Weißen in allen Fällen. Er hat zu 2% ein falsches Ergebnis geliefert.
    In der Realität (es ist nett, wenn wir beide die gleichen Gedanken als Beispiel gehabt haben), würde die Polizei die fünf Weißen befragen, hätten sie einwandfreie Alibis und die DNA würde nicht passen, müsste die Polizei von vorne anfangen. Natürlich besteht die Gefahr, dass die Polizei sich sagt, dann war es eben keiner der dort lebenden Weißen, sondern ein unbeobachtet von außen hinzukommender Weißer ( und in Wirklichkeit war ein dortiger Schwarzer der Täter).Nur dann sind wir bei dem Punkt, dass schlechte Ermittlungsarbeit geleistet wird, die auch bei konventioneller Arbeit stattfindet und zu Fehlurteilen geführt hat, Beispiele existieren ausreichend.

    Zimtspinne hat sich ein wenig drastisch ausgedrückt, aber sie hat recht. Wenn Sie ernst genommen werden wollen, müssen Sie Ihre fachlichen Argumente so darlegen, dass auch so ein Typ wie ich oder eine Kassiererin beim Lidl die Angelegenheit nachvollziehen kann. Im Augenblick sieht das für mich so aus, dass lediglich FDP aus einer düsteren Ahnung von Rassismus abgelehnt wird und diese Ahnung in viele Worthülsen verpackt wird.

    Sorry, ich bin halt nur ehrlich , möchte aber höflich und respektvoll bleiben.

  40. #42 anderer Michael
    09/04/2017

    Ach ja. Nur zu den Zeugenaussagen als Personenbeweise. Richter sollen nach bestimmten Kriterien beurteilen, ob die Zeugen glaubwürdig und die Aussagen glaubhaft sind. Im Alltag hat sich das so eingeschliffen, dass ein Kritiker sarkastisch anmerkte, eigentlich könne man gleich eine Münze werfen. So gesehen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gericht richtig entscheidet, bei 50%.

  41. #43 Simpl
    09/04/2017

    @anderer Michael #42

    “dass ein Kritiker sarkastisch anmerkte”
    Wer war das, und wo hat er das angemerkt?

    “So gesehen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gericht richtig entscheidet, bei 50%”
    Das könnte man wohl nur feststellen, wenn man in allen Fällen wüsste, welche Entscheidung richtig ist. Weißt du das? Und wenn ja, woher?

    Gruß
    Simpl (Rechtsanwalt)

  42. #44 Veronika Lipphardt
    09/04/2017

    Okay, nochmal ein Versuch, mich klarer auszudrücken (kurz wird es allerdings leider nicht, es geht eben um sehr komplexe Sachverhalte):
    Der Gesetzesantrag wurde vor allem mit folgenden Argumenten in nur 4 Monaten bis in den Bundesrat gebracht:
    1. Die Wahrscheinlichkeitswerte liegen für viele der untersuchten Merkmale über 90%; so zuverlässig sind viele andere Ermittlungsinstrumente nicht
    2. Das bestehende Gesetz ist veraltet und hinkt der weit entwickelten Technologie hinterher
    3. Es geht nur um Merkmale, die äußerlich sichtbar sind, daher keine Datenschutzprobleme
    4. Mit “racial profiling” hat das nichts zu tun
    5. Der Freiburger Mordfall hätte viel schneller, effektiver, günstiger aufgeklärt werden können
    6. Die Technologien könnten Minderheiten entlasten, so wie im niederländischen Fall
    7. Im Ausland (UK und NL) wird diese Technologie bereits sehr erfolgreich eingesetzt.

    Und jetzt in aller Klarheit: Kein einziges der Argumente 1-5 hält einer kritischen Prüfung stand. Die letzten beiden (6-7) nur bedingt.
    1. Im oben diskutierten Beispiel ist die Wahrscheinlichkeit, daß der Täter tatsächlich die Hautfarbe hat, die der Test anzeigt, nur 20%. Der Test kann also, je nachdem, in welcher Situation er angewendet wird, sehr unzuverlässig sein. Würde ein Untersuchungsrichter zustimmen, wenn man ihm sagt: “Die Wahrscheinlichkeit, daß der Täter aus der Minderheitengruppe kommt, beträgt zwar nur ca. 20%, wir wollen aber trotzdem alle aus dieser Gruppe einem DNA-Test unterziehen”? Wenn der Täter mit einer ziemlich hohen Wahrscheinlichkeit – mit ca. 80% – eben nicht aus dieser Gruppe kommt? Wäre dann so ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte verhältnismäßig?
    2. Wie Zimtspinne schon sagt: “DNA-Technologie steckt noch in den Kinderschuhen” – und wird jede Menge Fehler produzieren – dann aber bitte auch genau das in den Gesetzesantrag hineinschreiben und in der öffentlichen Diskussion laut sagen. Und dann würden wahrscheinlich viele sagen: Dann aber bitte umsichtig, begleitend, sorgfältig regulieren.
    3. Nein: biogeografische Herkunft ist kein äußerliches Merkmal, steht auch nicht im Pass. Datenschutzprobleme: je mehr SNPs erhoben werden, umso größer die Datenschutzprobleme. Aber das ist eine andere (spannnende) Diskussion.
    4. doch, hat es, siehe mein erster Kommentar
    5. Stimmt nicht: In städtischen Kontexten sind die Technologien nicht sinnvoll einsetzbar. Sie können nachfragen im BKA, Dr. Ingo Bastisch. Es würde mich wundern, wenn er Ihnen das nicht bestätigt.
    6. In manchen, wenigen Fällen vielleicht schon, aber in Deutschland wurden die Forderungen nach der Einführung der Technologien unseres Wissens noch nie im Zusammenhang mit einem solchen Fall erhoben (wir analysieren die öffentlich erhobenen Forderungen seit 2007)
    7. Man hat dort auch schon unangenehme, peinliche Erfahrungen mit diesen Technologien bzw. mit den Ermittlungsanwendungen der Technologien gemacht – das ist hierzulande nur kaum bekannt. Vor allem aber gibt es dort effektive, gut aufgebaute Regulierungsinstitutionen (z.B. einen hervorragenden biometrics commissioner, UK); die Sensibilität der dort Beteiligten gegenüber Fehlanwendungen ist hoch.

    Interessant, daß meine Argumente (die vielen Wissenschaftlern im In- und Ausland einleuchten) auf diesem Blog als düstere Ahnung von Rassismus interpretiert werden. Dabei kann ich mich nicht erinnern, von Rassismus gesprochen zu haben. War da mal eine Erwähnung von Diskriminierung? Ach ja, stimmt: In dem Kayser-Zitat von 2011, in Nature Review. Scheint also ein wissenschaftlich ernst zunehmender Punkt zu sein, Kayser kennt sich gut aus.

    @ RPGNo1: Meinen Sie, ich hätte mühsam etwas korrigieren müssen? Der Ansicht bin ich nicht.

    @ Zimtschnecke: Ich denke nicht, daß ich zur Angst in einer hysterischen Gesellschaft beitrage, ich bin (wie auch Herr Dr. Courts) der Wissenschaftlichkeit verpflichtet. Zahlen dürfen hinterfragt werden, zumal, wenn sie eine sehr eilige Gesetzesinitiative stützen sollen. Apropos hysterisch: Der Freiburger Fall zeigt sehr deutlich, wer in dieser Debatte die Ängste der Bevölkerung verstärkt. Wir sind es nicht.

  43. #45 anderer Michael
    10/04/2017

    Simpl
    Wenn du Jura studiert hast und Rechtsanwalt bist, dann kennst du dich aus mit der Materie und mit der faktischen Anwendung der Glaubwürdigkeit vor deutschen Gerichten, oder?

    Wo habe ich behauptet, zu wissen, welche Entscheidungen richtig sind. Nur wenn man Voraussetzung A annimmt folgt daraus der Umstand B.

    Nun wenn man eine Münzen wirft und diese hat keine Anomalien wie asymmetrische Gewichtsverteilung oder scharfe Kanten , dann ist Kopf oder Zahl zur Hälfte repräsentiert, oder?

    Frau Lipphardt
    Die Sache ist kompliziert und deswegen haben nur Sie den Durchblick? Klingt provokativ, ist aber nicht so gemeint,sondern die Frage ist ernsthaft !
    Das mit den 20% verstehe ich nicht, wie berechnen Sie das? Wenn bei 995 Fällen 20 falsch positiv, 975 richtig negativ und bei 5 Fällen richtig positiv ist, wieso soll dann die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit bei 20 Prozent liegen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Test sinnvoll wäre.
    Mir ist auch nicht klar , was das Phantom von Heilbronn oder der Freiburger Mord damit zu tun hat. Wenn man diesen Täter durch Videomitschnitte überführt hat, wird es darüber hinaus Situationen geben , wo FDP einen sinnvollen Beitrag ergeben kann.Meines Wissens hat zumindestens hier im Blog niemand behauptet, dass mit FDP der Stein des kriminalistischen Allwissenheit entdeckt wurde.

    • #46 Veronika Lipphardt
      10/04/2017

      Zuerst mal: Tut mir leid, ich habe zwei Fehler gemacht:
      Erstens: Zimtspinne muß es heißen, nicht Zimtschnecke, tut mir leid! War keine Absicht (aber ich mag Zimtschnecken).
      Zweitens: Es muß heißen: ca. 75% Wahrscheinlichkeit zu ca. 25% Wahrscheinlichkeit. (Nicht 80% zu 20%, sorry, es war schon spät….)
      Am besten kann Ihnen das ein Statistiker erklären; ich selbst habe lange gebraucht, bis ich es verstanden habe! Noch ein Versuch, ganz hypothetisches Beispiel:
      – Der Test sagt: Die Person, von der die gefundene DNA stammt, ist blauhaarig. Nehmen wir an, blauhaarig ließe sich mit 98% Wahrscheinlichkeit vorhersagen.
      – Im 1000-Einwohner-Dorf gibt es 5 blauhaarige und alle anderen sind eindeutig nicht blauhaarig.
      – Der Test irrt aber in 2% der Fälle, d.h. Testergebnis “blauhaarig” muß nicht unbedingt heißen, daß die gesuchte Person blauhaarig ist.
      – 2% von 975 nichtblauhaarigen Einwohnern, also knapp 20, würde der Test ebenfalls als blauhaarig bezeichnen, obwohl sie es eindeutig nicht sind.
      – Den 20 falsch als blauhaarig bezeichneten Nichtblauhaarigen stehen 5 wirklich blauhaarige gegenüber.
      – Der Test liegt also mit dem Ergebnis “blauhaarig” in diesem Ort viel eher falsch, als daß er richtig liegt.
      – Man muß die Größe der beiden Gruppen vergleichen, die der Test als “blauhaarig” bezeichnen würde: Die Gruppe der falsch als blauhaarig bezeichneten ist 4 mal so groß wie die der richtig als blauhaarig bezeichneten.
      – Stellen Sie sich vor, es lebt kein einziger Blauhaariger im Ort. Die DNA-Analyse sagt aber “Blauhaarig”. Dann kann es natürlich trotzdem jemand aus dem Ort sein, der falsch getestet wurde. In diesem Fall ist die posteriori-probability (die Wahrscheinlichkeit, daß der Test ein richtiges Ergebnis produziert hat) super-niedrig; es ist mit sehr sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß der Test mit dem Ergebnis “blauhaarig” falsch liegt und man es verwerfen kann.
      – Ja, genau, Sie haben es schon erwähnt: Diese Zusammenhänge müssen die DNA-Analytiker in ihrem Gutachten den Ermittlern ganz klar machen, oder aber die Polizisten kennen sich sehr gut mit prevalence adjustment aus und interpretieren das Gutachten mit Bedacht.
      Geben Sie mir bitte eine kurze Rückmeldung, ob es mir diesmal gelungen ist? Seit Berlin nutzen wir dafür Grafiken, aber die kann ich hier nicht einbinden.

  44. #47 Veronika Lipphardt
    10/04/2017

    Uff, Menschen mit sicherem statistischem Gespür zu Hilfe: 80% zu 20% stimmt doch. Richtig?

  45. #48 s.s.t.
    10/04/2017

    Nun, die ganzen Einwände lesen sich für mich mal wieder wie Täterschutz geht vor Opferschutz. Irgendwelche wirklich substanzielle Einwände kann ich nicht erkennen.

    Als Forensiker kann ich nur jeden Erkenntnisgewinn begrüßen, die eine Spur hergibt. Ich erinnere mich noch an die Zeiten, als bei geringen Blutspuren gerade mal die Gruppe und der RH-Faktor bestimmt werden konnte und somit ein erheblicher Teil der Bevölkerung potentiell als verdächtig galt.

    Jeder Gutachter und auch jeder Mitarbeiter muss die Grenzen und die Fehlstricke seiner wissenschaftlichen Methoden kennen, sonst ist er fehl an seinem Platz. (Im übrigen waren die DNA-Erkenntnisse des ‘Phantoms’ zutreffend: W, osteuropäischer Herkunft.)

    Bezeichnend ist ‘natürlich’, dass die Einwände von überwiegend Geistens’wissenschaftler’ kommen, die erfahrungsgemäß mit den NAWISs nix am Hut haben.

    • #49 Uli Schoppe
      10/04/2017

      Ah, das Argument das Geisteswissenschaft doof ist, super. Ich wünsche Ihnen mal das Ihre Kollegen mit ihrem zu 98% sicheren Erkenntnissen vor ihrer Türe aufschlagen, ich versichere ihnen die werden dann sehr unangenehm weil das ja gar nicht falsch sein kann. Das macht richtig Spaß weil da dann je nach Fall auch Grenzüberschreitungen in Ordnung sind weil das eigentlich überführte Schwein es nicht besser verdient hat…

  46. #50 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    @ s.s.t. :

    Es geht wohl um eine rechtliche Güterabwägung, insofern ist Kritik an sich gut (sofern sie nicht politisch wie von Ihnen beschrieben angeleiert ist), wichtig auch Ihr:
    ‘Jeder Gutachter und auch jeder Mitarbeiter muss die Grenzen und die Fehlstricke seiner wissenschaftlichen Methoden kennen, sonst ist er fehl an seinem Platz’, Frage hierzu: Kann dies der Ermittler immer?

    Kleiner Gag am Rande:
    Um die Posterior Probabilities zu kennen, muss bekannt sein, wie die Merkmale in der Gesamtprobe, in diesem Fall in der Bevölkerung, ausgeprägt / verteilt sind, möglichst genau. Stichwort: demographischer Wandel,

    MFG + schöne Woche,
    Dr. Webbaer

  47. #51 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    @ Uli Schoppe :

    Es ist auch ein Unterschied, ob einem falsch beobachtenden Zeugen vom Richter geglaubt wird, dies gehört sozusagen zur Veranstaltung und kommt leider manchmal vor, oder ob eine forensische Methode, vielleicht erst nach vielen Jahren, als ungenauer erkannt wird, als lange Zeit geglaubt.
    Insofern müsste im zweiten Fall wohl “konservativ” von der Rechtspflege umgegangen werden,

    MFG + schöne Woche,
    Dr. Webbaer

  48. #52 anderer Michael
    10/04/2017

    Frau Lipphardt
    Mathematik und speziell Statistik scheint wohl nicht gerade das Fach zu sein, bei dem wir beide bewundernde Blicke bei einer FamilienFeier einheimsen.
    Meinen Sie die A posteriori Wahrscheinlichkeit des Bayesschen Statistik. Ich hatte den Wikipediaartikel “gelesen”. Ich glaube , dass ist höhere Mathematik und ob wir beide da den vollen Durchblick haben? Ich auf jeden Fall nicht , zu 0% Wahrscheinlichkeit, in 100% Realität. 🙂

  49. #53 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    – Der Test sagt: Die Person, von der die gefundene DNA stammt, ist [vermutlich] blauhaarig. Nehmen wir an, blauhaarig ließe sich mit 98% Wahrscheinlichkeit vorhersagen.
    – Im 1000-Einwohner-Dorf gibt es 5 blauhaarige und alle anderen sind eindeutig nicht blauhaarig.
    – Der Test irrt aber in 2% der Fälle, d.h. Testergebnis “blauhaarig” muß nicht unbedingt heißen, daß die gesuchte Person blauhaarig ist.
    – 2% von 975 nichtblauhaarigen Einwohnern, also knapp 20, würde der Test ebenfalls als blauhaarig bezeichnen, obwohl sie es eindeutig nicht sind.
    – Den 20 falsch als blauhaarig bezeichneten Nichtblauhaarigen stehen 5 wirklich blauhaarige gegenüber.
    – Der Test liegt also mit dem Ergebnis “blauhaarig” in diesem Ort viel eher falsch, als daß er richtig liegt.

    Der Satz von Bayes, i.p. Posterior Probabilities, sagt dann aber auch genau (die Details des Gedankenversuchs sind hier nicht geprüft worden, die Rechnung bspw.), dass die Wahrscheinlichkeit, dass die gesuchte Person ‘blauhaarig’ ist, bei 20% liegt – und nicht etwa bspw. bei 100%.

    Insofern: no problemo here, was das Testen und Gesamtvorgehen betrifft.

    Schlecht wäre es, wenn die ‘Blauhaarigkeit’ der Dorfgruppe i.p.. DNA und Mehrheitsmerkmale meinend gänzlich unzureichend erfasst wäre.

    MFG
    Dr. Webbaer

  50. #54 Adent
    10/04/2017

    @andere Michael
    2% von 975 sind 2 falsche? Da rechnen wir besser nochmal nach 🙂 Es sind weiterhin etwa 20 falsche und damit natürlich auch nur 955 Richtige.

  51. #55 Veronika Lipphardt
    10/04/2017

    @anderer Michael:

    🙂

    Das wäre doch eine tolle Szene in einem Tatort zu FDP: Wir beide treffen uns auf einer Familienfeier (sagen wir, die Einschulungsfeier eines Kindes) und streiten uns in all unserer Laienhaftigkeit über Statistik. Der mitgebrachte Verlobte einer Cousine outet sich als Statistikprofessor und stellt die Sache in wenigen Minuten an der neuen Kindertafel des eingeschulten Kindes klar.

    Abgesehen davon finden Sie mein Argument immer noch nicht überzeugend, oder doch?
    Es stammt ja nicht von mir, ich möchte mich ja gar nicht mit fremden Federn schmücken. Prevalence adjustment (Bayes-Theorem, post-test-probability, prosecutor’s fallacy, …) ist in vielen Disziplinen vollkommen anerkannt. Forensiker in UK schauen mich entgeistert an, wenn ich sage: Davon habe ich in Deutschland bisher keinen einzigen Forensiker sprechen hören. In UK gehört das bei den Forensikern zum Kerngeschäft.
    Ich finde es auch interessant, daß die, die es besser wissen als wir beide, hier schweigen und nicht, wie der Tatort-Statistik-Professor, die Sache klarstellen.

  52. #56 Veronika Lipphardt
    10/04/2017

    Lieber Herr Dr. Webbär,

    ich schätze Ihre Sensibilität für politische Untertöne. Ich nehme an, daß Sie die auch mit derselben Differenziertheit bei der Befürworter-Seite suchen. Oder sind Befürworter von Technologien per se objektiv?
    Und, ja, ich finde auch, Vorsicht ist geboten (“konservativ” vorgehen). Was nicht bedeuten muß, daß man es ganz bleiben läßt.

  53. #57 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    @ Kommentatorenkollegin Veronika Lipphardt:

    Ihr Kommentatorenkollege hat sich schon ein wenig bemüht wie ein ‘Tatort-Statistik-Professor, die Sache klazurstellen’, auch wenn er erklärtermaßen nicht so-o der Mathematiker / Statistiker ist.

    Womöglich liegt hier Ihr Mops [1] :

    (…) es ist mit sehr sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß der Test mit dem Ergebnis “blauhaarig” falsch liegt und man es verwerfen kann.

    Natürlich hat der Sachverhalt, dass bei der gesuchten Person ‘Blauhaarigkeit’ mit ca. 20-prozentiger Wahrscheinlichkeit vorliegt (“20% ist ein womöglich hoher Wert), einen empirischen Wert, der auch von Ermittlern und generell im Rahmen der Rechtspflege, hier wohl insbesondere die Strafverfolgung gemeint, zu nutzen ist.

    Wahrscheinlichkeiten können ja auch vereinigt werden.
    >:->

    So dass sich derart höhere Wahrscheinlichkeiten ergeben könnten, Richtung 100% gehend – was dann schon sehr hilfreich wäre im Gerichtswesen und der Richterschaft dienend.

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1]
    ‘möglicher Klops’, landschaftlich, lautmalerisch und nett gemeint

    • #58 Veronika Lipphardt
      10/04/2017

      @webbär:
      Auch hier wäre die Stimme eines Statistikers hilfreich. Ich habe von meinen naturwissenschaftlichen Kollegen gelernt, daß man Wahrscheinlichkeiten eben nicht einfach aufaddieren oder multiplizieren kann, vor allem dann nicht, wenn sie nicht unabhängig voneinander sind.

  54. #59 Veronika Lipphardt
    10/04/2017

    @ s.s.t.:

    Ich gebe Ihnen bedingt recht mit dem Täterschutz, wenn auch nicht so, wie Sie es meinen:
    Wenn ein Test-Ergebnis von allen Ermittlungsbeteiligten so interpretiert wird, daß der Täter beharrlich in der falschen Gruppe gesucht wird, dann schützt dies den Täter vor Verfolgung.
    Wie ich gezeigt habe, ist das besonders dann der Fall, wenn der Test eine Merkmalsausprägung feststellt, die nur in einer kleinen Gruppe vorkommt. Täter, die einer Mehrheit angehören (in Bezug auf das gesuchte Merkmal), wären dann also recht gut geschützt. — So könnte man das interpretieren. Ich will aber niemandem etwas derartiges unterstellen! Das wäre ja schlimm. Nein, ich gehe davon aus, daß wir es hier einfach mit Unerfahrenheit/Unwissenheit zu tun haben.

  55. #60 Veronika Lipphardt
    10/04/2017

    @ Dr. Webbär:
    Bisher haben mich Ihre Klarstellungen leider nicht überzeugt.

  56. #61 Veronika Lipphardt
    10/04/2017

    @Dr. Webbär: Moment, das war unvollständig: Ich gebe Ihnen vollkommen recht, die wirkliche Verteilung von Merkmalen zu erfassen, ist eine Herausforderung. Das sehen auch die Kollegen in UK so, die sich regelmäßig vor dieser Herausforderung stehen sehen. Damit hier mögliche Verzerrungs- oder Fehlinterpretations-Gefahren möglichst vermieden werden, gibt es dort eine Entscheidungsfindung per Kommission, in der übrigens auch Geisteswissenschaftler vertreten sind.

  57. #62 Cornelius Courts
    10/04/2017

    Ups, da ist man mal ein Wochenende offline und dann das 😮

    @allgemein: ich weise nocheinmal darauf hin, daß nicht nur in meiner Abteilung sondern auch sonst nirgends in Deutschland bisher FDP verwendet wird, ich kann also zur praktischen Anwendung, zu Grenzwerten, Interpretationen etc. noch gar nichts sagen. Auch bin ich nicht und will nicht gesehen werden als das Sprachrohr für FDP, da ich nicht daran forsche und es, im Gegensatz zu etwa Kollegen in den Niederlanden, nicht in der Routinearbeit nutze. Im obigen Beitrag kommentierte ich einen Gesetzesentwurf zur Erweiterung der StPO und vertrat meine Auffassung als deutscher forensischer Genetiker, daß wir auch in D FDP- mit den gebotenen Vorsichtsmaßnahmen – nutzen sollten.

    Ein besonders wichtiger Punkt, der einen Großteil des hier und andernorts kenntlich gemachten, wohlfeilen, querulatorisch-antizipatorischen Demonstrativbesorgtseins relativiert, ist, daß NIEMALS jemand allein aufgrund von FDP-Ergebnissen verurteilt werden wird. Wann immer eine Person durch FDP (z.B. von einer Tatortspur) als tatverdächtig erscheinen und von Ermittlern konfrontiert wird, wird ihr STR-DNA-Profil (https://scienceblogs.de/bloodnacid/2011/04/27/forensische-genetik-short-tandem-repeats-und-dnaprofile/) mit der am Tatort gefundenen DNA abgeglichen werden und sollte es keine Übereinstimmung geben, ist die Person ja offenbar als (Mit)verursacherin der Spur und damit als tatverdächtig auszuschließen.
    Das wird auch dann gelten, wenn FDP noch viel besser und genauer geworden sein wird.

    FDP wird also nur genutzt, wenn das DNA-Profil der tatverdächtigen Person noch unbekannt ist (und ggf. auch die Familiensuche nicht zu einer Ermittlungsrichtung führt), um die Anzahl möglicher tatverdächtiger Personen zu reduzieren und um eine Priorisierung der Ermittlungsarbeit zu ermöglichen. So ließe sich der Fokus auf eine überschaubarere Gruppe von Personen verengen, deren DNA dann etwa im Rahmen einer freiwilligen Reihenuntersuchung (StPO $81h) analysiert werden könnte.

    @Veronika Lipphardt:
    den Ton Ihres ersten Kommentars haben Sie glücklicherweise relativiert, so daß ich die Grundlage für den von Ihnen angestrebten “sachorientierten Austausch” als gegeben ansehe.

    “Sie halten die Wahrscheinlichkeitsangaben also für sehr zuverlässig.”

    Das habe ich nirgendwo behauptet. Ich halte die errechneten Wahrscheinlichkeiten für das, was sie sind (z.B. zuverlässiger und reproduzierbarer als Zeugenaussagen).

    “Im Ermittlungsfall sollten ja die posteriori-probabilities interessieren, nicht die likelihoods; d.h. sie müssen prevalence adjusted sein.”

    Sagt wer?
    Ich verweise auf den Unterschied zwischen FDP- und STR-Profiling-Untersuchungen sowie zwischen der Bayesschen und der frequentistischen Wahrscheinlichkeitsauffassung, wodurch Ihre weiteren Fragen sich eigentlich erübrigen. FDP gibt eine Schätzung der Wahrscheinlichkeit und des Fehlers aus und das “weight of evidence” dieser Untersuchung läßt sich recht gut verstehen.

    Hierzu noch: ” Regulatory issues to take into account are non-discrimination (particularly salient as FDP is most useful for tracing suspects from minority groups), privacy and data protection, the right not to know, and preventing slippery slopes.”

    Ja, da hat Kayser recht, das sollte man tun. Und das kann man auch. Daß ich den aktuellen Gesetzesentwurf “übereilt” und “nicht ausreichend sachdienlich” finde, schrieb ich bereits.

    ” Zudem weiß man unter Fachleuten auch, daß die Technologien in Städten wie Freiburg oder Berlin nicht sinnvoll einzusetzen sind.”

    Welche “Fachleute”? Und können Sie das belegen (mit mehr als Hörensagen)?

    ” für regionalspezifische Zuordnungen muß die DNA sehr gut erhalten sein, selten der Fall bei Tatort-Spuren.”

    Sagt wer? Und wie gut ist denn “sehr gut”? In welcher Einheit wird das gemessen bzw. wie quantifiziert? Und woher wissen Sie, daß das bei Tatortspuren selten der Fall ist? Gibt es dazu publizierte Daten?

    ” a great need for racial profiling tools that function in a retrospective (suspect already in hand) as well as a prospective (suspect not yet identified) capacity.”

    was kein Argument gegen meine Aussage ist, daß die Durchführung von FDP-basierten Untersuchungen kein racial profiling ist, was sie nicht ist und von Ihnen nicht belegt/begründet wurde. Racial Profiling ist das “auf Stereotypen und äußerlichen Merkmalen basierende Agieren von Polizei-, Sicherheits-, Einwanderungs- und Zollbeamten, NACH DEM eine Person anhand von Kriterien wie „Rasse“, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft als verdächtig eingeschätzt wird”.

    Bei FDP ist es nun genau andersherum: das Aussehen der tatverdächtigen Person wird objektiv und evidenzbasiert (die Fehlerwahrscheinlichkeit der Methode eingerechnet) bestimmt und dann gezielt(er) ermittelt.
    Der VErdacht fällt also nicht auf eine Person, weil sie auf eine bestimmte Weise aussieht oder einer Ethnie zugehört und irgendwer der Meinung ist, daß “solche Leute” wahrscheinlicher kriminell sind, sondern das Aussehen bzw. die Ethnie der tatverdächtigen PErson wird neutral, also ohne bias und anhand physikalischer Evidenz bestimmt und dann gezielt(er) ermittelt und zwar unabhängig davon, welches Aussehen die tatverdächtige Person hat.

    Hier noch ein Anwendungsbeispiel, das den Einsatz von FDP illustriert (auch zu finden hier: https://scienceblogs.de/bloodnacid/2017/02/17/making-sense-of-forensic-genetics-eine-broschuere/):

    Eine Tat wird begangen, DNA der tatverdächtigen Person (TV) wird gefunden, das Profil ist unbekannt, es gibt auch sonst keine Hinweise auf die TV. Man macht FDP und erhält: männlich, eurasische Herkunft, schwarze Haare, blaue Augen. Die zahl der möglichen TV ist nun drastisch reduziert. Man ermittelt und nimmt von den in Frage kommenden eurasischen, schwarzhaarigen, blauäugigen Männern im Rahmen einer Reihenuntersuchung DNA. Es gibt keine Übereinstimmung. (vielleicht stimmte das mit der Augenfarbe nicht). Man läßt die Augenfarbe weg und erweitert die Reihenuntersuchung entsprechend. Es gibt keine Übereinstimmung. (vielleicht stimmte das mit der Haarfarbe nicht). Man läßt die Haarfarbe weg und erweitert die Reihenuntersuchung entsprechend.
    Dann wird man fündig, der TV ist ein Eurasier mit dunkelbraunen Haaren und grüngrauen Augen.
    Selbst in diesem Fall, in dem zwei FDP-basierte Aussagen falsch waren, profitiert die Ermittlung noch von der Einschränkung von FDP. Wo also ist das Problem?

    • #63 Veronika Lipphardt
      10/04/2017

      Lieber Herr Dr. Courts,

      super, vielen Dank. Das ist sehr interessant. Damit kann ich in meiner Gruppe weiterdiskutieren. Ich melde mich wieder!

      Beste Grüße,
      Veronika Lipphardt

  58. #64 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    @ Kommentatorenkollegin Veronika Lipphardt :

    Mal anders verbildlicht:
    Wenn Sie einen suchen, der ‘blauhaarig’, ‘rotäugig’, ‘grüngesichtig’, ‘zwanghaft an Fingernägeln kauend’ &
    besonders skeptisch gegenüber gewohnten forensischen Methoden ist, jeweils mit ca. 20%-prozentiger Posterior-Wahrscheinlichkeit im Sinne von Bayes, also wertmäßíg weit über das hinaus gehend, wie es in der Bevölkerung allgemein vorgefunden wird,

    … haben Sie den Gesuchten, wenn er all dies ist (Dr. Webbaer bleibt in Ihrem dankenswerterweise weiter oben bereit gestellten Beispiel und Bild), mit annähernd 100%-Wahrscheinlichkeit.

    Der Gag besteht hier in der Vereinigung von Wahrscheinlichkeiten.

    MFG
    Dr. Webbaer (der nichts gegen die deutschen Umlaute hat, aber namentlich ohne sie auskommt)

    PS:
    Dr. Webbaer sieht in diesen neuen DNA-basierten forensischen Methoden das Hauptproblem derart, dass über die Bevölkerung DNA-seitig besonders Bescheid gewusst werden muss, dass derart zuvor erfasst worden sein muss, um den Satz von Bayes (begründet) anlegen zu können.

    • #65 Veronika Lipphardt
      10/04/2017

      @ Dr. Webbaer,
      Ja, da stimme ich mit Ihnen vollkommen überein; das kam hier kaum zur Sprache. Umfassende DNA-Erfassung sehe ich auch als problematisch.
      Es geht um eine Rechtsgüterabwägung: Rechtfertigen die neuen Ermittlungsmöglichkeiten, in die Rechte von Individuen so stark einzugreifen.
      Prof. Mansdörfer (ein Rechtswissenschaftler) schreibt (https://www.lto.de//recht/hintergruende/h/gesetzesentwurf-erweiterung-dna-analyse-straftaten-genetischer-fingerabdruck/): Bevor man über so drastische Maßnahmen nachdenke, müsse erst einmal etwas ganz anderes geklärt werden: “Im Grunde steht eine ganz andere Debatte an: Wollen wir in der Bundesrepublik und in Europa den genetischen Fingerabdruck für alle?” Von den Möglichkeiten der FDP für Ermittler zeigt er sich kaum überzeugt.

      Was auch kaum zur Sprache kommt, außer bei Ulrich Schoppe: daß für diejenigen, die ihre DNA abgeben sollen, ja doch viel auf dem Spiel steht und das nicht einfach nur eine doofe Erfahrung ist, die man dann wieder schnell vergessen kann.

  59. #66 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    Janz jenau, werte Frau Prof. Dr. Veronika Lipphardt, hier ist Opi Webbaer ganz bei Ihnen.
    So kann nicht gewollt sein.

    Ähnlich, symmetrisch, kann auch eine 24/7/365 gestaltete Gesamtüberwachung der Kommunikation der Bevölkerung nicht gewollt sein.


    Übrig bleibt die rechtliche Güterabwägung.

    MFG + schöne Woche noch,
    Dr. Webbaer

  60. #67 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    Bonus-Kommentar hierzu :

    Der Schreiber dieser Zeilen kennt den Kollegen nicht, findet abär schon, dass Sprache dieser Art nicht sachdienlich ist, K-Proben:
    A) ‘Erweiterung der DNA-Analyse bei Straftaten
    Groß­koa­li­tio­närer Ein­heits­brei’
    B) ‘Mit veröffentlichten Hinweisen auf die Ethnie stünde zudem auch immer gleich eine ganze Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht, meinen Befürworter der Einschränkungen.’
    C) ‘Das Vorhaben löst ambivalente Gefühle aus.’ (die Emotio bemühend, plump-deutsch: Gegackel meinend)
    D) ‘Im Übrigen nennt der Gesetzesentwurf kein einziges konkretes Beispiel, in dem der Täter mit der Ausweitung der Merkmale und Methoden einfacher und schneller ermittelt worden wäre.’ (Kommentar: Gesetzesentwürfe, Referentenentwürfe (das Fachwort) nennen keine ‘Beispiele’, ihrem Wesen entsprechend nicht)

    MFG
    Dr. Webbaer

  61. #68 Anna Lipphardt
    Freiburg
    10/04/2017

    Spannende Diskussion, indeed! Es wäre für die gesamte Debatte (und damit meine ich nicht nur die hier im Forum, sondern die öffentliche Diskussion zu dem Thema), sicher sehr hilfreich, wenn die Forensischen Genetiker die diversen Teilsachverhalte, um die es hier geht, für die Nicht-Forensiker mal an einem Beispiel veranschaulichen. Ich möchte hier ein ganz konkretes Fallbeispiel vorschlagen:

    Stellen wir uns vor, dass 1.) erweiterte DNA-Analysen in Deutschland gesetzlich erlaubt sind, und 2.) dass die im Gesetzesantrag formulierten Wahrscheinlichkeitszahlen tatsächlich als a posteriori Wahrscheinlichkeiten zu verstehen und umfassend validiert sind.

    Fall 1 In Freiburg ergibt die erweiterte DNA-Analyse einer Täter-DNA, die bei einem Sexualmord sichergestellt wurde, dass dieser
    zu 99,9% aus Asien stammt, und
    zu 90% schwarze Haare,
    zu 95% braune Augen, sowie
    zu 98% eine dunklere Hautfarbe als ein Nordeuropäer hat.

    1. Wie groß ist die Gruppe, aus der der mögliche Täter stammen könnte, wenn die im Gesetzesantrag aufgeführten Wahrscheinlichkeiten auf die in Frage kommende Referenzpopulation angewendet werden? (Als Hintergrundinfo: Freiburg hat gut 220.000 Einwohner und ist in einer Grenzregion gelegen, in die täglich auch hunderttausende Menschen aus der Schweiz und Frankreich einpendeln; insbesondere Freitag-/Samstagnacht ist die Stadt voll mit jungen Franzosen und Schweizern, die hier ausgehen.)
    2. Wie groß wäre im Freiburger Fall die Gruppe der false-positives?
    3. Mit welchen Referenzdatenbanken würden Sie arbeiten – und was wären deren jeweilige Einschränkungen (allgemeine Repräsentativität und in Bezug auf den konkreten Ermittlungskontext), die es für das Gutachten zu berücksichtigen gilt?
    4. Welche Zahlen würden Sie in Ihr Gutachten schreiben? Welche Empfehlungen oder Vorsichtsmaßnahmen (z.B.im Umgang mit den false positives) an die Ermittler würden Sie aussprechen?

    Auch wenn die Kernexpertise von Forensischen Genetikern im Labor zu verorten ist, hat der eine oder die andere sicher auch konkretere Erfahrungen damit/Vorstellungen davon, was mit ihren Gutachten gemacht wird, nachdem diese bei den Ermittlern landen. Daher hier ein paar Bonus-Fragen:
    5. Was wären ausgehend von der Anzahl möglicher Tatverdächtiger, die sich durch das DNA-Gutachten ergeben, sinnvolle Fahndungsmaßnahmen?
    6. Herr Courts schlägt in seinem letzten Post den Ermittlungsansatz der DNA-Reihenuntersuchung vor. Welche Gruppen sollten im Freiburger Fall für eine Reihenuntersuchung gespeichelt werden, wie identifiziert man diese und wieviel würde das kosten? Vielleicht stimmte das mit der Augenfarbe aber nicht, so dass die Reihenuntersuchung entsprechend erweitert werden muss. Auf welche Zahlen in Bezug auf die zu testende Referenzpopulation und auf welche Kosten kämen wir dann im Freiburger Fall? Und ganz wichtig bei einem Mordfall: Wieviel Zeit würde das alles kosten?
    7. Wie sollten die false-positives im weiteren Ermittlungsverlauf berücksichtigt werden?
    8. Wie sollte die Öffentlichkeitsfahndung im Zusammenhang mit den Ermittlungen insgesamt und mit der DNA-Reihenuntersuchung im besonderen gestaltet werden, um zu gewährleisten, dass Männer asiatischer Herkunft nicht unter Generalverdacht geraten?

    Für wen das zu unterkomplex war, hier ein zweites Fallbeispiel:
    Fall 2 In Frankfurt/M ergibt die erweiterte DNA-Analyse einer Täter-DNA, die bei einem Sexualmord sichergestellt wurde, dass dieser
    zu 99,9% eurasischer Herkunft ist, und
    zu 95% schwarze Haare sowie
    zu 90% blaue Augen hat.
    Aufgabenstellung wie oben.

    Als Sozialwissenschaftlerin sei mir abschließend die Frage an Herrn Courts erlaubt, wie man die Ethnie von Personen „neutral, also ohne bias und anhand physikalischer Evidenz bestimmt“. Das ist eine ernst gemeinte Frage, bin sehr an Ihrer Antwort interessiert. Auch war mit bisher nicht klar, dass man mit FDP die Ethnie einer Person bestimmen kann – ich dachte da geht es nur um Augen-, Haut-und Haarfarbe, oder verwechsele ich da was?

  62. #69 RPGNo1
    10/04/2017

    Die Diskussion nimmt Fahrt auf. Jetzt wird es für mich als Laie richtig spannend, weiter mitzulesen. 🙂

  63. #70 Cornelius Courts
    10/04/2017

    @Anna Lipphardt: “wie man die Ethnie von Personen „neutral, also ohne bias und anhand physikalischer Evidenz bestimmt“.”

    indem man aus der DNA aus einer Tatortspur die ethnische Zugehörigkeit der Person, die die Spur hinterlassen hat, bestimmt.

    “oder verwechsele ich da was?”

    FDP heißt “forensische DNA-Phänotypisierung” und meint also das Auslesen von das Erscheinungsbild einer Person beeinflussenden/ konstituierenden Merkmalen. Dazu zählen Haut-, Haar- und Augenfarbe, aber auch das ALter und die ethnische (bzw. biogeographische) Zugehörigkeit.
    Alter und biogeographische Herkunft lassen sich ebenfalls inzwischen recht gut aus der DNA auslesen.

  64. #71 HF(de)
    10/04/2017

    Ich möchte auch ein Abo.

  65. #72 Peter Pfaffelhuber
    Deutschland
    10/04/2017

    @Cornelius Courts:

    Sie schreiben:
    “Ich verweise auf den Unterschied zwischen FDP- und STR-Profiling-Untersuchungen sowie zwischen der Bayesschen und der frequentistischen Wahrscheinlichkeitsauffassung, wodurch Ihre weiteren Fragen sich eigentlich erübrigen. FDP gibt eine Schätzung der Wahrscheinlichkeit und des Fehlers aus und das “weight of evidence” dieser Untersuchung läßt sich recht gut verstehen.”

    Stochastik hat mich immer schon begeistert, und als Professor für Stochastik (und Statistik) arbeite ich nun mit Veronika Lipphardt unter anderem über die forensische Genetik. Von welcher Wahrscheinlichkeit und von welchem Fehler reden Sie hier genau?

    Zur Interpretierbarkeit von Wahrscheinlichkeiten möchte ich ein Beispiel erläutern, das ich in der Literatur (Kayser, Forensic DNA Phenotyping: Predicting human appearance from crime scene material for investigative purposes, Forensic Science International: Genetics 18 (2015) 33–48) gefunden habe. Das IrisPlex-Verfahren zur Bestimmung der Augenfarbe arbeitet mit 6 SNPs. Etwa wurde in einem Paper von Walsh et al (Forensic Sci. Int. Genet. 6, 2012, 330-340) festgestellt, dass der AUC-Wert für die Unterscheidung zwischen blauen und braunen Augen bei einer Stichprobe von >3800 Europäern aus sieben Ländern bei 96% lag. Der AUC besagt dabei in etwa folgendes. Ein Verfahren, das wir im Moment als black box betrachten können, sieht sich die 6 SNPs der Stichprobe an, und versucht möglichst gut, die Kombinationen der Ausprägungen an diesen SNPs so zu klassifizieren, dass sie mit den wahren Phänotypen übereinstimmen. (Diese Klassifikation geschieht wohl meist mit einer sogenannten logistischen Regression.) Dabei muss die black box eine graduelle Entscheidung (alle 4^6 mögliche Kombinationen der 6 SNPs) in eine schwarz/weiß (bzw. besser blau/braun) Unterscheidung ‘übersetzen’. Dies wird typischerweise so gemacht, dass die Methode einen ‘Score’ ausrechnet, der umso höher ist, je größer die Wahrscheinlichkeit für ‘blaue Augen’ ist. Überschreitet dieser Score eine gewisse Grenze (etwa >50% Wahrscheinlichkeit für blaue Augen), wird die untersuchte Kombination der 6 SNPs als ‘blauäugig’ klassifiziert. Ein AUC von 96% bedeutet, dass ein (aus den 3800 zufällig gezogener) Braunäugiger in 96% aller Fälle einen höheren Score erhält als ein (aus den 3800 zufällig gezogener) Blauäugiger. Mit einem höheren Score würde er/sie natürlich auch eher als ‘blauäugig’ klassifiziert werden als der/die Blauäugige, insbesondere wird einer der beiden von dem Verfahren falsch klassifiziert werden.

    Bei diesem Vorgehen ist eines klar: der Wert von 96% ist allerhöchstens (genauere Interpretation siehe oben) die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Phänotyp (blaue/braune Augen) mittels FDA richtig klassifiert wurde. Im Folgenden nehme ich an, dass die Stichprobe, die zu der AUC von 96% geführt hat, absolut repräsentativ ist (sowohl im Genotyp als auch im Phänotyp) für die Population der als Täter in Frage kommenden.

    Für die Ermittlungsarbeit relevant ist sicherlich die Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte DNA zu einem blauäugigen Täter passt? Was Veronika Lipphardt mit ‘a priori’-Wahrscheinlichkeit, likelihood und ‘a posteriori’-Wahrscheinlichkeit meint, ist meines Verständnisses nach folgendes: In einer Population mit 20% Blauäugigen und 80% Braunäugigen ist die ‘a priori’-Wahrscheinlichkeit (d.h. vor Untersuchung der am Tatort gefundenen DNA) 20%, dass der Täter blaue Augen hat. Die likelihood ist die Wahrscheinlichkeit P(von der black box als blauäugig klassifiziert | blaue Augen), also die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass die DNA-Probe eines Blauäugigen auch als blauäugig klassifiziert wird. In etwa ist das der oben beschreiebene AUC von 96%. Nehmen wir nun an, die FDA würde ergeben, dass die DNA-Spur von einem Blauäugigen stammt. Die ‘a posteriori’-Wahrscheinlichkeit ist nun das, was den Ermittler interessiert: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die (gegebene) DNA-Spur von einem Täter mit blauen Augen kommt, also P(blaue Augen | von der black box als blauäugig klassifiziert). Mit Hilfe der Bayes’schen Formel (die in diesem Fall nichts mit einer Interpretation der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu tun hat) ist diese nun 0.96*0.2/(0.96*0.2 + 0.04*0.8)=85.7%, wobei hier auch die 4% der Braunäugigen enthalten sind, die fälschlicherweise als blauäugig klassifiziert wurden.

    Der “weight of evidence”, den Sie, Herr Courts nennen, hängt also von einigen Faktoren ab. Meiner Meinung nach muss es im Ermittlungsfall um die ‘a posteriori’-Wahrscheinlichkeiten gehen. Zu klären ist etwa die Frage, wie hoch diese sein soll/muss, damit weitere DNA-Tests angeordnet werden dürfen. Im obigen Beispiel wären ja 85.7% immer noch hoch, aber wo zieht man die Grenze: bei 75%, 50%, 30%?

    Und noch am Rande, da dies ja auch Teil der Diskussion war: Multiplizieren und Addieren von Wahrscheinlichkeiten darf man halt nur unter bestimmten Voraussetzungen. Multiplizieren nur dann, wenn man die Wahrscheinlichkeit sucht, dass unabhängige Merkmale gleichzeitig eintreten. (Wobei die genetischen Marker für Augen- und Haarfarbe teilweise identisch sind, so dass hier schlecht von unabhängigen Ereignissen ausgegangen werden kann.) Addieren nur dann, wenn man die Wahrscheinlichkeit sucht, dass eines von mehreren diskjunkten Ereignisse (etwa blaue Augen oder braune Augen) eintritt.

    Schöne Grüße
    Peter Pfaffelhuber

  66. #73 Peter Pfaffelhuber
    10/04/2017

    …und noch eine Frage…

    Was genau ist die biogeographische Herkunft eines in Deutschland lebenden Kindes einer Australierin und einem Iraner?

    Ich kann leider mit dem Konzept der “biogeographischen Herkunft” nicht viel anfangen und würde um eine Definition bitten. Danach können wir ja sehen, ob es sich um ein äußeres Merkmal handelt oder nicht.

  67. #74 Anna Lipphardt
    Freiburg
    10/04/2017

    @CC #70
    Sorry, wenn ich hier nochmal nachhaken muss:

    Wie komme man denn “neutral, also ohne bias und anhand physikalischer Evidenz bestimmt” von genetischen Markern für Augen-, Haut- und Haarfarbe sowie bgA (womit sich ja bisher nach meinem Kenntnisstand nur kontinentale Zuordnungen vornehmen lassen) zu Ethnie/ethnischer Zugehörigkeit?
    Da fehlen aus meiner Sicht (die, wie gesagt, eine sozialwissenschaftliche ist) doch ein paar Zwischenschritte, oder geht man in der Genetik davon aus: genetische Marker für äußere Merkmale + genetische Marker für bio-geograpische Herkunft = Ethnie?
    Mir würde zum besseren Verständnis sehr helfen, wenn Sie näher erläutern könnten, wie “Ethnie” in der genetischen Forschung konzeptualisiert wird.

    Und was das für die die empirische Anwendung in einem Fall, wie dem von Peter Pfaffelhuber oben angeführten bedeutet.

    • #75 Veronika Lipphardt
      10/04/2017

      Ergänzende Frage: Wird in der englischsprachigen Fachliteratur nicht von “self-identified ethnicity” ausgegangen?

  68. #76 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    @ Peter Pfaffelhuber :

    Für die Ermittler ist es schon recht hilfreich, wenn sich qua hinterlassener DNA-Spuren Wahrscheinlichkeiten in Höhe 90% + ergeben, dass bestimmte Tätergruppen in Frage kommen.
    Sicherlich ein “heißes Eisen” und nicht notwendigerweise öffentlich zu übermitteln.
    Der Ermittler hat dann aber was und kann in der Folge bspw. (klar eingegrenzte) mögliche Tätergruppen per (freiwilliger >:-> ) Abgabe von DNA prüfen, die sind dann oft nicht mehr so-o groß.

    Es ist ja nicht so, dass gegen die Gesamtbevökerung ermittelt wird.

    Wenn mit den modernen und im dankenswerterweise bereit gestellten WebLog-Artikel beschriebenen forensischen Methoden eben sinnhaft umgegangen wird…

    MFG
    Dr. Webbaer

    • #77 Uli Schoppe
      10/04/2017

      Du glaubst doch nicht das ich mich so einer freiwilligen HAHAHA Abgabe unterziehen würde. Sowas ist ein Armutszeugnis. Alle nehmen freiwillig Haha teil weil sie nicht drangsaliert werden wollen. Jaja wer nicht gemacht hat hat auch nichts zu verbergen. Klar aber das geht keinen was an…

  69. #78 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    PS:
    Vielleicht ist dies der Punkt, Ergebnisse / Prädiktionen sozusagen der hier gemeinten Art sind per se problematisch, dienen aber (deutlich) dem Ermittlungserfolg.
    In einer weitgehend von Kriminalität, auch: politischen, freien Gesellschaft würde der Schreiber dieser Zeilen anraten auf diese forensischen Methoden zu verzichten.
    Weil ihr Nutzen einen Preis hat.
    Es gehört sich eigentlich nicht derart zu ermitteln.

    • #79 Uli Schoppe
      10/04/2017

      W0rd das ist wirklich unanständig.

  70. #80 anderer Michael
    10/04/2017

    Herr Prof. Pfaffelhuber
    Das Kind einer Australierin ( Aborigines?) und eines Iraners, in Deutschland lebend. Das wäre doch der ermittlungstechnische Traumfall. Ins Blaue behauptet, die kann man an einer Hand abzählen.

  71. #81 anderer Michael
    10/04/2017

    Frau Prof.Lipphardt
    Das verstehe ich nicht. Was steht für jemanden auf dem Spiel (außer dem Täter), wenn er bei einer DNA-Reihenuntersuchung teilnimmt.?

    • #82 Uli Schoppe
      10/04/2017

      Es geht einfach niemanden etwas an. Warum sollte ich freiwillig jemandem Information über mich geben den ich nicht kenne und damit auch nicht weiß ob ich ihm trauen kann? Das ist meine Privatsphäre, da hat er nichts zu suchen wenn ich das nicht will

  72. #83 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    @ Anna Lipphardt :

    Mir würde zum besseren Verständnis sehr helfen, wenn Sie näher erläutern könnten, wie “Ethnie” in der genetischen Forschung konzeptualisiert wird.
    [..]
    Ergänzende Frage: Wird in der englischsprachigen Fachliteratur nicht von “self-identified ethnicity” ausgegangen?

    Klingt jetzt ein wenig wie das eher themenfremde Auslegen von Fallstricken.
    >:->

    Ansonsten, ‘Ethnien’, auch Deutsche, darf es geben, womöglich sind sie (auch) genetisch (halbwegs) nachweisbar.
    Näherungsweise, ausschnittsartig und (!) an Interessen gebunden, an die des Erfassenden.
    Kulturell sowieso.
    Das mit dem ‘self-identified’ können Sie knicken.

    MFG
    Dr. Webbaer

    • #84 Veronika Lipphardt
      10/04/2017

      Stopp, nicht die Lipphardts verwechseln: Die zu-knickende-Frage kam von Veronika Lipphardt, ich ziehe sie zurück, die Fragen von Anna Lipphardt sind viel besser und wichtiger.

  73. #85 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    Huch + sorry.

  74. #86 Dr. Webbaer
    10/04/2017

    Zum konzertierten Lipphardt-Angriff sozusagen, netter formuliert: zu bestimmter (angemessener) Kritik:
    Ethnien wie auch “Rasse” sind ein womöglich sinnhaft gebildetes Konstrukt, der Schreiber dieser Zeilen lehnt den zweiten Begriff idR ab, auch wenn er derartig zur Kenntnis nimmt [1], Kategorisierungen der Art Herkunft meinend muss es dagegen geben und insofern darf die Forensik hier auch “ein wenig” mitmachen.

    Bleibt so ein wenig problematisch.

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1]
    Vgl. mit dem alten steifen Kollegen Ludwig Trepl, der leider vor Kurzem gestorben ist :
    -> https://scilogs.spektrum.de/landschaft-oekologie/menschenrassen-gibt-es-doch/ (übrigens streng politisch links gewesen)

  75. #87 anderer Michael
    10/04/2017

    Uli Schoppe
    Das Thema ist nicht einfach. Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen ist richtig und angebracht. Aber machst du dir es nicht ein wenig zu einfach?
    Theoretisch ist sie Teilnahme freiwillig. Wer nicht will steht unter faktischen Verdacht, obwohl es rechtlich nicht so sein sollte ( sofern als Nichtjurist von mir richtig verstanden).
    Aber ” nichts gemacht zu haben , geht niemanden was an”, richtig! Aber etwas gemacht zu haben im Sinne der Tat, wohl doch, oder? Und wie will man das unterscheiden? Gebe ich zu, keine Vorstellung meinerseits!

  76. #88 Schlotti
    10/04/2017

    @anderer Michael:

    Das verstehe ich nicht. Was steht für jemanden auf dem Spiel (außer dem Täter), wenn er bei einer DNA-Reihenuntersuchung teilnimmt.?

    Jemand könnte eine andere Straftat begangen haben, die mit der Straftat nichts zu tun hat, derentwegen die Reihenuntersuchung durchgeführt wird. Erwischt werden will diese Person trotzdem nicht. Und diese Person hat sicherlich das Recht, sich nicht selbst zu belasten.

    Oder nehmen Sie anomyme Samenspender, die ebenfalls eher nicht wünschen, dass ihre Daten erhoben/gespeichert werden.

    Es lassen sich zweifellos noch weitere Beispiele finden, weshalb Leute nicht an einer Reihenuntersuchung teilnehmen wollen, obwohl sie mit der Straftat, um die es geht, nichts zu tun haben.

    Ich halte es für gefährlich, wenn es dazu kommt, dass die bloße Verweigerung an der Teilnahme an einer solchen Reihenuntersuchung zu einem Verdacht führt. Das würde letzlich nämlich zu einer Beweislastumkehr führen.

    Gleichwohl stimme ich Cornelius zu, dass man nämlich die Spuren, die man an einem Tatort findet, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auswertet.

    Im Prinzip werden doch auch heute schon personenbezogene Daten, beispielsweise Kamerabilder, ausgewertet. Wenn auf einem solchen Bild ein weißer Mann zu erkennen ist, kann man halt Chinesen als Täter schon mal ausschließen. Es können also die verfügbaren Ressourcen, die nicht für eine Gruppe verschwendet werden, der der Täter nicht angehört, besser genutzt werden.

    Wo ist da das Problem?

  77. #89 zimtspinne
    11/04/2017

    @ Schlotti
    Also ich hätte nichts dagegen, wenn im Zuge solch einer Reihenanalyse gleich ein paar Zufallsbefunde anderer (zB) Sexualdelikte ins Netz gehen.
    Da sind mir Opferinteressen und Prävention doch wesentlich wichtiger als Täterschutz.
    Wenn jemand mal schwarz mit der Bahn oder bei Feuerrot über die Ampel bettert, wird er dort ja eh nicht erfasst, leider im Fall des Ampelrasers; den würde ich auch gerne dran kriegen, da er mich in der Rolle des Radfahrers und Fußgängers auch massiv gefährdet und mir sein Täterschutz da einfach ziemlich wurscht wäre.

    Wer Straftaten begeht, muss sich eben bewusst sein, jederzeit erwischt werden zu können, auch durch “dumme Zufälle”. Pech!

  78. #90 Adent
    11/04/2017

    @zimtspinne
    Oh, da sind wir aber schnell beim Lynchmob (ok, vielleicht etwas übertrieben :-). Wer genau entscheidet denn welchen der “Straftäter” bzw. welche Art Straftaten man gleich mit erledigt bei solchen Reihenuntersuchungen?
    Du?
    Nein Danke, ich sehe das wie Schlotti, es ist ein heißes Eisen, wir haben ja auch nicht umsonst Datenschutzgesetze (zumindest offiziell) und andere Bürgerschutzrechte.

  79. #91 s.s.t.
    11/04/2017

    Bei DNA-Reihenuntersuchungen dürfen die Ergebnisse ausschließlich für die bestimmte Tat (in Absatz 1 ausgeführt) verwendet werden. Ansonsten:

    1. die entnommenen Körperzellen ausschließlich für die Untersuchung nach Absatz 1 verwendet und unverzüglich vernichtet werden, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind, und
    2. die festgestellten DNA-Identifizierungsmuster nicht zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren beim Bundeskriminalamt gespeichert werden.

    Siehe: § 81h DNA-Reihenuntersuchung
    https://dejure.org/gesetze/StPO/81h.html

  80. #92 Veronika Lipphardt
    11/04/2017

    Liebe Mitdiskutierende,

    nochmals herzlichen Dank für die anregende Diskussion – ich habe sehr viel gelernt. Ostern steht vor der Tür, weshalb wahrscheinlich nicht mehr alle spannenden Fragen beantwortet werden können (schade). Hier noch mehrere Bemerkungen von meiner Seite:

    Weshalb steht für TeilnehmerInnen einer DNA-Reihenuntersuchung in der Folge eines FDP etwas auf dem Spiel?
    Erstens, die Polizei klopft nur an die Tür derer, die erkennbar anders aussehen als die Mehrheit (s.o. – bei einem FDP-Ergebnis, das auf die Mehrheit hinweist, wäre eine DNA-Reihenuntersuchung meist zu aufwendig). Das bekommen Nachbarn und die Öffentlichkeit mit; Stichwort Stigmatisierung. In UK und NL macht man sich um genau diesen Punkt in den Entscheidungsgremien viele Gedanken, es gilt als superschwieriger Aspekt.
    Zweitens: Vertrauen in die Behörden ist gut, aber nicht immer angebracht: Die Frage ist, ob DNA-Daten wirklich so zügig gelöscht werden, wie rechtlich vorgesehen. Daß das offenbar nicht immer der Fall ist, lesen Sie hier: https://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/204/interview-j%C3%B6rg-klingbeil/42-prozent-illegal-gespeichert
    Drittens, wenn es so harmlos ist, an einer DNA-Reihenuntersuchung teilzunehmen, warum haben dann Polizistenvereinigungen ein Problem damit, daß die DNA-Daten von Ermittlern in sogenannten Elimination Databases gespeichert werden? https://www.gen-ethisches-netzwerk.de/search/node/%C3%B6sterreich%20polizei%20dna

    @ Courts:
    “Biogeografische Herkunft” – dieses Konzept könnte uns locker noch ein paar Wochen beschäftigen. Vor allem, wenn Sie es mit Ethnie in einen so direkten Zusammenhang bringen. Ich bin gespannt darauf, was Sie auf die Fragen der Sozialwissenschaftlerin antworten.
    Von meiner Seite (ausgebildete Biologin und Historikerin, Spezialistin für die Geschichte der lebenswissenschaftlichen Erforschung menschlicher Vielfalt, z.B. Populationsgenetik) hier nur eine sehr kurze Fassung einer Entgegnung:
    Sie müßten sich mE mal die Referenzdatenbanken und das Sampling dahinter sehr genau anschauen. Wie wird “Ethnizität” in einer solchen Datenbank jeweils verstanden? Welche Sampling-Kriterien gehen mit welchen Vorannahmen über Ethnizität, bgH, und den Zusammenhang dazwischen, einher? Das ist nicht bei allen Referenzdatenbanken gleich. Und davon hängt ja wesentlich ab, wo eine neu gefundene DNA-Spur einsortiert wird. Wenn Sie aus dem Nahen Osten nur wenige Individuen in der Referenzdatenbank haben, und die stammen vielleicht nur aus 2-3 Erhebungen an 2 Orten, dann wird es ziemlich schwierig, die “bgH” festzustellen. (Und “Asien” als Ergebnis hilft Ihnen nicht wirklich weiter). Und das ist nur EINS von vielen Problemen in diesem Zusammenhang.
    Zum “racial profiling”: Sie schreiben: “Racial Profiling ist das ‘auf Stereotypen und äußerlichen Merkmalen basierende Agieren von Polizei-, Sicherheits-, Einwanderungs- und Zollbeamten, NACH DEM eine Person anhand von Kriterien wie ‘Rasse’, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft als verdächtig eingeschätzt wird”. Okay. Und das können Sie, als “Begleiterscheinung” des FDP, ausschließen? Aber wie? In einem Gutachten steht vielleicht “mtDNA kommt gehäuft in Osteuropa vor”, und die Ermittler schlußfolgern dann (hypothetischer Fall): Genau, das sind die Russen in der benachbarten Siedlung, wir haben’s eh schon vermutet. — Gutachten über bgH sind komplex und fehlinterpretationsanfällig. Es müßte über das Gutachten hinaus eine enge Kommunikation zwischen Forensikern und Ermittlern stattfinden, um solche Fehlinterpretationen zu vermeiden. Wir finden, daß darüber hinaus auch noch gut informierte Sozial- und Geisteswissenschaftler helfen sollten (z.B. durch den Hinweis, auf wen die Beschreibung vor Ort noch alles zutreffen könnte – woher sollten Forensiker das wissen, sie sind ja schon bis über beide Ohren damit beschäftigt, die DNA zu analysieren und die Gutachten zu schreiben).

    Zum Kind des Iraners und der Australierin, wohnhaft in Deutschland: Genau diese Info bekommen Sie ja gerade nicht aus der FDP: Nationalitäten! Jemand mit australischem Paß kann nur vielleicht (vielleicht auch nicht) in einer Referenzdatenbank-Population verortet werden, die die Referenzdatensammler als “ancestral Australian” o.ä. bezeichnet haben (und das hängt von vielen Dingen ab).
    FDP würde wahrscheinlich sagen (stark verkürzt): Y-chromosomaler Haplotyp kommt gehäuft in Asien vor; mtDNA kommt gehäuft in Australien, aber auch in Nordwesteuropa vor; autosomal haben wir da viel Europäisches drin, auch viel Asiatisches, und – spannend – auch ein wenig so was wie australische Aborigines. Könnte aber auch Neuseeländisch sein. Viel Spaß bei der Suche!
    Gut, wir haben ja noch die anderen Merkmale: Also: Braune Augen, braune Haare, Haut dunkler als Nordeuropäer.
    Und jetzt? Wie finden Sie die Person? Es steht ja nicht auf der Stirn geschrieben: Halb-Iraner-halb-Aborigines. Im Paß steht es ja auch nicht.
    Die Frage von Pfaffelhuber bleibt übrigens unbeantwortet.

    Und insofern, Herr Courts: Die Broschüre Making Sense kenne ich, ich finde gut, daß es so was gibt; aber das Beispiel überzeugt mich nicht. Wie finden Sie die Männer mit diesen Merkmalen? Klopfen Sie an alle Türen und schauen den Männern tief in die Augen? In einem Dorf mit 500 Einwohnern, okay, aber in einer Stadt? Und wenn Sie bei Mißerfolgen ringförmig erweitern, wo hören Sie dann auf, weil es absurd wird? Oder rufen Sie am Ende tatsächlich alle Eurasier vor Ort zum DNA-Test? Wie machen Sie das? Und wenn nicht: Dann bleibt es also dabei, daß bestimmte Gruppen stärker zu DNA-Reihenuntersuchungen herangezogen werden als andere.

    @ Zimtspinne: Wenn man nur bestimmte Gruppen zu DNA-Reihenuntersuchungen heranzieht, wird man als Nebeneffekt die Straftäter innerhalb dieser Gruppe finden. Straftäter, die der Mehrheit angehören, werden nicht “nebenbei” gefunden (in der Fachliteratur heißt das “streetlight effect”; er führt zu einer Überrepräsentation dieser Gruppe in der Kriminalitätsstatistik, ein Problem, das den Verantwortlichen in UK schon viel Kopfzerbrechen bereitet hat). Ich bin auch dafür, daß man so viele Verbrecher wie möglich findet, anklagt und verurteilt. Aber zu welchem Preis? Totalerfassung wäre insofern “fair”, aber a) das Beispiel mit den Polizisten zeigt, daß es da eben ein paar Rechte zu wahren gilt und b) dann wäre FDP überflüssig.

    @ Dr. Webbaer: Gibt es “Rassen”: Nun, worauf man sich leicht wird einigen können, ist, daß es “human variation” gibt. Über “human variation” kann man sehr gut und differenziert wissenschaftlich reden. Die Strukturen von “human variation” sind hochkomplex, der Begriff “Rasse” eignet sich kaum dafür, sie zu beschrieben.
    Es ist bemerkenswert, wie die gesamte englischsprachige, sehr ausgereifte, sehr fortgeschrittene, interdisziplinäre Diskussion zu diesem Thema einfach komplett ignoriert wird; von Herrn Trepl, aber auch von anderen deutschen Wissenschaftlern.

  81. #93 anderer Michael
    11/04/2017

    Schlotti
    Danke für die Erläuterungen. Jetzt ist mir einiges klarer.
    Das Thema und die Gesetzgebung ist wirklich nicht einfach. Bei Wikipedia wurde zu diesem Thema ein Fall erwähnt und LiteraturQuellen dazu. Bei einer Vergewaltigung wurde eine ” freiwillige “DNA-Reihenuntersuchung durchgeführt. Der Täter war 16. Er fiel aus dem Raster , weil der vermutete Täter um die 25 Jahre sein sollte. Bei zwei Verwandten fiel eine familiäre Ähnlichkeit im DNA-Muster auf und die Kripo forschte dann weiter und fand den Täter. Ansich hätte sie es nicht machen dürfen, aber der BGH hat in dem Einzelfall es doch als stattfindet beurteilt. Die Situation ist schon komisch.Einerseits unterschreiben die Leute , dass sie freiwillig teilnehmen.Wenn sie nicht wollen, werden sie auffällig und es kann eine richterliche Verfügung erstellt werden. Andererseits dürfen indirekte Hinweise auf den Täter unter Umständen nicht weiter verfolgt werden. Wenn die Familie den Täter hätte vertuschen wollen, wären die Verwandten nicht zur Untersuchung gegangen. Da sie als Unschuldige ein Alibi gehabt hätten, hätte es auch keine richterliche Anordnung gegeben und der Täter wäre so nicht entdeckt worden.
    Es ist ein Spagat zwischen Bürgerrechten und dem berechtigten Anspruch der Opfer auf Täterermittlung. Manchmal führt das zu bedrückenden demoralisierenden Situationen, wo Opfer nochmal Opfer werden.

  82. #94 anderer Michael
    11/04/2017

    Frau Veronika Lipphardt
    Nur zum Verständnis meinerseits: Wie genau kann man aus dem DNA-Muster die Herkunft feststellen.
    Konkretes Beispiel: Iran. Kann man sagen, die gefundene DNA stammt von einem Iraner und wie genau ist diese Aussage oder ist es nur eine Schätzung mit x- Wahrscheinlichkeit. Angeblich kann man an der mitochondrialen DNA (oder RNA?) noch nach zehntausenden von Jahren Wanderungsbewegungen feststellen oder wann sich Bevölkerungen getrennt haben.
    Inzwischen gibt es kommerzielle Tests, mit denen jüdische Vorfahren identifiziert werden.

    Und allgemein: Gesetzt den Fall, man könnte die Herkunft eindeutig identifizieren, in Zukunft durch weltweite Migration wird es eine nahezu riesige Anzahl von Vermischungstypen geben, die konkrete Ermittlungen erschweren, weil DNA-Strukturen sich im PhänoTyp kaum noch bemerkbar machen. Wenn meine Urgroßmutter waschechte Chinesin (oder Bantuafrikanerin)wäre, die anderen 13 Vorfahren reine Deutsche ( also 7 Urgroßeltern, 4 Großeltern, Eltern), wieviel Chinese oder Afrikaner wäre mir anzusehen?

  83. #95 anderer Michael
    11/04/2017

    Fehler meinerseits: Ein GroßelternTeil wäre halb Chinese oder Halbafrikaner und eines der Eltern wäre Viertelchinese bzw. Viertelafrikaner und ich ein 12,5% Chinese oder Schwarzafrikaner. Sieht man mir das an?

    • #96 Veronika Lipphardt
      11/04/2017

      @ anderer Michael:
      Das war aber eigentlich keine Frage an mich, oder?
      Ich hatte eigentlich deutlich zu machen gehofft, daß man hier auf gar keine Regelmäßigkeiten hoffen darf und daß man “Mischungsverhältnisse” weder quantifizieren noch äußerlich “ablesen” kann.
      Fragen Sie also besser jemanden, der daran glaubt, daß biogeografische Herkunft und äußeres Aussehen in jedem Fall klar und meßbar miteinander korrelieren, und daß beides auch mit der “Ethnie” (dann aber bitte genau definieren, was das sein soll und wie es erhoben wird) korreliert.
      (Übrigens: Sowohl Iran als auch Australien sind multi-ethnische Gesellschaften, schon seit langem. Das macht die Aufgabe der bgH-Analyse so richtig schön kompliziert!)

  84. #97 Bullet
    11/04/2017

    @Zimtspinne:

    Also ich hätte nichts dagegen, wenn im Zuge solch einer Reihenanalyse gleich ein paar Zufallsbefunde anderer (zB) Sexualdelikte ins Netz gehen.

    Willst du heute witzig sein? Denk doch bitte mal ein paar Sekunden nach, bevor du solchen Ramsch postest. Wie dir vielleicht aufgefallen sein könnte, sind Gesetze bloße Konventionen und können jederzeit geändert werden. Du erwähnst “Sexualdelikte” (weiß nicht warum, aber vielleicht in der Hoffnung, daß sich da kein Widerspruch findet?), denkst aber nicht daran, daß die Legitimierung solcher Praktiken der Willkür Tür und Tor öffnet. Du sagst hier nichts weniger als “ich scheiß auf Freiheit und Menschenrechte, solange mir die Hansels im Bundestag ‘Sicherheit als Supergrundrecht‘ verkaufen können.”
    Dagegen gibt es natürlich das Gegenzitat:
    Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety.” Benjamin Franklin. Ausgerechnet.
    Egal. Zurück zum Thema:
    Du scheinst zu glauben, Polizisten, LKA-Heinis, Richter und der übrige Haufen können weder aus Eigeninteressen handeln noch korrupt sein. Außerdem sind sie keine Menschen, sondern Gerechtigkeitsgeister, die man durch Rubbeln am Strafgesetzbuch hervorholen könnte. (Das übrigens von wem nochmal formuliert wird? Immerhin war es auch schon mal verboten, Juden zu beherbergen…)
    Du hast dich doch so gegen Adolf 2.0 gewehrt … wie begann der Schlamassel? Durch massive Rechteausweitung der Behörden. Ohne die wäre jegliche Repressionsmethode des Staates nämlich nicht möglich gewesen. Und du scheinst auch noch nie gemerkt zu haben, daß Leute, die Macht besitzen, diese auch ausüben werden.

  85. #98 anderer Michael
    11/04/2017

    Bullet
    So dramatisierend würde ich das nicht sehen. Zunächst du hast recht. Die Bürgerinnen müssen wachsam sein. Justiz und Polizei machen Fehler oder möchten Regelungen, die zuungunsten einzelner oder der gesamten Bürgerschaft ausgehen.
    Die anderen Seite aber auch beachten. Und jetzt nur mal weg von Kapitalverbrechen oder Sexualdelikten.Stelle dir vor, du hast Ärger mit irgendwelchen Typen.Die verabreden unter Nicknames sich auf einem Forum dein Gartenhaus zu verwüsten. Du nimmt das nicht ernst.Aber es passiert. Du gehst zur Polizei, dort erfährst du, Zugriff auf die IP-Adressen gibt es nur bei Verdacht auf Terrorismus oder Kapitalverbrechen. Mal ehrlich, hast du dann immer noch so edle Gedanken oder fluchst du vor dich hin ( das war ein hypothetisches Beispiel!).

  86. #99 anderer Michael
    11/04/2017

    Frau Veronika Lipphardt
    Freilich war die Frage an Sie gerichtet. Sie haben doch auch auf diese Inhalte Bezug genommen.
    Und so richtig verstehe ich das Rumhacken auf der “Ethnie” nicht. Verwechseln und vermischen Sie eventuell Sozialwissenschaft und Biologie.Schwarzafrikaner , die deutsch reden, denken, fühlen und deutsch sind und Deutsches sein wollen, sind für mich jedenfalls meine deutschen Landsleute und keine Afrikaner oder Marsmenschen. Beispiel: Yared Dibaba oder Nelson Müller. Dass sie genetisch anders sind ,ist mir kreuzegal.
    Ich habe den Eindruck, Sie möchten irgendwo doch den Rassismus hier mit aller Macht entlarven.

  87. #100 Dr. Webbaer
    11/04/2017

    Es bleibt natürlich unschön, wenn in einem Land wie der BRD auf Grund probabilistischer Erkenntnis der eine oder andere besonders in Verdacht gerät, wenn er bestimmte Merkmalsausprägungen aufweist, beispielsweise (mit gewisser Wahrscheinlichkeit) schwarz ist.

    Insofern ist eine hohe Präzision der, im dankenswerterweise bereit gestellten WebLog-Artikel, beworbenen Untersuchung wichtig.
    Zudem muss die Not groß sein, bei Terrorverdächtigen, die weiterhin als Gefährder zu betrachten sind, ist die Not groß.
    An sich mag aber womöglich niemand so recht dieses Vorgehen, jedenfalls solange es nicht se-ehr zuverlässig ist (was es manchmal gar nicht sein kann, Beispiele liegen im hiesigen Kommentariat vor).

    MFG
    Dr. Webbaer

  88. #101 Dr. Webbaer
    11/04/2017

    “Ethnie” (dann aber bitte genau definieren, was das sein soll und wie es erhoben wird)
    […]
    Übrigens: Sowohl Iran als auch Australien sind multi-ethnische Gesellschaften schon seit Langem.

    ‘Ethnien’ sind Völker, es darf diese geben, Nationen.
    Bspw. ist im Sinne von Deutsch als Ethnonym, ein bisschen Spaß muss sein, Roberto Blanco kein Deutscher.

    Multiethnische Gesellschaften gibt es en masse, Australien, Kanada und die USA wären hier beste Beispiele, Iran wie China und Russland sind ebenfalls Vielvölkerstaaten.
    Was den Braten aber nicht fett macht, denn es kommt bei Untersuchungen der hier behandelten Art nicht die Staatsangehörigkeit, sondern die Volkszugehörigkeit, mit bestimmter Wahrscheinlichkeit, heraus, auch in Mischformen.

    MFG
    Dr. Webbaer (der schon ein wenig spürt, dass hier auch ideologisch fundierte, politische Kritik am FDP ein wenig mitspielt, nichts Schlechtes daran, die Frage ist an sich politisch, sie muss aber nicht von politisch linker Seite tendenziös bearbeitet werden)

  89. #102 anderer Michael
    11/04/2017

    Frau Veronika Lipphardt
    “Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott”
    Hier ist was darüber zu lesen. Vielleicht hilft es Ihnen.
    https://www.gednap.org/wp-content/uploads/2016/12/Stellungnahme_DNA-Vorhersage_Spurenkommission_2016-12-141.pdf

  90. #103 anderer Michael
    11/04/2017

    Frau Veronika Lipphardt
    War das schwer? Also zu 99,9% kontinentale Herkunft vorhersagbar, Mittelasien nicht aufgeführt (ich vermute mal Europa , naher Osten werden als Einheit gesehen), aber Z.B. Afrikaner oder Ostasiaten kein Problem.
    Sie möchten ein Gesetz verhindern und können Laien wie mir noch nicht mal Basisfragen beantworten!
    Zur “Ethnie” steht auch was drin.

    Schöne Ostern

    P.S. Auch wenn ich nur ein ganz , gelegentlich aneckender, normaler Kommentator bin und es mir nicht zusteht, grundsätzliche Verlautbarungen von mir zu geben, aber ich behaupte, Rassismus wird auf dem SB nicht toleriert.

  91. #104 Dr. Webbaer
    11/04/2017

    @ anderer Michael :

    Dr. W wird hier kurz definitorisch :

    Racism is usually defined as views, practices and actions reflecting the belief that humanity is divided into distinct biological groups called races and that members of a certain race share certain attributes which make that group as a whole less desirable, more desirable, inferior or superior. [Quelle]

    HTH (“Hope to Help”)
    Dr. Webbaer

  92. #105 Anna Lipphardt
    Freiburg
    11/04/2017

    @ Herr Anderer Michael

    Ganz kurz nochmal zur Klarstellung – mit dem Thema “Ethnie” hat in dieser Forumsdiskussion Herr Courts angefangen, der in seinem Kommentar # 62 feststellt:
    “Bei FDP ist es nun genau andersherum: das Aussehen der tatverdächtigen Person wird objektiv und evidenzbasiert (die Fehlerwahrscheinlichkeit der Methode eingerechnet) bestimmt und dann gezielt(er) ermittelt.
    Der VErdacht fällt also nicht auf eine Person, weil sie auf eine bestimmte Weise aussieht oder einer Ethnie zugehört und irgendwer der Meinung ist, daß “solche Leute” wahrscheinlicher kriminell sind, sondern das Aussehen bzw. die Ethnie der tatverdächtigen PErson wird neutral, also ohne bias und anhand physikalischer Evidenz bestimmt und dann gezielt(er) ermittelt und zwar unabhängig davon, welches Aussehen die tatverdächtige Person hat.” Und in Kommtar #70 weiter ausführt:
    “@Anna Lipphardt: “wie man die Ethnie von Personen ‘neutral, also ohne bias und anhand physikalischer Evidenz bestimmt“.’
    indem man aus der DNA aus einer Tatortspur die ethnische Zugehörigkeit der Person, die die Spur hinterlassen hat, bestimmt.”

    Gut, dass Sie auf die Stellungnahme der Gemeinsamen Spurenkommission hinweisen (die wir btw bereits im Dezember auf unserem Blog verlinkt haben), wo Peter Schneider explizit festhält: “Die biogeographische Herkunft eines Menschen beruht ausschließlich auf den
    genetischen Wurzeln seiner Vorfahren. Soziale, kulturelle und religiöse Kriterien spielen
    dabei keine Rolle, daher sollte der Begriff der „Ethnizität“ oder „Ethnie“ in diesem
    Zusammenhang nicht verwendet werden.” (S.3)

    Zwischen diesen beiden Positionen scheint mir ein Widerspruch zu bestehen (- aber vielleicht ist diese Wahrnehmung eines Widerspruchs ja auch einfach nur auf meine ideologisch verzerrte Perspektive als Sozialwissenschaftlerin zurückzuführen? Herr Dr. Webbär, to the rescue!).

    Ich fände es hilfreich, wenn die Humangenetiker, die sich hier im Forum tummeln, und insbesondere die Forensischen Genetiker, diesbezüglich für Aufklärung sorgen könnten: Wie ordnen Sie diese beiden Positionen ein, und was ist zu dieser Thematik aktuell denn die allgemein/international anerkannte Lehrmeinung in Ihrem Fachgebiet? Weil die meisten von uns – ja auch noch andere Dinge zu tun haben – Deadlines, Feiertage, Leben usw. – freue mich selbstverständlich auch über weiterführende Hinweise auf relevante genetische Referenzliteratur (aus peer-review publications und wissenschaftlichen Lehrbüchern), die sich mit der Konzeptualisierung von “Ethnie” auseinandersetzen. Merci vielmals im voraus und happy holidays (oder einfach nur schöne Ferien)!

  93. #106 Veronika Lipphardt
    11/04/2017

    @anderer Michael: Lesen gehört ja zu meinem Beruf, deshalb habe ich die Stellungnahme schon im Dezember gelesen, mit Herrn Schneider, Vorsitzender der Spurenkommission, diskutiert und in Berlin im Vortrag darauf eingegangen. Sie können ja mal schauen, wie nach dem Hearing im BMJV über die 99,9% gesprochen wurde: Süddeutsche Zeitung, 22.03.2017, Was genetische Analysen verraten und was nicht, Hanno Charisius.
    Zur Frage äußere ich mich später, habe den ganzen Tag meetings, Wissenschaftler tendieren dazu, viel zu viel um die Ohren zu haben. Längeres Nicht-Antworten hat also nicht unbedingt was mit intellektueller Überforderung zu tun. Das gilt bestimmt auch für Herrn Courts, davon gehe ich aus, habe vollstes Verständnis dafür, daß er nicht ständig postet.

    Übrigens, Stellungnahme Spurenkommission und vieles vieles mehr auf unserer Website: https://stsfreiburg.wordpress.com/

    Interessant vielleicht auch:
    nature.com, 27.03.2017, Forensics: Germany considers wider use of DNA evidence in criminal cases.
    Süddeutsche Zeitung, 23.03.2017, Die trügerische Sicherheit von DNA-Spuren, Christina Berndt.

  94. #107 Cornelius Courts
    11/04/2017

    @diverse: ich wiederhole noch einmal, daß ich mangels praktischer Expertise, Zuständigkeit und ehrlich gesagt auch Zeit hier nicht zur umfänglichen Erklärung und Interpretation der Forschungsergebnisse anderer Wissenschaftler zur Verfügung stehe.
    Die einschlägigen Arbeiten von Kayer et al. sind online verfügbar, die Korrespondenzadressen der Autoren finden sich dort ebenfalls, so daß Ihre Fragen leicht an die bestgeeigneten Ansprechpersonen gerichtet werden können.
    Auch grundlegende populationsgenetische bzw. genealogische Konzepte wie BGA erlese man sich bitte selbst (s. a. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26013312)

    Meine Hauptaussage bleibt indessen unbeschadet bestehen: FDP beruht auf physikalischer Evidenz mit bekanntem Fehler, ist kein racial profiling, besser und reproduzierbarer als Zeugenaussagen und sollte auch uns in D als Ermittlungsmittel in geeigneten Fällen zur Verfügung stehen.

    • #108 Uli Schoppe
      11/04/2017

      Ja, sie beruht zunächst auf Evidenz mit bekanntem Fehler, sie ist zunächst nicht als racial profiling gedacht. Kann man sie den deutschen Ermittlern anvertrauen? Ich denke nicht. Baden-Württemberg hat ja schon bewiesen das die sich nicht mal an die Speichervorschriften halten wollen und bewusst das Recht beugen und brechen, wurde ja schon verlinkt. So gerne ich die Möglichkeiten gerne hätte :bitte nur für jemanden dem man trauen kann. Du wirst sehen, die Dämel vor Ort die das Ergebnis umsetzen machen nur Müll damit. Da sind es dann ganz klar auf einmal die Türken 3 Straßen weiter, hamwa ja jewusst. Die machen eh immer Ärger. Das racial profiling wirst du durch die Hintertür bekommen obwohl es im Gutachten gar nicht drinnen steckt. Ich habe hier anekdotisch bei einem Mitarbeiter in meiner Abteilung einen Fall von widerrechtlich eingezogenem Führerschein bei einem Unfall ohne Personenschaden. Jeder Beteiligte weiß das mittlerweile, trotzdem sind Monate rum. Was meinst du was sich die Herren und Damen von der Staatsgewalt bei richtigen Verbrechen rausnehmen werden und was für die alles erträglicher Kollateralschaden ist?

  95. #109 Veronika Lipphardt
    11/04/2017

    @anderer Michael, Kommentar #94 und #99
    Ich kann mich nicht erinnern, affirmativ auf diese Inhalte Bezug genommen zu haben. Wo, bitte? Ich bin immer noch der Ansicht, daß die sogenannten “Mischungen” eine riesige Herausforderung für die forensischen Genetiker darstellen (siehe mein erster Kommentar); und ich halte diese Mischungen für den historischen Normalfall und nicht für etwas Neues.
    Egal: Antwort auf Ihre Frage: In den meisten Fällen würde man den Enkeln sicher nicht am Äußeren ansehen können, woher die Großeltern kommen. Ich bin auch der Meinung, daß die DNA-Analyse dies keinesfalls mit 99,9% herausfinden kann. Unter anderem, weil diese Zuordnung auf Setzungen und Vorannahmen beruht, die sich in der Konstruktion der Referenzdatenbank niederschlagen.
    Übrigens können Zwillinge unterschiedliche Hautfarben haben; eng Verwandte können ganz unterschiedliche mtDNA- oder Y-Chromosom-Haplotypen haben; und derselbe Haplotyp kann bei Menschen aus zwei ganz verschiedenen Kontinenten, mit zwei ganz unterschiedlichen Haut-, Augen- und Haarfarben, gefunden werden.

  96. #110 Veronika Lipphardt
    11/04/2017

    Danke, Herr Courts! Ja, den Artikel von Herrn Phillips kenne ich auch.
    Gut, dann also schöne Ostern!
    Veronika Lipphardt

  97. #111 Veronika Lipphardt
    11/04/2017

    @ Webbaer: Ihnen einen allerletzten Kommentar: Darf ich meine politische Agenda, so sie denn eine ist, vielleicht explizit machen: Ich bin (neben der Wissenschaftlichkeit) dem demokratischen Rechtsstaat verpflichtet, den Grundrechten, den komplex ausbalancierten Freiheitsrechten. Ich halte es für gefährlich, ein Freiheitsrecht zugunsten einer nicht ausreichend validierten hochkomplexen Technologie, die keinen großen Einfluß auf die tatsächliche Sicherheit hat (sondern nur auf das Sicherheitsempfinden mancher), zu beschränken. Da sehe ich mich in Übereinstimmung mit verschiedenen Politikern aller Parteien.
    Ich unterstelle niemandem Rassismus, ohne einen Beleg dafür zu haben, und meine Kriterien dafür, was als Beleg gilt, sind sehr streng (Geschichte der Rassenforschung gehört ja in mein Forschungsgebiet), strenger als bei vielen Naturwissenschaftlern. Es gibt eine große Anzahl anderer möglicher Motivationen, um für diese Gesetzeserweiterung zu sein, in die ich mich zum Teil auch gut hineinversetzen kann. Zum Beispiel kulturelle Präferenzen: Technikbegeisterung; Vorlieben für packende Detektivstories; positive Erfahrungen mit genetischer Geneaolgie; oder: implizite Annahmen über menschliche Vielfalt, die nichts mit irgendeinem akademischen Diskurs zu tun haben; eine hohe Präferenz für die gerechte Bestrafung von Sexualstraftätern; oder: das Bedürfnis, berufliche Erfolge auch feiern zu dürfen (anstatt sie verheimlichen zu müssen, weil man in einer rechtlichen Grauzone agiert hat). Umgekehrtes gilt für die Gegenseite; gilt für jede wissenschaftliche Positionierung, die dadurch nicht unbedingt diskreditiert wird. Viel hängt davon ab, ob man trotz dieser Motivationen in der Lage ist, zu diskutieren und die Gegenposition anzuhören – und ob man bereit dazu ist, die eigene Position zu modifizieren oder sogar aufzugeben (bisher hat diese Diskussion letzteres bei mir nicht bewirkt).

    Mein Fachgebiet hat viel getan, um solche Motivationen sichtbar zu machen, und zwar auch, um diesen reflexhaften politischen Anschuldigungen (jemand, der X will, ist bestimmt politisch ideologisch motiviert) entgegenzutreten.

    Tschüß, und schöne Ostern!
    VL

  98. #112 anderer Michael
    11/04/2017

    Die Professorinnen Anna und Veronika Lipphardt.
    Vielleicht bin ich mit den Vornamen durcheinander gekommen oder habe überhaupt falsch gelesen. Ich danke für Ihre freundlichen Antworten auf meine zuletzt doch etwas krawalligen Kommentare.
    Daher Enschuldigung 🙂

    P.S. Ethnie ist in dem Zusammenhang ein gesellschaftswissenschaftlicher Begriff, “bgH ” einfach nur die Herkunftsland mit der Einschränkung, dass zB der genetisch hundertprozentige Chinese bereits in der dritten Generation in Europa lebt, geheiratet wurde halt nur innerhalb der chinesischen Gemeinschaft. Das ist keine Belehrung in Ihre Richtung,mehr mein Gedanken zusammengefasst.

    • #113 Veronika Lipphardt
      11/04/2017

      @anderer Michael:
      🙂 ist schon okay.
      Wissen Sie was, Sie können mich doch in der Woche nach Ostern einfach mal im Büro anrufen und wir reden über bgH. Da gibt es noch soooo viele interessante Dinge zu sagen.

  99. #114 anderer Michael
    11/04/2017

    Danke Frau Professor Lipphardt,
    das Gespräch würde wahrscheinlich für Sie sehr langweilig werden, sehr viel Ahnung habe ich als Hausmann mit drei Kindern in der Pubertät nicht.
    Da müsste ich mich noch sehr belesen. Ich werde mal mit meiner Frau über dieses Thema reden, die ist nämlich ein Genie , da staune ich immer wieder.

  100. #115 Dr. Webbaer
    14/04/2017

    @ Veronika Lipphardt :

    Vielen Dank, so ähnlich sieht dies Ihr Kommentatorenkollege auch; der Bär oder Mensch ist halt politisch, er darf (nicht nur) hier, bei diesem aus Sicht einiger: “heißen Eisen”, ohne politisch sehr engem Blick diskutieren.

    MFG
    Dr. Webbaer

  101. #116 Cornelius Courts
    09/05/2017

    @Interessierte: hier eine aktuelle Publikation zu den Unterschieden in den Berechnungsgrundlagen (LR vs. PO) bei forensischem DNA-Profiling und FDP:

    A. Caliebe, S. Walsh, F. Liu, M. Kayser, M. Krawczak, Likelihood ratio and posterior odds in forensic genetics: Two sides of the same coin, Forensic Sci Int Genet. 28 (2017) 203–210.

    • #117 Peter Pfaffelhuber
      09/05/2017

      Danke! Das Paper können wir auch empfehlen.

      Vor allem interessant ist, dass dort argumentiert wird, dass bei FDP die Posterior-Odds (PO) entscheidend sind, im Gesetzesantrag an genau dieser Stelle jedoch Likelihood-Ratios (LR) — oder zumindest etwas verwandtes — stehen.

    • #118 Veronika Lipphardt
      09/05/2017

      Lieber Herr Courts, liebe Interessierte,
      gerne möchte ich auf unsere in “Nature” letzte Woche publizierte Correspondence zu diesem Thema hinweisen: https://www.nature.com/nature/journal/v545/n7652/full/545030c.html
      Ist kein langer Text; wir arbeiten an weiteren, ausführlicheren Publikationen.
      Auch eine Einladung zu unserem Symposium werden wir hier bald posten können.
      Beste Grüße,
      Veronika Lipphardt

  102. #119 Anna Lipphardt
    Freiburg
    09/05/2017

    Für diejenigen, die der ganze wissenschaftliche Kleinkram zu FDP + bgA langweilt, hier der aktuelle Vorschlag von Prof. Dr. Püschel (Direktor des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf + Leopoldina-Mitglied) für eine “radikale Vereinfachung” der Problematik: molekulargenetische Totalerfassung aller Personen, die sich in Deutschland aufhalten. Der dpa ist das einen Agenturbericht wert, der jetzt durch zahlreiche Medien schwirrt, die intensivste Diskussion dazu bei HEISE https://www.heise.de/newsticker/meldung/Wuerde-eine-DNA-Datenbank-Deutschland-sicherer-machen-3706398.html

    Ich kommentiere das jetzt hier nicht weiter. Das ist aber Teil der öffentlichen Debatte hier in Deutschland – und wird in anderen Ländern so schon umgesetzt https://www.washingtonpost.com/news/worldviews/wp/2016/09/14/kuwait-plans-to-create-a-huge-dna-database-of-resident-and-visitors-scientists-are-appalled/?utm_term=.214347a31325. Daher ist es leider ernst zu nehmen, auch wenn (mir) das von der Sache her kaum möglich ist.

  103. #120 Veronika Lipphardt
    05/06/2017

    Lieber “anderer Michael”,

    ich kann leider gerade nicht antworten, das Symposium ist wichtiger.
    Zwei Hinweise:
    – Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung von gestern, Artikel von Sonja Kastilan, darin ein Biometriker aus Bonn, der ganz ähnllich wie wir argumentiert;
    – Unsere aktuelle Stellungnahme auf unserer Website:
    https://stsfreiburg.wordpress.com/stellungnahme-zu-drei-aktuellen-gesetzesinitiativen-fuer-eine-aus-weitung-von-dna-analysen-in-kriminalpolizeilichen-ermittlungen-aenderungen-im-%c2%a781-stpo-02-06-2017/

    Beste grüße, bis bald
    VL

  104. #121 Anna Lipphardt
    Freiburg
    28/06/2017

    Auch wenn der Hausherr nun im wohlverdienten Urlaub ist, möchten wir Sie darauf hinweisen, dass die Podcasts zu den meisten Beiträgen unseres Symposiums ERWEITERTE DNA-ANALYSEN IN DER FORENSIK: MÖGLICHKEITEN, HERAUSFORDERUNGEN, RISIKEN, das am 9./10.6.2016 in Freiburg stattfand, nun online stehen: https://stsfreiburg.wordpress.com/vortragsmanuskripte-und-video-podcasts/.

    Ihnen, lieber Herr Courts eine erholsame Zeit in den Bergen!