Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Ausweitung der Untersuchungsmöglichkeiten bestehen im Ergebnis nicht (so auch SK-Rogall, StPO, 4. Aufl. 2014, § 81e Rn. 9). Die vorgesehene Erweiterung der Untersuchung von DNA-fähigem Material auf Augenfarbe, Haarfarbe, Hautfarbe sowie das biologisches Alter berührt wie schon die Untersuchung im Hinblick auf das Geschlecht (Löwe-Rosenberg/Krause, StPO, 26. Aufl. 2008, § 81e Rn. 24; BT-Drs. 15/350, S. 12) nicht den absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit, da sie regelmäßig von außen ohne weiteres – insbesondere auch ohne genetische Untersuchung – erkennbare Merkmale einer Person betreffen.
Eine molekulargenetische Untersuchung von äußerlich nicht erkennbaren genetischen Anlagen des Betroffenen und genetisch bedingten Merkmalen wie psychischen, charakter- oder krankheitsbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen oder Erbanlagen wird ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 103, 21 Rn. 50 – zitiert nach juris)“
(Hervorherbung von mir)
Letzte Woche gab es zu der Initiative dann noch eine weitere Plenarberatung.
Es ist natürlich unglücklich und zugleich typisch für Deutschland, einem Land mit ca. 1600 Morden pro Jahr, daß es ein Mordfall war, in den ein Flüchtling involviert war, der diese längst überfällige Debatte und letztlich den übereilten Entwurf zur Gesetzesänderung ausgelöst hat. Politischer Druck hat hier – wie so oft – zu überhastetem Aktionismus und nicht oder nicht ausreichend sachdienlichen gesetzgeberischen Bemühungen geführt.
Den Bedenken, daß die neuen, ja lediglich probabilistischen Methoden letztlich diskriminierend gegen Minderheiten sein oder eingesetzt werden könnten, ist entgegenzuhalten, daß der Einsatz dieser Techniken nur in enger Zusammenarbeit zwischen Polizei und forensischen Genetikern erfolgen und dabei stets genau diskutiert werden sollte, welche Information realistischerweise aus einer Probe z.B. einer asservierten Spur, die häufig sehr klein sind, gewonnen werden kann und welche Schlußfolgerungen wirklich gezogen werden können. Und entgegen dem, was CSI & Co. einen glauben machen wollen, würde FDP sehr viel seltener eingesetzt, als vielleicht angenommen, da die nicht unerheblichen Kosten solcher Untersuchungen immer gegen den Wert der zu erwartenden Vorhersage abzuwägen sind. FDP wäre damit ein Mittel der letzten, nicht der ersten Wahl, das man nutzen würde, wenn alle anderen ermittlerischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Und man kann auch einmal darauf hinweisen, daß FDP auch Vorurteilen entgegenwirken kann: 2003 schon gab es in den Niederlanden eine entsprechende Gesetzesänderung nach einem Sexualmord im Jahr 1999, dessen zunächst ein örtlicher Asylbewerber verdächtigt worden war. Um einen Aufruhr zu verhindern, ordnete ein Gericht eine FDP-Untersuchung an, die erbrachte, daß der Täter wahrscheinlich nordeuropäischer Herkunft war. Nach entsprechenden Ermittlungen wurde der Täter gefaßt: er war ein einheimischer Bauer.
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Nachtrag am 28.06.: Beim Science Media Center findet sich zum Thema nun eine Sammlung von Stellungnahmen verschiedener Fachleute (darunter Frau Lipphardt und yours truly).
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