Koffein ist bisher so ziemlich die einzige Droge, mit der ich Erfahrung habe (wobei ich echt mal interessiert an DMT wäre) und deshalb und weil Koffein eine (gelegentlich sogar forensisch) interessante Substanz ist, gab es hier schon ein paar Artikel dazu. Koffein, meist in Form von Kaffee, ist ja auch das Klischee-Dope gestresster, übernächtigter Labor-Biologen, die dann häufig den gefürchteten “Laborkaffee” [2] trinken müssen. Auch bei uns im Labor wird durchaus gelegentlich ein Käffchen konsumiert und damit meine geschätzten Mitarbeiterinnen keinen Laborkaffee bekommen, habe ich damals Ina angeschafft.
Tja, und es gibt da ja auch so Kandidaten, die deutlich mehr “schwarzes Gold” konsumieren als andere, die es einfach brauchen, die diesen “Jieper” haben. Woher der kommt, fragt man sich schon seit den 60er Jahren, als – natürlich – Italiener anfingen, diesen Effekt zu erforschen und nach genetischen Grundlagen zu suchen. Heute, im Zeitalter von NGS, geht das ganze wesentlich geschmeidiger und man kennt nun schon ein paar Gene, die mit dem Kaffee-Jieper in Verbindung zu stehen scheinen, das sind v.a. solche die für Koffein-Effektoren kodieren oder deren Produkte eine Rolle im Koffein-Metabolismus spielen, aber genaueres weiß man immer noch nicht.
N. Pirastu et al., wieder Italiener, haben aber kürzlich festgestellt, daß die meisten GWAS, die sich mit Kaffeekonsumgewohnheiten befassten, rezessive und dominante Effekte nicht berücksichtigt und daher vielleicht die interessantesten genetischen Varianten (Allele) außer Acht gelassen hatten. Also führten sie eine eigene GWAS durch und konzentrierten sich auf non-additive Auswirkungen von Genen auf den Kaffeekonsum [1]. Sie fanden, daß das Gen PDSS2, welches die Coenzym-Q10-Synthese steuert, beeinflußt, wieviel Kaffee eine Person trinkt, indem es die Expression von Genen reguliert, die am Stoffwechsel von Koffein beteiligt sind.
Dafür untersuchten sie 370, 843 und 1731 Proben aus zwei italienischen und einer niederländischen Population, deren Probanden sie gebeten hatten, genau zu dokumentieren, wieviel Kaffee diese am Tag tranken. Unter Anwendung eines rezessiven Modells fanden sie 21 SNPs in PSDSS2, die eine signifikante Auswirkung auf den Kaffeekonsum (1,2 Tassen pro Tag) hatten. Aus Mausmodellen wußte man bereits, daß ein PDSS2-Mangel die Expression von Genen für den Koffein-Stoffwechsel erhöht, an den menschlichen Proben zeigen Pirastus Daten nun, daß einige SNPs die PDSS2-Expression in verschiedenen Geweben reduzieren und daß diese PDSS2-Reduktion zu erhöhtem Kaffekonsum führt. Diese Befunde sind zwar erst der Anfang, bedürfen noch weiterer Bestätigung und viele Details sind noch unklar, aber immerhin sind wir jetzt der genetischen Prädisposition der Kaffee-Süchtel auf der Spur. Apropos: ich bin mal eben drüben, bei Ina…
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Referenzen:
[1] Pirastu, N., Kooyman, M., Robino, A., Van Der Spek, A., Navarini, L., Amin, N., … & Gasparini, P. (2016). Non-additive genome-wide association scan reveals a new gene associated with habitual coffee consumption. Scientific reports, 6, 31590.
[2] aus den Erinnerungen eines Labor-Biologen: “Laborkaffee, der: Kaffee aus einer klassischen, altmodischen „Aufbrühmaschine“, aus der verkalktes, heiß gemachtes Wasser von oben in viele Löffel hoch in einen umweltbraunen Filter geschaufeltes ja!-Kaffeepulver tröpfelt und dann irgendwann in eine fleckige, speckige, nie gespülte Glaskanne trielt. Praktischerweise wird morgens gleich Kaffee für 10 Tassen für den ganzen Tag gemacht, in einer Stärke, daß davon auch ein Pottwal Herzrasen bekäme. Diese Kanne steht dann auf der ständig eingeschalteten Heizplatte, bis das vor sich hin brodelnde und zusehends toxisch und dickerflüssig werdende Gebräu darin sich gegen Abend in eine Art bittere teerartige Schlacke verwandelt hat. Die ganz Harten, die abends noch einen “Kaffee” begehren, schütten dann frisches Wasser in die Kanne, rühren um, schlämmen auf und verdünnen bzw. resuspendieren so den Teer zu etwas, das sich zu frischem Kaffee in etwa so verhält, wie ein modriger, wankender Zombie zu den in Zeitlupe durch brillantweiße Zahnpflegeproduktewerbespots hopserlaufenden Castingariern”
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