Im fünften Fall nahm ein 30-jähriger Asthmatiker eine kleine Menge LSD ein, wonach er ängstlich und klaustrophobisch wurde. Er rannte davon, ca. einen halben Kilometer weit durch eine Einkaufsstraße, wo er durch einen Passanten der Polizei gemeldet wurde. Die Polizei kam und setzte einen Hund zur Festnahme ein, der den Patienten in den linken Arm biß. Anschließend wurden Taserwaffen auf den Patienten abgefeuert, der im Rücken getroffen wurde. Schließlich wurde der Patient von mehreren Polizisten überwältigt und in der hogtie-Haltung gefesselt. Der hinzugerufene Rettungsdienst legte den Patienten auf eine Trage, worauf er mit fünf Riemen, einer über seinen Kopf, fixiert wurde, wogegen er ankämpfte. Ein angelegtes 3-Punkt-EKG wies eine supraventrikuläre Tachykardie bei fallendem Blutdruck nach und der Patient wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo er immer noch beschleunigten Puls und Atmung aufwies und weiter gegen die Fesselung ankämpfte. Ca. eine halbe Stunde später erhielt er Haloperidol und Lorazepam (starke Beruhigungsmittel), woraufhin er nach 14 Minuten keine Lebenszeichen mehr von sich gab. Nach 22 minütigen Wiederbelebungsversuchen wurde er schließlich für tot erklärt. In seinem Blut fand sich 1 ng/ml LSD und THC, keine anderen Drogen und als Todesursache wurde „Komplikationen von LSD-Toxizität“ erfaßt. Das erscheint angesichts der Literatur überaus unglaubwürdig, da es für eine toxische Wirkung einer so niedrigen Konzentration von LSD, die auf eine Einnahmedosis von lediglich 100 µg zurückgerechnet werden kann, keinerlei Anhaltspunkte gibt. Gewahrsamstod erscheint deutlich wahrscheinlicher.
Im sechsten Fall nahm eine 20-jährige im Rahmen der Teilnahme an einem Musikfestival LSD ein und mußte ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ihre Körpertemperatur betrug schon vor Erreichen des Krankenhauses 40,5 °C und 39,4°C später dort (eine erhöhte Körpertemperatur ist nicht assoziiert mit LSD-Intoxikation). Insgesamt wurden der Patientin, die im Krankenhaus verstarb, 4,8 l Flüssigkeit aus der Lunge gesaugt und zwei ihrer Blutproben enthielten 0,22 ng/ml und 0,47 ng/ml LSD, was der Einnahme einer straßenüblichen Dosis entspricht. Andere Drogen, wie GHB, MDMA, Psilocin und „Spice“ sowie Ethanol wurden nicht gefunden und auf Tod durch akute LSD-Toxizität erkannt. Es wurde jedoch und bedauerlicherweise nicht auf Drogen getestet, die wahrscheinlich die erhöhte Temperatur hätten hervorrufen können, wie 25i-NBOMe, PMA oder PMMA (N-Methylderivat von PMA), so daß die Annahme einer LSD-Toxizität hier als höchst fraglich gewertet werden muß. So fragwürdig in der Tat, daß nach Presseermittlung und –berichten die Todesursache im Obduktionsbericht auf „Tod durch Multiorganversagen, Hyperthermie und Dehydrierung mit Koagulopathie und möglicher LSD-Intoxikation“ abgeändert wurde. Eine Untersuchung zur Entdeckung der Droge, die die festgestellten Symptome wirklich hervorgerufen hatte, fand nicht statt.
Es gibt inzwischen gute Erkenntnisse, daß Patienten, die bei harter Fesselung (wie bei hogtie) plötzlich zusammenbrechen, tödliche Herzrhythmusstörungen, manchmal noch überlagert von Atemstillstand, erleiden. Daher wäre wohl „Herzrhythmusstörungen bei Fesselung“ (CDDR, [9]) die intellektuell ehrlichste Todesursache in solchen schwierigen Fällen. Denn eine toxische Wirkung ist mit selbst vergleichsweise hohen Dosen von LSD (200 µg), die nach 1,5 Stunden eine maximale Blutkonzentration von 3,1 ng/ml erzeugen können [10], nicht zu erzielen.
In den berichteten und hier untersuchten vier Fällen von Tod nach Einnahme einer Freizeitdosis LSD (also nicht die massiven Überdosen der Fälle 1 und 2), war in drei Fällen (3-5) wohl eher CDDR die Todesursache. Im letzten Fall (6) ist LSD-Toxizität als Todesursache angesichts der Symptome ebenfalls überaus fragwürdig.
Es ist nicht davon auszugehen, daß LSD ein agitiertes Delir hervorrufen kann. Agitiertes Delir ist eng assoziiert mit dem Gewahrsamstod [11-13] und tritt häufig im Zusammenhang mit Drogen wie Methamphetamin und PCP auf. Es ist gekennzeichnet durch Unempfindlichkeit gegenüber Schmerzen, beschleunigte Atmung, Schwitzen, Agitation, stark erhöhte Körpertemperatur, Widerständigkeit (gerne gegen Vollzugsbeamte), aggressives, kampflustiges Verhalten und erhöhte Kraft. Aus post-mortem Studien des Hirns von Personen, die nach agitiertem Delir starben, weiß man, daß im Striatum ein charakteristischer Verlust von Dopamin-Transportern auftritt. Es wurde daher angenommen, daß ein möglicher Weg zur Entstehung des agitierten Delirs exzessive Dopamin-Stimulation im Striatum sein könnte. LSD hingegen stimuliert vornehmlich Serotonin-5HT2-Rezeptoren und interagiert nicht mit dem Dopain-Transporter und führt somit auch nicht zu einer Dopamin-Depletion im Striatum. Es ist bekannt, daß einige LSD-User „schlechte Trips“ erleiden können, doch obwohl dieser Zustand einige Gemeinsamkeiten mit dem agitierten Delir hat (z.B. Widerständigkeit, Agitation), sind dies doch sehr unterschiedliche Zustände, inbesondere erhöht sich unter LSD nicht die Körpertemperatur und während es Berichte über plötzlich eintretenden Tod während agitierten Delirs gibt [14], gibt es keine über Todesfälle während schlechter Trips. In den oben berichteten Fällen war der Tod bei Personen mit schlechtem Trip eingetreten, weil sie streng gefesselt worden waren.
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