Die Ergebnisse waren von interessant bis spektakulär!
Wir konnten zeigen, daß das Modell grundsätzlich funktioniert, sich also, auch was die Bruchmuster des „Knochens“ anbelangt, wie ein echter, hirngefüllter Schädel verhält und auch Backspatter generiert, wenn ein klar umrissenes Einschußloch erzeugt wird (was aber nur bei Schüssen aus Distanz, nicht bei aufgesetzten Schüssen passierte). Durch die Aufnahmen mit der Hochgeschwindigkeitskamera konnten wir den gesamten Schußvorgang in kleinste Abschnitte zerlegen und tatsächlich sehen, was in welchem Zeitabschnitt passierte (wer es genau wissen will, lese bei [2] nach und/oder schaue hier: )
Hier z.B. sieht man das Modell Millisekunden vor dem Einschlag des Projektils einer 9mm-Pistole bei einem Schuß aus wenigen Zentimeter Entfernung:
Und hier, einige Millisekunden später, als das Projektil längst den Schädel auf der anderen Seite durchschlagen und das Modell wieder verlassen hat, sieht man, verzögert durch die Massenträgheit der Gelatine, wie als Folge der im Inneren des Schädels kollabierenden, temporären Wundhöhle – exakt wie postuliert – eine Säule aus im Wundkanal befindlichen Materials in Form von Backspatter aus der Einschußwunde heraus und zurück in Richtung der Waffe geschleudert wird:
Diese Spuren wurden, wie oben beschrieben, gesichert und untersucht und die resultierenden vollständigen DNA-Profile zeigten, daß das Modell auch molekularbiologisch auswertbaren Backspatter generiert sowie frühere Befunde bestätigt, die zeigten, daß von verschiedenen Stellen an und in der Waffe Backspatterspuren gesichert werden können. Da die Modelle mittels „triple contrast“-Mischung (s.o.) dotiert waren, konnten, wie oben beschrieben, gleichzeitig auch der optische Kontrast in den Gelatine-Scheiben sowie die bildgebende Analyse durch CT dargestellt und miteinander sowie mit der Menge und Verteilung des Backspatters korreliert werden.
Insgesamt haben wir also ein brauchbares neues, anatomisch korrektes Schädelmodell für experimentelle Beschüsse in der molekularen Ballistik konstruiert [2]. Dieses zugegebenermaßen aufwendige und teure Modell werden wir daher auch für künftige Beschußversuche einsetzen und haben das für eine große Experimentserie bereits getan (Bericht folgt noch) in der Hoffnung, immer bessere und realistischere Daten zu generieren, die sich verwenden lassen, um die Anwendung molekular-ballistischer Analysemethoden auch bei der Rekonstruktion echter Schußwaffendelikte noch besser und effektiver zu machen.
Ach ja, wir haben auch noch gelernt, daß aufgesetzte Schüsse mit einer 9mm-Pistole und erst recht jede Art von Schuß mit einer Schrotflinte nicht geeignet sind, um klassischen Backspatter zu generieren, weil statt eines Einschußlochs mit dahinter oszillierender Wundhöhle, ähem, etwas drastischere Schäden (s. Titelbild) am Modell entstehen:
_____
Referenzen:
[1] Schyma, C., Lux, C., Madea, B., & Courts, C. (2015). The ‘triple contrast’method in experimental wound ballistics and backspatter analysis. International Journal of Legal Medicine, 1-7.
[2] Euteneuer, J., Gosch, A., Cachée, P., & Courts, C. (2019). Evaluation of the backspatter generation and wound profiles of an anatomically correct skull model for molecular ballistics. International journal of legal medicine, 133(6), 1839-1850.
Kommentare (16)